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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 08.03.1910
- Erscheinungsdatum
- 1910-03-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-191003080
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19100308
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19100308
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungHohenstein-Ernstthaler Anzeiger
- Jahr1910
- Monat1910-03
- Tag1910-03-08
- Monat1910-03
- Jahr1910
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 08.03.1910
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WenM-GOWerMiM Tageblatt für KohensLein-Emstthal» Oberlungwitz, Gersdorf, Kermsdors, Bemsdors, Wüstenbrand, Ursprung, Mittelbach, Kirchberg, Erlbach, Langenderg, Falken, Langenchursdorf, Meinsdorf, Küttengrund rc. Der .Sohenstein-Ernstthalcr" Anzeiger erscheint mit Ausnahme der Sonn- und Festtage täglich abends mst dem Datum des solgenden Tages. Vierteljährlicher Bezugspreis bei sreier Lteserung ins Saus Mk. 1.50, bei Abholung in der Deschästsstelle Mb. 1.25, durch die Post bezogen (außer Bestellgeld) MK.1.S0. Einzelne Nummern 10 Psg. Bestellungen nehmen die Geschästs- und Ausgabestellen, die Austräger, sowie sämtliche Kaiser!. Postanstalten und die Landbriefträger entgegen. Als Extra beilage erhalten die Abonnenten jeden Sonntag das .Illustrierte EonntagsdloU". — Anzetgengebühr sür die Sgespallene Korpuszeile oder deren Raum 12 Psg., slir auswärts 15 Psg.; im Reklameteil die Zeile 30 Psg. Sämtliche Anzeigen finden gleichzeilig Im .Oberlungwitzer Tageblatt' Ausnahme. Anzeigen-Annahme sür die am Abend erscheinende Nummer bis vormittags 11 Uhr, grvtzere Anzeigen werden am Abend vorher erbeten. Bet Wiederholungen wird entsprechender Rabatt gewährt, jedoch nur bei alsbaldiger Zahlung. Die Ausnahme von Anzeigen an vorgeschriebenen Tagen und Plätzen wird möglichst berücksichtigt, eine Garantie jedoch nicht übernommen. — Für Rückgabe eingesandter Manuskripte macht sich die Redaktion LLtLLlLILtLrLILILeLtLlLlLILlLILILILLILtLtLLtLeriLlLeriLlLtSILerLILtLlL« nicht verbindlich. «LILerLrtLLtLStLLIiLILLLSLLLLerLrSLeLLlLLSLlLLrtSert-LL-eLLesereSL: Nr. 54 Fernsprecher Nr. 151. Dienstag, den 8. März 1910. G-wsst-M- s-h-ftr. 3. 37. Jahrgang. Tagesgeschichte. Besuche König Friedrich August» tu Pola, Brioni und Trieft. Die „Triester Zeitung" meldet: König Friedrich August von Sachsen wird auf der Rückreise von Korfu am 9. März Pola und Brioni besuchen und am 10. März in Triest zu mehrtägigem Besuche eintreffen. Der König wird die Sehenswürdig keiten der Stadt sowie Schloß Miramare und da» Hofgestüt L'pizza besichtigen. Für die Dauer des Aufenthalts wird dem Könige ein höherer Marine- osfizier zugeteilt werden. Die Abreise nach Dresden wird am 18. März erfolgen. A» der Nordseefahrt de» Kaiser» werden u. a. der Rektor der Berliner Universität, Erich Schmidt, sowie die amerikanischen Austausch- Professoren Wheeler und Moore teilnehmen Von Fürstlichkeiten nehmen bestimmt teil Prinz Heinrich von Preußen und der Großherzog von Oldenburg. Lie Kaiserin ließ sich am Sonnabend diejenigen Chargierten und Mannschaften der Berliner Feuerwehr vor- stellen, die bei Ausübung deS Dienstes sich de- sonders ausgezeichnet und Verletzungen erlitten haben. Die Leute empfingen Geschenke. Ein kaiserlicher Erlaß ordnet eine Btfferstellung der Unteroffiziere an. Die Bestimmungen über den Urlaub werden wesentlich erweitert, alle Unteroffiziere dürfen ohne weiteres bis Mitternacht außerhalb des Orartieres bleiben und verheiratete Unteroffiziere können Dauerkarten erhalten. Außerdem werden die Unteroffiziere bei Friedensabungen und Märschen vom Gepäcktragen