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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 12.06.1909
- Erscheinungsdatum
- 1909-06-12
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-190906123
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19090612
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19090612
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungHohenstein-Ernstthaler Anzeiger
- Jahr1909
- Monat1909-06
- Tag1909-06-12
- Monat1909-06
- Jahr1909
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 12.06.1909
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Hohenstein- GnsttWerAlWr Tageblatt für Kohensteln-Emstthal, Oberlungwitz, Gersdorf, Kermsdorf, Bernsdorf, Wüstenbrand, Ursprung, Mittelbach, Kirchberg, Erlbach, Langenberg, Falken, Langenchursdors, Meinsdorf, Küttengrund re. Der .Kohenstein-Emstthaler" Anzeiger erscheint mit Ausnahme der Sonn- und Festtage täglich abends mit dem Datum des folgenden Tages. Vierteljährlicher Bezugspreis bei freier Lieferung ins Kous Mk. > 50, bet Abholung in der Geschäftsstelle Mk.1.25, durch die Post bezogen (außer Bestellgeld) Mk.i.50. Einzelne Nummern l0 Psg. Bestellungen nehmen die Geschäfts- und Ausgabestellen, die Austräger, sowie sämtliche Kaiser! Postanstalten und die Landbriesträger entgegen. Als Extra- beilage erhalten die Abonnenten jeden Sonntag das .Illustrierte Sonntagsblatt". — Anzeigengebühr für die «gespaltene Korpuszeile oder deren Raum tL Psg., für auswärts 15 Psg.: im Reklameteil die Zeile 30 Psg. Sämtliche Anzeigen finden gleichzeitig im „Oberlungwitzer Tageblatt" Ausnahme. Anzeigen-Annahme für die am Abend erscheinende Nummer bis vormittags ll Uhr, größere Anzeigen werden am Abend vorher erbeten. Bei Wiederholungen wird entsprechender Rabatt gewährt, jedoch nur bei alsbaldiger Zahlung. Dle Aufnahme von Anzeigen an vorgeschrtebenen Tagen und Plätzen wird möglichst berücksichtigt, eine Garantie jedoch nicht übernommen. — Für Rückgabe eingesandter Manuskripte macht sich die Redaktion LLrLlLereriLtLlLiLILtLILLtLtLlLILILISlLLLLtLtLlLtLtLtLtLLLtLtLtLtLILLtLLL Nicht verbindlich. ILILILeriL<LL:iLl-LlLILLrrriLILILlLIL!LlLLe:erLL!-LiLLLlLI-LIiLlLerlLI2!2krL!L:iL Sonnabend, den i2. Juni 1909. «-hnstr.». 36. Jahrgang. Nr. 133. Fernsprecher Sir. IS1. Infolge des Altstädter Schützenfeste- ist Gouutag, de« LS. J««t d. I., der Hamdel s) auf dem Schütze«platze vo« 3 Uhr «achmittagS bt» 12 Uhr «acht», d) in der Stadt vo« 11 Uhr vormittag» bis 8 Uhr abe«dS freigegeben. Hohenftein-Krnstthal, am 10 Juni 1909 Ler Siadtrat. Der 1. Lermi« Gemcindeanlage« für 1SVS ist spätesten- bis Sonnabend, den IS. Juni d. I., auch im Falle eingewendeler Reklamation, an die Gememdekasse — Rathaus, link- 2. Zimmer — zu bezahlen. Oberlungwitz, am 11. Juni 1909 Ler Semei«devorftand. Ueber die Kotierungssteuer und die Erbschaftssteuer äußert sich abermals die sächsische Regierung in der osfiziSsen „Leipz. Ztg." wie folgt: Die sächsischen Konservativen haben in ihrer BorstandSfitzung vom 6. April d. I. einstimmig den Leitsatz angenommen: „Die direkten Steuern unv damit alle fortlaufenden jährlichen Abgaben vom Einkommen und VermSgen, sowie von einzelnen Teilen deS Einkommens und Vermögens müssen den Bundesstaaten und Gemeinden ungeschmälert erhalten bleiben, um diesen die Gewähr zu geben, di« ihnen obliegenden Aufgaben voll erfüllen zu können." Dieser Leitsatz, zu dem sich die Konser