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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 02.12.1910
- Erscheinungsdatum
- 1910-12-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-191012020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19101202
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19101202
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungHohenstein-Ernstthaler Anzeiger
- Jahr1910
- Monat1910-12
- Tag1910-12-02
- Monat1910-12
- Jahr1910
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 02.12.1910
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Abg. Dove (Fortschr. Volksp.), der mit einem hohen Stoß dicker Aktenstücke unterm Arm unter stürmischer Heiterkeit des Hauses die Tribüne betritt, führt aus: Mit Rücksicht aus die Bedeutsamkeit des Falles dürfen wir unseren Beschluß nicht debattelos in die Welt gehen lassen. Das Organ des Reichskanzlers, die „Nordd. Allg. Ztg." könnte sonst darauf Hinweisen, daß es „ein Zeichen wachsender Verwilderung und ein Produkt der verhetzen den Tätigkeit sei", daß selbst ein so maßvoller Mann, wie der Abgeordnete Dr. Pachnicke, mit dem Staatsanwalt in Konflikt gerät. Redner legt unter steigender Heiterkeit des Hauses und unter Berufung auf eine umfangreiche juri stische Literatur die Einzelheiten des Falles dar und gelangt zu dem Ergebnis, daß sich Dr. Pachnicke der ihm zur Last gelegten Ver brechen tatsächlich schuldig gemacht zu haben scheine. Wer von den Kollegen sich zum Som meraufenthalt nach Bayern begibt, wird jeden falls gut daran tun, sich künftig zunächst nach den ortspolizeilichen Vorschriften und dann erst danach zu erkundigen, wo es das beste Bier gibt. Bei der Beratung des Kapitels Immu nität bei der Strafprozetzreform wird dieser Fall Pachnicke als wertvolles Material dienen. Abg. Arendt (Rpt.): Auch die Parteien der Rechten erblicken in dem Anträge einen be dauerlichen und groben Mißgriff. Mit einem solchen Anträge hätte man den Reichstag un ter allen Umständen verschonen müssen. Abg. Mayer-Kaufbeuren (Zentr.): Als Vertreter des Wahlkreises, in dem Hepferau liegt, möchte ich doch darauf Hinweisen, daß sich der dortige Beamte nicht einer Unterlas sung schuldig machen durfte, auf die Zucht hausstrafe steht. (Große Heiterkeit im ganzen Hause.) Nach einer Entgegnung des Abg. Dove wird unter andauernder Heiterkeit der Antrag gemäß dem Beschlusse der Kommission abge lehnt. Das Gesetz zum Schutze des Reichsbankno- tcnpapiers wurde in dritter Lesung endgültig angenommen. Es folgt die erste Lesung des Kurpfuscherei gesetzes. Staatssekretär Delbrück: Ein reichsge setzliches Eingreifen ist durch die Mißstände notwendig geworden, die sich aus der Aus- übung der ärztlichen Praxis durch nicht appro bierte Personen seit 1869 ergeben haben. Die Zahl der nicht approbierten und derjenigen Personen, die den ärztlichen Beruf ausüben, ohne irgendwelche Qualifikation dafür zu be sitzen, ist heute außerordentlich gestiegen. Diese Leute üben das Heilgewerbe im Interesse ih res Geldbeutels aus. In weiten Bevölkerungs kreisen besteht das Verlangen, in Krankheits fällen eine nicht approbierte Person hinzuzu ziehen. Deshalb erschien es zweckmäßiger, nicht Approbierten die Krankenbehandlung nicht schlechtweg zu untersagen, sondern das Verbot auf bestimmte Krankheiten zu beschränken, d. h. auf die Geschlechts, und die in die Seuchenge setzgebung fallenden Krankheiten. Im übrigen wird der ärztliche Gewerbebetrieb einer Kon trolle unterworfen, indem durch die Vorschrift der Anmeldung und der Führung von Bü chern ungeeignete Personen ferngehalten wer den können. Die Auswüchse der Reklame für Geheimmittel wurden beschränkt