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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 10.01.1891
- Erscheinungsdatum
- 1891-01-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-189101109
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18910110
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- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18910110
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- LDP: Zeitungen
- Saxonica
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- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungFreiberger Anzeiger und Tageblatt
- Jahr1891
- Monat1891-01
- Tag1891-01-10
- Monat1891-01
- Jahr1891
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- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 10.01.1891
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entsprechen könne, nachdem eine gemischte Regierung eingesetzt worden sei, welche diese Entscheidungen zu treffen habe. Da gegen solle die Tessiner Regierung eingeladen werden, streng nach Recht und Gesetz vorzugehen, der Bundesrath wird sich vorvrhalten, Rekurse selbst zu entscheiden, wenn es nöthig werdeu sollte, und geeigneten Falls die betreffenden Wahlen zu vernichten. Die Lage ist gespannt. Die Ultramontanen haben gegen die Eintragung einer großen Hahl von Liberalen in die Wählerliste Einspruch erhoben und die Regierung hat in ihrem Kinne entschieden, während die Liberalen gegen Ultramontane, die in ganz gleicher Lage sich befinden, keine Beschwerde ein- grreicht haben. — Der Bundesrath berieth am Donnerstag wiederum die Tessiner Angelegenheit und machte die Regierung deS Kantons Tessin auf die Unzulässigleit einer größeren An zahl Streichungen in dem Register der Stimmberechtigten für die Vcrsassungsrathswahlen aufmerksam, wies indessen die weiter gehenden Begehren der Freisinnigen ab. Der „Rheinische Kourier" kann als sicher melden, daß der Gwhherzog von Luxemburg dem deutschen Kaiser einen Besuch in Berlin abstatten werde. Da aber aus einen Gegen besuch gerechnet werden muffe und weder das Palais, noch die Hotels in Luxemburg die nöthigen Räume zur Aufnahme des Kaiserlichen Gastes bieten, so müsse der Besuch bis nach Be seitigung dieser Schwierigkeiten, die durch den bereits in An griff genommenen Anbau zweier neuer Flügel an Schloß Walscrdingen erfolgt, hinausgcschoben werden. Dem neuen Großherzog von Luxemburg wird in Frank reich große Freundschaft cntgegengebracht. Der Verkehr zwischen Frankreich und Luxemburg ist besonders seit 1870 sehr lebhaft geworden und hat durch den Paßzwang an der Reichsgrenze noch gctvonncn. Ta 30 000 Luxemburger in Frankreich leben, zwei Drittel davon in Paris, hegt das klein Bölkchen wirklich auch viele Freundschaft für das Land, in dem so viele seiner Kinder Brot und Stellung finden. Aber in Paris zählt man noch aus anderes. Frankreich hat sofort einen Ministerresiden- tcn nach Luxemburg geschickt, das seinerseits hier den Geschäfts träger Van ncrus beglaubigte. Die Verbindung ist also her- gestellt, m 'ttelst welcher die Ordenskrcuze ausgetauscht weiden. Frankreich machte nun wieder den Anfang, indem es Herrn Vannerus zum Komthur der Ehrenlegion ernannte. Der Groß- Herzog Adolf wird jetzt nicht zurückstehen können, sondern, wenn er gut berathen ist, mit dem Ausmcssen des Ordensbandes nicht geizen. In den amtlichen Kreisen, in der Presse, in allen Ständen wird er sich in Paris viele Freunde