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Anzeiger für Zwönitz und Umgebung : 14.02.1880
- Erscheinungsdatum
- 1880-02-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id185994292X-188002146
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id185994292X-18800214
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-185994292X-18800214
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungAnzeiger für Zwönitz und Umgebung
- Jahr1880
- Monat1880-02
- Tag1880-02-14
- Monat1880-02
- Jahr1880
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- Anzeiger für Zwönitz und Umgebung : 14.02.1880
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Der Herr Kreisvereinsvorsitzende fügte dann noch hinzu, daß nach dem Gesetz die Thätigkeit der Frauen nur versteuert werde, wenn sie ein Gewerbe betrieben, nicht aber bei der Landwirthschaft. Die Frauen von Beamten und Hausbesitzern, obgleich sie in der Wirthschaft thätig, kämen bei Berechnung des Einkommens auch nicht in Ansatz. Im Allgemeinen begünstige das Gesetz aber den Grund besitzer in Stadt und Land. Früher habe die Grundsteuer jährlich 4'/z Millionen eingebracht und ebensoviel die Gewerbe-, Personal« und Rentensteuer. Nach der Einkommensteuerabschätzung komme aber nur i/z v/o des über 1000 Millionen betragenden Einkommens auf den Grundbesitz und da «jetzt 17 Millionen durch die Einkommen steuer aufgebracht werden müßten, so betrage das Vg 3,400,000 Mark und die 4 Pf. Grundsteuer 2,600,000 Mark, zusammen 6 Millionen. Dagegen hätten die Gewerbe- und Handelstreiben den, die Gehalts- und Lohnbezieheuden mit den Rentensteuerpflichtigen 13,600,000 Mark zur Einkommensteuer nuszubringen, dies sei bei nahe das Dreifache von früher. Die größeren Grundbesitzer, Fabri kanten und Capitalisten treffe dies aber viel schärfer, da diese von ihrem Einkommen durch die Progression dreifach abgebcn muffen. Deshalb sei die Einkommensteuer für die kleinen Grundbesitzer und kleinen Gewerbtreibenden viel günstiger und die Einwohner in gro ßen Städten würden mehr getroffen, als früher. Wenn man aber jetzt im Allgemeinen mit der Einkommensteuer nicht zufrieden sei, so liege dies in der Höhe derselben. Jetzt müßte an directen Steuern gegen früher mehr, als das Doppelte aufgebracht werden. Dies komme daher, weil die Staatswaldungcn, welche früher 9 Millionen gebracht, jetzt nur mit 6'/^ Millionen eingestellt werden könnten, ebenso wäre der Reinertrag" der Eisenbahnen nur mit 23 Millionen eingestellt. Wenn Industrie und Handel wieder günstiger und die Geschäfte einen Aufschwung genommen hätten, so würden die Bahnen 3 bis 4 Millionen mehr einbringen, ebenso die Koblcnbergwerke und Silbergruben rc. Außerdem hoffe er, daß die Beiträge an das Reich sich um 2^ Millionen vermindern würden. Wenn diese Mehrein nahmen in Erfüllung gingen, dann würden die 50 o/o Zuschlag bei der Einkommensteuer megfallen. Die Staatsausgabcn erforderten jetzt 63 Millionen Mark. Durch die directen Steuern müßten dazu aufgebracht werden 20^ Millionen Mark, durch Zölle und Berbrauchsstcuern 7 Millionen, durch das Chausseegeld käme Million ein und 35^ Millionen durch die Staatseinkünfte. Schließlich berichtet der Herr Kreisvereinsvorsitzende noch über die günstigen Verhältnisse des landwirthschaftlichen Creditvereins im Königreiche Sachsen in