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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 21.12.1907
- Erscheinungsdatum
- 1907-12-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-190712214
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19071221
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19071221
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungHohenstein-Ernstthaler Anzeiger
- Jahr1907
- Monat1907-12
- Tag1907-12-21
- Monat1907-12
- Jahr1907
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 21.12.1907
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Wenstck-CWW Anzeiger Tageblatt für Kohenstein-Ernstthal, Oberlungwitz, Gersdorf, Kermsdorf, Bernsdorf, Wüstenbrand, Ursprung, Mittelbach, Kirchberg, Erlbach, Langenberg. Falken, Langenchursdorf, Meiisdorf, Küttengrund rc. Srgan kür Oolitik, Lokalgelchichte und Gelchäktsverkehr, sowie kür amtliche Aachrichten. Der „Hohenstein-Ernfiiqalcr Anzeiger" erscheint mit Ausnahme der Sonn- und Festtage täglich abends mit dem Datum des folgenden Tages, vierteljährlicher Bezugspreis bei freier Lieferung ins Hans Mk. 1.50, bei Abholung in der Geschäfts- ^lle Mk. 1.25. durch die Vost bezogen (außer Bestellgeld) Mk. 1.50. Einzelne Nummern 10 j)fg. Bestellungen nehmen die Geschäfts- und Ausgabestellen, die Austräger, sowie sämtliche Kaiser!. Postanstalten »nd die Landbriefträger entgegen. Als Extrabeilagen erhalte» die Abonnenten jeden Sonntag das „Illustrierte Sonntagsblar.' und monatlich ein Mal die „Kirchlichen Nachrichten". — Anzeigengebühr siir die 6gespaltene Korpuszeile oder deren Raum 12 pfg., für auswärts 15 pfg; im Reklametcil die Zeile "0 pfz. Sämtliche Anzeigen finden gleichzeitig im „Oberlungwitzer Tageblatt" (Publikalionsorgan der GemeindebehSrde zu Oberlungwitz) Aufnahme. Anzeigen-Annahme für die am Abend erscheinende Nummer bis vormittags II Uhr; größere Anzeigen werden am Abend vorher erbeten. Bei Wiederholungen wird entsprechender Rabatt gewährt, jedoch nur bei alsbaldiger Zahlung. Die Aufnahme von Anzeigen an vorgeschriebenen Tagen nnd Plätze» wird möglichst berücksichtigt, eine Garantie jedoch nicht übernommen. Nr. 297. Fernsprecher Nr. 151. Sonnabend, den 21. Dezember 1907. s-Msts-L- - z. 34. Jahrgang. Bekanntmachung. Nach Abschluß des geordneten Wahlverfahrens gehören zum Kirchenvocstande der Trinitatis- parochie folgende Mitglieder: Pfarrer Schmidt, Vors. Privatus Stadtrat G. Deckert, Kontorist R» Fechner, Pastor I. Wecke, Böttchermeister C. Kolbe, Schuldirektor U- Patzig, Kaufmann L. Pfefferkorn, Gerbermeister A. Stötzner. Der Kirchenoorstaud der Trinitatisparochie. Schmidt, Pf. Freibank Hohenstein-Ernstthal. Verkauf von gekochtem Rindfleisch, Pfund 35 Pfg. Sächsischer Landtag. Erste Kammer. 10. öffentliche Sitzung. Dresden, 19. Dez. Das HauS genehmigt zu nächst den Gesetzentwurf über die Oberrealschulen den Anträgen der ersten Deputation gemäß, sowie das Kirchengesetz über die Verkündung von Ver ordnungen der landeskirchlichen Behörden und Ge meindevertretungen. Ferner wurde der Ergänzung des GebührenverzeichnisseS zum Kostengesetz vom 30. April 1906, welches sich auf die Radfahrkarten erstreckt, zugestimmt und schließlich die Gewährung von Wohnungsgeldzuschüssen in der von der Zweiten Kammer beschlossenen Form mit Rückwirkung vom 1. Juli ab beschlossen. Dabei sprach Kammerherr Dr. v. Frege-Weltzien den Wunsch aus, daß bei nächster Gelegenheit eine Gleichstellung mit den preußischen Beamten und den Beamten deS Reiches inbezug auf die Woh- nungsgelder in Sachse» durchgeführt werden möge. Die uuszufertigende ständische Schrift wurde sofort noch beraten, damit das Dekret noch in den nächsten Tagen erlassen werden kann. Nächste Sitzung am 8. Januar vormittags 11 Uhr. Zweite Kammer. 