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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 12.03.1907
- Erscheinungsdatum
- 1907-03-12
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-190703126
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19070312
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19070312
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungHohenstein-Ernstthaler Anzeiger
- Jahr1907
- Monat1907-03
- Tag1907-03-12
- Monat1907-03
- Jahr1907
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 12.03.1907
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WGAssrilsttW Anzeiger Tageblatt für Kohenstein-Ernstthal, Oberlungwitz, Gersdorf, Hermsdorf, Bernsdorf, Wüstenbrand, Ursprung, Mittelbach, Kirchberg, Erlbach, Langenberg. Falben, Langenchursdorf, Meinsdorf, Küttengrund rc. Srgsn kür Dolitik, Lokslyelchichte und Geschäftsverkehr, sowie kür amtliche Nachrichten. Der „Hohenstein-Lrnsttbaler Anzeiger" erscheint mit Ausnahme der Sonn und Festtage täglich abends mit dem Datum des folgenden Tages. Vierteljährlicher Bezugspreis bei freier Lieferung ins kraus Mk. 1.50, bei Abholung in der Gescbäfts> ^lle Nk. 1.2b, durch die bezogen (außer Bestellgeld) Mk. 1.50. Einzelne Nummern 10 psg. Bestellungen nehmen die Geschäfts- und Ausgabestellen, die Austräger, sowie sämtliche Kaiser!, postanstalten und die kandbrienragcr entgegen. Als Lztrabeilagen erhalten die Abonnenten jeden Sonntag das „Illustrierte Sonntagsblatt" und monatlich ei» Mal die „Kirchlichen Nachrichten". — Anzeigengebühr für die 6gespaltene Korpuszeile oder deren Raum 12 Vig- für auswärts 15 Vig! im Reklameteil die Zeile 50 Vig- Sämtliche Anzeigen finden gleichzeitig im „(Oberlungwitzer Tageblatt" (Publikationsorgan der Gemeindebehörde zu Dberlungwitz) Aufnahme. Anzeigen-Annahme für die am Abend erscheinende Nummer bis vormittags 11 Uhr; größere Anzeigen werden am Abend vorher erbeten. Bei Wiederholungen wird entsprechender Rabatt gewährt, jedoch nur bei alsbaldiger Zahlung. Die Aufnahme von Anzeigen an vorgeschriebenen Tagen und Plätzen wird möglichst berücksichtigt, eine Garantie jedoch nicht übernommen. 59. Fernsprecher Nr. 151. Dienstag, den 12. März 1907. GesE«^ - Bab^. 3. 34. Jahrgang. Paulus Gerhardt. Ein hochfestlicher Gedenktag ist für die ganze deutsche evangelische Christenheit der 12. März d. I, der dreihundertjährig» Geburtstag ihre« größten geistlichen Sänger« ahne Zweifel. In Kirchen und Schulen wird dieser Lag gefeiert. Schier unzählige fleißige Federn haben sich geregt, u« in volkstüm lichen und in gelehrten Schriften die Bedeutung Gerhardt- unserer Zeit zum Bewußtsein zu bringen. Tonkünstler und Maler bemühen sich, die unser- gänzlichen Lieder für Ohr und Auge neu darzu- stellen. In seiner Vaterstadt Gräfenhainichen wird der Grundstein zu einem GedenkhauS gelegt, und in seinem Sterbeort Lübben wird ihm ein Denk mal errichtet. Damit geschieht nur, wat recht und billig ist. Der deutsche Protestantismus hat in der Tat Grund zur dankbarsten Würdigung dieses ManneS. Ein Jahrhundert nach LutherS Tod» hat Paul Gerhardt in seinen Liedern denselben Glauben wie dieser freudig und herzgewinnend bekannt; et war in den Zeiten deS dreißigjährigen Krieges und in den Jahrzehnten nachher, wo dat geistige, wie daS wirtschaftliche Leben Deutschlands tief darniederlag, und wo di« geflissentliche Pflege deS Gegensatzes zwischen dem lutherischen und reformierten Bekennt nis die Kraft und Lebensdauer deS Protestantismus schwer gefährdet». Paul Gerhardts Lieder haben ebenso sehr zur Hebung de- geistlichen und geistigen Leben- wir zur Abwendung dieser Gefahr kräftig mitgewirkt. Da« evangelische Gesangbuch, dieLaien- bib»l, wurde durch fie um überraschende