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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 01.05.1903
- Erscheinungsdatum
- 1903-05-01
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-190305019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19030501
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19030501
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungHohenstein-Ernstthaler Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-05
- Tag1903-05-01
- Monat1903-05
- Jahr1903
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 01.05.1903
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TageSgeschichte. »«»»Ich«, «eich. Verli», 30. April. Der Kaiser ist gestern abend in Bückeburg eingetroffen, wo am heutigen Donnerstag die Hochzeit de« Großherzog« von Weimar mit der Prinzessin Karoline von Reuß S. L. gefeiert wird. Die Trauung wird heute nach- mittag 3 Uhr vollzogen. Von Bückeburg reist der Kaiser nach Rom. Der Besuch beim Papst ist auf Montag festgesetzt. — Die Vorarbeiten für die Geltendmachung der Schadenersatzansprüche, die von Deutschen au» Anlaß de« südafrikanischen Kriege« erhoben worden find, hat der Hamburger Rechtsanwalt Dr. Sieve- king al« bi«heriger Sachwalter der Reichsregierung bemdigt. Für die weitere Vertretung der deutschen Reklamationen, soweit sie sich auf Transvaal und die Orangeflußkolonien beziehen, ist nach dem Reichs- anzetger Vizekonsul Reimer in Pretoria bestellt worden, an den Anfragen und Eingaben zu richten stnd. Diejenigen deutschen Reklamationen, die sich auf die Kapkolonie und Natal beziehen, werden wie bisher von dem Generalkonsul in Kapstadt vertreten. — Die Ordnung der deutschen finanziellen In teressen in Venezuela nimmt, wie von zuständiger Seite mitgetetlt wird, einen befriedigenden Fortgang. — Am heutigen 100. Geburtstag de« ver storbenen Feldmarschall« Grafen Roon findet an der Gruft zu Krobnitz in Schlesien eine Gedenkfeier statt, bei der Hofprediger Rogge die Gedächtni«rede hält. Der Kaiser läßt einen Kranz am Sarge de« Entschlafenen niederlegen. Da« Füsilierregiment Graf Roon (Ostpreußische« Nr. 33) in Gumbinnen, dessen Chef der Marschall war, begeht den Tag in festlicher Weise. Zu dieser Feier traf eine Abord- nung de« schwedischen BohuSlän-Regiment« in Gum binnen ein; der Führer überreichte einen dem Re giment gewidmeten Ehrenschild. Da« 33. Regiment ist schwedischen Ursprung« und wurde 1815, al« Schwedisch-Vorpommern an Preußen fiel, mit über nommen, soweit die Angehörigen de« Regiment« im Lande ansässig waren. In Berlin feiern die Offi ziere de« Krieg«ministerium« den Tag durch ein Festmahl. — An den tragischen Tod de« Fürsten Wolf gang zu Stolberg-Stolberg erinnert die Nachricht, daß seine Witwe soeben von einem Sohne entbunden worden ist. Damit ist die direkte Erbfolge mensch- licher Vorau«sicht nach gesichert, sonst wäre da« reiche Erbe an einen der Brüder de« Toten gefallen. — Da« Krieg«gericht gegen Hüfsener dürfte sich noch bi« zur übernächsten Woche verzögern, weil die Ergebnisse von einigen inzwischen notwendig ge- wordenen weiteren Erhebungen au» Essen noch aus stehen. Da Hüfsener mit voller Berechtigung von der Waffe Gebrauch gemacht haben will, beantragte der Verteidiger zweck» Aufklärung über die In struktion die Ladung der Lehrosfiztere. — Im Reichstage hat Staatssekretär v. Ttrpitz ja bereit