Dresden. Demselben gehören über 7000 landwirthschaftl. Grundbesitzer und 600 Gemeinden an. Auf ihr Stammantheil haben selbige 5,400,000 Mark eingezahlt. Außerdem haben noch 8600 Personen 7^ Millionen Spareinlagen eingelegt. Obgleich der Zinsfuß auf 3'/g habe herabgesetzt werden müssen, seien in 7 Monaten 3,900,000 Mark eingelegt worden, während vor her im gleichen Zeiträume bei 4procent. Zinsfüße nur 3,300,000 Mark Spareinlagen hinterlegt wurden. Neuerdings ließen sich aber viele Einleger für ihre ersparte Summe 4 Pfandbriefe geben, nm einen höheren Procentsatz zu genießen. Ueberhaupt verkaufe der Verein jetzt sehr viel Pfandbriefe. Ein einziges Bankhaus in Berlin habe in 4 Monaten für 900,000 Mark Credit- und Pfandbriefe ver kauft. Infolge dessen sei es dem Verein möglich, viel mehr tilgbare Darlehne abgebcn zu können und zwar an Gemeinden zn 4^ "/o, an landwirthschaftl. Grundbesitzer zu 4 o/g. Bisher betragen die Vorschüsse ») an 1021 landwirthschaftl. Grundbesitzer tilgbar 10,575,700 Mark, ff) an 535 Stadt- und Landgemeinden tilgbar 8,120,000 Mark, o) an 921 Gutsbesitzer 7,320,000 Mark kündbar und 6) an 426 Personen 2,700,000 Mark gegen Cantion. 1878 betrug der Oleinertrag 634,000 Mark. Um 6 Dividende zu zahlen, waren 32> >.000 Mark erforderlich. Der Ueberschuß wurde aufs nächste Jahr übertragen. Wahrscheinlich wcrdeder diesjähriges 1879) Reinertrag800,i>00Alk.betragen, »»d wenn dawiedernm6 Pg Dividende an die Mitglicoer vertheilt würde, so müsse sich der Reinertrag jedes Jahr steigern. Wünschensmerth sei es daher, daß Gemeinden und Grundbesitzer an de» außerordentlich günstigen Verhältnisse» des Vereins Antheil nehmen. Nachdem Herr Vorsitzender Leßmüller den Herren Kreisvereins- vorsitzenden Mehnert nnd Kreissecretär Möbius für ihre Mittheil« ungen gedankt, wird die Versammlung geschlossen. Nachstehender Brief ist uns von einein unserer Abonnenten über geben worden und auf besonderes Verlangen bringen wir denselben zum Abdruck: Dona Franzisca, den 10./9. 79. Liebe Eltern und Geschwister! Euern Brief »om 27./8. 79 erhalte», beeile ich niich, etwas über Verhältnisse Brasiliens, soweit ich dieselben kenne, Ihnen witzutheilen. Zuvor sagen wir un sern Dank für den Bericht von der Heimath, daß wir nach langer Zeit etwas wieder von der Heimath hörten. Wenig erbaulich sind die Zustande, wie sie bei Euch sind und bekomme Ibis jetzt noch keine Neigung, wieder zurückzukchren. Doch zur Sache. Von der ?eit von unsern Bericht bis jetzt, sind wir gesund geblieben. Ich gehe nicht mehr auf Arbeit, sondern sitze mit Auguste zu Hanse und machen Cigarren und sprechen »on der Heimath; wir können zwar das noch nicht fertig bringen, wie alt« Eigaroenmacher, doch haben wir unser Auskommen. Das Lernen des Cigarrenmachens kostet uns ro Thaler, und ff« Jahr lernen, wo Auguste gar nichts verdienen konnte, 6 Thüler kosten Uns Vie Cigatteklüpparate und 15 Thlr. haben wir für tas nothwendigste Möbel ausgegeben. SiskönneN daraus ersehen, daß wir sehr sparsam leben mußten, daS in der Zeit zü »erdieneN. Mein Le«. dienst war bis jetzt ein geringer. Wir haben jetzt ein neues Logis bezogen, und Geben monatlich 4 Thaler Miethe, dieselbe ist hier sehr gesalzen, haben es sehr schön, Stube, Alkoven mit Küche. Wir sind gesonnen, m nächster Zeit ein Grundstück in der Nähe der Stadt-Colonie