41. öffentliche Sitzung. Dresden, 19. Dez. Auf der Tagesordnung stehen: 1) Wahl eines Mitgliedes in die Rechen, schastsdeputation. 2) Schlußbemerkung über den mündlichen Bericht der Beschwerde, und Petitions- deputation über die Petition,des Weichenwärters II. Klaffe a. D. Andreas August Gerber in Pot- schappel (durch seine Ehefrau Klara Gerber daselbst), Erhöhung seiner Pension betreffend. Interpellation Opih. Vizepräsident Opitz erbittet im Austrag seiner Partei das Wort zu einer Anfrage. Es sei be schlossen worden, heute in die Ferien zu gehen es seien aber inzwischen Ereignisse eingetreten, die es sehr bedenklich erscheinen ließen, ob die Abgeord- neten es mit ihren Pflichten gegen das Land ver. einbaren könnten, diesen Beschluß zur Durchführung zu bringen. ES handle sich um Fragen der Reichs finanzpolitik. Nach Blättermeldungen sei von den Blockparteien mit dem Reichsschatzsekretär vereinbart, es bleibe nichts übrig als eine Ver- edelung der Matrikularbeiträge, d. h. daß diese nicht mehr mit 40 Pf. auf den Kopf der Bevöl kerung berechnet würden, sondern nach der wirt- schaftlichen^Lristungsfähigkeit der einzelnen Staaten. DaS würde sür Sachsen eine schwere Belastung bedeuten. Denn es soll zunächst in Aussicht ge nommen worden sein, die Beiträge von 40 Pf. auf 1 Mk. zu erhöhen, um eine Mehreinnahme von 36 Mlll. zu erzielen. Die Bundesstaaten sollten in 4 Klassen eingeteilt werden, in Klasse 1 sollte Preußen, in Klasse 2 Sachsen, Baqrn und die Hansestädte, in Klaffe 3 Württemberg und die Gcoßherzogtümer, in Klasse 4 die Kleinstaaten ge hören. Weiler sollten nach drei Jahren die Ec- gebniffe der Erbschaftssteuern berechnet und danach ein Zuschlag zur Erbschaftssteuer in den einzelnen Staaten erhoben werden. Sollte das zur Wahr- heit werden, so würde der ganze sächsische Etat umgeworfen werden, eS müßte die Beamtengehältrr- erhöhung unterbleiben und ebenso rvent. später die Einkommensteuer um 24 Prozent erhöht werden Er hoffe, daß die Regierung so weit unterrichtet sei, um sich darüber äußern zu können, was ihm in dieser Sache bekannt geworden sei. (Bravo I) Finanzminister Dr. vo« Rüger: Auch der Staatsregierung sind Gerüchte zu Ohren gekommen von Abmachungen finanzieller Art, die getroffen sein sollen zwischen der Verwaltung des Reiches und den MchrheitSparteien im Reichstage. Oo die Gerüchte den Tatsachen entsprechen, ist der Regie rung allerdings nicht bekannt. In rein formeller Hinsicht wird man sich wohl auf den Standpunkt stellen müssen, daß Abmachungen in Angelegen heiten, die den Reichstag betreffen, zwischen der Verwaltung und den Führern der Mchrheitspar- teien getroffen werden und daß diese Abmachungen alsdann dem Bundesrate vorgelegt werden können. In Fällen von solch außerordentlicher Tragweite aber muß man von der Ansicht ausgehen, daß solche Abmachungen nicht getroffen werden dürfen, ohne daß die Reichsverwaltung den Regierungen der Bundesstaaten rechtzeitig Kenntnis davon gibt, waS sie zu tun beabsichtigt. Schon aus diesem Grunde glaubt die Regierung, diesen Gerüchten keinen