erklärt, daß der Fähnrich gegen die Instruktion ver stoßen habe. — Die Errichtung eine« Grabdenkmal« für Miquel auf dem Frankfurter Friedhof wurde am Dienstag in nichtöffentlicher Sitzung von den dortigen Stadtverordneten beschlossen. Für da« Denkmal, welche« nach dem Entwürfe Professor« Varnesi« au«geführt werden soll, wurden 19 000 Mark be willigt. — E« ist eine betrübende Tatsache, daß eine Reihe von Kapital- und anderer Verbrechen unge- sühnt bleiben muß, weil die Täter nicht entdeckt werden. Nach einer amtlichen Aufstellung, die wir im Berl. Tgbl. finden, wurden allein innerhalb de» letzten Vierteljahre« im Reiche 12 Morde und Raub mordversuche verübt, deren Täter unbekannt sind, ferner 11 Fälle von Straßenraub, 2 Kinde« aur- setzungen, davon eine verbunden mit Mordversuch, 5 Fälle von Notzucht, 5 Diebstähle in Kirchen, 29 Einbrüche, 13 Diebstähle an Wertpapieren. E« stnd da« erschreckend hohe Zahlen, die zu denken geben. Frankreich. Biserta, 29. April. Die „Jeanne d'Arc", mit dem Präsidenten Loubet an Bord, ist heute früh hier eingetroffen. Bald nach der Ankunft begab sich Präsident Loubet an Land, wo die Behörden und andere zu seinem Empfange erschienen waren. Im Laufe de« Empfange« erwiderte Loubet auf eine Begrüßung« - Ansprache de« Präsidenten der Handel«kammer: „Es ist richtig, daß ein unangreif- bare« Biserta den gesicherten Frieden bedeutet. Um Ruhe zu haben, muß man sehr stark sein, und je stärker man ist, desto sicherer ist die Erhaltung de« Frieden«. Frankreich bedroht niemanden, Frankreich will aber seine Interessen geltend machen — und diese besitzt e« aus allen Punkten der Erde — und hat diese« Ziel» dank seiner seit 30 Jahren un- unterbrochenen Arbeit erreicht. Die Bündnisse, die Freundschaften, die Sympathien, die Frankreich sich zu erringen gewußt hat, beweisen, daß da« erstrebte Ziel vollständig erreicht ist. Die Anwesenheit von fünf fremden Geschwadern vor Algier, gekommen, um den Präsidenten der Republik zu begrüßen, ist ein Beweis dafür. Die Entsendung einer ameri kanischen Flottendiviston nach Marseille, die morgen dort da« Staatsoberhaupt bet seiner Rückkehr be grüßen wird, ist ein weiterer Beweis. Die Be endigung der Arbeiten in Biserta wird die Krönung unsere« Programm« sein, wenigsten«, wa« da« Mittelmeer anbetrifft. Wir können also die Wohl taten de« Frieden« genießen, und unsere An strengungen haben diese Ruhe wohlverdient." Schweiz. — Wegen grober Unredlichkeiten im Remonte- wesen ist der Waffenchef der Kavallerie Oberst Mark- walder zum Rücktritt gezwungen worden. Höchst eigenartig ist die Entscheidung, welche die zuständige Behörde in dieser schmutzigen Angelegenheit fällte. Da« Vergehen de« Obersten ist so ernster Natur, daß e« geboten erscheint, drei seiner Unterbeamten mit ihm zur Verantwortung zu ziehen, weil sie stch ihrem Chef nicht widersetzt und der Oberbehörde nicht sogleich Meldung gemacht haben. Der Waffen chef nun erhält die Entlassung unter Danksagung für die geleisteten Dienste ; die drei Unterbeamten aber werden bestraft, am härtesten der Unterbeamte, welcher die Unredlichkeiten zur Anzeige brachte. Der »ingeweihle und wegen seiner Stellung in allererster Linie verantwortliche Oberkrieg«kommtssar, der gegen seine Amtspflicht die Meldung versäumte, geht sret au«. Diese Beurteilung der Hauptschuldigen wirft eigenartige Streiflichter aus