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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 02.11.1872
- Erscheinungsdatum
- 1872-11-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-187211026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18721102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18721102
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungFreiberger Anzeiger und Tageblatt
- Jahr1872
- Monat1872-11
- Tag1872-11-02
- Monat1872-11
- Jahr1872
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 02.11.1872
- Autor
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möenM Mutiger - Tageblatt. Amtsblatt des Kgl. Bezirksgerichts zu Freiberg, sowie der Kgl. Gerichtsämter u. der Stadttäthe zu Freiberg u. Brand. 255. Erscheint i. Freiberg jed.Wochent. Ab. KU. für den and. Tag. Jnser. werden bi« B. l 1 U. für nächste Nr. angen. Sonnabend, 2. November. Prei« Vierteljahr!. 20 Ngr. Inserate werden die gespaltene Zeile oder deren Raum mit l Ngr. berechnet. 1872. -i- Freiberg, den 1. November 1872. Es spuckt wieder einmal im alten habsburgischen Kaiserstaat, denn die Gerüchte von Ministerkrisen nehmen kein Ende. Vor Allem treten die Föderalisten so keck hervor, daß man auf einen abermaligen Umschwung wohl gefaßt sein darf. Da haben sie jüngst in Wixn einen Congreß gehabt, in welchem sie ein bestimmtes Programm vereinbarten. Die Hauptforderung desselben läßt sich in drei Punkte zusammenfassen. Dieselben lauten: l. Aufrechthaltung der Staatseinheit unter dem regierenden Herrscherhause der Habsburg-Lothringer auf Grund der pragmatische n Sanction von 1713. Es wird uns bei diesem Passus ganz actenstaubig zu Muthe. Man merkt, daß die Herren nur aus besonderer Vorliebe für recht ver altete Zustände bis zu einem Staatsakte zurückgehen, der keinen andern Zweck hatte, als das Reich vor einer Zerreißung in ver schiedene Bestandtheile zu behüten, vor welchem Schicksale übrigens Oesterreich nur durch die Erfolge seiner Armee im Erbfolgekriege mit Friedrich dem Großen bewahrt wurde. Bezeichnend ist es ge wiß, daß die Herren Föderalisten für nöthig halten, die Untheil- barkeit der Monarchie überhaupt zu betonen, als wenn irgend Jemand, außer ihnen selbst, daran dächte, Oesterreich zu theilen oder zu vernichten. Wahrscheinlich soll diese Phrase aber nur ein Hieb gegen den ungarischen Ausgleich vom Jahre 1867 sein. Warum nicht offen erklären: wir erkennen denselben nicht an, und werden uns bemühen, ihn rückgängig zu machen? Doch nein, das hieße sich ja zum Umsturz bekennen. Nur den Verächtern des mo dernen Staatslebens kann es überhaupt blos Vergnügen machen, derartig vergilbte Actenstücke, wie die pragmatische Sanction von 1713, aus den Repositorien hervorzusuchen, um darauf ihre Sonder- Politik zu bauen. II. Aufrechthaltung der Selbstständigkeit und geschichtlichen Eigenberechtigung aller einzelnen Königreiche und Länder des Reiches sowie Herstel lung einer Landes- und Reichsverfassung auf christ licher Grundlage. Mit anderen Worten werden hier die vor einem Jahre zu Grabe getragenen Fundamentalartikel wieder ans Licht citirt und zwar im infallibilistischen Gewände. Dieser Punkt bedeutet also gleichfalls einen Umsturz, aber einen „christlichen", denn der gegenwärtige Verfassungsstaat ist doch trotz der plato nischen Liebe des Cardinal Rauscher zu demselben und trotz der frommen Rücksichten Stremayer's, trotz der Jncompetenz Andrassy's den Jesuiten gegenüber und trotz der Duldung, welche die frommen Rebellen auf der Kanzel und in der Presse erfahren — nur ein „heidnischer" Staat. Wären die feudal-klerikalen Herren offen und ehrlich genug, so würden sie sagen: wir wollen das allgemeine directe Wahlrecht für die Einzellandtage und die Abstimmung in jeder Pfarrei, damit die frommen Schäflein genau instruirt werden können, wie sie zu wählen haben. Louis Napoleon hat also doch nicht so ganz vergeblich seine großartigen Experimente mit dem allgemeinen Wahlrecht gemacht. Die österreichischen Föderalisten haben von ihm gelernt: Sie wissen sich in die Zeit zu schicken und machen der Erziehung durch die Jesuiten in der That alle Ehre. Wo bleibt denn aber die zur Schau getragene