befreit. Parteitag der sächsischen Nationallideralen. Gestern fand in Chemnitz der Parteitag der sächsischen Nationalliberalen statt. Der national- liberalen Fraktion des Landtags wurde durch die einstimmige Annahme folgender Resolution die Z stimmung des Landesausschufses zu ihrer Haltung in. Landtage bekundet: „Der Landesausschuß des N lionalliberalen Landesvereins spricht im Anschluß an die Ausführungen des Herrn Landtagsabg. Dr. Seifert der Fraktion seine Zustimmung aus zu der bisherigen Haltung in allen sachlichen Fragen gegenüber der Regierung und den übrigen Parteien und hofft, daß sie durch ein energisches Weiter arbeiten in gleicher Richtung dem liberalen Ge danken diejenige Geltung verschaffen werde, auf die er Anspruch hat." Die neue fortschrittliche VolkSpartci ist nunmehr definitiv ins Leben geirrten. Am Sonntag fand in Berlin die Tchlußvrrsammlung statt, in welcher nach den Zustimmungsreden der Vertreter der beiden freisinnigen Parteien und der süddeutschen Voltspartei die Proklamierung der neuen ltnksliberalen Partei erfolgte. AuS allen Teilen Deutschlands waren zahlreiche Glückwünsche eingegangen. Der gemeinsamen Sitzung waren am Tage zuvor Versammlungen der Freisinnigen Volks partei und der Freisinnigen Vereinigung voraufge gangen, in denen der Name „Fortschrittliche Volks partei" sür die geeinte Partei gutgeheißen wurde. Nur die Sitzung der Freisinnigen Vereinigung war öffentlich. Sie war von etwa 280 Mitgliedern der Partei besucht. Abgeordneter Schrader gab unter Polemik gegen den „schwarz-blauen" Block einen kurzen Ueberblick über die G-schichte der Freisinnigen Vereinigung, die, auS der Fortschritts partei hervorgegangen, für di« Militär-, Marine- und Kolontalforderung eingetreten sei. Abgco^d- ncter Mommsen bemerkte in seiner geschichtlichen Darstellung deS VerschmelzungSgedankeuS, diesen Gedanken habe die Freisinnige Volkspartei ansangS schroff abgelrhnt; die Vereinigung hab- mit ihr jedoch schon im November 1906 Fühlung in dieser Frage nehmen können, die seitdem unauSgesitzt ge- sördcrt wurde. Abgeordneter Naumarn sprach über den Namen der neuen Partei, die mit Recht „Fortschrittliche Volkspartei" heißen soll, denn aus den Massen deS Volkes kommen die neuen Energien, Professor von LlSzt behandelte die Organisation der neuen Partei. In der anschließenden Diskussion wurde ein Antrag auf politische Gleichberechtigung der Frau einstimmig angenommen. Sozialdemokratische WahlrechtSdemonftra- tiouen iu Preuße« DaS große, vom „Vorwärts" schon seit Tagen und Wochen propagierte WahlrechtS-Pcottstmeeting im Treptower Park ist von der Polizei vereitelt worden. Dec neue Polizeipräsident Berlins, von Jagow. hatte schon durch die Zeitungen kl pp und klar erklärt, daß er den „Spaziergang" der Wahl- rcchtsprotefller im Treptower Park nicht dulden werde. Um diesem Verbote Nachdruck zu geben, hatte nicht nur der Polizeipräsident die ganze Ber liner Schutzmannschaft zu Fuß und zu Pserde auf die Beine gebracht und zum größten Teil nach dem Osten dirigiert, auch der Landrat von Teltow hatte ein Massenaufgebot von berittenen und Fußgen darmen an die Ostgrenze seines Machtbereiches ge sandt. Auch die benachbarten Kommunen hatten ihre königlichen und G-meindrpolizetbeamten Berlin zur Verfügung gestellt. Aber damit noch nicht genug: In den Laubenkolonien südlich tz^S Parks hatte man Kompagnien deS dritten Garderegiments postiert — für alle Fälle. So glichen der sonst so friedliche Park und die Treptower Vorstadt einem Heerlager. Da der Weg nach Treptow durch die Polizeiketten nur schwer zu passteren war, kehrten große Massen um und beschlossen augenscheinlich, ihre Takltk zu ändern. In großen