machen, wenn er freigebig Ordenskreuze auSiheil«. Hoslieserantcntitel sind in Paris trotz aller republikanischen Gesinnung sehr geschätzt, und für jedes luxemburgische Konsulat wird die Auswahl unter einigen Schock geeigneter Persönlichkeiten außerordentlich schwer werden. Die kleinen Staaten sind ja deshalb so geschätzt, weil sie Orden und Konsulate zu vergeben haben. Haben doch Mo naco und San Marino Gesandte hier und Konsuln, sogar Ge neralkonsuln in allen Theilen Frankreichs, ohne einen Heller dafür auszugeben. Da kann Luxemburg nicht zurückbleiben, das ihnen gegenüber einen ordentlichen Großstaat vorstellt. — Nach einem Telegramm aus St. Louis (Senegal) bemächtigte sich der französische OberstArchinard Moros; Amahdu befindet sich aus der Flucht. Die Einnahme Moros vervollständigt das im vorigen Jahre bcgonnnene Werk Archinard's. Die Macht Amahdu's ist vollständig vernichtet und seine Unterwerfung wahrscheinlich. Archinard verfügte nur über 700 Mann; die Artillerie war mit Mclinitgeschossen versehen. Die französische Postenlinie zwischen Niger und Senegal ist jetzt vollständig gesichert. Es verlautet, daß die Königin von England sich persönlich bemüht habe, den Streitfall mit Portugal auszugteichen. Zu diesem Zwecke soll der Herzog von Clarence, der älteste Sohn des Prinzen von Wales, der Königlichen Familie in Lissabon einen Besuch abstatten und derselben werthvolle Ehrengeschenke von Seiten der Königin Viktoria überbringen. Auch nimmt man an, der Prinz solle um die Hand der Prin zessin Helena von Orleans, der Schwester der Königin Amelia von Portugal, werben. In Erwiderung auf eine Ansprache der Deputation der wegen Widerspenstigkeit entlassenen Sparkaffenbeamten, welche ihr Bedauern über ihr Verhalten vom letzten Freitag aus drückte, erklärte der englische Generalpostmeister Raikes, er sei mit den jetzt von der Deputation abgegebenen Versicherungen zufrieden; die Beamten könnten Montag wieder ihren Dienst antreten. Uebcr die Jndianerunruhen in Nordamerika wird aus New-Dorl unlerm 5. d. Mts. gemeldet: Die heutige Ausgabe der „World" veröffentlicht eine Depesche aus St. Paul, der- zufolge dort ein Gerücht im Umlauf war, daß die Kavallerie drs Generals Miles ein Treffen mit den Indianern hatte und eine schwere Niederlage erlitt. Es hieß auch, daß General Miles in dem Kampfe gefallen sei. Das Gerücht hat indeß bisher von anderer Seite keine Bestätigung erhalten und wird für unwahr gehalten. Ein Telegramm aus Pineridge meldet, daß Kapitän Taylors Späher und eine starke Abtheilung freundlich gesinnter Indianer nach dem feindlichen Lager ab- marschirt sind. Es ist im Plane, daß das 9. Kavallerie-Re giment und General Brookes Streitkräfte eine Schwenkung im Westen machen sollen, indem sie die Jndianer-PiguetS an- greisen, während die Späher und freundlich gesinnten Indianer sich bestreben werden, die Indianer, welche Frieden wünschen, zu retten. Es wird jede Anstrengung gemacht werden, ein allgemeines Treffen zu vermeiden, und auf den Anhöhen in der Umrunde der Agentur werden Brustwehrrn errichtet. Auch die Indianer sind an einem Punkte 12 Mellen westlich von der Agentur mit der Herstellung von Schanzen beschäftigt. Die seindseligen Indianer haben viele Ansiedlerhäuser am Weißen Flusse verbrannt und die letzte große Viehheerde, welche den Vereinigten Staaten gehö.te, geschlachtet. Es be finden sich bei dem Militär eine Menge Aerzte. Nach Meld ungen von Pineridge berichtete ein