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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 16.10.1910
- Erscheinungsdatum
- 1910-10-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-191010161
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19101016
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19101016
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Bemerkung
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- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungHohenstein-Ernstthaler Anzeiger
- Jahr1910
- Monat1910-10
- Tag1910-10-16
- Monat1910-10
- Jahr1910
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 16.10.1910
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§ri>M W AihMin-UiiMiiIn ämnsn Tageblatt. Sonntag, den 16. Oktober 1910. 37. Jahrgang. Nr. 241. Der Kaiserjägerleutnant Ein Gaunertrick von R. Hochstetten. (Nachdruck verboten.) Baron de Chatres war in Algier in einem der zahlreichen Kämpfe mit den Beduinen ver wundet worden und wurde zu seiner Genesung nach Tirol gesandt, nach Bozen. Er war Ka pitän der Fremdenlegionäre und erregte als solcher in dem Hotel „Zum Greif", das in der Nähe des Denkmals Walter von der Vogel weide steht, ziemliches Aufsehen. Dann war er aber auch von Natur eine sympathische Er- scheinung, auch ohne das Kreuz der Ehrenle gion aus der Brust. Aber es erhöht doch die Wirkung, die wir auf unsere Mitmenschen aus üben. Das fand auch der Baron; besonders bei dem schönen Geschlecht, das ziemlich zahl reich hier vertreten war. Im „Greifen" wohnte noch ein junges Ehe paar, Oesterreicher; alter Feudal-Adel. Er war Oberleutnant bei den Kaiserjägern, reiste aber jetzt in Zivil, fast immer Loden-Anzug, Bergschuhe und lange Striinipfe. Er hatte in seinem ganzen Wesen den leichten Wienerschen Einschlag, der selbst mit dem Heiligsten scherzt und es zur Karikatur herabzerrt. Das Weib spielte eine große Rolle bei ihm, — was Wun der, wenn man alle Mittel hat, die Vergnü gungen des Lebens auszukosten. Sie dagegen war eine ernste, fast schwer mütige Schönheit. Um die vollen, schön ge formten Lippen lag ein Zug schmerzlicher, still ergebener Resignation. Man munkelte so et was im „Greisen" von unglücklicher Ehe, Un verstanden sein, Trennung, und was des pi kanten Klatsches noch mehr ist. Zu verwun dern wars freilich nicht, bei solch großer Cha rakter-Verschiedenheit. Und so sah man das sonst so schöne elegante Paar selten mitsam men ausgehen. Der Kaiserjäger-Oberleutnant flirtete viel herum, war fast bei allen Vergnügungen, bei allen Reunions. Sie lebte still für sich in den von ihnen bewohnten Zimmern, saß viel auf der Veranda und sah sehnsüchtig nach den Bergen hin, nach dem wundervollen Rosengarten und träumte sich ihr Märchenland; ging auch wohl mal al lein in die nähere oder weitere Umgebung Bozens. Und hier lernte sie der Baron de Chatres kennen. Er hatte sie ja schon öfters gesehen; im Hotel, wenn er ihr auf dem Gang, der Treppe oder im Vestibül begegnet war; auch einmal im Lesezimmer. Doch zu einer nähe ren Bekanntschaft hatte es nie geführt. Aber er empfand Mitleid mit dieser einsamen, un verstandenen Frau. Und mehr wie einmal streifte sein Blick zornig den Kaiserjäger-Leut nant, der sich so wenig seines Kleinods an nahm. Lauschte auch wohl begierig nach dem Klatsch von Trennung und Scheidung. Und wo so der Boden des Herzens vorbe' reitet, da verlangt er auch nach Entgegen kommen. Sie saß im Gebirge in einer der kleinen Weinschenken. Hatte Enzian und andere Ge birgsblumen gepflückt und zu einem Strauß gebunden. Vor sich ein Glas Tiroler Land wein, den sie aber wenig beachtete, da ihr Blick fast immer nach draußen gerichtet war. Dem Fremdenlegionär-Kapitän stieg es sie dend heiß ins Gesicht