da« schweizerische Militär- Justtzwesen. Bon der Prinzessin Luise. Die „Chemn. Allgem. Ztg." erfährt durch Ve - Mittelung ihre« Wiener Korrespondenten von einer dem Wiener Hofe nahe stehende i Persönlichkeit, ! ß zwar ursprünglich die Absicht bestanden habe, währ, d der Anwesenheit König« Georg in Wien die Ange legenheit der Prinzessin Luise endgültig zu regeln, daß r an aber neuerdings von diesem Plane wieder abgekommen sei, da weder der Wiener Hof nock der Dresdner Hof an dem völligen Abbruch der Beziehungen der Prinzessin Luise zu Giron glauben. Es wird vielmehr angenommen, daß die zeitweilige Trennung der beiden nur eine scheinbare sei. Die Gründe für diese nme überraschende Wendung be ruhen auf Mitteilungen, welche den beiden Höfen erst in letzter Zeit zugegangen sind. Von der Ver leihung de» Titel» einer Gräfin an die frühere Kronprinzessin ist in Wien nicht« bekannt. Ob die Bemühung de« Großherzog« von To«kana, vom Kaiser Franz Josef für seine Tochter die Aner kennung de« Titel« einer Prinzessin von Toskana, z t erlangen Erfolg haben wird, erscheint nach alledem mehr als zweifelhaft. Der Gewährsmann der „CH. Allg. Ztg." schließt seine Meldung mit dem Satze: Die Prinzessin braucht den Titel nicht, wenn sie wirklich entschlossen ist, Frau Luise Giron zu werden. OertNches ««d Sächsisches. Hohenstein-Ernstthal, 30. April. *— Der erste Mai ist nicht blos bekannt als der erste Tag des Monats, in welchem es so schön zu leben ist, wie nie im Jahr — es soll so sein, kommt aber gewöhnlich anders —, sondern auch der Termin für das Inkrafttreten des Sommer fahrplans. Wer dann reisen will, tut also gut, sich vorher zu vergewissern, ob er nicht aus Versehen einen alten Fahrplan in die Finger bekam, der fünf Minuten vor Anbruch des ersten Mai aller dings noch giltig war, mit dem Glockenschlage zwölf aber seine Gültigkeit verliert. Sonst pflegte man ja wohl bei dem Inkrafttreten des neuen Fahr plans zu sagen, es komme nicht so genau darauf an, ungefähr bleibe doch alles beim alten, aber wenn das mitunter stimmte, diesmal trifft es nicht zu, es ist reichlich viel abgeändert worden. Nicht gerade immer auf jeder einzelnen Strecke, um so mehr aber bei anderen Anschluß-Touren. Es empfiehlt sich daher, den der heutigen Nummer unseres „Anzeigers" beigegebenen diesjährigen Sommer fahrplan sorgfältig aufzuheben, um ihn bei Bedarf sofort zur Hand zu haben. Speziell Wirte und Geschäftsleute werden gut tun, denselben an sicht barer Stelle in ihrem Lokale anzubringen. *— Zur Reichstagswahl. Der aus seiner amtlichen Tätigkeit als Amtshauptmann in Glau chau im hiesigen Wahlkreise bestens bekannte und mit den Interessen des Wahlkreises besonders vertraute Herr Geheimrat Dr. Rumpelt in Dresden hat die ihm vom Zentralwahlkomitee in Glauchau einstimmig angetragene Kandidatur angenommen. *— Die hiesige Ortskrankenkasse hielt gestern abend im Stadthause ihre Generalversammlung ab, die sowohl von Vertretern der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer recht zahlreich besucht war. Zu Punkt 1 der Tagesordnung gelangte vorerst die Jahresrechnung zum Vortrag. Demnach erzielte die Kasse an Einnahmen 36 485 M. 89 Pfg. inklusiv 4311 M. 71 Pfg. Kaffenbestand im Vorjahre, hin gegen stellten sich die Ausgaben auf 31 507 Mk. 72 Pfg. sodaß ein Kassenbestand von 4978 Mk. 17 Pfg. auf das Jahr 1903 übernommen werden