Bote aus dem Lager des Generals Brooke, er habe starkes Gewehrfeuer in der Richtung des Indianer-Lagers gehört. Man glaube, daß die Sioux einen Theil der Truppen angegriffen hatten. Es seien sofort Truppen zur Aufklärung nach dem Kampfplatze entsendet. Nach weiteren Meldungen soll der Stamm der Shoshones eine Stadt in der Indianerreservation Idaho niedergebrannt und das Eigenthum der Bewohner vernichtet haben. Die Bevöl kerung flieht vor den Indianern. In Evanston (Wyoming herrscht große Aufregung. Nach in Paris vorliegenden Nachrichten aus Buenos Ayres soll in Chile eine aufständische Bewegung ausgebrochen sein Der Sekretär ver Londoner chilenischen Gesandttchast erklärte jedoch aus eine an ihn gerichtete Anfrage, er glaube an die Nachricht von dem Ausbruch einer Revolution nicht. Er habe ein Telegramm des chilenischen Gesandten in Paris erhallen, in welchem derselbe mitthcile, daß nach einer am 6. d. einge- gnngencn Kabeldepesche die Ordnung nichl gestört und das Budget angenommen sei. Der Sekretär äußerte dann noch, in Valparaiso hätten in den Straßen leichte Ruhestörungen statt gefunden, die jedoch nur als geräuschvolle Kundgebungen des Pöbels anzusehen seien, und durchaus keine Bedeutung hätten. Kolo«talpo»t»tsche«. Der englische Vize-Konsul in Zanzibar, Berkeley, begab sich am Donnerstag an Bord des Kriegsscyiffes „Kingfisher" „Was Huben Sie enidecki? Haben Lie elwis Neues er,ah- ren? Ist Hoffnung vorhanden, daß Sie sie auffinden werden ?" Byrd war sehr zurückhaltend. „Bis jetzt ist noch Alles im Dunkeln", erwiderte er. „Sie haben mir keine leichte Ausgabe gestellt. Wäre die Dame nichl von so hervorragender Schönheit, ich würde überhaupt daran verziveiseln, in das Geheimniß einzudringen, das sie umgiebt. Ein Gesicht, wie dieses läßt sich jedoch nicht lange verbergen. Nun ich selbst ihre Züge kenne, ist eher eine Möglichkeit vor handen, daß ich sie auffinde. Wenn Sie die Skizze photogra- vhircn ließen —" (ForNetzuna wlat i Zu FranMillparM's hundertstem Geburtstag, am 15. Januar 1891. Franz Grillparzer war der Letzte seines Geschlechts. Wir meinen das altbcrühmte Geschlecht der klassisch-romantischen Dichter, welches mit Franz Grillparzer ausgestorben ist Klassisch in der Form und meist auch in der W chl Ser Stoffe, war er rvmanlisch in Empfindling und Auffassung. Wohl Mancher mit nnd nach ihm hat Aehnliches versuch!, aber er kam nicht aus dem liefen Dunkel des todien Buchdrama's hinaus. Grill parzer war der Letzte dieser Gattung, der sich die deutsche Bühne eioberie. Ohne aus ernsten Widerspruch zu stoßen, be zeichnet man ihn als den einzigen berufenen Nachfolger Goeihe's, denn die klassisch-poetische Renaissance, welche in Goethe ihren unvergleichlichen Glanzpunkt erreichte, ist lodt, wenigstens für unser schaffendes Dichiergeschlecht. Der würdevolle Schritt des fünffüßigen Jambus wurde zuerst durch abgeklärte Prosa und schließlich zum Theil durch den plaiten Dialekt der untern Großslablschichlen verdrängt. Die klassischen Gestalten machten zuerst dem Frack und der Robe, dann dem Arbeiterschurziell Platz. An die Stelle der klassischen Stoffe trat die wziale Frage. Und dennoch leben die Werke Franz Grillparzer's nicht nur, sondern sie haben im letzten Jahrzehnt ungeayme Triumphe gefeiert. Der, Zeit seines langen Lebens wenig be- achtete Wiener Dichter wurde in den letzten 20 Jahren nichl nur in Deutschland bekannt und geschätzt; die Dramen, welcbe während seiner