Kleinodien bereichert; in Berlin nahm man bald die 130 be- kannt gewordenen Lieder Gerhardt- bis auf ein einzige- in« Gesangbuch auf, und in anderen Kirchen gebieten erfuhren diese eine ähnliche Wertschätzung. Aber auch heut« bild»n diese Lieder in sachkundiger Au-wahl immer noch den wertvollsten Kern der evangelischen Gesangbücher, und in allen ist Paul Gerhardt, der an Umfang seiner dichterischen Leistungen hinter vielen seiner Zeitgenossen und Nachfolger weit zurückbleibt, am häufigsten vertreten. To steht dieser Dichter als Zeuge dafür da, daß echt evangelisches Glaubensleben di« Jahrhunderte überdauert, weil eS übergrschichtlichen Wert hat, und von modernsten wie von altgläubigen Pro testanten werden seine Lieder auch im Gegenwart»- leben hochgeschätzt. Kaum wird je daS Leben eine- Mannes, bissen Gedächlni- so kräftig sortlebt und so gefeiert zu werden verdient, weniger bemerkenswerte Vorgänge aufweisen, ja überhaupt so wenig bekannt sein, wie dasjenige Paul Gerhardt-. Der berühmte Konflikt mit dem Groß«n Kurfürsten entbehrt zwar nicht der anziehenden Tragik. Trotz der Großmut Fried rich Wilhelm- muß Paul Gerhardt um deS Ge« wissen- willen auf Amt und Brot verzichten. War die- Gewissen auch durch eine un- gesetzlich er scheinende Auffassung der Bekenntnisschriften und durch eine unevangetische Ueberschätzung der Urteile in der Konkordienformel beengt, so ist eS doch ein gut protestantischer Zug „nehmen sie unS den Leib, Gut, Ehr usw ", der unS den tapferen Lutheraner ehrwürdig macht, mag man auch mit G»rok sagen, eS sei kein großartige- Martyrium noch ein bestechende- Heldentum, dat unt hier ent gegentritt. Und so gern wir dem verheißungsvollen Toleranzgedanken de- Kurfürsten rechtgeben, in denen dieser seiner Zeit vorau-eilte, so hat er doch einen unberechtigten Eingriff in da- Bekenntni- der Lutheraner nicht vermieden; zudem war er Richter und Partei zugleich. Aber Paul Gerhardt« schroffer theoretischer Standpunkt hat sein« tadellose praktische Haltung nicht beeinflußt und sein, wahrhaft christ- Uche Gesinnung nicht beeinträchtigt. Diese ist in seinen Liedern zum klassischen Au-druck gekommen. Nicht Satzung und Lehre der Kirche wird in diesen besungen, sondern die tiefste persönliche Frömmigkeit, individuelle-, wirkliche- GlaubenSleben in unver. weltlicher Frische weht unS au- ihnen entgegen, und auS sretem Bedürfnis kleiden darum sich auch heut« noch ungezählte Gebete evangelischer Christen in Freude und Leid, im Leben und im Sterbrn wie von selbst in Paul Gerhardt» Worte. So hat unser Dichter der deutschen evangelischen Christen- heit «inen gemeinsamen Schatz gegeben, der nicht zu erschöpfen ist und nicht veraltet, und der für die Weckung und Klärung evangelischen Gemein- geisteS mehr gewirkt hat, als dies fürstliche Erlasse vermögen. Hier singt daS befriedigte und beseligte Lhristenherz, da- den praktischen Wert seines Glauben- erfahren und erprobt hat, ebenso kindlich wie männlich, weil eS frei und froh, gottergeben und geduldig, dankbar und hoffnung-freudig ge worden ist. Da übt er weder Polemik noch kennt er andere Konflikte, al- solch«, die jeder Christen mensch in sich selbst erleben und durchfechlen muß. So haben seine Lieder auch den Frieden mit den Reformierten, den er bei Lebzeiten nicht eingehen wollte, nach sein»m Tode milbegründen helfen. Da- Jubelgedächtnis deS werten Sänger- aber wird nach Jahrhunderten und für Jahrhunderte weiter dazu dienen, die inner« Einheit deS Protestantismus, die dieser mit seinem Nein wie mit seinem Ja in der freien Gewißheit seine- Glaubens von Anfang an behauptet hat, reicher und tiefer zu machen. Deutscher Reichstag. 