Glauben schenken zu sollen. In materieller Hinsicht glaube ich mir ein Eingehen auf die Aus führungen des Herrn Vorredners ersparen zu können, da der Standpunkt der sächsischen Regierung in dieser Frage hinlänglich bekannt ist. Ich habe vor kurzem erst in der Erste» Kammer klargelegt, daß die Regierung die finanzielle Selbständigkeit der Einzclstaaten wahren will und daß sie der Einführung direkter Reichssteuern nicht zustimmen wird. Neber den Plan der Erhöhung dcr Matri kularbeiträge und die fernere Absicht, den Einzel staaten vorzuschreiben, in welcher Weise diese zu erheben seien, sagte der Minister: Die Matrikular- beitrüge weiter auszubauen, liegt nicht im Ginne der Regierungen der Einzclstaaten. Selbst wenn aber die Möglichkeit bestehe, diese Beiträge gesetzlich zu erhöhen, so würden eS sich die Regierungen doch nicht umschreiben lassen, wie diese Beiträge erhoben werden sollln. (Lebhafter Beifall) Abg. Schieck (Natl.) zur Geschäftsordnung: Die Ausführungen des Abg. Opitz machten mehr den Eindruck einer Interpellation, er glaube aber nach der Antwort des Finanzministels, daß ein längeres Zusammenbleiben deS Hauses nicht not- wendig sei. Abg Günther (Frs.): Es sei ein ungewöhnlicher Vorgang gewesen diese Anfrage unter tz 80 Abs. 2 zu subsummieren. Nachdem die Kammer aber in der Lage sei, geschäflsordnungsmäßig in die Be sprechung des Antrags einzutreten, stelle er einen dahingehenden Antrag. Abg. Goldstein (Soz.) meint, es habe sich zweifellos um eine Jntervellation gehandelt, und zwar nm eine nicht angemeldete. Dies Vorgehen habe gegen die Geschäftsordnung verstoßen. Abg. Hettner (Natl.): Das ganze Vorgehen sei nicht gkschäftsordnungsmäßig gewesen, cs sei bei einer solchen Anfrage der Kammer die Mög lichkeit einer Debatte abgeschnitten und er müsse gegen ein solches Vc> halten protestieren. Abg. Opitz (Kons) verteidigt fiine Auffassung und die des Direktoriums. Die Sache sei doch mit der heutigen Besprechung keineswegs abgetan, man müsse später ausführlich darauf zurückkommen. Abg. Langhammer (Natl.) stellt fest, daß dir nationalliberale Partei durch die Anfrage des Abg. Opitz vollkommen überrascht worden sei, und ver- muiet, daß es bei den Konservativen anders ge- wesen sei. Der tz 30 Abs. 2 sei in sehr weitgehen der Weise ausgelegt worden. Ec freue sich dessen, meine aber, die Sache sei so wichtig, daß eine B.spiechung nicht allein hier im Hause, sondcrn auch in den Fraktionen und mit den Wählern not wendig sei. Abg Zimmerman« (Res.) meint, den geschäft lichen Anforderungen sei vollkommen genügt. Außerordentliche Fälle erfordern außerordentliche Mittel. Abg. Günther (Freis.) weist nochmals auf das Bedenkliche dieser Auslegung des 8 30 Abs. 2 hin I und bedauert, daß einzelne Mitglieder des Hauses von dieser wichtigen Frage nicht unterrichtet worden seien. Abg. Dr. Bogel (Natl.) bedauert, daß die Sache durch das Vorgehen der Konservativen in falsche Bahnen geleitet worden sei. Es wäre viel mehr der Sache gedient worden, wenn die Fraktionen vorher benachrichtigt worden wären und so eine einmütige Kundgebung des gesamten HauseS hätte herbeigeführt werden können. Abg- Opitz (Kons.) verwahrt die Konservativen gegen den Vorwurf illoyalen Vorgehens. Sie hätten nur unmittelbar vor der Sitzung eine Ver handlung von einer Viertelstunde gehabt. Abg. Goldstein (Soz) fragt, was wir denn sür eine diplomatische Vertretung in Berlin hätten, wenn