Lebenszeit ausgesprochene Mißerfolge erlitten, wie: „Weh' dem, der lügt," oder welche er aus Mißstimmung darüber gar nicht veröffentlichte, wie die „Jüdinvon Toledo', haben seither z. B. am „Deutschen Theater" in Berlin dau ernde Ersolge gehabt. Das erllärt sich dadurch, daß der Dichter die Stoffe und Gestalten, die er einer verschollenen klassischen oder romantischen Epoche entnimmt, mit einem Em- pfindungsleben, einer Fülle von Charakteristik zu beleben weiß, welche sie uns sympathisch und verständlich machen. Keine Medea, diese uns kaum begreifliche Gräuelgestalt der altheidnischen Sage, ist für uns ein liebendes Weib, das ver gebens um die Treue des Gatten ringt, wenn auch in gigan- Iischcr Ari. Ebenso nahe wußte Grillparzer unterem Empfinden das Liebesleben der Sappho und der Hero zu bringen. Die Tragödie des geistesreifen, aber verblühenden und die des kaum erblühten und doch nicht minder leidenschaftlich liebenden Weibes, Beide aber verklärt, unserer prosaischen Alltäglichkeit entrückt durch die poetische Tradition. Wie, so wird man fragen, war es möglich, daß dieser klassische und doch zugleich im besten Sinne moderne Dichter erst so spät und auch dann nicht so recht eigentlich populär wurde'? Franz Grillparzer war einer von Jenen, welche ihre Würdigung nicht erleben, obgleich er 81 Jahre alt wurde. Seine Weike diangen nur vereinzelt über die österreichische Grenze. Jvr Erfolg in Wien war ein mäßiger und einzelne, wie „Weh' dem, der lügt' , das Lieblingswerk des Dichters, fielen geradezu durch. Im vierien Stockwerk der Spiegelgaffe in Wien verlebte er die zweite Hälfte seines Lebens, ohne eigentliche Berührung mit der Welt, die ihn wenig verstand. Was seinen Werken fehlte, war die starke Wirkung; sie verlangen ein liebevolles Eingehen in ihre Eigenart, was nicht Iedermann's Sache ist. Es fehlt die tönende Phrase, das leicht faßliche Schlagwort, die stark iührendc Szene, meist aucl> die große Rolle Aber der Zauber echter Poesie umsnachl Alles, was Grillparzer geschrieben. Aus seinen Versen quillt eine Lebensweisheit, wie sie aus dem Markl des Alltags nicht zu finden ist. Wenn die Werke G-ill- parzer's jetzt, trotz der realistischen Zeiiströmung, blühen, so beweist das, wie viel Echtes und Unvergängliches sie enthalten. Franz Grillparzer wurde am 13. Januar 1791 als der Sohn eines Wiener Advokaten geboren, wuchs in sorgenfreien, aber ziemlich beschränkten Verhältnissen auf und wurde für die Beam^enlauibahn bestimmt. Das vormärzliche Wien lag in friedlichem Geistesschlnmmer und hatte nur ganz äußerliche Fühlung mit der deutschen Literatur. Nicht einmal mit seinen poetischen Zeitgenossen stand unser Dichter in innigerer Be rührung; er blieb in sich gekehrt, lebte in seiner Phantasie welt, welche sich mit Gebilden der klassischen und romantischen W>ll bevölkerte. Blutwenig ist von seinem Leben zu sagen; lein Dasein gleicht äußerlich dem eines richtigen Beamten. Vielleicht sind Giillparzers Reisen davon auSzunehmen, denn damals waren Reisen nach Rom und Griechenland noch eine gewaltige Sache In dem Taschenbuch „Aglaja" veröffentlichte »r die poetische Frucht dieser Hesperidenfahrt, eine Hymne auf das „6ampo ssnw", und dieses Gedicht wurde nachträglich »us dem Almanach herauSgcichnitten, weil Kaiser Franz darin .Unglauben" witterte! Das Merkmal seines Lebens und Strebens war, das kleinliche Verneinen und Mißlingen! Jahrzehntelang liebte er ein Mädchen und dies wurde nicht sein