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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 12.03.1913
- Erscheinungsdatum
- 1913-03-12
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-191303124
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19130312
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19130312
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungHohenstein-Ernstthaler Anzeiger
- Jahr1913
- Monat1913-03
- Tag1913-03-12
- Monat1913-03
- Jahr1913
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 12.03.1913
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ötUM mm MstiltkillEriiAhalk! AVNgkl Tageblatt. , Nr. 58 Mittwoch, den tS März 1813. 40. Jahrgang OertUches und Tächfifches. *— Kreisausschuß-Sitzung. Am 19. d. M., nachmittags 1 Uhr, findet eine Sitzung des Kreisausschusses der Königlichen Kreishäupft Mannschaft Chemnitz statt, fitr die u. a. folgende Tagesordnung festgesetzt ist: Regelung des Ver kehrs auf den öffentlichen Wegen. Gemeinde- steuerordnung für Limbach. Gemeindcverbands- satzungen der Gemeinden Hohenstein-Ernstthal, Gersdorf, Oelsnitz i. E. und Lugan in Sachen der elektrischen Straßenbahn. Uebernahme einer bleibenden Verbindlichkeit der Stadt Waldenburg hinsichtlich des Zierbrunncns. * Wersdorf, 11. März. Sonntag nachmittag fand im Saale des Gasthofs „Blauer Stern" eine von der sozialdemokratischen Ortsgruppe cinberufene Versammlung statt, die von über 200 Personen besucht war und von Herrn Ge schäftsführer Hübner eröffnet wurde. Herr Hüb ner erteilic sodann Herrn Redakteur Heilmann- Chemnitz das Wort zu seinem Vortrage „1913, ein neues Opferjahr", der etwa folgendes aus führte: Die gegenwärtige politische Lage wird beherrscht durch den sozialdemokratischen Rcichs- tagswahlsieg und die Balkanwirren. Die Hoff nungen der Sozialdemokratie, daß der neue Reichstag auf sozialem Gebiete größere Um wälzungen herbeiführen werde, konnten sich nicht erfüllen, da die bürgerlichen Parteien eine ge schloffene Macht gegenüber der Sozialdemokrane bilden. Pläne auf Gesetzesverschlechterungen scheiterten allerdings ebenso an dem Widerstand der sozialdemokratischen Fraktion, die besonders die Verschlechterung des Koalitionsrechts hinter trieb. Pläne für ein neues Zuchthausgesetz scheiterten denn schließlich auch an dem Wider stand selbst einzelner bürgerlicher Fraktionen; bei dem gegenwärtigen Reichstag ist kein son derlich günstiger Boden für Ausnahmegesetze. Dem 1917 einzuführendeu neuen Strafgesetzbuch letzt mau Schwierigkeiten aller Art entgegen; es ist anzunehmcn, daß es für die Arbeiterschaft Verschlechterungen bringen wird. Das Koali- tionsrccht der landwirtschaftlichen Arbeiter läßt sich nichl verschlechtern, denn diese haben bisher überhaupt noch kein wirkliches Koalitivnsrecht besessen. Es ist eine Bewegung im Gange, das Koalitionsrecht zu erdrosseln, doch muß die Be wegung bei diesen! Reichstag vor den Toren des Parlaments Halt machen. Die Hoffnung der Unternehmer richtet sich denn auch jetzt schon auf den nächsten Reichstag, der vielleicht schon vor 1917 zu erwarten ist. Die Forderung nach einem lückenlosen Zolltarif ist die Sozial demokratie nicht gewillt zu unterstützen, denn dadurch sollen die Preise für Milch, Heringö, Seefische ec. w.it r in die Höhe getrieben wer den. Volksfeindliche Gesetze bekämpfen lediglich die Sozialdemokraten, trotz der volksfreundlichen Anträge der bürgerlichen Parteien und der Zu stimmung dcS Reichstags, denn Deutschland ist kein parlamentarisch regiertes Land, der Bundes rat ist in der Lage, jede volksfreundliche Regung zu unterdrücken.' Die Verschiedenheit zwischen Tun und Wollen der bürgerlichen Parteien ist ein Krebsschaden am Körper des Reiches. Einige wenige Verbesserungen der Geschäftsordnung des Reichstags und sonstige kleine Verbesserungen einzelner Gesetze, bclr. Wahlurnen, Herabsetzung der Altersgrenze von 70 auf 65 Jahren (in Ans dämmernden Nächten. Original-Roman von Annh Wothe. !91a dx ^i,u^ I-eipri^. 