14. Sitzung vom 9. März. Präsident Graf Stolberg teilt mit, daß er heute nachmittag an der Bahre de- verstorbenen früheren Staatssekretär« von Bötticher im Namen des Reichstag- einen Kranz niedirlegen werde. (Zustimmung) Nus der Tagesordnung stehen zunächst die Inter- pellationen der Freisinnigen und der Sozialdemo kraten betreffend Einsührung von Tchisfahrtsabgaben auf natürlichen Wasserstraßen in Preußen. Auf die Frage de- Präsidenten erklärt Staatssekretär Graf PosatzowSky, d»r Herr Reichskanzler ist be- reit, die Interpellation zu beantworten. Ich werde die Ehre haben, dem Herrn Präsidenten den Tag mitzuteilen, an dem die Antwort erfolgen wird. Damit ist der Gegenstand für heute erledigt Abg. Trimborn begründet dann die ZentrumS- interpellationen, ob noch im Laufe dieser Srssion Vorlagen zu erwarten sind, 1. betreffend Rechts fähigkeit der Berufsvereine, 3. betreffend Einführung de« sogenannten kleinen Befähigungsnachweises, 3. betreffend Verschärfung de« Gesetze- über den unlauteren Wettbewerb auf dem Gebiete des Au-- verkaufswesenS, insbesondere hinsichtlich der soge nannten Nachschübe, 4. betreffend zehnstündige Maximalarbeit-zeit für Fabrikarbeiterinnen und b. verlang! die Interpellation nähere Mitteilungen über Umfaag, Organisation und Aufgaben der vom Staat-sekretär am 30. Januar 1904 in Aussicht gestellten Arbeitskammern bezw. über den Zeit punkt, wann eine bezügliche Vorlage zu erwarten sei. Der Reichskanzler, sagt der Interpellant, scheint eine Absage an da- Zentrum in Bezug auf die Sozialpolitik gerichtet zu haben; denn als er davon sprach, wandte er sich nur an die neue Mehrheit, während doch das Zentrum bisher immer der Träger der Sozialpolitik war. Der Reichskanzler hat neulich eine Anzahl Fragen angeführt, an die er denke, wenn er auf ein Zusammengehen von Liberalen und Konservativen rechne; er nannte das Verein«- und Versammlung-recht u. a In alledem genügt es aber nicht bloß zu denken (Heiterkeit), e« muß auch endlich vorgegangen werden, vor allem in der Frage der Rechtsfähigkeit der Berus«- vereine. Die dem vorigen Reichstage vorgelegte Lösung dieser Frage war unzulänglich, niemand hat bei seiner Kritik dieser Lösung eine schärfere Tinte gebraucht al« Baffermaan. (Heiterkeit.) Es wäre doch eine zu eigenartige Einleitung der neuen Aera, bei der die Freisinnigen bereits Morgenluft wittern (Heiterkeit), wenn die Herren auf die Rechts fähigkeit der BrrufSvereine verzichteten. Weiter ver breitet sich Redner über die Forderung des soge nannten kleinen Befähigungsnachweises, nach dem die Handwerker verlangten Weshalb habe drr Reichskanzler neulich nur von dem Vereins- und VersammlungSrecht gesprochen und nicht auch hier von? Das Zentrum werde an der Sozialpolitik unentwegt festhalten. SlaatSsekrelär Graf Pvsadow-ky: Der Reichs kanzler und die verbündeten Regierungen sind fest entschlossen, in der Sozialpolitik fortzufahren. Ob wir Sozialpolitik treiben soll»« oder nicht, darüber sind die Ansichten allerdings verschieden. Es gibt einen Standpunkt, der auch in Deutschland, wenn auch in verschleierter Form, in der Oeffentlichkeit sich bisweilen gellend macht, der, wenn er dann sein Herz entdeckt, vielleicht erklärt, die Sozial politik s«i ein verhängnisvoller Schritt. Der Kräftige in der Welt wird sich behaupten, der Schwache muß untergehen. Die Staaten, die kein« Sozialpolitik treiben, find besser daran als die an deren. In dieser klaren Form äußert man sich ja nun in der Regel nicht; man erklärt, man sei für Gozialreform (Heiterkeit und Rufe: Sehr gut!); aber man bekämpft jeden einzelnen Schritt, der auf dem Wege weiter führt (Sehr wahr!) Auf diesem Standpunkte steht nicht der Reichskanzler und auch nicht die verbündeten Regierungen. Ein Volk, daS in diesem Maße, wie daS deutsche, in der Volksbildung fortgeschritten