Weib I Er hatte dichterische Ersolge, aber sie fanden keinen Nachhall. Seine patriotische, wahrhaft loyale Ge sinnung, seine Liebe für Oesterreich fand in mehreren seiner Dichtungen Ausdruck — dennoch fiel er in Ungnade bei dem Kaiser Franzl Er war ein tüchtiger, fleißiger Beamter, aber man ließ ihn nicht avanciren, weil er „der Dichter" war! Bekanntlich frug >hn der Kaiser bei einer Audienz: „Ist Er nach Lamu, um über die jüngsten Ruhestörungen, bei welche« Wei Soldaten getödtet wurden, eine Untersuchung einzuleiteu. s)as Kanonenboot „Redbreast" und der Dampfer „Somali* brachten am gleichen Tage Soldaten deS SultanS zur Verstär kung nach Lamu. Oertliches und Sächsisches. Freiberg, den 9. Januar — Nachdem mit dem Neujahr d. I. die Trennung des geistlichen Einkommens in Freiberg in'S Leben getreten ist, hat der PetrittrchenvorstanV in seiner am 7. d. abpehaltenen Sitzung Herrn Kirchner Graupner zum Kassirer für die Kirchen kaffe von St. Petri gewählt. Gleichzeitig wurde beschlossen, die einzelnen Deputationen mit Rücksicht auf die nunmehr sür dieselben sich mehrende Arbeit zu verstärken. Gewählt wurden in die Baudeputation die Herren Stadtrath Breitfeld, Ober turnlehrer Bär, Seilermeister Globig und Oekonomierath Münzner, in die Finanzdeputation die Herren Pastor Walter, Schuldirektor Brückner, Rechtsanwalt Geißler, Kaufmann Jässing, in die Verfassungs-Deputation die Herren Bergamts direktor vr. Leuthold, Diakonus Gottlöber und Schuldirektor Brückner. — Statistisches vom Königliche« Standesamte Freiberg aus Monat Dezember 1890. Während des jüngst verflossenen Monats Dezember vorigen Jahres gelangten beim hiesigen Standesamte 93 Geburten zur Anmeldung und zwar 89 Lebend- und 4 Todtgeborene, darunter 1 Mädchen-ZwillingS- paar. Diese 93 Geburten vertheilen sich mit 38 auf das männ liche und mit 55 auf das weibliche Geschlecht, unter beiden je 2 Todtgeborene. Ehelich geboren wurden 31 Knaben und 46 Mädchen, unehelich dagegen 7 Knaben und 9 Mädchen. — AufgebotsvcrHandlungen fanden 13 statt; zum Aushang ge langten hier 24 Aufgebote, darunter 11 von auswärtigen Standesämtern und nach auswärts waren 12 zum AuShang zu senden — Eheschließungen wurden 14 vorgenommen. — Sterbesälle gelangten 61 zur Anmeldung und beziehentlich zum Eintrag. Es starben 34 Personen männlichen und 27 weiblichen Geschlechts, und zwar 29 Erwachsene, darunter 2 Erfrorene, und 32 Kinder, unter letzteren 3 uneheliche, 1 Knabe und 2 Mädchen. — Beim Vergleich mit dem Monat Dezember 1889 sind im gleichnamigen Monat 1890 5 Geburten, 3 Ehe schließungen und 11 Sterbefälle mehr, dagegen 4 Aufgebote weniger zu verzeichnen gewesen. — Die Zusammenstellung auf das vierte Vierteljahr 1890 ergiebt 242 Geburten, 105 Auf gebote, 65 Eheschließungen und 180 Sterbefälle. Beim Ver gleich mit demselben Zeitraum des Vorjahres sind im letztver flossenen 2 Aufgebote und 3 Geburten weniger, dagegen 12 Eheschließungen und 36 Sterbefälle mehr zu verzeichnen ge wesen. — Die Zusammenstellung auf das 2. Halbjahr 1890' ergiebt 523 Geburten, 215 Aufgebote, 126 Eheschließungen und 371 Sterbefälle. Beim Vergleich mit dem 2. Halbjahr 1889 sind im selbigen Zeiträume des Jahres 1890 3 Geburten und 12 Eheschließungen mehr, dahingegen 5 Aufgebote und 27 Sterbesälle weniger zu verzeichnen. — Der gestern im Saale zum „Bairischen Garten" statt gehabte 3 Vortragsabend des hiesigen HanvelSwissenschaft- lichen Vereins war sehr gut besucht und verlief in