vativen Sachsens erst in der vorigen Woche noch- mals ausdrücklich bekannt haben, steht der Ein führung einer fortlaufenden jährlichen Reichssteuer vom Kurswerte der Wertpapiere mit voller Schärfe entgegen. Er ist nicht etwa der Ausdruck einer Gonderanstcht der sächsischen Konservativen, sondern steht durchaus auf dem Boden de- allgemeinen Programms der konservativen Partei. Es darf deshalb erwartet werden, daß die konservativen Mitglieder deS Reichstages vor der Verhandlung im Plenum nochmals ernstlich mit sich zu Rate gehen werden, ob sie einer Steuer ihre Stimme geben können, die offensichtlich gegen altbewährte konservative Grundsätze verstößt und nicht zu unter schätzende Gefahren für die finanzielle Wohlfahrt der Bundesstaaten und Gemeinden mit sich bringt. Eine bekannte Berliner Zeitung, die sich die Bekämpfung der Erbschaftssteuer zur besonderen Aufgabe gemacht hat, vergleicht diese mit der Wertpapiersteuer des Antrags Richlhofen und kommt zu dem Ergebnisse, daß die Wertpapiersteuer nur ausnahmsweise die weniger leistungsfähigen Schultern treffe, während die Erbschaftssteuer die Mißachtung der Leistungsfähigkeit zum Prinzip er hebe. Unrichtiger können die tatsächlichen Verhält nisse nicht dargestellt werden. Gerade der Erb- schaftSsteuer ist nachzurühmen, daß sie als Allge meinsteuer die Leistungsfähigkeit in denkbar voll kommenster Weise berücksichtigen kann und bei zweckmäßiger Ausgestaltung auch tatsächlich berück sichtigt. Insbesondere bleiben von ihr die kleineren Vermögen völlig frei, der Prozentsatz der Steuer richtet sich nach der Größe des Erbanfalls, und nur derjenige Teil deS Nachlasses bildet den Gegen stand der Steuer, der nach Abzug sämtlicher Schulden und Lasten übrig bleibt. Umgekehrt er greift die Wertpapiersteuer auch den allergeringsten Effektenbefltz; ihr Satz trifft in gleicher Höhe das Millionenvermögen wie die Rücklage des kleinen Sparers, und von einem Schuldenabzug kann bei der ganzen Gestaltung der Steuer nicht die Rede sein. Hierzu kommt, daß die Erbschaftssteuer von jeder Erbschaft nur einmal zu entrichten ist, während die Wertpapiersteuer alljährlich mit derselben Regel mäßigkeit wiederkehrt wie die Einkommens- und die Ergänzungssteuer. Darin liegt ja da- Geheim nis, weshalb die Erbschaftssteuer, nachdem sie ein mal von den Bundesstaaten an daS Reich abge treten worden ist, auch in ihrer Ausdehnung auf Ehegatten und Abkömmlinge das Finanzwesen der Bundesstaaten und Gemeinden nicht beeinträchtigt, wogegen dies durch die sogenannte Kotierungssteuer in der empfindlichsten Weise geschehen würde. Ueber die Stimmung der Konservativen Preußens äußert sich die „Schief. Ztg." dahin, daß sehr ver diente und hervorragende Männer der Fraktion bereits erklärt hätten, einer Erweiterung der Erb schaftssteuer eventuell zustimmen zu wollen, und daß diese Haltung durchaus übereinsttmme mit den Anschauungen zahlreicher gut konservativer Männer im Reiche, die es schlechterdings nicht verstehen würden, wenn an Vieser Frage die Finanzreform scheiterte. TageSgeschichte Der Kaiser sandle den englischen Königs-Dragonern, deren Ches er ist, zu deren Jahres-Fchmahl ein Begrüßungs- Telegramm, in dem er wünscht, daß die Königs- Dragoner immer Erfolg haben möchten, draußen wie daheim. Zur Zwei-Kaiser-Begegnung, die am 16. und 17. d. M. in den Finnischen Schären statlfindet, veröffentlichen gewlffe aus ländische Blätter noch immer bissige