kann. Das Vermögen der Kaffe beläuft sich z. Z. aus 18 669 Mk. 37 Pfg. Im Vorjahr betrug dasselbe 10 492 Mk. 10 Pf., sodaß sich der Zu wachs im Jahre 1902 auf 8177 Mk. 27 Pf. be ziffert. Der Bekanntgabe des Rechnungsabschlusses schloß sich der Bericht der Prüfungskommission an, laut welchem die Rechnung in allen Teilen für richtig befunden worden ist. Der Antrag auf Richtig- sprechung derselben seitens der Generalversammlung fand Annahme und ward hierauf Entlastung er teilt. Den anwesenden Vertretern lag der Bericht sür das verflossene Geschäftsjahr ebenfalls im D uck vor. Wir entnehmen demselben folgendes: D.r Vorstand hielt 12 Sitzungen ab; Kaffenprüfnn . i fanden 4 (1 durch die Aufsichtsbehörde, 3 durch Vorstandsmitglieder) statt. Die Kasse zählte lui Beginn des Jahres 1855 Mitglieder, am Ed: desselben 1947. Eingänge gab es 1396, ^s- gänge 1627. Gegen 5 Arbeitgeber mußte Anz: e wegen Nichtbefolgung der Meldepflicht ersta.tch werden. Mitglieder-Erkrantungsfälle kamen 1810 zur Anmeldung. Für 15 Mitglieder wurde Sterbe geld bezahlt und in die Krankenbäuser eingewiesen wurden 52 Personen. Das bar an die Mitglieder gezahlte Krankengeld beläuft stch auf M. 9391,56, im Vorjahr betrug dasselbe M. 5825,17. Ferner wurden gezahlt au Familienunterstützung M. 235,51, an Wöchnerinnenunterstützung Mk. 1230,80, an Sterbegeldern M. 520,— und an Kur- und Ver pflegungskosten an Krankenanstalten M. 2093,17. Zum 2. Punkte der Tagesordnung lag ein Antrag betreffs Einführung von Strafbestimmungen wegen Zuwiderhandlung gegen die Verhaltungsvorschriften für Kranke zur Beratung vor. In der sich an schließenden Debatte wurden noch zwei weitereder artige Anträge gestellt, von denen der am weit gehendsten mit großer Mehrheit zur Annahme ge langte. Demnach wird bei Zuwiderhandlungen der Kranke im 1. Falle mit einer Verwarnung, im 2. mit der Entziehung der Hälfte, im 3. Falle mit der Entziehung des ganzen Betrages des wöchent lichen Krankengeldes bestraft. Außerdem sollen die Verhaltungsvorschriften gedruckt und jedem Kranken eingehändigt werden. Mit Verlesung des Protokolls fand die Sitzung ihr Ende. * — Vom 1. Mai ab känKen Reisende der 3. Wagenklaffe die in den Schnellzügen auf den säch sischen Staatseisenbahnen laufenden Speisewagen zur Einnahme von Speisen und Getränken ohne Fahrpreisaufschlag benutzen. * — Gebühren für Testamente. Da» sächsische Justizministerium hat durch eine Verordnung ent. schieden, daß die Gebühr für die Errichtung eine- gemeinschaftlichen Testament» nur einmal zu erheben sei. Insofern e» die letztwilligen Verfügungen mehrerer Erblasser enthalte, stelle stch zwar aller dings da» gemeinschaftliche Testament al» eine Mehr heit von Verfügungen dar. ES gehöre aber gerade zu seinem Wesen, daß diese Mehrheit von Verfüg ungen durch dieselbe, nur einmal erfüllte Testaments- form umschlossen werde. Der Form nach sei daher daS gemeinschaftliche Testament nur eine Verfügung und als ein Testament zu bezeichnen. * — Esset Grünes! So lautet die Parole im Frühjahr. Der junge Frühling bietet bereits die ersten frischesten Sprossen von Brunnenkreffe, Petersilie, Rapünzchen, Spinat, Salat usw. Na mentlich in den Suppen ist Grünes erfrischend, es erhöht den Geschmack, stärkt den Magen, reinigt das Blut. Die Frühjahrssuppen sind die besten! * Glauchau, 29. April. Heute feierte der in der Albertstr. wohnhafte