beim Anblick des schö nen Weibes. Die Gelegenheit, ihre Bekannt schaft zu machen, war nie günstiger wie jetzt, und so nahm er allen Mut, den er in den Gefahren der Wüste gesammelt, und stellte sich vor; und hob dann an: „Sie gestatten Wohl, gnädige Frau. Da wir aber schon so lange Nachbarn sind, wenn auch nur Hotel-Nachbarn, so ist es wohl verständ lich, wenn man sich kennen zu lernen wünscht." Sie neigte zur Bestätigung ihr schönes Haupt, .ohne aber den weltschmerzlichen Zug ihres Gesichts zu verlieren. Der Kapitän holte sich einen der breitlehnigen geschnitzten Holz stühle und rückte an ihre Seite. „Wenn inan so allein ist, gnädige Frau, dann verlangt man nach Anschluß." Sie sah ihn mit einem ihrer resignierten Blicke schnell an und entgegnete dann leise: „So sind Sie auch allein? Ich dachte, Männer wären das nie." „Nie?" Er lächelte, fast genau so schmerz lich, so entsagend wie sie. „Ach, gnädige Frau, man kann tausende Menschen um sich haben und doch allein sein. Es ist das Nicht verstandensein, was uns allein läßt; nicht die Einsamkeit unserer Umgebung." „Ich weiß es," sagte sie sinsbch, mit mü dem Tonfall, „wenn man jahrelang . . ." Sie brach jäh ab, als fürchte sie, jemandem ein schwer gehütetes Geheimnis zu offenbaren. Mit feinem Takt bemerkte es der Kapitän lind ließ das Thema fallen. Da nun doch einmal ein Berührungspunkt gegeben war, so würde der Zufall fchon dafür sorgen, daß sie auch wieder Zusammentreffen. Und sonst kann man ja selbst etwas Vorsehung spielen, etwas nach helfen. Eine Weile schwiegen sie, dann fing die Dame an: „Ich hörte, Sie waren in Afrika." „Ja; wenn man Soldat ist, hat man al les zu vergegenwärtigen, gnädige Frau." „Dann gefällt es Ihnen wohl nicht dort?" „Das möchte ich nicht sagen. Aber man entbehrt doch vieles dort; vor allen Dingen die gesellschaftliche Pflege, den Umgang mit wirklich Gleichgesinnten, die Musik, die Lite ratur — „So lieben Sie die auch?" „Ueber alles, gnädige Frau. Sie ist der einzige Trost meiner einsamen Stunden. Ob daheim in der Garnison, oder im Zeltlager, immer trage ich einen unserer Klassiker nach." Dabei zog er ein Buch aus der Tasche: Viktor Hugo. „Mein Lieblingsdichter." „Ach! Auch ich interessiere mich sehr für ihn. Aber ich kenne, ich verstehe ihn zu wenig." „Würden Sie mir dann vielleicht gestatten, Ihnen einmal etwas daraus vorzulesen, zu erklären?" Er hatte mit leiser, vibrierender Stimme gesprochen und sah ihr tief in die Augen, so daß sie verlegen den Blick zu Boden senkte. „Wenn Sie wollen; wenn es Ihnen keine Mühe macht?" „Mühe? Es wird mir ein Genuß sein, Ihnen etwas vorlesen zu dürfen, gnädige Frau." Ein dankbarer Blick ihrer schwermütigen Augen belohnte ihn. Dann sagte sie, mit lei ser Unruhe in der Stimme: „Es wird spät; ich möchte nach Hause." Selbstverständlich blieb der Kapitän an ih rer Seite, als sie langsam den Gebirgspfad herabschritten. Der Weg war hier so eng, daß sich unbewußt ihre Hände berührten. Ein hei ßes Erschrecken vor dem seligen Schauer des verbotenen Glückes durchzuckte beide. Blitz schnell sahen sie sich an. Und in beider Augen stand etwas von dem Leuchten, dem seligen Glanz geheimer Liebe. Ihre Hände hielten sich umspannt, bis sie vor dem „Greisen" stan den. Noch ein inniger Druck, ein heißer Blick von Auge zu Auge — und man trennte sich. Der Kapitän wie in einem Rausch; immer sah er ihren stumm flehenden Blick, spürte er den Druck ihrer Hand. Am nächsten Morgen stand er schon zeitig auf der Lauer, um das Fortgehen des Kai serjäger-Leutnants zu erspähen. Doch er mußte warten bis kurz nach Mittag, wo der Graf in einem eleganten Lodenkostüm das Hotel ver ließ. Mit scheuer Erregung wurde der Kapitän von der Gräfin empfangen. In dem Zimmer herrschte solch angenehmes