Kommentare. Ihre Verdrehungskünfteleien haben ihnen jedoch nichts genützt. Von Petersburger amtlicher Stelle ist erklärt worden, daß der Zar die Zusammen kunft angeregt habe. Auch unterläßt Kaiser Niko laus nichts, was zum Beweise dafür dienen kann, daß er auf die Erhaltung guter und freundschaft licher Beziehungen zu dem deutschen Kaiser und der deutschen Reichsregierung daS höchste Gewicht legt. Dec Zar kann daS umso eher tun, als er unmöglich in den Verdacht geraten kann, die guten Beziehungen zu Deutschland auf Kosten deS Bünd nisses mit Frankreich oder der Freundschaft mit England zu pflegen. Der Zar besucht die Staats oberhäupter beider Länder und wird auch mit dem Könige von Italien eine Zusammenkunft haben. König Victor Emanuel verlangt freilich unter Be rufung darauf, daß er selbst seinen Besuch in der russischen Hauptstadt Petersburg abgestattet hat, den Gegenbesuch des Zaren in Rom. Dieser Be dingung wird der Zar wegen der bestehenden Anarchistengesahr schwerlich entsprechen. Die Wiederaufnahme der ReichSsinauzreform« Arbeit hat mit den Besprechungen der einzelstaatlichen Finanzminister und den eingehenden Konferenzen des Reichskanzlers mit den Staatssekretären von Bethmann-Hollweg und Sydow sowie dempreußischen Finanzminister v. Rheinbaben nach der Pfingst pause eingesetzt. Die am Donnerstag sortgeführten Beratungen sollen am heutigen Freitag zum Ab schluß gebracht werden. Am Montag wird sich der Bundesrat mit den neuen Steueroorschlägen beschäftigen, ote dem Reichstage am Dienstag bei seinem Wiederzusammentritt zugehen werden. ES handelt sich bei den neuen Vorlagen um eine Erb ansallsteuer, die jedoch nur 50, nicht 100 Millionen Mark etnbringen soll, um eine Reichs-Wertzuwachs- steuer auf Immobilien und eine Erhöhung des Effekten- und Wechsrlstempels. Für die ausstchts- lojen Inseraten- und Elektrizitätssteuern sollen, wie schon gestern erwähnt, Erhöhung des Kaffte- zolls und Einfühlung der Zündholzsteuer vorge schlagen werden. Wieder ein neuer Anlauf! Wird jetzt das Ziel erreicht werden? In konservativen Kreisen hofft man bestimmt bi» zum Au-gang deS MonatS auf Grund der Beschlüsse der Kommission mit der Finanzreform inS Reine zu kommen. Auf diesem Wege wird e», nach der Haltung der ver bündeten Regierungen zu urteilen, schwerlich etwa» werden. Gleichwohl ist dir Verständigung auf einer mittleren Linie noch immer nicht ausge schlossen — Angesichts der Riesen-Proteftoersamm- lung der Gewerbetreibenden aller Branchen am morgigen Sonnabend im Zirkus Schumann zu Berlin, dessen 6000 Plätze längst vergeben sind, erscheinen die Einsprüche einzelner Handelskammern und wirtschaftlicher Korporationen gegen die neuen Gteuervorschläge der Finanzkommisfion nicht be deutsam genug, als daß wir jeden dieser Ein- sprüche hier registrieren könnten. Jeder Tag bringt sie dutzendweise. Der deutsche HandwerkS- und Gewerdekammertag protestierte gegen die Wiederaufnahme der Glühkörpersteuer. Fürst E«le«b«r-ü Rückkehr nach verli«. Fürst Eulenburg mußte auf Berlangrn der Staatsanwaltschaft nach Berlin zurückkehren. Die staatsanwaltliche Zurückberufung erfolgte, weil nach dem Gutachten der wissenschaftlichen Deputation für Medizinalwesen Fürst Eulenburg zwar leidend, aber vernehmungsfähig ist. Eulenburg wird nun als Untersuchung-gefangener in die Eharitee zu- rückkehren, au» der er am 2S. September v. I. entlassen worden war. Wenige Tage später ent- schied