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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 13.12.1872
- Erscheinungsdatum
- 1872-12-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-187212132
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18721213
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18721213
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungFreiberger Anzeiger und Tageblatt
- Jahr1872
- Monat1872-12
- Tag1872-12-13
- Monat1872-12
- Jahr1872
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 13.12.1872
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Amtsblatt des Kgl. Bezirksgerichts zu Freiberg, sowie der Kgl. Gerichtsämter u. der StadtrLthe zu Freiberg u. Brand. 289. Erscheint t. Freiberg jed. Wochen«. Ab. KU. für den an».Tag. Jnser. werden bi» St N U. für nächste Nr. angen. Freitag, 13. December. Piet» »lerleljäsrl. 20 Nor. Inserat» weiden die »efMene ZM» oder deren Roum mit 1 Ngr. berechnet. 1872. -i- Freiberg, den 12. December 1872. Der Sturz des ungarischen Ministerpräsidenten Grafen Lonyay hat weniger eine politische Bedeutung, sondern gestattet vielmehr von Neuem einen Blick in die Verworfenheit der gesammten öster reichischen Zustände diesseits wie jenseits der Leitha. Welch eine Kette von Jntriguen, Hofgeschichten, Geldschwindel, Bestechung, Scha cher aller Art wird hier zu Tage gefördert und ist doch leider nicht eine Einzelerscheinung, sondern gleichsam das Gewebe, in welchem das österreichische Staatsleben hängt. Man erinnert sich des skandalösen Vorfalls in der ungarischen Abgeordnetenkammer, als einer der Deputirten mit Fingern auf Graf Lonyay als auf einen Minister wies, der sich auf Kosten des Landes bereichert habe. Was dieser Deputirte sagte, war längst ein offenes Geheimniß. Graf Lonyay hat sich mittelst seines Am tes Millionen zusammengescharrt und er betrieb die Arbitrage und die Börsenspeculation so schamlos-, als wenn sie für ihn nicht die geringste Pflicht- und Ehrverletzung bedeutete. Auch hielt er mit gußeiserner Stirn alle Angriffe und Bezüchtigungen in der Presse wie von der Tribüne herab aus, die ein Mann von Ehrgefühl nimmer ertragen, auch nimmer mit Grund sich hätte vorwerfen lassen. Graf Lonyay ist eben nur ein besonders ausgebildetes Exem plar dieser socialen Corruption, welche in Oesterreich-Ungarn gerade die vornehmsten Kreise ergriffen hat und fortfressend sich durch alle Stände zieht. Er ist nicht der erste und einzige Minister, welcher mit dem Amte ein gutes Geschäft zu verbinden wußte und als Millionär von seinem Posten abtritt. Die Sache an sich ist in Oesterreich schon ziemlich als selbstverständlich kein Grund mehr zu moralischer Entrüstung. Gar Wenige giebt es ja dort, die mit einer Autorität sich gegen diese Fäulniß erheben könnten, ohne selbst schon davon ergriffen zu sein. Im Allgemeinen ist die gesammte Oeffentlichkeit so sehr dem Götzendienste des Baal verfallen, daß Jeder sich für dumm hielte und dafür gehalten würde, der nicht alle möglichen Vortheile aus seiner Privatstellung herauszöge, ohne dabei mit moralischen Bedenken sich zu plagen. Man besticht vom Minister bis zur. elendesten Winkelpreffe Wiens herab, die ein Raub und Erpressungssystem bei offenem Tage ungescheut treiben kann und der kein Privatverhältniß heilig ist, wenn es sich ihr nicht tributpflichtig zeigt. Und im Zusammenhang damit dieser absolute Mangel jeden Pflichtgefühls, jeder uneigennützigen Hingebung an den Staat inmitten des Beamtenthums. Jeder sucht auch hier nur seinen eigenen Vortheil, vom Grenzbeamten aufwärts bis zum Mi- nisterialrath, der für eine Concession seinen Einfluß ausbieten kann. Allesammt sind bestechlich und werden bestochen. Wer eine Aus nahme von der Regel bildet, hält diese Fäulniß des Staates und der Gesellschaft deshalb