zu kaufen. Wir bauen uns eine Hütte darauf, und dann wird es uns möglich, bei Gesundheit uns etwas zu erübrigen. Die neuangekommenen Stollberger sind fast alle in unserer Nähe und finden uns öfter zusammen. Es will Vielen hier nicht gefallen, weil die Zustände hier wieder andere sind, di« alte Noth in der Heimath ist schnell vergessen, neu« Uebel, noch so klein, drücken in der Fremde mehr als zu Hause. Daß Mehnert gestorben ist, hat mich über rascht und möchte wünschen, daß meine Tochter einen tüchtigen Vormund bekommt. Ihr Palhe, Wedermstr. Metzner in Meerane, wo ich als Geselle arbeitete, könnt« passen, cs ist wegen der Erbtheilsache späterhin. Uns liegen die beiden Kinder sehr an und trösten uns in dem Glauben, daß sie gut versorgt sind. Ihr glaubt nicht, wie wehe es thut, wenn man das Liebste lassen muß, denn hier giebt r» keinen Freund, Jeder ist sich der Nächste. Eduard sein Wunsch, nach hier zu kommen, müssen wir bitten, daß er sich l bis 2 Jahre recht brav nnd fleißig bei den Großeltern zeigt, hat er dann noch mehr Schulkenntnisse sich angeeignet, (dieselben sind hier noch nicht so weit vorgeschritten) dann wollen wir sehen, was sich thun läßt. Meine Lieben, ein anderes Bild. Etwas über Eure Fragen der hiesigen Zustände, zuvor über di« hier übliche Lebensweise. Ich gehe von dem gewöhnliche» Arbeiter aus, denn die Reichen leben überall besser. Früh: Kaffee mit Butterbrod und Zucker. Das Brod bäckt ein Jeder sich selbst, der Bäcker ist ehr theuer damit, fast jedes Haus hat einen kleinen Backofen. Das Brod be icht aus Waizen- oder Roggenmehl mit etwas Kartoffel» beigemischt und schmeckt ehr gut. Frühstück: Butterbrod mit Eier oder Fleisch und Kassehas. Kassehas ist ein guter Branntwein, von Zuckerrohr gebrannt, ist besser als der ächte Nord- Häuser und billig. Mittag: Fleisch mit Gemüse, oder auch etwas von Kartoffeln, Klöße, Nueeln, Erbsen, Bohnen u. s. w. Abends: Kaffee mit Butterbrod, auch Fett dazu, Eier oder Fleisch. Es ist hier zu bemerken, daß auch Leute geringer lebe», um schnell zu etwas zu kommen, müssen aber immer mehr in die Apotheke gehen, das Klima verlangt mehr Säfte. Preise der Nahrungsprodukte: Brod, selbst gebacken, 1 Pfd. 20 Pf., Fleisch l Psd. 35 Pf., Kaffee l Pfd. 90 Pf. (wird sehr stark getrunken), Eier 4 bis 5 Pf., Butter i Pfd. 1 M. 80 Pf., Milch ist wenig zu haben. Das Vieh giebt knapp, die Wcideit sind grasarin und ist das Rindvieh sich selbst überlassen, fDie Kleidung ist hier sehr theuer, wird fast alles Rohmaterial von Europa importier und kostet viel Zoll und Fracht. Ganz Brasilien wird von Ein- und Ausgangs zoll erhalten. Steuern und Abgaben giebt es hier nicht, außerdem ich halte mir Arbeiter in Fabrik oder Werkstelle. Klima: Ganz Nordbrasilien taugt nicht für Deutsche, indem es da zu heiß ist und herrscht dort überall das gelbe oder Wechselfieber. Die Provinz Katharina und Rio grande de Suhl sind für die Deutschen die geeignetsten, weil sie am süd lichste» liegen. Beschaffenheit des. Landes: Das Land Brasilien ist ziemlich so groß wie Europa und ist von Norden nach Süden von großen Gebirgen durchzogen, es giebt wenig ebenes Land und wo es eben ist, da ist es sehr heiß im Sommer. Aus den Gebirge» ist es immer kühler. Erzeugnisse: Jni Norden des Landes hauptsächlich Kaffee, Tabak, Zuckerröhr, auch Reis, Mais