Webermstr. Johann Siegismund Breitfeld das 50jährige Bürgerjubiläum. Der Ju bilar wurde namens der Stadtgemeinde durch Herrn Ratsaffessor Dr. Rüdiger unter Aushändigung eines Diploms beglückwünscht. * Zwickau, 29. April. Als gestern mittag ein auf dem Glückaufschacht des Zwickauer Stein kohlenbauvereins beschäftigter 24 Jahre alter ver heirateter Maschinenwärter, aus Niederplanitz das Maschinenhaus betrat, stürzte von dem im Bau begriffenen Treibstuhl, an welchem gerade mehrere größere Eisenplatten mittelst Flaschenzugs empor gezogen wurden, eine dieser Platten aus etwa 10 Meter Höhe herab und zerschmetterte ihm das linke Bein. * Zwickau, 29. April. Einen polizeilichen Miß griff beging gestern abend ein Polizeibeamter, der auf der Straße eine anständige Dame, die er mit einer Dirne verwechselte, verhaftete und sodann von der Wache, nachdem sich ihre Schuldlosigkeit herausgestellt, ohne ein Wort der Entschuldigung entließ. * Werdau. Am Montag weigerten sich 22 Arbeiter bei der Firma Gebr. Paul, Eisengießerei, hier, Arbeit für die Firma Paul u. Söhne, wo bekanntlich gestreikt wird, fertigzustellen und traten in den Ausstand. Daraufhin sind die betr. Ar beiter von der Firma entlassen worden. * Lichtentanne, 29. April. Verhaftet wurde hier ein Friseurgehilfe, weil er in Hannover, wo er vorher in Stellung war, in den Familien, wo er bediente, für 400 Mk. Schmuckwaren gestohlen hatte. * Crimmitschau, 28. April. Gestern beschäf tigten sich die Stadtverordneten abermals mit dem ersten Nachtrag zum Regulativ über die Gemeinde gewerbesteuer von Großbetrieben und deren Filialen (sog. Umsatzsteuer). Nach einer zwei Stunden dauernden Debatte beschloß das Kollegium mit 14 gegen 11 Stimmen, die Angelegenheit einem Ausschuß zu überweisen. * Leipzig, 29. April. Der hochangesehene hiesige Rechtsanwalt Werthauer wurde wegen Verdachte» der Beihilfe zum Wucher heute verhaftet. — Gestern nachmittag wurde da« vierjährige Söhnchen de« Lokomotivführer« König in Volkmarsdorf unweit de» von feinen Eltern bewohnten Grundstücks von einem Motorwagen der Großen Leipziger Straßen bahn überfahren und sofort getötet. Der Knabe spielte hinter einem an der Unglücksstelle hallenden Geschirr. In dem Augenblick, al» der Motorwagen vorüberfuhr, lies er in denselben hinein. * Leipzig, 30. April. Der Bierkrieg, den die Sozialdemokratie auf Veranlassung ihrer Partei leitung wegen der Saalfrage gegen die 26 den Brauereiverein Leipzig (G. m. b. H.) bildenden Brauereien führt, hat etwas zur Folge gehabt, das erwartet werden mußte: die Verlegung der Mai feier von Stötteritz »ach Burghausen. Diese sozial demokratische Maiseier der Leipziger Arbeiterschaft, die, wie seit 11 Jahren — vorher war sie in Oetzsch —, so auch in diesem Jahre wieder im Brauereietablissement zu Stötteritz vor sich gehen sollte, wird nunmehr, da der Inhaber der Stöt- teritzer Brauerei mit dem Brauereiring angehört und da deshalb die sozialdemokratische Arbeiter schaft das Bier dieser Brauerei nicht trinkt, im Brauereigarten zu Burghausen abgehalten werden. Die dortige Brauerei ist eine Genossenschaft und gehört dem Brauereiverein nicht an. Die Festreve soll, da in Burghausen passende große Räume nicht vorhanden sind, im Freien gesprochen werden. Die Folgen des Bierkrieges machen sich übrigens namentlich in den kleineren, vorwiegend von der Arbeiterschaft frequentierten