Halbdunkel, — die Vorhänge waren zufammengezogen. — Der Kapitän rückte einen Halbsesscl neben die Ottomane, auf der sich die Gräfin nieder gelassen, dann las er vor, mit einem eigenen, dunkel gefärbten Ton, durch den seine fie bernde Leidenschaft deutlich durchzitterte. Dann und wann sah er zu der Gräfin hinüber, die mit weltentrücktem Blick dalag. Einmal tra fen sich ihre Blicke und mit der Ruhe des Ka pitäns war es aus. Erregt sprang er auf und kniete vor ihr nieder, die eine Hand hatte er ergriffen. Es war ein Stammeln, ein Lie besrasen, was er sprach. „Ich kann nicht mehr," rief er, „ich lese hier von Liebe und die Göttin der Liebe sitzt vor mir. Gräfin, spüren Sie nicht diesen göttlichen Funken, dieses Uebermaß von Se ligkeit . . ." Leidenschaftlich umschlang er die bebende, nur schwach widerstrebende Gestalt. „Herr Kapitän," wehrte sie schwach. Aber er erstickte ihre Worte unter seinen Küssen, die sie willig, ach nur zu willig er widerte. Plötzlich ging die Tür auf und herein — trat der Graf, der Kaiserjäger-Leutnant. Mit einem Wehruf sprang die Gräfin auf und sah mit großen, entsetzten Augen den Leutnant an, der zuerst verdutzt dastand, dann aber in gellendes Hohnlachen ausbrach. Der Kapitän stand schweigend, den Blick voll und ernst auf den Kaiserjäger gerichtet. Er war bereit alle Konsequenzen zu tragen. Und mit fester Stimme Hub er an: „Herr Graf, die Situation . . ." „War eine verteufelt intime, da haben Sie recht," unterbrach ihn der Graf höhnisch, „und ich habe Lust, Sie wie einen tollen Hund zu erschießen." „Das wirst Du nicht tun," rief die Gräfin verzweifelt dazwischen und rang die Hände, „verlange voy mir, was Du willst, alles, al les will ich tun. Latz mich bühen. Ich . . ." Ganz überwältigt von solcher Hingebung trat der Kapitän vor und sagte: „Herr Graf, ich fehlte, und Sie haben das Recht, jede Genugtuung von mir zu fordern. Tun Sie es, ich nehme an." Ruhig stand er da und sah auf den Gra sen, der sichtlich mit sich rang. „Ihr Blut nützt mir wenig," grollte er noch immer, „wenn es auch unsere Standes- rücksichten erfordern. Aber wir sind unter uns." Und mit einer jähen Bewegung den Kopf er hebend, sah er den Kapitän scharf an: „Habe ich Ihr Ehrenlvort, unverbrüchliches Stillschwei gen über alles zu wahren?" „Sie haben es," sagte der Baron ernst. „Gut, dann geben Sie dem Jnvalidenheim für Offiziere in Wien zehntausend Mark und die Sache ist erledigt." Ohne mit einer Wimper zu zucken, legte der Kapitän das Gewünschte auf den Tisch und steckte die Brieftasche wieder gleichgültig ein. Noch eine Verbeugung — und er ging hinaus. Einen Augenblick stand das Ehepaar noch da, wie unter dem Bann einer knapp entgan genen Gefahr, dann lachte die Gräfin , laut auf: „Der Gimpel. Besser ist noch keiner auf den Leim gegangen. Ja, ich sah es ihm gleich an; solch romantische Naturen. Aber nun gleich abgercist; unsere Koffer bekommt ja der Ho telier für seine Rechnung." Und wieder lachte sie hell auf. Die Koffer waren mit alten Zei tungen gefüllt. Spätherbst. Plauderei von Dr. Klaus Hern. (Nachdruck verboten.) Trübe und melancholisch blickt der bleierne Himmel zur Erde herab, gleich als wolle er ihr zeigen, daß er auch sie keines freundlichen Blickes würdige. Im lachenden Lenze, wenn sie in ihrem blinkenden, duftigen Brautge schmeide Prangt, im Sommer, wenn sie sich in der Vollkraft ihrer Entwicklung brüstet, ja, selbst im Herbste, wenn sie den Segen ein- sammelt, den sie gereift, da hat er ein freund liches Lächeln für sie, die doch einmal in ih rem Werden, Blühen und Vergehen ganz auf Der rote Hof. Krimiual-Erzähluug von Adalbert Reinold. 