und gewisse Heilmittel und Instrumente untersagt. Abg. Faßbender (Zentr.): Der vor liegende Entwurf findet selbst in medizinischen Kreisen nicht allgemeine Anerkennung, obwohl ein Schutz des ärztlichen Standes geboten ist, da er die nicht approbierten Aerzte den appro bierten gleichstellt. Ausschlaggebend muß der Schutz des Publikums sein. In die persön liche Freiheit darf andererseits auch nicht ein- gegrissen werden. Manche Laien sind bedeu tende Heilkünstler geworden. Die Jrrenpflege muh besonders behandelt, das Natur-Heilver fahren erhalten, aber auch die chemische In dustrie vor einer Schädigung bewahrt werden. Meine Partei beantragt Ueberweisung der Vor lage an eine Kommission von 28 Mitgliedern. Abg. Henning (kons.): Wir freuen uns, daß endlich auf reichsgesetzlichem Wege gegen die bestehenden Mißstände einheitlich vor gegangen werden soll, und schließen uns dem Antrag auf kommissarische Beratung an. Abg. Zietsch (soz.): Die Vorlage sucht nicht nur wirkliche Mißstände abzustellen, son dern sie schikaniert Handel und Industrie. Es geht zu weit, wenn die Aerzte jeden als Kur pfuscher behandelt wissen wollen, der nicht Arzt ist und doch praktiziert. Wir haben ja auch schon in der Reichsregierung Herren ohne die üblichen Prüfungen gehabt; das wären dann auch Kurpfuscher! Die Vorlage bedarf erheb licher Aenderungen. Abg. Müller-Meiningen (Fschr. Vp.): Wir billigen den Kampf gegen den Schwindel, verstehen es aber nicht, daß man uns noch in der letzten Tagung eine Reihe so strittiger Ge setzentwürfe vorlegt. Das kann leicht zu einer legislatorischen Kurpfuscherei führen. Der ganze Entwurf strotzt von einer Ueberschätzung der Zuständigkeit des Bundesrats. Da werden wir stark streichen müssen. Erfreulich sind die Maß nahmen gegen das Gesundbeten, einen Unfug, der sich namentlich unter den oberen Zehntau send breit macht. Der Geheimmittel-Paragraph ist unannehmbar. Ministerial-Direktor v. Joncquieres: Die Aerzte werden sich schon selbst verteidigen; zu ihrem Schutze ist die Vorlage nicht einge bracht. Wenn die Regierung mit einer be stimmten Aerzteorganisation in letzter Zeit nicht immer einer Meinung war, so steht das ihrer besonderen Wertschätzung des Aerztestandes auf dem Gebiete des Heilmittelwesens nicht entge gen. Das Gesetz ist ein Gesetz zum Schutze der Volksgesundheit. Es richtet sich keineswegs gegen den Stand der Naturheilkundigen und Dentisten. Die Genannten konnten jedoch aus dem Rahmen nicht herausgelassen werden, weil alle nicht approbierten Personen eingeschlossen werden sollten. Wir rechnen mit Bestimmtheit darauf, daß eine Besserung der Verhältnisse herbeigeführt wird, auch auf dem Gebiete des Geheimmittelwesens. Abg. Arning (natl.) tritt für die Vor lage ein. Die Angriffe des sozialdemokratischen Redners gegen den Aerztestand waren unge rechtfertigt. Man darf für Verfehlungen ein zelner nicht den ganzen Stand verantwortlich machen. Auch im Aerztestreik wurde die Hilfe nicht verweigert. Erfreulich ist es, daß man den Frauen die Ausübung des ärztlichen Be ruses nicht beschränken und daß man das Ge sundbeten verbieten will. Abg. Höfsel (Rchp.) tritt für die Vor lage ein, da die Kurpfuscherei schon viele To desfälle herbeigesührt hat. Abg. Lattmann (Wirtsch. Verg.) meint, es wäre besser, aufklärend zu wirken, als Ge setze zu erlassen. Auch in den Naturheilmetho den stecke ein guter Kern; sie haben viel zur Verbreitung der Erkenntnis des gesundheitlich Notwendigen beigetragen. In der Kommission muß das Weitere erörtert werden. Darauf vertagt das Haus die Weiterbera tung auf Donnerstag 1 Uhr. Oertliched und Sächsisches. * — Wetteraussichtfür Freitag, den 2. Dez.: Nördliche Winde, veränderliche