nicht auf. Man denke nur an diesen ent setzlichen Prozeß in Galizien, in welchem die Juden wegen Be stechung der Beamten zur Befreiung vom Militärdienst verurtheilt wurden und diese Beamten sie doch selbst dazu verleitet hatten. Wäre in Oesterreich und Ungarn die öffentliche Meinung von Wscher Kraft, so müßte ss Unmöglich sejn, daß Hersonep We Lonyay zu den politischen Koryphäen ihres Vaterlandes gehören und die höchsten Ehren und Aemter inne haben könnten- Aber die sittliche Kraft dieser öffentlichen Meinung ist so gering, daß eine nicht zu empfindsame Natur sich über einige Anfälle derselben hinwegsetzt und der Hof sie schon gar nicht mehr beachtet. So stürzt denn Graf Lonyay auch keineswegs,weil die von ihm so arg beleidigte öffentliche Sittlichkeit gesühnt werden sollte, sondern er fiel durch Zufall, indem er sich in der Schlinge einer seiner Jn triguen fing. Erzherzog Joseph, der Honved-Commandant, hatte sich durch eine Note in Lonyay's Amtsblatte so beleidigt gefühlt, daß er seine Entlastung einreichte. Lonyay, vom Kaiser zur Rede gestellt, leugnete die Kenntniß von der Sache und wälzte die Schuld auf einen Unterbeamten ab. Hinterdrein wurde dem Kaiser da» Manuscript der Notiz vorgelegt. Sie enthielt Correcturen Lonyay'» eigener Hand und deshalb ließ der Kaiser das Seil los, an dem er so lange diesen Minister gehalten. ES spielte hier die Nein« Ursache eines Glases Master in anderer Form, um eine Wirkung hervorzubringen, welche sich nun wie ein Wahrspruch der sittlichen Rächerin ausnehmen soll. Noch im Fall hat Lonyay, der erprobt» Jntriguant, das Ministerium mit sich zu reißen versucht, das seinen Namen führte. Es gelang ihm nicht; es vollzog sich zuerst an seiner Person allein, als dem Schuldigsten und Korruptesten, ein» Hofintrigue. So wie dieser Mann nicht aus moralischen Gründen fiel, so reinigt sein Sturz auch nicht im geringsten die Luft, in welcher die Corruption der Donau-Ponarchie ihrem Verhängniß zutreibt. Lonyay, ein schmählich Gebrandmarkter, bleibt trotzdem eine erste politische Persönlichkeit Ungarns und Parlament wie Regierung werden mit einem Manne zu rechnen haben, der von Rechtswegen überall die öffentliche Verachtung als Baron jeden öffentlichen Wirkens finden müßte. Aber es ist halt Oesterreich, eS ist halt Ungarn, wo die Corruption ihren Hauptheerd hat. Lonyay weiß es. Er wird nicht anders werden, als wie er gewesen; er wird nach wie vor intriguiren und nach wie vor schmutziges Geld zu sammenscharren, bis ihn die trübe Fluth österreichisch-ungarischer Staatsentwicklung gelegentlich doch wieder als Abschaum an di». Oberfläche emportreibt. Aber wie lange noch kann ein Staat mit diesem Wurmfraß bestehen? Tagesgeschichte. Berlin. In der Sitzung des preußischen Abgeordnetenhauses am Möntag begann die erste Lesung des Elasten- und Einkommen steuergesetzes. Die Debatte characterisirte sich dadurch, daß keiner der Redner sich principtell gegen die Vorlage auSsvrach, sondern alle sich wehr öder weniger zu einer Verständigung bereit erklärten. Die Grundzüge derselben lasten sich kurz dahin angeben: Man will Bürgschaften haben, daß dep Zweck deS Gesetzes, den ärmeren BolkS- clasten eine Steuererleichterung von 2» i, Millionen zu gewährest, auch wirklich erreicht werde, man will insbesondere daraus halten, daß in den unteren Stufen die objectiven und subjektiven Leben»« Verhältnisse der Steuerpflichtigen — also Preisverhältniste de» Ort», insbesondere der Wohnung, Stärke der Familien u. s. w? — bei der Einschätzung berücksichtigt werden, endlich wünscht man die untere Grenze von 140 Thlrn. für die Steuerpflichtigkeit zu erhöhen und womöglich auch die Abstände an den unteren Stellen etwa» weiter zu machen. Das Gesetz wird an eine Commission gehen und im
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