Abteilungen mar schierten die Züge, vielfach rote Fahnen voran tragend, unter Gesang und Hochrufen durch die Berliner Vorstadtstraßen, der inneren Stadt zu steuernd. Dem Vernehmen nach haben die Sozial demokraten im Norden Berlins von vornherein Abstand genommen, nach Treptow zu gehen, da sie wohl die Absperrung vermuteten. Sie zogen m»t roten Fahnen und unter Gesang und Hochrufen nach dem Tiergarten. Am Großen Stern staute sich die Menae. Am Bahnhof Tiergarten formierte sich, unter Norantraguna von roten Fahnen, ein Zug von mindestens 20000 Personen und versuchte, unter Gesang und Hochrufen nach dem Branden- burger Tor und wohl jedenfalls nach den Linden zu gelangen. Plötzlich kam eine große Menge reitender Schutzleute mit blankgezogenem Säbel herangesprengt. Sie ritten in die Menge hinein und trieben sie mit blanker Waffe auseinander. Ob eS dabei zu Verletzungen gekommen ist, war nicht sistzustcllen. Die Menge stürmte die Siege»- allee entlang bis zum KönigSplatz. Die Rampe des Reichstages war von einer ungeheuren Men schenmenge besitzt, die unaufhörlich die Marseillaise sang und Hochrufe auf das freie Wahlrecht aus brachte. Ein Mann machte den Versuch, an die Menge eine Anrede zu halten. Schutzleute säuberten jedoch in demselben Augenblick mit blanker W-ffe d'r Rampe. Obwohl sich die Menge im Tiergarten ganz wesentlich vermindert hatte, wimmelte eS dort noch von reitenden und Fußschutzleuten. DemV-r- nehmen nach war in der Kaserne der Kcuppstraße die Artillerie marschbereit. Das Brandenburger Tor, die ganze Straße Unter den Linden, die W>l- helmstraß« bis zur Voßstraße, der Tchloßplatz, die Kaiser WiihZms-Brücke sowie alle weiteren Zugänge nach dem Kgl. Schloß waren von dichten Schutz mannSketten zu Fuß und zu Pferd« vollständig abgesperrt. Eine ungeheuere Menschenmenge zog sich nach dem Grunewald, Tegel, Humboldthain und ein Teil auch nach dem Tempelhofer Feld hin, überall die Marseillaise singend. Hochrufe aus da» allgemeine Wahlrecht und die Sozialdemokratie vernahm man fast in ganz Berlin. Kurz nach 4 Uhr nachmittag» fuhr der Kaiser im offenen Automobil mit der Kaiserin nach dem Tiergarten. Dort war nur noch verhältnismäßig wenig Publikum anwesend. Die Demonstranten hatten sich vollständig verzogen. Nur iu einigen Vorstadtstraßen vernahm man Gesang und Hoch rufe. Dem Vernehmen nach ist eine große Anzahl Verhaftungen, insbesondere am Brandenburger Tor, vorgekommen. — Wettere große Demonstrationen fanden u. a. in Halle, Magdeburg, Köln und in Solingen statt. Während sie in den erstgenannten Städten ruhig verliefen, kam e» vor dem Rathaus« in Solingen zu einem Zusammenstoß mit der Polizei, di« von der Waffe Gebrauch machte. Eine Person wurde schwer, mehrere leicht »erl«tzt. Biel« wurden verhaftet Et» Strasverfahre» Wege» öff«»tttchar Auf- reiz»», ist gegen den Redakteur de» sozialdemokratischen „Vorwärts" in Berlin wegen der Aufforderung zum WahlrechtS-Spaziergang im Lrrptower Park bet Berlin eingelettet worden. Beilegung der Affära Wedel Berichte aus Straßburg, welche in Berlin ein getroffen find, bestätigen die Erwartung, daß di« Wirkung ihrer Freundlichkeit gegen den Abb» Welter!» von der Gräfin Wedel außerordentlich bedauert wird. Al» eine geborene Ausländerin hat die Dame für politische Persönlichkeiten und politische Ereignisse nicht da« geringste Jntereff« und ist nun über die Folgen ihrer Handlungsweise schmerzlich betroffen. Ihr eigeae» Bedauern wird aber übertroffen von dem de» Statthalter» selbst, der von dem ganzen Hergang nicht» gewußt hat. Der eigentliche Schuldig« ist natürlich Herr Wetterl», der ein Zeichen gesellschaftlicher Artigkeit zu plumpster Reklame auSbeutete und ein Geschenk einer hochgestellten Dame bloßstellte, um seinem Haß grgiN da» Deutschtum zu genügen. Nach ven loyalen Erklärungen de» Statthalter» ist nicht anzunehmen, daß Graf Wedel seinen Posten ver lassen wird. Marga. Roman von C. Crone. 