Bewölkung, etwas kälter, zeit- und stellenweise leichte Schneefälle. * — Bezirkstag. Der 57. öffentliche Bezirkstag des Bezirksverbandes Glauchau fin det Mittwoch, den 14. Dezember, vormittags 11 Uhr im Sitzungssaals der Kgl. Amts- hauptmannschast zu Glauchau statt. * — Bezirksausschuß-Sitzung. Für die 13. diesjährige Bezirksausschuß-Sitz ung, die morgen Freitag im Sitzungssaale der Königlichen Amtshauptmannschast Glauchau stattfindet, liegt u. a. folgende Tagesordnung zur Beschlußfassung vor: 1. Wahl von Sach verständigen gemäß § 37 Absatz 3 des Ent eignungsgesetzes vom 24. Juni 1902 auf das Jahr 1911. 2. Vorschläge für die Neuwahl von Sachverständigen für die Unterverteilung der nach § 16 des Kriegsleistungsgcsetzes aus zuschreibenden Landlieferungen auf die Jahre 1911—1914. 3. Neuwahl von Sachverständigen zum Bezirksschätzungsausschuß für die staat liche Schlachtviehversicherung für das Jahr 1911. 4. Neuwahl von Sachverständigen für die Viehseuchenkommission auf das Jahr 1911. 5. Wahl je eines Vertreters der Stadtgemein den und der Landgemeinden in das Kurato rium des „Wettinftiftes" auf die Jahre 1911 bis 1913. 6. Gesuch des Gastwirts Robert Max Nestler in Falken um Erlaubnis zur Ausübung des Realschank- u. Gastwirtschaftsbe triebes/ sowie zum regulativmäßigen Tanz halten, zur gewerbsmäßigen Veranstaltung von Singspielen, Gesangs- und deklamatorischen Vorträgen, Schaustellung von Personen, Ma rionettentheater und Beherbergen in dem Gast hofsgrundstücke Nr. 74 des Brandkat. für Fal ken (Uebertragung). 7. Gesuch des Bleicherei besitzers Johannes Koch in Hüttengrund um nachträgliche Erlaubnis zur Errichtung einer Stauanlage auf seinem Bleichereigrundstück Nr. 207 der Flur Kuhschnappel. 8. Gesuch des Geschäftsreisenden Ernst Bruno Göthel (Ab trennung von Blatt 104 des Grundbuchs für Oberlungwitz). * — Die sächsischen Handels kammern und die FIeischteue - r u n g. Auf Anregung der Handelskammer Plauen haben die sächsischen Handelskammern eine Eingabe an das Ministerium des Innern gerichtet, in der dieses ersucht wurde, zur Be seitigung der gegenwärtig herrschenden Fleisch teuerung die Annahme der Abhilfevorschläge des deutschen Handelstages an zuständiger Stelle zu befürworten. Diese Vorschläge um fassen folgende Punkte: Zulassung möglichst ungehinderter Einfuhr lebenden Viehes, Zulas sung der Einfuhr geschlachteten Fleisches aus dem Auslande, Zulassung von Büchsenfleisch und sonstiger Fleischdauerwaren aus dem Aus lande, Ermäßigung der Zölle und Eisenbahn tarife für Futtermittel in Zeiten der Futter not und Herabsetzung der übermäßig gesteiger ten Zölle auf Vieh und Fleisch. * Hohenstein-Ernstthal, 1 Dez. Unsere Stadt steht im Zeichen der Volkszählung. Ein großer Apparat isttaufgebotcn, um die Zählung richtig zu Ende führen zu können. An dem Zählgeschäft, das bereits in flottem Gange ist, beteiligt sich als erster Beamter der Stadt Herr Bürgermeister Dr. Patz neben der gesamten Lehrerschaft der Neustädter und einem Teil der Altstädter Schule und'außer den städtischen Be amten auch noch eine Anzahl Bürger. * — A u s st e l l n n g e m p f e h l e n s w e r t e r Jugcndschriften für denWeihnachts- tisch in der Turnhalle de!r 2.'Bezirks schul e. Was schenken wir knnscrem Kinde zu Weihnachten? Ein Buch. Ganz gewiß. Das hat sich der Knabe, das Mädchen schon längst bestellt. Aber was? Ratlos stehen die Eltern oft im Buchladen, beschauen Einband und Titel bild, durchblättern die Bücher, legen eins nach dem andern wieder weg und sind nach langem Suchen so klug als zuvor. Diese Unkenntnis bei Auswahl vou Jugcndschriften beobachtet mau nicht bloß in einfachen Kreisen, sondern auch bei Leuten höherer