69. Forts. (Nachdruck verboten.) „Nein, bester Freund, so dürfen Sie nicht reden. Ich möchte so gern die Gewißheit mit mir nehmen, daß Jngvelde nicht ver gebens gelebt lat, daß sie an Ihrem Herzen das Glück finden wird, das sie so heiß er sehnt." Wie Zorn wollte es in Haralds Herzen auswoilen; aber ein Mick auf die hinfällige Gestalt der Kranken zwang ihn zur Ruhe. „Wenn Ihre Schwester wüßte, was Sie mir künden, Magna, dann würde sie viel leicht sehr, sehr zornig sein." „Gewiß," nickte Magna, „das würde sie; aber sie würde auch wieder gut werden, wenn sie wüßte, wie sehr sie geliebt w.rd." „Frau Magna, das geht zu weit," rief Raßmussen aufspringend. Da lächelte die Kranke süß, und ihre Wange zärtlich gegen Raßmussens Hand schmieoend, bat sie herzlich: „Nicht böse sein. Sehen Sie, Raßmusseu, ich habe Sie ja so lieb wie einen Bruder, mehr vielleicht noch, jetzt — — jetzt, wo ich scheiden muß, da kann ich es ja sagen. Wenn ch jetzt so still nachfinne und mein vergange nes Leben überdenke, dann habe ich das Ge fühl, daß, hätte ich Sie früher gekannt, ich niemals jene dunkle Bahn gegangen wäre, die mir zum Verdarben ward. Nennen Sie es Liebe oder Freundschaft, was ich für Sie empfinde, — ich weiß es nicht zu sagen. Ich weiß nur, daß Ihr großes, heiliges Mit leid, mit dem Sie mir in der schrecklichsten Stunde moines Lebens nahten, Ihnen mein Vorbereitung) und die kommende Strafgesetz- Novelle, die Vergehen aus Not milder beurteilt, zählen dazu. In Vorbereitung ist auch ein Reichswohnnngsgesetz, das bitter nottut. — Der Balkankrieg und der völlige Zusammen bruch der europäischen Türkei kam den deutschen Diplomaten völlig unerwartet; es wirft dies ein bezeichnendes Schlaglicht auf die herrschenden Kreise in Deutschland, die da glauben, die Weis heit in Erbpacht zu haben. Die ausländische bürgerliche Presse schob die Schuld auf die deut schen Kanonen und Jnstruktionsoffiziere, doch ist dies unwahrscheinlich, denn das Gebiet des militärischen Drills ist vielleicht das einzige, auf dem Deutschland wirklich etwas leistet. Die deutsche bürgerliche Presse führt den Zusammen bruch der Türkei auf die innere Zersetzung der türkischen Armee zurück, deren Offiziere dem Sultan den Treueid brachen; auch diese Ansicht ist sicherlich falsch, wie der Redner annimmt. Der Zusammenbruch der Türkei ist auf die Unterdrückung des Volkes durch einzelne Macht haber zurückzuführcn; in der modernen Zeit wachsenden Nationalbewußtseins ließ sich ein solcher Schlendrian der türkischen Machthaber nicht mehr durchführen. Die von den Jung- türken cingeführte Reformbewegnng und Besei tigung Abdul Hamids war nicht kräftig genug, sie mußte schließlich scheitern. Redner streifte sodann die Annektierung Bosniens und der Herzegowina, den Tripolisfeldzug Italiens, der diesem Lande große Opfer an Geld und Gut auferlegte, und kam zu dem Schluß, daß letzten Endes der Kapitalismus die Triebfeder zu die sem Tun war. Zum Balkankrieg zurückkehrend, bemerkte dec Redner, daß der ausgehungerte türkische Soldat, der schon seit Jahrzehnten im Frieden gehungert habe, nicht auch noch im Krieg hungern wollte und doch kämpfen sollte. Aehnlich so liege es auch in Deutschland, wo selbst im Frieden schon seit Jahrzehnten eine Verschlechterung der Nährwcise eingetretcn sei. Ein Volk aber, das nicht im Frieden hinreichend ernähr! wird, kann im Krieg keinen Widerstand leisten, was bei der Türkei als einem Muster beispiel ersichtlich ist. Die kommende Militärvvr- lage für Deutschland zeige die Angst der herrschen den Klassen, die sich damit aus falschem Wege be