2) (Nachdruck verboten.) So geht es von Mnnd zu Mnnd der Dorf bewohner; — diese düsteren Märchen haben sich weit ins Land hinein verpflanzt, — der „rote Hof" und der „Moorsec" und im Städtchen R. ebenso bekannt, wie im Torfe B. Mute der vierziger Jahre wohnte auf dem „roten Hofe", der damals der „Wendelbof" genannt' wurde, der junge Besitzer Franz Wendel. Er war der einzige Sohn seines vor kurzem verstorbenen Baiers, und als solcher der Erbe des ganzen vollen Geweses, — seine alte Mutter wohnte bei ihm auf Altenteil. Gegen den Willen seiner Eltern halte er ein armes, aber hübsches Mädchen geheiratet, die Tochier eilles Feldhüters ans dem Städtchen R. Auf der Kirchweih, welche von allen Landleulen ans Weiler llmgcgcud be sucht wird und an den ersten Sonntagen im Monat Jnli stattfindct, batte er im Tanzsalon das schöne, statt liche Mädchen kennen gelernt. — Franz war damals kaum zwanzig Jahre alt, und fern von der Welt, fast einsam auf dem Hofe erzogen, hatte sein Herz noch niemals für ein weibliches Wesen geschlagen, sein Auge nicht einmal nach einem solchen gesehen. Er erblickte das schöne Mädchen und sein Ange glühte, sein Herz war mit einem Schlage gebannt. Die sogenannten Klrchweihfestc in dem kleinen Städtchen waren wilde Feste; nur einmal im Jahre fanden sie statt und danerlen dann tast ununterbrochen acht Tage. Zügellos entwickelten sich da oft die Leiden schaften bei den rohen Naturmenschen, blutige Schlägereien gehörten zn den gewöhnlichen Vorkommnissen, wüste Gelage wurden gefeiert und manches sonst brave Mädchen kehrte als Gefallene in das Elternhaus zurück und beweinte später bitter die Lust emer schnell ent» slobenen Stunde. Des Feldhüters Leue war zum Erstaunen aller das ganze Kirchweihfest hindurch die von dem schmucken Franz vom Wendelbof gewählir Tänzerin, und sie schien cs ihni schicr angetan zn haben, denn der junge Mann hatte nur Äugen sür sie nnd selbst die hübschen Töchter seines in Langseld wohnenden Vaters Bruder vermochten nicht, auch nur für einen Augenblick seine Aufmerksamkeit zu fesseln. Des Feldhüters Lene war zwar schön, — darin stimmten alle ein, nnd das mutzte ihr auch der New lassen, aber das; sie nicht nur schön, sondern auch leicht war, wie das klare, blanke Wasser des lustigen Flusses, an dessen Ufer das armselige Häuschen ihres Vaters stand, davon konnten am besten die jungen Offiziere der Garnison erzählen, welche in R. eiugnartiert lagen. Nachdem das Kirchweihfest vorüber, wurde der sonst so fröhliche Franz auf dem Wendelbofe ein gar trübsinniger Bursche und seine Ellern gaben es gern zu, das; ihr Liebling, um sich zu zerstreuen, alle Sonn tage zur Stadt fuhr. — Aber das, wovon sie anfangs keine Ahnung batten, gereichte ihm zum Verderben, seine Ausflüge galten nur des Feldhüters schöner Lene, die den schmucken, reichen Bauernsohn stets mit offenen Armen empfing. - Der alle Feldhüter bekümmerte sich um das Tun und Treiben feiner Tochter nicht im geringsten, er war ein Trunkenbold, der selten nüchtern zu Hause kam; es war ihm schon recht, wenn Lene kein Geld von ihm fordere und er fein geringes Gehalt ins Wirtshaus tragen konnte. In einer kleinen Stadt sicht mau alles und bald war es daber auch allgemein pVanut, das; der Sohn des reichen Wendelhofbesitzers der neue Liebhaber der Feld- Hiner-Lene fei und daß diesmal das Verhältnis ein ernstes zu sein scheine, denn die kluge Person würde den fetten Fisch gehörig in ihr Netz ziehen. Der alte Wendel erfuhr endlich die Geschichte — er brauste furchtbar auf, denn er war ein jähzorniger Mann, er swimpfte laut über die Betteldirne und die Schande, welche sein einziger Sohn der ganzen Familie antätc, — aber alles Schelten war umsonst, der Vater Metz bei seinem Sohn auf entschiedenen Widerspruch, nnd Franz erklärte rund heraus, daß er die Lene und zwar bald heiraten müsse, da er ihr die Ehre wicdcr- zugebeu