Volltext Seite (XML)
VI. Das Gefühls- unö Eriebleben. „immel hoch jauchzend, zu Code betrübt," — in diesen zwei Derschen ist fast bas ganze Kapitel von Öen Sefühlen er- schöpft. Tan musz nur verstehen, aus ihnen herauszulesen, was an Catsachen in ihnen bezeichnet ist. unächst geben sie die Grundqualitäten der Gefühle, die uns beherrschen können, und ihren polaren Gegensatz in muster- gütiger Weife an: Wie immer mir in Eust und Anlust, in Sreude und trauer, in Hoffnung und Surcht, in Siebe und E[a^, im Glückstaumel und im Schrecken, in Begierde und orn, in ufriedenheit und Derdrieszlichkeit, in Wonne und Eeid, in Slüc und Hnglück, in Oh und Ach, in Behagen und Schmer, in Angst, Sangen und (Elend, in Hot und Pein geftimmt fein mögen, immer zeigt die Magnetnadel des Gefühls entweder nach Xor ober Süd, nach „Angenehm" ober „unangenehm". Wie Warm unb Kalt, wie Schwarz und Weiß, wie Oben und Unten auf ber Conleiter, stehen sich Eust unb Unluft in einem extremen Gegensatz gegenüber. Es sind deshalb Eust unb Unluft bie Grundbestimmungen bes Gefühls. Auch bas hat Soethe unnachahmlich ausgesprochen, das Eust unb Unluft höchste Grade haben können; ben Gefühlen ift demnach wie den Empsindungen ftets eine gewisse Bntensität eigen. Hur, das biefe Stärfe faft bis auf Hull herabsinken kann, verschweigt uns hier ber Dichter. Kaltblütige, unbefangene, gleichgiltige MTenschen sind für ben Künstler niemals Sieblingsgegenstände. Sind mir auch von ber verzückten, leidenschaftlichen 2Tanier, bie bie Semälde ber Barok- Seit auszeichnet unb selbst aus ^eiligen affektierte Figuren macht, mie von ber weinerlichen Sentimentalität ber Alufflärungszeit meit abgefommen, fo forbern mir doch immer noch, das bie perfonen ber Künstler Menschen von Sleisch unb Blut sind. Höher merten mir mit bem ZHa^jtab bes efühls bie ernsten unb bie heiteren Semüter, bie auch' nach bem sittlichen aß- ftabe zu höchs stehen. Das Heiterkeit maßvolle Eust ift, erkennt jeder leicht. 3ch glaube aber, baß Ernst sich mit leichter Unluft wohl verträgt. Der Ernst mirb leicht für mißgeftimmt gehalten. Die frage: „Warum fo ernst ?" drüct bas unzweidentig aus. Anstrengung unb Ernstsein gehören zusammen; Anstrengung unb Mühe sind aber zumindest mit leisester Unluft verbunden. Daraus erhellt, baß es schlieszlich eine GSleichgewichtslage bes