921 (Nachdruck verboten.) Ein heiße? Verlangen stieg in Hannibal ans, an sie heranzutreten und zu bekennen, daß er die Worte an dem ersten, traurigen Abend in ihrem gemeinsamen Heim widerriefe. Trotz allem gehörten sie doch zusammen. Auch dem soeben gefällten Urteil über die Freundin möchte er bereitwillig zustimmen. Fanni) kam ans ihn zu. Er trat einen Schritt vor, willens, sich jetzt gleich ihre Beachtung zu erzwingen. Schon öffnete er die Lippen, sie anzureden da hob sich ihre Gestalt in nnnahbarer Kühle, die Augen streincn an ihm vorbei, als sahen sie ins Leere nnd indem die schmale Hand die Schleppe des Kleides faßte, daß sie seinen Fuß nicht berühre, glitt die junge Fran an dem Gatten vorüber und langsamen Schrittes verließ sie das Zimmer. Den Bück, der ihr folgte, sah sie nicht, sonst häitc sie kaum so schmerzlich geseufzt oder ihre Züge hätten einen so traurigen Ausdruck angenommen, wie es der Fall war, als Fannh sich außer Sehweite wußte. - „Deine Weigerung ist mir unbegreiflich, Ellinor", tagte die Baronin am anderen Vormittag, als die beiden Damen im Wohnzimmer saßen. „Ich erwarte, daß Du Dich besinnst. Was soll das heißen: Du verzichtest gern auf jede Beteiligung? Durch Deine haltlosen Gründe, Deine thörichten Einwendungen, bist Du nahe daran, die ganze Sache in Frage zu stellen." „Ich übernehme jede andere Rolle, Mama, nur diese nicht. Ganz entschieden nicht." Die Baronin lehnte sich im Sessel zurück, Zorn und Staunen im Blick. Das Auflelmen der Tochter nahm zu. Waren frühere Versuche, die eigene Kraft zu prüfen, schüchtern und ängstlich ausgefallen, demgemäß auch ohne große Mühe erledigt worden, so schien es, als gewännen sic nun rasch an Ausdehnung und Festigkeit. „Wie gedenkst Du diese Laune dem ganzen Kreise, vor allen Dingen Macleman selbst gegenüber, zu recht fertigen?" Das war die herrische Stimme, die sich sonst Ge horsam erzwang. Ellinor nahm alle Festigkeit zusammen. „Die Rollen sind ja noch nicht eudcsiltig vergeben, Mama, es hat also auch keine Schwierigkeit, eine andere Ordnung zu treffen. Ilm so weniger, als jede Danie unzweifelhaft bereit ist, die Partie zu übernehmen. Nur ich kann es nicht." „Hat Fanny Dir das zum Auswendiglernen vor- aemgt?" „Dn zürnst Fann», Mama, weil sie gestern abend verhinderte, daß ein fester Beschluß zustande kam. Sie that es um meinetwegen. Sie weiß, daß ich Deinen Wunsch inbezug meiner Zukunft nicht erfüllen kann. Glaube es mir, Mama, ich kann es nicht." „Weshalb nicht, Ellinor?" Der weiche Ton war der Tochter noch gefährlicher, als der befehlende nnd Ellinors schönes Gesicht übergoß sich mit tiefer Glut. Jetzt durfte sie jedoch nicht nochgeben, nicht schwankend werden. „Weil cs die Voraussetzung bestätigen könnte, ich wäre bereit, das Spiel in Wirklichkeit umzusetzen, nnd das liegt mir fern. Ich werde niemals Maclcmans Frau und darf also auch nicht den Schein erwecken, als könne die kommende Zeit darin eine Renderuua mit sich bringen." „Hast Du das reiflich überlegt?" „Durchaus, Mama. Je eher es dem treuen und liebenswürdigen Menschen klar wird, daß unsere Wege im Leben nicht dieselben sind, um so besser uud richtiger." Die Freifrau fing an, ernstlich unruhig zu werden. Nur mühsam bewahrte sie eine scheinbare Gelassenheit. „Denkst Du daran, Ellinor, daß Deine, wie unsere Zukunft von Deinem Entschluß abhäugt? Du weißt, wir sind ruiniert! Ein vernichtendes Wort, das indessen genau unsere Lage bezeichnet, denn das, wovon wir jetzt