habe, welche er ihr genommen. Der alte Wendel war ein durch und durch recht schaffener Charakter, ebenso seine Fran, und diese Bieder keit und die durch nichts zu erschütternde Ehrlirbe batte sich von den Eltern ans den Sohn gepflanzt. Franz sein Verhältnis zn des Feldhüters Lene war kein reines, und das schöne Mädchen hatte ihm erklärt, cs sei nicht ohne Folgen geblieben. Die! kluge Circe batte vorausgeschen, daß sie den ländlichen, mit In Eignen der Liebe völlig unbekannten Liebhaber am sichersten fesseln würde, wenn sie sich ihm ganz hingab und wurde hier der junge naive Mann im wahren Sinne des Wortes der Verführte. „Ich muß dem Mädchen seine Ehre wiedergeben, ich habe sic ihr genommen!" — Mit dieien Worten war er offenen Gesichts vor seinen Vater getreten, und der alte Wendel war ein zu biederer, rechtschaffener Charakter, als daß das offene Geständnis seines Sohnes nicht hätte Eindruck ans ibn machen sollen. „Franz", batte der Alte erwidert, .Du sprichst, wie es einem ehrlichen Alaune zukommt, und ich sebe ein, datz, wenn die Sachen so stehen, nichts anderes übrig bleibt. Die Leute in R. sind zwar nicht gut aus die Lene zu sprechen, aber ich kenne das, wenn ein armes Mädchen eine reiche Partie macht; — da drängt sich der Neil dazwischen. Obgleich mein Herzenswunsch es von jeher gewesen, Du solltest eine von des Onkels Töchtern aus Langfcld, die Marie oder die Johanna, heiraten, will ich Deinem Glück kein Hindernis bereiten, sage Deinem Mädchen, daß sie mir eine willkommene Tochter sei." Franz Wendel war außer sich vor Freude und Glück; er liebte wirklich das schöne Mädchen, jung und gänzlich unerfahren, eilte er, Lene als eheliches Weib ganz die Seine zu nennen. Zum Aerger der Städter und Dörfler heiratete denn auch wirklich die arme Feldhüters - Leue den reichen Wendelhofs-Franz mit der sicheren Aussicht, bald Bäuerin und Besitzerin des schönen Geweses zu werden. Dies geschah nur zu bald, der alte Wendel starb schon ein Jahr nach der Hochzeit seines Sohnes. Die Leute sagten, aus Gram, denn er sah ein, daß sein Herzenslicbling und einziger Sohn es mit der Lene nicht glücklich getroffen hatte. Er berente jetzt täglich, daß er sich von seiner Ehrliche batte fortreiben lassen, und viel zn leicht sein« Einwilligung zu der Heirat gegeben, — denn die Lene war keine Frau, wie ein tüchtiger Bauer sie gebrauchte. Nicht nur hoffärtig und pubsüchtig war sie, nein, auch träge und gleichgiltig; sie ließ mit einen; Worte, wie man so zu sagen pflegt, alle fünf gerade sein und heftete ihr Ange statt auf Knechte und Mägde, auf Flitterstaat und Nebendinge. Bald schien sie von Langerweile geplagt zu werden, sie spornte ihren jungen Mann, den sie willenlos be herrschte. an, mit ihr zur Stadt zu fahren, sie kleidete sich dann wie eine Stadtdame und verleitete Franz sogar, zwei, drei Tage mit ihr in der Stadt, in dem Gasthofe zu bleiben. Das war keine Frau für den Wendelhofbesitzer, — mit sorgenvoller Stirn dachte der Alte daran, welches Ende ein solches Treiben nehmen sollte. Die junge Frau hatte schon drei Monate nach der Hochzeit eine frühzeitige Geburt glücklich überstanden, das Kind war tot geboren. Das alte Elternpaar von Franz sah dieses Ereignis in seinem Glauben und Aberglauben gewissermaßen als eine Strafe an, und tief kränkte es beide, wie die Lene von diesem, wie sie meinten, Fingerzeig des Himmels, so garnicht berührt wurde, vielmehr tat, als sei nichts geschehen und nur auf Lustbarkeiten und Zerstreuungen samu „Sie bat keine Scham", sagte die alte Bäuerin zu ihren; Manne und fügte treffend hinzu: „Ein Mensch, der keine Scham mehr hat. ist verloren." (F. f.) Vrsfs16sr-Lsiäsnksus LisMs4 k>is6s,2ksmnil2. ULL
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