da- Kammergericht zu Berlin, daß der Fürst gegen Hinterlegung einer Kaution von 100 000 M. bis zur Wiederherstellung seiner Gesundheit auf freiem Fuß bleiben dürfe. Am 17. Juli war der Eulenburgprozeß wegen des leidenden Gesundheits zustände» de» Angeklagten vertagt worden. Viel leicht wird er gerade nach Verlauf eines Jahre» wieder ausgenommen; denn die gerichtlichen Be- hölden sind jetzt gewillt, das gegen Eulenburg schwebende Verfahren wegen Meineide» weiter zufahren und, wenn möglich, zum Abschluß zu dringen. Auf der erzwungenen Rückreise machte Fürst Eulenburg zunächst in Salzburg Station und zwar in dem dortigen Sanatorium. Er fühlte sich infolge der Reisestrapazen angegriffen und war auch wegen der Ordre des Staatsanwalt» ziemlich erregt Im Sanatorium nahm er wieder- holt ärztliche Hilfe in Anspruch, obgleich er von der Fürstin Eulenburg und seinem Kammerdiener begleitet ist. Am nächsten Morgen fühlte er sich wohler, sodaß er die Weiterfahrt über Prag nach Berlin antreten konnte, wo er am heutigen Freitag eintreffen soll Der Rattenfänger. Roman von M. Kn esch k e-S chönau. 21. Fortsetzung. (Nachdruck verboten.) „Hm, hm," machte der Baron und schüttelte sein weißes Haupt. „Universalgenie» erfüllen mich stets mit Mißtrauen! Da ist meist viel Schaum, schlägerei dabei. Einer Kunst mit ganzer Seele angehören und ein Meister darin sein — das wäre mein Fall - Hella rang in komischer Verzweiflung die Hände. „O göttlicher Apoll, der Du den Marsyas ge schunden !" rief sie mit Pathos. „Hör' auf, hör' auf und laß die Griechengötter ruhen,' unterbrach sie lachend der Baron. „Ich schweige schon still und will meine altmodischen Ansichten für mich behalten. Run erzähle aber weiter von Deinem Universalgenie." „Gott soll mich bewahren, vor so profanen Ohren auch nur noch eine Gilbe von der Künstler schaft meines neuesten Schwärmer zu verraten. Seht und hört ihn selbst! Aber nochmals, Marie- AgneS, laß Dich warnen und hüte Dein Herz! Er ist ein gefürchteter Ladyskiller und schön wie Apoll.' „Go?" meinte gedehnt ihr Vater. „Mir will eS scheinen, als habest Du die Warnung an die falsche Adresse gerichtet und wärest Du selbst auf dem besten Wege, Dein Herz zu verlieren. Nebligen», woher weißt Du denn, daß er so schön ist? Hast Du ihn bereit» gesehen?" „Ltuis vutarsllomsnt, man oder pörs! Und zwar heute, vor kaum einer Stunde. Ich erfuhr, daß er im WilhelmSbade wohne und u!S ich dort vorbeiging, war der Zufall galant genug, nur den schönen GiSkra in den Weg zu führen, das heißt, er stand just am Fenster seines Parterrezimmers und gab seiner Dinertoilette den letzten Schliff, indem er — sehr prosaisch aber wahr — seine Fingernägel mit der Nagelfeile bearbeitete.' „Am offenen Fenster?" warf der Baron nase rümpfend ein. „Pfui, das ist nicht xsutlsmauIilLe.- „Pardon, Väterchen! Von einem „offenen" Fenster sprach ich nicht! Ich will Dir auch in dieser Hinsicht gern zustimmen, jedoch mit Künstlern darf man nicht so streng ins Gericht gehen. Sie haben daS Privileg, die gesellschaftlichen Formen all libitum zu ignorieren, ohne deshalb in Acht und Bann getan zu werden. WaS bei einem ge wöhnlichen Sterblichen unverzeihlich wäre, ihnen verzeiht man - lächelnden Mundes al- geniale Unarten. Und Kinder, ich muß es zu meiner Schande gestehen, daß ich ihn trotz dieser trivialen Beschäftigung entzückend aussehend fand. Ich war einfach weg! Elektrisiert, hypnotisiert " „Herr des