leben, ist ein Gnadenbrot. Begreifst Du nicht, daß Dein Vater und ich es täglich fühlen, daß wir die Nehmenden sind, Fanny die Gebende? Macleman ist sehr reich und seine Sinnesart ist eine andere. Denke jedenfalls an Dich, wenn Du uns vergißt. Wer weiß, ob Dir später ein ähnlicher Antrag zu Gebote steht? Kennst Du das Los eines verarmten, unverheirateten Fräuleins, das verwöhnt, mit Ansprüchen an das Leben erzogen, sich nmberdrücken muß und doch überall im Wege ist? Was oanu, wenn Du Dir sagen mußt: Ich habe es so gewollt. In thörichtem Eigensinn - schloß ich die Thür, als das Glück verlangend Einlaß begehrte!? — Dann heißt es: schweigen und dulden." „Mag es so heißen, Mama, ich will es tragen, wenn es sein muß. Jedenfalls kann dieser Gesichtspunkt mich jetzt nicht bestimmen, einen Menschen zu heiraten, den ich nickst liebe und nie lieben werde." „Denke über Dich uud Deine Gefühle, wie Du willst", unterbrach die Freifrau sic hart uud streng, „aber erinnere Dich dabei auch der Rücksichten, die Du gegen uns, Deine Eltern, zu beobachten hast. Lieben oder Nichtlieben sind Hirngespinnste, die nur in schwachen oder krankhaft nervösen Köpfen entstehen. Ich meinte, Du müßtest wissen, daß ich mich in meinem Willen und meinen Plänen von solchen Thorheiten nicht beeinflussen lasse." Ein leichtes Beben flog durch Ellinors schmiegsame Gestalt und eine tiefe Blässe verdrängte das Glühen der Wangen. Der Mut war im Schwinden, Thronen fingen an, die Augen zu verdunkeln und eine quälende Angst kroch ihr bis ans Herz-, aber noch einmal zwang sie die versagende Stimme zum Gehorchen. „Es thut mir leid, Mama, Dir nicht willfahren zu können. Es bandelt sich um mein ganzes Lebensglnck nnd da muß ich bei meiner Weigerung bleiben." Währenddessen hatte Ellinor ihre Handarbeit zu- sammengelegt. Jetzt stand sie hastig auf uud ohne die weitere Rede der Mutter abzuwarten, verlieb sie das Zimmer. Als die Baronin sie kurz darauf wieder rufen ließ, hieß es: „Baroneß wäre» vorhin eiligst zur Baronin von Dahlberg gegangen. Sie kämen erst zu Tisch wieder, halten Baroneß hinterlassen." Die weißen Zähne der Freifrau gruben sich tief in die Lippen. „Also steht Fanny hinter dem allen", dachte ft« zornig. „Sollte zwischen uns beiden ein Tag der Abrechnung aubrcchen. daun werden Geister fick messen, dir keine Schonung kennen." Elftes Kapitel. Marga hatte das Weihnachtsfest und die ersten Wochen des neuen Jahres in dem alte», lieben Pfarr- Hanse an der Haide verlebt. Wen» „das Kind" die klein« Bank, wie in früherer Zeit, an den hochlchnigen Sitz Onkel Pastors keran- holte und seine Hand in alter Weise über das prächtig« Blondhaar glitt, während Marga ernste und heiter« Episoden aus dem bewegteren Leben dranßen erzählte, dann breitete ein sonniger Glanz sich über die niedrigen Räume und über die Gemüter der drei, die welt- abgeschieoen, aber wunschlos die Tage miteinander verlebten. Das stille Glück, für ihr Goldkiud sorgen zu können, wie in den Jahren, da die kleine Marga ganz auf ihre Pflege angewiesen, war Tante Ulla eine Quell« täglichen Dankes. Ebenso, daß die reine Stirn, auf di« sie all abendlich einen frommen Kuß drückt« „keine Schuld trübte", wie sie init Tbränen der Rührung dem Neffen öfter wiederholte. Einen Punkt hatte es jedoch gegeben, an dem man die ganze Zeit fast schweigend vorütcrgegangen war. Graf Arcos bis kurz vor Weihnachten ausgedehnter Aufenthalt im Pfarrhaus« wurde von Pastor Biehler nur flüchtig gestreift, und auch Marga erwähnte leichthin, daß er sich eine Zeitlang unter den Kurgästen iu Wölbungen befunden habe uud dann plötzlich abgereist war. (Fortsetzung folgt)
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