Stände. Ein Buch soll der täg liche Freund des Kindes sein, soll unterhalten, beraten, erheitern, erbauen, trösten. Darum ist die Auswahl^desselben eine gar wichtige Sache. Die furchtbaren Folgen schlechter Bücher (der Schundliteratur) haben sich in den letzten Jahren in so bedenklicher Weise gezeigt, daß unser deutsches Volk nicht mehr verschlossenen Anges auf dem Büchermarkt stehen und kritiklos kaufen darf. Von der großen Bewegung, die in den letzten Jahren gegen den Schund eingesetzt hat, hat gewiß jeder gehört, und jeder sollte sie kräftig unterstützen, kein Buch aufs Geratewohl kaufen, sondern sich an die Stellen wenden, wo er von berufsmegen genaue Kenntnis und Er fahrung erwarten kann. Zu diesem Zwecke soll von Sonntag ab im Einverständnis mit den hiesigen Buchhändlern in der Turnhalle der 2. Bezirksschule eine Ausstellung empfehlenswerter Jugcndschriften veranstaltet werden. Näheres folgt. * — Eine Bodensenkung verursachte heute vormittag im Hüttcngrund einen Unfall, der leicht schlimmere Folgen haben konnte. Das Geschirr des Kohlenhändlers Teichner aus Gers dorf fuhr über die Hüttengrundstraße, als plötz lich zwei Räder des Wagens unterhalb des Restaurants „Zur Krone" bis an die Achse ver sanken und das Pferd hierdurch zum Stürzen brachten. Dem Geschirrführer ist glücklicherweise nichts passiert und auch das Pferd kam noch mit dem Schrecken davon, während am Wagen die Deichsel entzweiging. Wie wir hören, ist der Unfall bezw. die Bodensenkung dnrch schlechte Vodcnrammung entstanden. An der Stelle sind kürzlich die Erdarbeitcn für die neue Wasser leitung ausgeführt worden. * — Theater. Das Bornaer Amtsblatt berichtet über die Aufführung des „Kätchens von Heilbronn" folgendes: „Groß und allseitig war die Begeisterung, welche die Benefizvor stellung des Herrn Cnrt Richter am letzten Dienstag erweckt hatte Mit größter Spannung sahen wir der Vorstellung entgegen. Der An drang war ein so gewaltiger, daß Hunderte Be sucher aller Plätze nicht mehr Einlaß fanden. Was trotz redlichen Bestrebens und unverdrossener Mühen bislang der Direktion nicht gelingen wollte, ein volles, ausverkauftes Haus zu er zielen, das hatte das Kleistsche Ritterschauspicl „Das Kätchen von Heilbronn" zuwege gebracht. Was getan werden konnte, um dem prächtigen Schauspiele Boden zu gewinnen, war auch ge schehen. Eine sorgfältige Besetzung aller Rollen, ein Heranziehen möglichst ausreichender Hilfs kräfte, eine wohlberechncte Ausnützung der Bühne, eine geschickte und geschmackvolle Ver wendung der verfügbaren Requisiten, eine präch tige, den Zcitverhältnifseu durchaus entsprechende Garderobe und vor allem eine Führung der Handlung vou dazu berufenen Kräften. Was aus der kleinen Saalbühne alles gemacht wor den war, mußte Staunen erregen. Wie treff lich und wirkungssicher war doch, um nur eins herauszuhebcn, die Szene vor dem Burgtor am Flicderbusch aufgebaut! Der Brand der Strahl burg und der Hochzeitszug erforderten große Vorbereitungen, um nicht in den Eindruck des Halben, des Lächerlichen zu verfallen. Wie ge schickt und geschmackvoll war aber hier alles geordnet! Und nun neben den wackeren übrigen Darstellern, wir denken dabei besonders an den des ehrwürdigen Theobald Fricdeborns, die beiden Hauptgestalten. Herr Curt Richter war als Graf Wetter vom Strahl eine prächtige Figur, die jene edlen, mannhaften Züge des ritterlichen Herrn aufs beste wiedergab. Und das Kätchen! Eine lieblichere, die Herzen mit Gewalt fesselnde Rolle hat Frl. Marga Richter noch nicht gegeben. Welch eine zwingende Macht ging von dem märchenhaften Kätchen ans! Zu erwähnen bleiben noch die Fanfarensolos von den Trompetern unseres Carabinierregiments, die