Leben-! Hör' auf!" unterbrach Herr von Normann diese begeisterte Schilderung seiner Tochter. „Oder ich telegraphiere sofort an Deinen Mann: Komme mit dem nächsten Zuge! Hella plötzlich übergeschnappt!" „Worauf der Gute zurückdrahten würde: Mein Kommen unnötig — schnappt von selbst zurück. Zustand als vorübergehend bekannt!" gab Hella übermütig zur Antwort. Marie-AgneS brach in ein Helle- Lachen auS und auch Herr von Normann mußte wider Willen mit einstimmrn. „Ja, das weiß Gott, da- ist ihm zuzutrauen!" bestätigte er noch immer lachend. „Emen anseren Mann hättest Du auch nicht brauchen können, Du Irrwisch!" 7. Kapitel. Am andern Morgen prangten die Bergriesen im Schneegewande und ein eisiger Lufthauch durch wehte das Tal. Fröstelnd hüllten die Badegäste sich in ihre Mäntel und durchmaßen die Baum- aller vor dem Musikpavillon in beschleunigtem Marschtempo. Soeben waren die letzten, langgezo genen Klänge deS Morgenchorals verhallt. Die Musiker benützten die Pause, um die erstarrten Hände warm zu reiben und begrüßten erleichtert die Sonne, die eben siegreich den Morgennebel durchbrach. „Verteufeltes Klima in diesem Bergnest!" knurrte ein ältlicher Herr in braunem Havelock und schlug mißmutig den Mantelkragen auf. Sein Begleiter, eine straffe Erscheinung in sandfarbenem Sackpaletot und gleichfarbenem weichen Filzhut, lachte kurz auf und meinte spöttisch: „Glaub'» wohl, mein Alterchen, daß Dir dieser Morgenwind bis auf die Knochen geht. Man ist nicht umsonst Gybarit! Verweichlichung rächt sich immer. Doch tröste Dich — da ist die Sonne! Und sieh Dir das Bild an: Schnee auf den Häuptern und lachender Frühling zu Füßen! Einzig schön! Findest Du nicht?" Der Sprecher war an einer der Rotunden stehen geblieben und schaute entzückt auf die schimmernde Bergkette, die in der Morgenbeleuch- tung doppelt reizvoll anzusehen war. Gein Ge fährte folgte mürrisch der Aufforderung und trippelte ungeduldig von einem Fuß auf den anderen. „So komm' ooch, es zuhl hier unausstehlich Ich gehe jetzt meinen zweiten Becher trinken und dann citissiwo nach Hause. Wüßte auch nicht, waS ich hier länger sollte. Keine interessante Er scheinung zu sehen. Sie schlafen noch alle wie die Murmeltiere, unsere Schönen." Mit hochgezogenen Schultern flackerte er der Wandelhalle zu. Langsam folgte ihm der andere. Die Brunnenhebe, die Gewohnheiten des älteren Herrn schon kennend, reichte ihm ein GlaS ange- wärmten Brunnens, dabet mit kokettem Augenauf schlag den jüngeren Begleiter streifend, der, die Hände in den Paletottaschen v.-rsenkt, behaglich an einer Gäute lehnte und die wenigen Kurgäste Revue passieren ließ. Gelangweilt schaute er einigen jungen Mädchen nach, die mit fahlen, überwachten Gesichtern unter stristrempigen Matrosenhütrn ein herpromenierten, den Brunnen durch daS GlaS- röhrchen schlürften und medisante Bemerkungen über da» auffällige Aeußere zweier Russinnen tauschten. „Herr Graf haben wohl eine schlechte Nacht gehabt?" erkundigte sich da» Brunnenmädchen und sah teilnehmend in daS gelbliche, von zahllosen feinen Fältchen durchzogene Antlitz de» älteren Herrn. „Warum?" fragte dieser ziemlich barsch und sah mißtrauisch über den Rand de» Brunnenbecher» hinweg nach der mitleidigen Seele, deren rehbraune Augen immer wieder zu seine« Begleiter hinüber- irrten. „O, Euer Gnaden sehen so blaß au», so verfallen!" (Fortsetzung folgt.)
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