fänden. DerReichskanzler habejetzlmit den bürger lichen Parleisührern geheimniSvvUeBesprechungcn, sonst habe man lange nichts von ihm gehört, sodaß der scherzweise getane Ausspruch des freisinnigen Neichstagsvizepräsidenten Dove, der im Reichstage die „kleine Anfrage" cinbringen wolle: „Lebt der Herr Reichskanzler noch? und wenn ja, was ge denkt er dagegen zu tun?" volle Berechtigung habe. Die FriedenSbestrebungen der internatio nalen Arbeiterschaft verdienen, wie der Redner zum Schluß seines sehr beifällig aufgenommeneu Referats hervorhob, tatkräftige Unterstützung, damit die immer größeren Rüstungen endlich eingeschränkt würden. Die Bildung einer Miliz genüge, um alle ausländischen Feinde hintan zuhalten; dazu bedürfe es der großen Opfer, die eine neue Rüstungsvorlage mit sich bringe, nicht. * Wallenburg, 10. März. Das vierjährige Söhnchen des Steinbrucharbeiters Pester fiel beim Spielen in die Mulde uud konnte nur als Leiche dem Wasser entrissen werden. * Zwickau, 10 März. Im Kohlenwerk von I. G. Kästner verunglückte im Schacht der 18- jährige Bergarbeiter Thallwitzer von hier. Das rechte Bein wurde ihm zerschmettert. Außerdem erlitt er schwere Verletzungen am Hinterkopfe und im Gesicht. * Dresden, 10. März. Der König wird am Mittwoch zu zweitägigem Aufenthalt in Wien eintreffen, um seiner Schwester, der Erzherzogin Maria Josepha, in gewohnter Weise einen kur zen Besuch abzustatten. Die Rückreise wird er in Salzburg einige Stunden unterbrechen, um die Großherzogin von Toskana zu besuchen. * Leipzig, 10. März. Im Kontor der Koh lenfirma Matz L Co. hatten es Diebe auf den 20 Zentner schweren Geldschrank der Firma ab gesehen. Mit Azetylenlaternen und der von die sen erzeugten Hitze versuchte man, den Geld schrank an drei Stellen zum Schmelzen zu brin gen. Die Einbrecher mußten aber, obwohl sie anscheinend die ganze Nacht daran gearbeitet haben, unverrichteter Sache wieder abziehen. — Nach Unterschlagung eines Wertbriefes, der zehn Schecks in Höhe von 11000 Mk. enthielt, war ein bei einer Leipziger größeren Firma angestell ter Buchhalter geflüchtet. Der ungetreue Ange stellte wurde in Köln festgenommen. Mems Ghronik * 72 Personen ertrunken. Auf dem See von Skutari, der durch die blutigen Kämpfe der Montenegriner um Skutari in aller Welt be kannt geworden ist, hat sich in der Nacht zumMon- tag ein schweres Unglück ereignet. Ein Segelboot, auf dem sich 65 Frauen, drei Kinder und vier Soldaten befanden, die aus Albanien nach Mon tenegro zurückkehren wollten, geriet in einen furchtbaren Sturm. Das Boot sank und alle Insassen ertranken. * Uuglücksfall bei -er Romanowfeier. Während der Romanowfeier in Wilna hat sich ein Einsturzunglück ereignet. Eine große Zuschauermenge hatte sich, um die Parade der Truppen besser ansehen zu können, aus dem Dach eines Zirkus versammelt. Das dünne Holzdach erwies sich der großen Last nicht gewachsen, gab nach und über 100 Menschen stürzten in die Tiefe hinab. 30 Personen trugen Arm-und Beinbrüche sowie zum Teil sehr schwere innere Verletzungen davon. Die Hälfte der Ver letzten sind Kinder. Eine Frau erlag wenige Stunden nach dem Unfall ihren Verletzungen. * Explosion in einer Kunstseidcnfabrik. Bei einer Explosion in der Kunstseidenfabrik in Tubize (Belgien) wurden 2 Personen getötet und 14 zum Teil schwer verletzt. * Thnamit-Explosion. Bei einer Explosion in der Nobelschen Dynamitfabrik in Ardes (England) wurden 6 Personen getötet und 7 schwer verletzt. * Zwei Personen bei einer Benzolerplofion getötet. Aus Hadersleben (Schleswig) wird gemeldet: Im benachbarten Dorfe Anslet erfolgte am Montag morgen, als zwei landwirtschaftliche Eleven Benzol aus einer Tonne holen wollten und dabei ein Zündholz anzündeten, eine furcht bare Erplosion. Beide Personen wurden sofort getötet. Das