ist, stellt höhere Anforderungen, und in einem Volke vom Kultur- stand« de- deutschen kann die Sozialpolitik nicht stille stehen, trotz aller offenen und verkappten Gegner. (Sehr wahr!) Der Herr Reichskanzler hat während des Wahlkampfe« und auch hier im Hause seinen Standpunkt entwickelt, aber Sie können nicht erwarten, daß der Reichskanzler sich, wie der Vorredner es verlangt, auf Einzelheiten einlasse, zumal über Entwürfe, di« sich noch im Bundes rate befinden. Das Haus ist mit Anträgen ja jetzt geradezu überschüttet worden. (Sehr richtig!) Es wäre da doch wohl das Richtigste, sich die wich tigsten Anträge herauszusuchen und sich auf sie zu beschränken. Ich werde jedenfalls hier ebenfalls mich nur auf das beschränken, waS die Interpel lation enthält. Da ist zunächst die Rede von den BerusSvereinen. Dem vorigen Entwürfe geht es wie mit der Maria Stuart: er war besser als wie sein Ruf. (Na, na! bei den Sozialdemokraten.) Seine Tendenz war ganz mißverstanden worden. Hätte man die Motive besser studiert, wäre man zu anderer Ueberzeugung gelangt. Der Entwurf wollte nichts anderes, al» die rechtliche Voraus setzung für die Eintragung der Berufsvereine schaffen; aber die Herren wollten damit alles mög- liche lösen, womöglich da- ganz« Vereins- und Versammlung-recht. Das konnte und sollte die Vorlage freilich nicht. Das Mißtrauen kam da- her, daß man annahm, da- projektierte Gesetz über die Arbeitskammern sollte sich auf dat BerufS- vereinSgesetz aufbauen. Davon ist aber keine Rede. Beide haben miteinander nichts zu schaffen, und daher wird jetzt die Vorlage wegen der Arbeits- kammcrn zuerst vorgelegt werden; wahrscheinlich in der kommenden Session. (Beifall.) Ob und in welcher Form dann der Entwurf über die Berufs vereine folgt, üb«r die Modifikationen, die durch die Kritik au- de« Hause notwendig geworden sind, darüber wird sich der Bundetrat noch schlüssig machen. Die Vorlage wegen det kleinen vefähigung»- nachweises ist im BundeSrate schon in zweiter Lesung beraten. Wann sie an den Reichstag kommt, wird von der Geschäftslage des HauscS abhängen. Ueber die Vorlage wegen de« unlauteren Wettbe werbs ist eine bindende Erklärung noch nicht mög lich. Was ferner die Arbeitszeit der weiblichen Personen anlangt, so meine ich, daß die eisstündige Arbeitszeit der Frauen nicht länger aufrecht zu er halten ist. Dem Gesundheitszustand der Frauen, die un- da- künftige Geschlecht liefern, müssen wir die vollste Aufmerksamkeit schenken. Der zehnstün dige Arbeitstag für Frauen ist nötig. (Beifall.) Ich hoffe, die verbündeten Regierungen werden einem bezüglichen Gesetzentwurfs zustimmen. Ich hoffe ferner, daß in nächster Session ein solche» Gesctz wird vorgelegt werden können. Wir wer ben allerdings eine Uebergangkzeit schaffen müssen Jedenfalls bin ich mit dem preußischen Ressort minister darin einig, daß das bestehende Gesetz in diesem Punkte geändert werden muß. Wenn der Reichskanzler erklärt hat, er denke an eine Reform de- Verein«- und VersammlungSrechtS, so hat er diese Zusage mit der Vorsicht getan, die er dem Bundesrate schuldig ist; aber wenn er sagt, er denke daran, so ist das kein leeres Versprechen, sondern eS wird selbstverständlich in ernste Er wägungen darüber eingetreten. Redner schließt dann unter Hinweis auf die neuerlichen Erörte rungen über die Mißstände im Weinhandel, im NahrungSmittelverkehr usw. Sozialen Mißständen sei nicht allein abzuhelfen durch Gesetze, sondern der anständige Sinn deS Volke-, unter Führung b«sonders der gebildeten Klassen, müsse da- Teinige tun, um den Mißständen abzuhelfen. Die Re gierung w«rde jedenfalls da- Ihrige tun. Was an ihm selbst liege, so werde er nicht« unterlassen, um die Vorlegung der betreffenden Gesetze mög