dem Ganzen einen besonders festlichen Weihe nimbus verliehen." — Darum nächsten Freitag alle ins Theater, um dem Regisseur unseres Ensembles durch ein volles Haus den Tribut für seine auch hier anerkannten Leistungen zu zollen. sO Gersdorf, 1. Dez. Bei der hiesigen Sparkasse wurden im Monate November 128 Einzahlungen im Betrage von 12 446 Mk. 30 Pfg. geleistet, dagegen erfolgten 52 Rückzahlungen im Betrage von 8996 Mk. 98 Pfg. Der Bar bestand betrug am Schlüsse des Monats 4731 Mk. 56 Pfg. — Unser Ort ist zu der heutigen Volkszählung in 42 Zählbezirke eingekeilt worden. An dein Amte eines Zählers sind außer den Herren Lehrern und Gemeindebeamten auch mehrere freiwillige Zähler beteiligt. * Glauchau, 30. Nov. Bei den gestrigen Stadtverordnetenwahlen siegte die Liste der Kompromißparteien, die ihre sämtlichen Kan didaten — acht an der Zahl — glatt durch brachten. Die Sozialdemokraten, die große Anstrengungen machten, ihrem bisherigen Ver treter, Landtagsabgeordneten Wilde, wieder zum Siege zu verhelfen und auch den sieben ausscheidenden bürgerlichen Stadtverordneten Genossen als Gegenkandidaten gegenübergcstellt hatten, haben zwar einen erheblichen Stimmen zuwachs zu verzeichnen, unterlagen aber trotz dem. * Mülsen St. Niklas, 30. Nov. Zwei hiesige junge Mädchen (Fabrikarbeiterinnen) haben ein Los einer Chemnitzer Wohltätig keitslotterie zu 1 Mark gespielt und hieraus 10 000 Mark gewonnen, so daß jede für ihre 50 Pfg. 5000 Mark bekommt. Den Mädchen die nicht mit Glücksgütern gesegnet sind, ist der Gewinn eine rechte Weihnachttzwohltat. * Mittelbach, 30. Nov. Im hiesigen landwirtschaftlichen Vereine, welcher seit 45 Jahren besteht, wurden zwei Mitglieder durch Neberreichung von Chrendiplomen für Ver dienste um die Landwirtschaft im Königreich Sachsen ausgezeichnet, nämlich Herr Gutsbe sitzer Louis Schulze, welcher dem Verein 40 Jahre als Mitglied angehört und Herr Wirt schaftsbesitzer Robert Spindler, welcher 21 Jahre ! als Kassierer im Verein tätig war. Beiden Herren wurden die Diplome durch Herrn Oeko- nomierat Wilsdorf überreicht. Herzlich dan kend nahmen sie diese Auszeichnungen in Empfang. * Chemnitz, 1. Dez. Heute vormittag in der 9. Stunde stürzte sich in einem Hause der Bernsdorfer Straße eine 25 Jahre alte Arbeiterin infolge Nervenleidens vier Stock hoch herab in den Hof und zog sich schwere innere Verletzungen zu. — Ein 21 Jahre altes Dienstmädchen in der Westvorstadt atmete gestern abend in der 11. Stunde in selbstmörderische» Absicht Leucht gas ein und wurde bewußtlos. Auf ärztliche An ordnung wurde die Kranke ins Stadtkrankenhaus gebracht. Ein Grund für den beabsichtigten Selbstmord ist nicht bekannt. * Dresden, 1. Dez. Der Rücktritt des Oberhofpredigers und Vizepräsidenten des säch sischen Landeskonsistoriums D. Ackermann hat sich mit dem gestrigen Mittwoch vollzogen. Kö nig Friedrich August hat dem aus dem Amte Scheidenden anläßlich seines Uebertrittes in den Ruhestand den Titel und Rang als wirkl. Geh. Nat verliehen. Eine Abordnung der Superintendenten des Landes, bestehend aus den Kirchenräten Hartung - Leipzig, Lisschke- Plauen, Grieshammer-Meißen und Rosenkranz- Bautzen brachte am Mittwoch dem scheidenden Vizepräsidenten des evangelisch-lutherischen Lan deskonsistoriums einen Abschiedsgruß der säch sischen Geistlichkeit dar und dankte ihm für die der Landeskirche geleisteten Dienste. — Ein 24 Jahre alter Studierender der Technischen Hochschule aus Stuttgart hat sich in der letz ten Nacht in seiner Wohnung in der Uhland- straßc wegen Krankheit mittels Zyankali vergiftet. * Leipzig, 30. Nov. Das hiesige Schwur gericht verurteilte heute die beiden Stallschwei zer Schwinger