Lokalen bereits leb- Haft bemerkbar. Vielfach ist dort ein Wechsel mit dem Biere schon vorgenommen worden. * Zwenkau, 29. April. In räuberischer Weise wurde gestern mittag in der Harth ein aus Ruß land stammender, 43 Jahre alter Arbeiter von einem Reisekollegen überfallen, durch Messerstiche verletzt und dann seiner Barschast beraubt. Der Verletzte fand Aufnahme im Krankenhause. Der Täter soll ein etwa 36 Jahre alter Arbeiter aus Oberschlesien sein. Er ist von Leipzig aus mit dem Ueberfallenen zusammen gewesen und hat sich in der hiesigen Gegend Arbeit suchen wollen. * Nossen, 29. April. Wie der hiesige „An- zeiger" berichtet, wurde nahe bei Moldau ein dem Beurlaubtenstande angehörender ehemaliger öster reichischer Soldat von einem österreichischen Gen darmen erschossen. Der Erschossene hatte zweimal Ordre zur Ableistung einer Uebung bei seinem Truppenteile erhalten, sie jedoch nicht beachtet. Der Gendarni griff zur Waffe, da sich der Mann der Arretur widersetzte. * Flöha. Die schon seit längerer Zeit ange kündigt gewesene Versetzung zahlreicher hiesiger vahn- beamter geht nun vor sich. Am 1. Mai werden 81 Beamte, und zwar 38 Bremser, 33 Schaffner und 10 Stationsbeamte, von hier nach Hilbersdorf versetzt. Das Maschinenpersonal — Lokomotivführer und -Heizer — bleibt in Flöha stationiert. * Buchholz, 28. April Eine eigenartige R«. klame hat sich der Kaufmann und Materialwaren händler Leicht geboten. Er ließ eine Tonne Heringe, jedes Exemplar in Papier gehüllt, da» seinen Namen trug, gratis verteilen. In kaum einer Stunde waren die Heringe an den Mann gebracht. * Aue. Montag nachmittag stürzte ein Ge- schirrsührer auf der Lößnitzer Straße aus der Schoßkelle des von ihm gefahrenen Wagens herau» und kam so unglücklich zu liegen, daß die Räder des Wagens ihm über ein Bein hinwegrollten. Dem Schwerverletzten wird voraussichtlich das Bein amputiert werden müssen. * Auerbach, 28. April. Die Stadtgemeinde hat vom Rittergute Sorga ein größeres Areal an gekauft, auf dem Arbeiterwohnhäuser errichtet werden sollen. Die hiesige städtische Sparkasse hat im Jahre 1902 einen Reingewinn von 61 000 Mk. ergeben. * Rodewisch, 29. April. Hier sind die Arbeiter der Schmtdtschen Brauerei wegen Maßregelung eine« Kameraden in den Ausstand eingetreten. * Falkenstein. Am Montag vormittag in der 11. Stunde entstand in der Stubenkammer der Wohnung des Schiffchenstickers L. an der Oelsnitzer Straße hier Feuer, das recht ver- hängnisvoll werden konnte. Die verehel. L. war in den Keller gegangen, um Kohlen zu holen. Ihre beiden Kinder, die 2',^ und 1 Jahr alt sind, befanden sich allein in der Schlafstube. Allem An schein nach hat das größere Kind an dem brennenden Ofen der Wohnstube irgend einen Gegenstand ent- zündet, ist damit in die Kammer gegangen und hat dort die Stickereien, an denen die verehel. L. mit Ausbessern beschäftigt war, in Braud gesetzt. Als die Frau in ihre Wohnung zurückkam, war alles mit Rauch angefüllt, und nur mit Aufbietung aller Kräfte gelang es der Frau, ihr in jener Kammer ruhig schlafendes Kind der drohenden Erstickungs gefahr zu entreißen. Von herzueilenden Haus bewohnern wurde das Feuer, das bereits die Dielung ergriffen hatte, gedämpft. * Altenburg, 28. April. Herzog Ernst hat beschlossen, zum Andenken an seine verewigte Ge mahlin, der Herzogin Aqnes von Altenburg, für unsere Stadt ein