einer alle Anwesenden sichtlich befriedigenden Weise. Der bekannte norwegische Astronom Herr Sophus Tromhalt behandelte in seinem Vortrage „Eine Reise durch den Weltenraum" den Mond, die Sonne, das Planetensystem und die Siernenwelt. Tromholt steht in allen seinen Erläuterungen auf strenq wissen- I schaftttchem Boden und seine Vorträge sind frei von Phantafie- der, der der Dichter ist? ' und auf Grillparzer's bejahende Antwort kehrte er ihm den Rücken. Grillparzer's erstes Werk: „Die Ahnfrau" wurde von der zünftigen Kritik als „SchicksalS- tragödie" zurückgewiesen. Die nun folgende Dichtung — „Sappho" — fand, mit der genialen Sophie Schröder als Heldin, sehr warme Aufnahme im Burqtheater, ohne daß der Erfolg über Wien hinausreichte. Die Trilogie „Das goldene Vließ" wurde vom Publikum lau ausgenommen und von der Kritik verhöhnt. „Sappho" und „Medea", der dritte Theil der Trilogie sindaber heute werthvolleSchätze im Spielplan der besseren Theater. Zu derselben Zeit, als die Trilogie gegeben wurde, lernte Grillparzer seine „ewige Braut" kennen, Katharina Fröhlich, ein schönes, begabtes, liebenswürdiges Mädchen, das er Zeit seines Lebens liebte. Ader weder damals noch später sand er den Muth, einen eigenen Hausstand zu Gründen, ein anderes Geschick mit dem seinen zu verknüpfen. Katharina Fröhlich blieb seine „Braut", obgleich niemals ein Halbwegs ernsthaft zu nehmendes Hinderniß die Liebenden trennte. Einige Jahre nach der Trilogie folgte „König Ottvkar's Glück und Ende". Aber die Zensur von damals quälte und ärgern den Dichter, und als das Siück nach vielfachen Aenderungen in Szene ging und einen großen Erfolg hatte, wurde es wieder auf Betreiben eines czechischen Aristokraten unierdrückt. Grillparzer's Stück „Ein treuer Diener seines Herrn" gefi l dem Publikum, miß fiel aber aus unerfindlichen Gründen dem Kaiser. Das Trauer spiel wurde unierdrückt, der Dichter fiel in Ungnade und nahm bald darauf seine Entlassung auö dem Staatsdienst. Die Auf führung von „Der Traum ein Leben" wäre beinahe vereitelt worden, weil der Intendant meinte, es erinnere zu sehr an eine „Zauber-Komödie". „Des Meeies und der Liede Wellen" diese hochpoeiijche Liebes-Tragödie, fand erst nach dem Tode des Dichters Anerkennung. Das tiefsinnige Werk „Weh' dem, )er lügt" wurde vom Publikum verhöhnt, weil cs ein „Luft- piel" hieß und weil ein Koch der Held des Stückes war. Dieser letztere schmerzhafte Mißerfolg verbitterte den Dichter derart, daß er keine Zeile mehr veröffentlichte. Das historisch« Trauerspiel „Die Jüdin von Toledo", das reizende Fragment „Esther" und eine Fülle kostbarer Prosaarbeilen, zwei Erzäh lungen und eine Reihe von Essais, Aphorismen, Reiseerinne rungen, eine Selbstbiographie u. s. w sanden sich erst in einem von Heinrich Laube geordneten und herausgegebcnen Nachlasse vor Der Dichter verschied, 81 Jahre alt, am 25. Januar 1872, bis zum letzten Augenblicke treu gepflegt von einer ewigen, mehr als siebzigjähi igen Braut, Katharina Fröhlich. Im Wiener „Volksgarten" prangt heute sein Standbild in Marmor — ein Protest der Jungen gegen die Alten, die den großen Poeten so verkannten Die endlosen Enttäuschungen und Bitternisse seines Lebens haben ihn der wirklichen Welt entfremdet, ihn in das schöne Zauberreich der Romantik gedrängt, ihn wahrscheinlich zu dem gemacht, was er uns ist, dem letzten klassisch-romantischen Dichter! Jörg Ohlsen.
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