am Donnerstag erst der Regierung bekannt wurde, waS am Dienstag im Reichstage verhandclt worden sei. Wenn Abg. Zimmermann gesagt habe, außerordentliche Fälle erforderten außerordentliche Mittel, so könne man mit diesem Grundsätze sogar den Staatsstreich und die Abschaffung der Ver fassung rechtfertigen. Abg. Günther (Freis) stellt fest, daß bereits gestern in den späten NachimtlagSstunden allgemein erzählt worden sei, die konservative Fraktion habe eine Fraltionssitzung zur Besprechung von Fragen der R'ich?finanzreform anberaumt. Es hätte also die Möglichkeit Vorgelegen, die einzelnen Abgeord neten noch zu einer vertraulichen Besprechung cin- zuladen. Gegen daS Verfahren der Konservativen wen deten sich noch die Abgeordneten Günther, Lang, Hammer und Dr. Zöphel, während Abg. Dr. Spieß-Pirna (kons) die Anfrage für übereinstim mend mit ß 30 dcr Geschäftsordnung hielt. Nach dem Präsident Dr. Mehnert das Direktorium gerechtfertigt hatte, daß cs sich die Begründung dcr Anfrage nicht vorher vorlegen lassen könne und Vizepräsident Opitz eine tatsächliche Berichti gung gegeben hatte, verließ daS Haus den Gegen stand und trat in die Tagesordnung ein. Zu Punkt 1 der Tagesordnung beantragte Abgeordneter Gontard-Leipzig (natl), den Abge ordneten Schmidt durch Zuruf in die Rcchenschasts- D.putation zu wählen. Ohne Debatte trat die Kammer einstimmig diesem Anträge bei. Zu Punkt 2 der Tagesordnung gab Abgeord- neter Drechsler-Zschopau (natl.) denBericht, erklärte, daß der Pctcnt in sehr traurigen Verhältnissen lebe. Da er aber außer 664 Mark festen Ein kommens (Pension und Rente) noch außerordentliche Unterstützungen ei halte, beantragt er, die Petition auf sich beruhen zu lassen. Ohne Debatte beschloß die Kammer einstimmig demgemäß. Schließlich erklärte sich die Kammer damit ein- mrstanden, daß die ständische Schrift bezüglich der WohnungSgeldzuschüsse nicht ausgelegt zu werden j brauche und daß sie durch den Präsidenten geneh migt werde. Mit Glückwünschen für Weihnachten und Neujahr schloß der Präsident die Sitzung. Nächste Sitzung: Mittwoch, den 8. Januar 1908, mittags 12 Uhr. Der neue Harden-Prozetz in Berlin konnte am Donnerstag beginnen. Der Angeklagte war, obwohl dem Aussehen nach immer noch leidend, erschienen. Die Einleitung der Ver handlung bildete eine lange juristische Auseinander- setzung zwischen dem Oberstaatsanwalt Dr. Jsenbiel und den Verteidigern HardenS über die Zulässigkeit des neuen Verfahrens. Justiziar Kleinholz bean tragte Einstellung des Verfahren- »egen Unzu ständigkeit des Gerichts. Es sei der Rechtssatz verletzt, daß über eine rechtskräftig entschiedene Sache nicht nochmals gerichtlich verhandelt werden dürfe, ferner liege eine Verletzung der Verfassung vor. Justizrat Bernstein wus ergänzend darauf hin, daß :ie j.tzige Anklage bereits erhoben worden sei, als das erste Verfahren noch schwebte. HardenS Arzt erwarte übrigens für seinen Patienten eine ernstliche Gesundheilsschädigung von der Ver handlung. Der Vorsitz-nde versicherte, er werde alle Rücksicht auf Harden nehmen und gestattete dem Angeklagten, im Pelz neben seinen Vertei digern (also nicht auf der Anklagebank, auf die er nur wenige Minuten der Form halber mußte) Platz zu nehmen. Oberstaatsanwalt Dr. Jsenbiel meinte, daß er sein Vorgehen nicht zu rechtfertigen brauche, begründete eS aber ausführlich Ec glaubte den Verteidigern Trugschlüsse nachweisen zu können und