aus Freiberg und Schalkowsky aus Heiligenbrunn, die am 4. Mai d. I. die Witwe Eismann in Portitz ermordet und be raubt hatten, zum Tode und zum dauernden Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte. — Der Spionageprozeß gegen die im August auf der Insel Borkum verhafteten englischen Offiziere French und Brandow wird am 15. Dezember vor dein vereinigten zweiten und dritten Straf senate des Reichsgerichts verhandelt werden. Für den Prozeß sind mehrere Tage in Aus sicht genommen. * Döbeln, 30. Nov. Die städtischen Kol legien haben beschlossen, den hiesigen Vetera nen zum 18. Januar 1911, dem 40jährigen Gedenktage der Gründung des Deutschen Rei ches, eine besondere Ehrung zu erweisen. Sie haben 2000 Mk. bewilligt. Die Zahl der hier wohnhaften Veteranen ist auf 96 ermittelt worden. * NarSdorf, 30. Nov. In einer Wickers- hainer Strohscheune wurde ein etwa 55 Jahre alter, dem Arbeiterstunde angehörender Mann halberstarrt aufgcfnnden. Nach Einlieferung in das Stadtkrankenhaus iu Geithain verstarb der Unbekannte an Herzlähmung. * Aue, 30. Nov. Der 26 Jahre alte Klemp nergehilfe Weiß war auf der Reichsstraße hier mit der Reparatur einer Dachrinne beschäftigt, als plötzlich die Leiter in der Mitte durch brach und W. 2 Stockwerke hoch auf das Straßcn- pflaster herabstürztc. Leider hat sich der Be dauernswerte einen schweren Schädelbruch zuge- zogen, sodaß an seinem Aufkommen gezweifelt wird. * Schönheide, 30. Nov. Die beiden Kinder des Handwerkers Paul Schönherr, im Alter von 6 und 3 Jahren, waren in der Woh nung allein zurückgelassen worden. Sie wuß ten sich eine Petroleumkanne zu verschaffen nnd wollten damit im Ofen Feuer anmachen. Die Kanne explodierte und das Feuer fetzte die Kleider der Kinder in Brand. Die brennen den Kinder stürzten auf die Straße, wo sie von Passanten in den Schnee geworfen wur den, um die Flammen zu ersticken. Der ältere Knabe Paul Robert hat so schwere Brandwun den erlitten, daß er daran gestorben ist, wäh rend seine jüngere Schwester sich lebensgefähr liche Verletzungen zugezogen hat. * Plauen, 30. Nov. Der 45jährige Mu siker Hermann Schmidt, Vater von vier Kin dern, ist am Sonntag abend auf dem Nach hausewege von Schncckcngriin nach Jößnitz vom Wege abgekommen und auf einen Fußsteig ge raten, daselbst im Schnee stecken geblieben und vor Ermattung hingesunken und erfroren. Heute wurde seine Leiche im Schnee aufgefunden. * Köhschenbroda 30. Nov. Zwei ga lizische Arbeiterinnen, die wegen einer gering fügigen Sache in Streit geraten waren, gin gen schließlich zu Gewalttätigkeiten über, wo bei die eine von ihrer Gegnerin einen so hef tigen Schlag mit einem Steinkruge auf den Kopf erhielt, daß eine klaffende Wunde ent stand und das Gefäß in Stücke ging. Schließ lich gelang es einigen Männern, die beiden Gegnerinnen auseinander zu bringen. Der Verletzten mußte sofort ein Notvcrband ange legt werden. * Schandau, 30. Nov. Gestern nachmit tag wurde mittels Siechkorbes ein 17 Jahre alter Kellner, der sich durch leidenschaftliches Zigarettenrauchen eine schwere Nikotinvergif tung zugezogen hatte, dem Krankenhause zugcführt. * Zittau, 30. Nov. In der Römerschen Rotgarnfärbcrei stürzte der Arbeiter Frindert aus Vönis beim Ascheladen vom Wagen und erlitt einen schweren Schädelbruch. Im Kran kenhaus starb Frindert nach kurzer Zeit. Kleine Chronik. * Hochwassergefahr^ i« Rhrtngehiet. Dem Rheingebiet droht zum siebenten Mole in diesem Jahre Hochw sscrgefahr. Der Kölner Pegel ist bereits über 5 Meter gestiegen. Der amtliche Hochwasser- Nachrichtendienst ist einzerichlet worden, und die tiefer gelegenen Orte des OberrheinS und seiner
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