Loyalität gegen die Dynastie? Der Monarch soll eben in ihrem Oesterreich dieselbe Rolle spielen, wie der gutmüthige Zeus in einer Offen- bach'schen Operette, um das Decorum im Olymp zu wahren. Itl. Die gesammte Schulgesetzgebung gehört nach ihrer politischen Seite der Competenz der Einzel landtage an. Die guten Absichten der Föderalisten lassen sich in wenig Sätzen wiedergeben. Die Schule muß unbedingt con- sessionell organisirt und der Einfluß der Kirche auf die Schulver fassung und Schulleitung unbedingt gewährleistet sein. Jeder Ein griff der staatlichen Schulgesetzgebung in das Recht der Familie auf Erziehung und Unterricht durch Schulzwang und Schulsteuer ist verwerflich. Mit allen gesetzlichen Mitteln soll daher die Außer kraftsetzung der gegenwärtigen Schulgesetze bewirkt werden. Bei Betrachtung dieses Programms möchte sich fast die Ueber- zeugung aufdrängen, daß ein solch' geistesbankerotter Föderalismus, der lediglich im Schleppträgerdienst des Ultramontanismus steht, nicht gefährlich werden könne. Allein in Oesterreich, dem Lande der Sonderbarkeiten, ist Vieles möglich, was anderwärts für unmöglich gilt. Und ein mit den Verhältnissen vertrauter Wiener Correspondent schreibt der „Br. Ztg.": „Wie die Sachen gegen wärtig in der Hofburg stehen, hat auch der wahnwitzigste aller Pläne Aussicht. Der Kaiser hat wieder einmal den Verfassungs schwindel satt und schwankt bedenklich zwischen den Rathschlägen seiner verfassungstreuen Minister und denen der geheimen Neben regierung in den Gemächern des Schlosses. Alle Welt glaubt an einen nahen reactionären Umschwung. Die Sistirung der Verfassung liegt in der Luft." O dieses Oesterreich! Ein Derhängnitz nach dem anderen treibt das Staatsschiff in die Klippen. Tagesgefchichte. Berlin, 31. October. In der heutigen 32. Sitzung des Herrenhauses wurde die Vorlage der Kreisordnung mit 145 gegen 18 Stimmen verworfen. Die von v. Be low und Graf Graffow für den Fall einer Ablehnung der Kreis ordnung reservirten Anträge, erzielt auf die Vorlage eines Gesetz entwurfs, welcher 1. die Normativbestimmungen zu einer Kreisord nung für die gesammte Monarchie enthält und 2. den provinziellen Eigenthümlichkeiten Rechnung trägt, wurde der erstere mit 100 ge gen 64 Stimmen angenommen. — Die hiesigen Officiösen haben Auftrag erhalten, folgende nichtssagende Erklärung abzugeben: „Der Minister des Innern hat für sein weiteres Auftreten die entschiedenste Unterstützung von Seiten des Staatsministeriums zu erwarten. Seine Vorschläge in Bezug auf die Wetter zu ergreifenden Schritte haben zu einem all seitig befriedigenden Ergebniß geführt. Es ist namentlich die Uebereinstimmung dahin erzielt, daß die Kreisordnung unter allen Umständen durchgeführt werden soll. Da die Regierung die Durch führung der Kreisordnungsreform für eine politische Nothwendig keit ansieht, wird sie sich nicht scheuen, die entscheidenden Mittel da zu zu ergreifen Uebrigens war die Hoffnung, daß die Majorität des Herrenhauses noch in der 12. Stunde eine veränderte Stellung zu der Kreisordnung einnehmen werde in den Regierungskreisen so gering geworden, daß man glaubte, selbst Bismarck hätte nicht vermocht, das Haus umzustimmen — Die „Prov. - Corr." schreibt in Sachen der Kreisordnung Folgendes: Die Regierung hatte die Hoffnung auf das Zustande kommen der Kreisordnung auf Grund der jetzigen Verhandlungen fast aufgegeben. Der feste Wille der Regierung bezüglich der Durchführung der Reform sei aber unerschüttert und die Regie rung werde alle Kraft und alle verfassungsmäßigen Mittel daran setzen, daß die erreichten befriedigenden Ergebnisse nicht wieder ver loren gehen. Es handle sich nicht mehr blos um die Kreisord nung, es handle sich um den Fortgang oder Stillstand der Gesetz gebung überhaupt, um das Ansehen und die Macht der Krone und der Regierung. — Die Nachricht der „Voss. Ztg.", daß die Regierung nicht. die obligatorische, sondern die facultative Civilehe beantragen werde, wird officiös als falsch bezeichnet. Die Regierung will also die obligatorische Civilehe einsühren. Wenn nur das Herrenhaus nicht wieder einen Strich durch die Rechnung macht!
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