neues Gotteshaus errichten zu lassen, welches den Namen „Herzogin Agnes Ge dächtnis-Kirche" tragen und im östlichen Stadtteile erbaut werden soll. * Weida, 28. April. In dem Neupertschen Anwesen im benachbarten Schüptitz ist in der vorigen Woche dreimal Feuer zum Ausbruch ge kommen, durch welches das Gehöft größtenteils in Asche gelegt wurde. Die Brände sind von dem bei Neupert bediensteten 16jährigen Knechte Hein rich Müller, wie dieser eingestanden hat, vorsätzlich angelegt worden. Der Brandstifter wurde verhaftet und dem Amtsgericht in Weida zugeführt. Eine neue Anna Rothe. Em neuer spiritistischer Schwindel ist im be nachbarten Meerane durch die Polizei aufgedeckt worden. Die „Meeraner Zeitung" schreibt darüber: Während in den letzten Jahren die vielgenannte Anna Rothe ihre spiritistischen Sitzungen veran staltete und eine große Anzahl Anhänger der „okkulten Wissenschaft" mit ihrem Hokuspokus in Erstaunen setzte, hat auch hier in Meerane eine Sekte ihr Unwesen getrieben und den Offen barungen eines Mediums Glauben geschenkt, das den Unverstand und Aberglauben der Mitglieder dieser spiritistischen Vereinigung finanziell geschickt auszubeuten wußte. Anna Rothe hat hauptsächlich mit Blumen gearbeitet, das Meeraner Medium aber hüllte seine Offenbarungen und sonstige Trics in den Mantel der Religiosität ein und hat damit Erfolge erzielt, die man kaum sür möglich hält. Die Meeraner spiritistische Gesellschaft soll seit ungefähr 10 Jahren bestehen. Anfänglich gehörten derselben ca. 30 Mitglieder an. Im Laufe der Jahre aber ist diese Zahl etwas zurückgegangen. Jetzt bei Aufdeckung des Schwindels bestand die Gesellschaft noch aus uugefähr 10 Personen. Das Medium der Sekte war die Ehefrau Luise des Schmiedes Frenzel, der Böhmerstraße 36 wohnt und in der Poststraße sein Gewerbe selbständig betreibt. Die Frau hat es nun — genau wie die Rothe, im Zustande der „Trance" — verstanden, die der Sekte angehörenden Mitglieder derart zu düpieren, daß sie ihren Offenbarungen Glauben schenkten und zu allen Opfern, die daS Medium wünschte, bereit waren. Hauptsächlich war es bei diesem Unfug auf Erlangung von Geld abgesehen. Mehrere Male in der Woche hat sich die Sekte in der Wohnung des Frenzel'schen Ehepaares zu Sitzungen eingefunden, wobei die Mitglieder jede Woche 10 Pfg. entrichten mußten — angeblich für Beleuchtung und Benutzung des Zimmers. Waren die Spiritisten alle beisammen, dann konnte die Sitzung beginnen. Was in solchen Sitzungen nun für Experimente ausgeführt wurden, bezw. was das Medium dabei offenbarte, ist kaum glaubhaft und wird manchen zum Kopfschütteln veranlassen, denn es ist geradezu lächerlich. So soll das Medium u. a., um Verstorbene von ihren Sünden zu erlösen (!), öfters ein Skatspiel arrangiert haben, wobei es die Karten gewöhnlich selbst ver teilte, aber auf die Weise, daß das Medium mit seinem Gatten fast regelmäßig gewann. Hatten die übngen Mitglieder das Glück, einmal zu ge winnen, dann mußten sie das gewonnene Geld an das Medium abliefern. An diesem Spiel haben natürlich anch die weiblichen Spiritisten teil genommen, obgleich sie vom Skatspiel überhaupt keine Ahnung hatten. War die Skatkasse gut ge füllt, dann wurde zur Abwechselung dann und wann ein solennes Abendessen veranstaltet, an dem sich die ganze Sekte gütlich tat.
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