lichst zu beschleunigen. Er bitte dann aber auch, die Vorlage mit Wohlwollen zu behandeln. (Bei fall.) Abg. Hieber (natl ): Der lebhafte Beifall, den der Herr Staatssekretär gefunden hat, beweist, daß auch in diesem Reich-tage sich eine Mehrheit für eine gesunde Sozialpolitik finden wird. DaS wird Herrn Trimborn beruhigen, der so tat, al» sei die Sozialpolitik allein ein W^rk de» Zentrum«. Die neue Mehrheit wird zeigen, daß sie auch ohne und nötigenfalls gegen das Zentrum eine gesunde Sozialpolitik zu treiben vermag. Wir verlangen Ausbau und Erweiterung deS Koalitionsrechts der Arbeiter, ein freies Vereins- und VrrsammlungS- rccht, Rechtsfähigkeit der BerusSvereine, Ausbau der Tarifverträge, Arbeitskammern. Redner stimmt namen« seiner Freude auch dem Verlangen der Interpellation wegen des kleinen Befähigungs- Nachweises bei. Herr Trimborn brauche sich jedenfalls in allen diesen Dingen wegen deS Zu sammengehens von Konservativen und Liberalen keine Gedanken zu machen. Auch im deutschen Bürgertum find, so schließt Redner, noch sittliche Kräfte in Tätigkeit, die, auf dem Boden mo narchischer Anschauungen, das Volk zu heben suchen durch eine gute Sozialpolitik. Und nur so werden wir auch die Sozialdemokratie zu über- winden vermögen. (Beifall.) Abg. Henutug (kons.) führt au«, seine Freunde seien gewillt, an einer besonnenen Sozialpolitik mitzuarbeiten. An dem Entwurf wegen der Be- rusSvereine, wie er früher eingebrachl war, sollt« man nicht viel ändern! Das Koalition-recht sei eine schwierige Frage, zumal hinsichtlich der Minderjährigen. Jedenfalls wollten aber seine Freunde Mitarbeiten. Weiter verbreitet sich Redner auch über die Fragen des unlauteren Wettbewerbe» und deS kleinen Befähigungsnach weises. Mil dem Zehnstundentag für Fabrik arbeiterinnen seien seine Freunde einverstanden. Im allgemeinen solle nur „etappenweise' Sozial- Politik getrieben werden. Arbeitskammern wünschten auch sie, aber keine Arbeiterkammern. Abg. Huö (Soz.) richtet an den Vorredner die Aufforderung, dafür zu sorgen, daß in dem Senftenberger Braunkohlengebiete wenigstens die skandalösesten Mißstände abgestellt werden. Herr Hieber versichere, der jetzige Reichstag werde den Beweis erbringen, daß er auch ohne die Sozial demokratie gesunde Sozialpolitik treiben könne. Ja — auch im vorigen Reichstage haben doch die bürgerlichen Parteien die Mehrheit gehabt, und wie langsam ist trotzdem bisher Sozialpolitik getrieben worden! Weiter bestreitet Redner u. a., daß die Sozialdemokratie das Handwerk schädigen wolle. Geschädigt werde da» Handwerk vielmehr durch das Kapital. Ebenso durch die Zölle aus Rohstoffe und LebenSmittel und Handwerkszeug. Jeder einsichtige Handwerksmeister sage: WaS uns kaput macht, das sind nicht die Sozialdemo kraten, sondern die großen Kapitalisten. Eine konservative Zeitung schrieb jüngst bedauernd, in der Sozialpolitik herrschte ein „Automobiltempo". Nun, ein elsässischer Gewerbeinspektor habe für Fabrikarbeiterinnen eine 13-, 16-, ja sogar 17- stündige Arbeitszeit festgestelll. Und daS soll Automobiltempo sein? Wenn die Herren, die fitzt gegen den Minister, der noch da« meiste Interesse sür Sozialpolitik hat, so gehässige, nieder trächtige, verleumderische Angriffe richten, damit Erfolg haben sollt,«, so würde das wieder nur beweisen, wie heutzutage bei uns Sozialpolitik ge- trieben wird. Ob Arbeitskammer oder ob Arbeiter- kammern, das ist eine reine Zweckmäßigkeitsfrage. Arbeiterkammern würden von den Gewerkschaften verlangt, und zwar auch von den christlichen. Die sozialdemokratische Partei habe ursprünglich Arbeitskammern gefordert, sich aber hinterher der größeren Sachverständigkeit der Gewerkschaften
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