Gebäude brannte zum größten Teile nieder. * Zwei Kinder von ihrer Mutter ermordet. In Schönlinde bei Rumburg (Böhmen) erhängte die Webersgattin Schindler ihre beiden ein- und zweijährigen Kinder. Die Frau stürzte sich dann in den Fciedbofsteich, aus dem sie jedoch rechtzeitig gerettet werden konnte. * Ein tödlicher Unfall. Bei der Vorübung von Kriegervereinsmitgliedern zur Hundertjahr feier im Gasthofe „Jägerhof" in Gramschütz bei Breslau ist Sonntag nacht der Gastwirt Gustav Schultz, der selbst scherzweise „Laden!" kommandiert hatte, durch einen Schuß ins Auge getötet worden. Die drei Unglücksschützen, zwei Arbeiter und ein Photograph, wurden verhaftet. * Einbruch iu ein Juwcliergeschiift. In das Juweliergeschäft von Kruk in Posen wurde in der vergangenen Nacht ein schwerer Einbruchs diebstahl verübt. Die Einbrecher drangen aus einem darüberliegenden Geschäftslokal durch die Decke in den Laden und entwendeten Juwelen und Goldwaren im Werte von 100000 Mark. * Drohender Bergarbeiterstreik. Die „Bres lauer Zeitung" meldet aus Kattowitz: Die polnische Berufsvereinigung kündigt zum 15. März einen allgemeinen Bergarbeiterstreik an, falls die bei den Grubenverwaltnngen gestellten Forderungen auf Lohnerhöhung nicht bewilligt werden. * Schweres Unglück bei einem vrohfeuer. Nach Löschung eines im Elektrizitätswerk zu Sonderburg (Alsen) ausgebrochenen Großfeuers ereignete sich bei der Rückfahrt der Feuerwehr ein schweres Unglück. Von den zum Löschen mit hinzugezogen gewesenen Marinemannschaften wurde der Marineanwärter Mann überfahren und getötet, der Marineanwärter Seitz schwer verletzt. * Panik in einem Kinematographentheater. In dem französischen Dorfe Montceau le Neuf entstand durch Explosion eines Kinematographen- theaters eine Panik, bei welcher 46 Personen mehr oder weniger schwer verletzt wurden, dar unter zehn tödlich. * Neue Schandtaten der Frauenrechtlerinnen. Aus allen Teilen Englands treffen wieder Nach richten von Schandtaten der Suffragetten ein. Im Park von Nottingham zerstörten sie einige eiserne Einfriedigungen und Gaslaternen, sowie eine beträchtliche Anzahl junger Anpflanzungen. Bei Glasgow und bei Stevacton schnitten sie Telephon- und Telegraphenleitungen durch. Mon tag früh brannten die Stimmrechtlerinnen die Station Saunderlon der Great Western- und Great Central-Railway bis ans den Grund nieder. Am Tatort wurden Plakate für das Frauen stimmrecht vorgefunden. * Ucbcrfall auf ciu Bahnwärtersehcpaar. In Althengestett bei Kalw (Württemberg) wurde der Bahnwärter Löffler, als er nach Eintreffen des letzten Stuttgarter Zuges sich nach dem Wartehaus zurückbegeben wollte, niedergeschlagen und schwer verletzt. Hierauf versuchte oer Täter die Frau des Bahnwärters zu erwürgen ; dieser gelang es jedoch, sich zu befreien und im Dorfe Lärm zu schlagen. Der Täter, der Sohn acht barer Bürgersleute in Althengestett, entfloh, konnte aber an seinem zurückgelassenen Hut fest gestellt und verhaftet werden. Das Befinden des Bahnwärters ist sehr bedenklich. * Schülcrselbstmord. In der Wohnung sei ner Mutter in Spandau hat sich am Montag früh der Schüler Gerhard Leschke von der Span dauer Oberrealschule erhängt. Er hat die Prü fung zur Obersekunda nicht bestanden und nahm Her^ zuwandte. Still ist es jetzt darinnen, lein Wünschen, kein Begehren; das ließ ich alles draußen in der Welt zurück. Aber ich weiß, daß ich Sie hätte lieben können, Ha rald Raßmussen, wie einen Gott, zu dem man betsl." Er neigte sich erschüttert über das blasse, stille Blumengesicht und küßte die reine, weiße Stirn. „Die Erinnerung an diese Stunde, Magna Skaare, soll mir heilig sein, so lange ich lebe," sagie er feierlich. Da trat Jngvelde wieder an Magnas Lager. Kein Blick verriet, daß sic den Kuß gesellen, den Raßmusscn auf Magnas