und Knollengewächse. Am besten gedeiht das Deutschthum in der Provinz Rio grande de Suhl. Die Deutsche» sind dort vorherrschend, das Klima viel frischer, und es giebt da Getreide, deutsche Kartoffeln und deutsche Obst sorte», kurz ein kleines Deutschland. Handel und Industrie ist dort mehr ent wickelt. Die deutschen Colonien werden dort noch mehr von der Negierung unter stützt als in Katharina. Die Regierung hat fast mit sämmtlichen Coloniedirek- tionen einen Kontrakt abgeschlossen, der dahin geht, den Emigranten freie Fahrt zu gewähre», uni das Land noch mehr zu bevölkern. Ich habe den Kontrakt mit der Direktion zu Franzisca gelesen, dis Gesellschaft bekommt jährlich 50,000 Thlr. für Emigralionszwecke, hat jährlich UBO Köpfe zu importiren und Straßen zu bauen. Was wir haben bezahlt, die til> Mark pr. Kopf, haben die Agenten ge fressen. (Der Kontrakt geht bis zum Jahre 81.) Thcure Eltern, was Ihr schriebt, von dem Buche über die Zustände Brasi liens, beruht auf Lüge und Ucbertreibung. Jedermann, welcher Land kauft, ist Eigcnthümer und kau» es wieder verkaufe» oder vererbe». Bürger kann nur ein im Staate geborener werden, Heimnthsrecht erlangt ei» Jeder. Es herrscht hier überhaupt politische und religiöse Freiheit, nnr ist »och das Volk hier zu un wissend, um davon Gebrauch zu machen. DaS katholische Pfaffenthum ist hier noch sehr breitbeinig und brüten die Brasilianer (geb Portugiesen) sehr aus. Von den Deutsche» werde» sie meist liege» gelassen. Bis jetzt sind bei uns "in diesem Jahre 5 Schiffe mit Emigranten angekommen. Alles ist überfüllt und keine Arbeit für die Leute zu haben. Die meisten wollen nicht auf Ackerbau, znm Weiterreisen haben sie keine Mittel, fast alle kommen arm au. Ich rathe Niemandem nuszu- waudern, ohne sich folgende Fragen vorzulegen: I. Wo willst du hin? 2. Geht dort deine Profession? 9. Paßt das Klima? 4. Kennst du die Landessprache? Hier in Brasilien spricht man portugiesisch resp. lateinisch. Beschränkte Köpfe mögen nur in der Heimath bleiben. Für heute schließe ich meinen Bericht, später wollt Ihr auch was haben. Zur Beruhigung theilc ich Euch mit, daß 0 bis 8 Stunde» Umkreis kein wildes Thier zu tnffen ist, ist schon alles weggcjagt. Hier giebt cs jeden Sonntag Tanzver gnügen, die Tour lo Pf. Wir haben jetzt Frühjahr und können noch Betten, Unterhose» und wollnc Strümpfe gebrauche». Soeben geht ein Brief von Herr mann ein, derselbe hat Sehnsucht nach Brasilien, schreibt ihm, er soll sich über lege», was er thut. Ist sei» Entschluß fest, darauf zu beharren, so möge er sich hierselbst in große Städte wenden, da verdient er Geld wie Heu, die Maler haben hier das beste Geschäft, aber blos in Rio Janeiro oder Paulo, da hat er Gelegen heit, unterwegs auszusteigen und braucht keine Mittel zur Weiterreise. Schwester Wilhelmine mag nur daheim bleiben, sie wird sich hier nie glüelich befinden, es ist hier ja alles anders, als man bei Euch annimmt. Wir schließe» mit der Hoffnung auf einen baldige» Bericht Eurerseits, grüßt alle Freunde und Bekannte in der Heimath. Euer Sohn u. -Tochter Florian Konrad Frenzel u. Frau. Kirchennachrichten von Zwönitz. vnm. lnvaeneit predigt Vormittag Herr Iff Neidhardt über Joh. 13, 31—86. Nachmittag predigt Herr Tiac. Bothig über Joh. 5, 5 —18.
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