nahm auf ReichSgerichtSentschei- dungen Bezug, die er sehr klar nannte. Ec habe einfach seine Pflicht getan. Zu Experimenten sei ihm Herr Harden zu gut, die Sache zu lieb ge- wrsen. DaS öffentliche Interesse sei erst im Laufe des ersten Verfahrens zutage getreten. Der Staats anwalt habe Vertrauen zu jedem Gericht, sei es »UN mit drei oder mit fünf Männern besetzt. Ja, Dr. Jsenbiel ging noch weiter. Ec betonte in der Auseinandersetzung, er habe die Schwurgerichte nicht als minderwertig hingestrllt. Darüber möchte er keinen Zweifel lassen. Schwer getroffen gefühlt habe er sich durch Angriffe angesehener Volksver treter im Reichstage Bei oller Ehrerbietung müsse er sagen, daß die Herren schlecht unterrichtet waren. Ec habe die Sache nicht von vorn angesangen, weil sie ihm so gut, sondern so schlecht gefallen habe, weil er sich gesagt habe, sie müsse anders angefaßt werden. Herr Harden habe direkt Vor teile von dem neuen Verfahren: er könne bis ans Reichsgericht heran. Erst jüngst habe ihm, dem StaatSanwalt, ein politischer Angeklagter gesagt, ihm wäre geholfen, wenn er nur das Rerchg-- richt anrufen könnte. Der Oberstaatsanwalt bat zum Schluß um Ablehnung deS Antrages der Verteidiger deS Angeklagten. Für den Neben- kläger Grafen Kuno Moltke erklärte Justizrat Sello, seinem Klienten sei es egal, welches Gericht; er wolle bloß sein Recht. Die Justizräte Klein holz und Bernstein erklärten sich nicht sür über- zeugt. Sie verwiesen aus das Rechtsgesühl des Volkes und auf die ungeheuerlichsten Konsequenzen, die entstehen müßten. Die Widerklage falle j-tzt einfach ganz fort. In seiner Erwiderung bemerkte der Oberstaatsanwalt, der Justizverwaltung sei eS absolut gleichgültig, welcher Richter aburteile, aber sie habe ein Interesse daran, daß nach dem Gesetz und der Rechtsprechung des Reichsgerichts verfahren werde. Hierauf zog sich der Gerichtshof zur Beratung zurück. DaS Gericht beschloß, in die Verhandlung etnzu- treten. Die ZuständigkeitSfrage werde im Urteil entschieden weiden. Auf eine Frage des Vorsitzen den erklärte der Oberstaatsanwalt, die Oesfentlich- keit solle möglichst aufrecht erhalten und nur bet den unsaubcren Sachen, die die Masse so sehr er regt hätten, ausgeschlossen werden. Alle drn Ver teidiger sehen keinen Grund zum Ausschluß. Nun mehr folgte das Verhör des Angeklagten. Harden bestritt jede beleidigende Absicht und will die Artikel geschrieben haben, weil er glaubte, dem Lande, daS er liebe, etwas nützen zu können. Die Frage, ob er den Grafen Kuno Moltke als einen Homosexuellen habe hinstellen wollen, verneinte er entschieden. Seine Ausdrücke „Tafelrunde", „Grüppchen", „warmes Eckchen" und „Hintereingang" seien ohne sexuelle Anspielung gebraucht. Von einem Kreis pervers Veranlagter sei keine Rede. Das Schlimmste sei, daß man aus den Artikeln etwa» herauslesen wolle, waS gar nicht in ihnen stehe und waS er gar nicht gemeint habe. Wenn er den Prinzen Joachim Albrecht von Preußen (zweiten Sohn des verstor benen Regenten von Braunschweig) in Gegensatz zu drm Grafen Moltke gestellt habe, so sei damit doch noch nicht gesagt, daß der Gegensatz von Frauenfreundschaft die Männersreundschaft bedeuten müsse. Er stehe nicht an, zu erklären, daß nach seiner Ueberzeugung Graf Moltke niemals irgend welche Aktivitäten mit Männern getrieben habe. Der Vorsitzende kam immer wieder auf die ver-
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