Stirn gedrückt. Die junge Frau plauderte voll sanfter Hei- teckleSt. Sie bestand daraus, daß man später, als Sverre heimkam, an dem großen Eichen tisch mit den Rosen speiste. Da konnte sie doch tcunehmen an dem, was inan sprach. Und als dann der Abend kam, als der Fjord seine schäumenden Wasser im Goldglanz l erniedergleiten ließ wie bunte Perlenschmire, da sagte Magna, Jngvelde zu sich heranwin kend und auf die Pracht da draußen deutend: „Es wird eine Nacht, wie damals, Ing? velde, als auch die Sonne nicht sank. Ich habe sie nicht vergessen, niemals. „Aus dämmernden Nächten steigt es empor", heißt es nicht so?" Jngvelde hatte besorgt der Schwester Haupt an ilIe Brust gelehnt. „Denke nicht daran, Liebling. Die Nächte schwinden. Wie lange noch, dann liegt keine MiKsommernacht mehr auf unseren Bergen; dann ist alles wie zuvor." „Alles wie zuvor," wiederholte Magna. „Nein, Schwester, nie mehr. Oder meinst Du, ich tonnte vergessen, daß ich ein Kind gehabt, ein kleines, süßes Kind, das sterben mußte, die Sünden seiner Eltern zu sühnen? Meinst Du, ich könnte vergessen, den Wonnerausch, den ich in seiner Liebe durchlebte, um dann in den tiefsten Abgrund zu sinken? Nein, Jng velde, nichts vergesse ich. Eins aber weiß ich. Alles wäre nicht geschehen, wenn ich mehr Vertrauen zu Dir gehabt, wenn ich den Mut gefunden, Dir mein Inneres, mein Ver langen, meinen Lebensdrang zu offenbaren. Falsche Scham oder sonst etwas hielt mich zurück. Ich dachte nicht daran, daß Dein Herz mit seinem Liebesreichtum immer einen Aus weg gefunden hätte. Ich weiß, daß Deine Strenge recht war, mein Mangel an Ver trauen aber Sünde, die immer weiter ihre Schatten wirft." „Laß das, Magna, Du regst Dich auf." „Nein, ich bin froh, daß ich es einmal sagen kann. Wie danke ich Dir, Jngvelde, daß ich Raßmussen noch einmal gesehen." „Du liebst ihn, Magna?" kam es zaghaft ans Jngveldes Munde; und sie wandte sich ab, damit die Schwester die Röte nicht sehen sollte, die ihr über das Antlitz lief. „Nein, Schwester, ich liebe ihn nicht in dem Sinne, daß ich etwas von ihm erwarte. Ich werde aber die Erinnerung an seine Güte und Milde, womit er mich aufrichtete und tröstete, mit mir nehmen aus meinen letz ten Wog." „Sprich nicht immer voin Sterben, Kind," mahnte Jngvelde wie gebrochen. Vor ihren Ohren war ein Sausen und Brausen. Magna speichelte sanft der Schwester glühendes Gesicht. „Ich weiß, wohin meines Herzens Seh nen geht; und ich segne es. Doch nun, Schwester, möchte ich schlafen. Grüß mir den Sverre, und grüß mir Raßmusseu und den kleinen Hügel, nicht wahr — eine Blume — eine Mume." „Magna!" schrie Jngvelde auf. „Magna!" Da öffnete sie noch einmal die seegrünen Nixenaugen. Ein fast überirdisches Leuchten brach daraus hervor, als sie flüsternd sagte: „Aus dämmernden Nächten steigt es empor! Das war Glück, — Jngvelde, Glück! Siehst Du nicht, wie er immer, immer näher und näher kommt? Der dunkle Gast schleicht um den Ramsahof; dieses Mal kommt er herein. Er lächelt so mild und winkt mir zu. Nun will ich schlafen gehen." Und die langen Wimpern legten sich tief auf die weißen Wangen. Jngvelde hielt das Köpfchen der Kranken zärtlich umfangen. „Magna, Geliebtes!" bat sie. „Hörst Du mich?" Ein Lächeln ging über das stille Gesicht. „Der Wunder größtes ist die Liebe," flüsterte sie. Und dann war das matte Lebenslicht verlöscht. Unheimlich still wars in dem wei ten Saal. Von dem kleinen Kirchlein in Bakke klan gen verweht die Abendglocken herüber; und der Fjord hüllte sich in blauen Duft. Magna hatte ausgelitten. Jngvelde aber, die starke Jngvelde, die hatte sich über die tote Schwester geworfen; und ihre Dränen flossen. Nun hatte sie, wo auch Sverre von ihr ging, niemand mehr. (Fortsetzung folgt.)
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