Suche löschen...
Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 28.02.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-02-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-189902287
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18990228
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18990228
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungFreiberger Anzeiger und Tageblatt
- Jahr1899
- Monat1899-02
- Tag1899-02-28
- Monat1899-02
- Jahr1899
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 28.02.1899
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Weirage zum Areiöerger Anzeiger und HageUait. 4». 189S Dienstag, de» 28. Februar. Whüigsgiimt. Roman von Nataly von Eschstruth. (27. Fortsetzung.) (Nachdruck verboten.) Und als er das Auge schließt, sieht er daS holde, engelsmilde Angesicht wieder vor sich, wundersam lebendig, als schwebe es vor ihm. Wer war eS? — Und dann zuckt er empor und preßt die Hände gegen die Stirn. Sie! Sie — die Fremde, — die Sängerin —! Gott im Himmel, könnte es möglich sein? — Nein! Undenkbar! — Dieses friedliche Engelsangesicht mit dem verklärten Lächeln und der wundersamen Ruhe im Blick gleicht in nichts den schmerz durchbebten, düsteren Zügen, mit welchen er im Geist das Anllitz der Unbekannten ausgestattet, und doch würde ihm der Gedanken kein Ideal zerstören, wenn die Lippen, welche so todttraurige Lieder singen, so mild und friedlich lächeln könnten. Ist denn die Wehmuth etwa Verzweiflung? Ist jeder Schmerz ein wilder, wahnwitziger, welcher seine entstellenden Furchen in das Antlitz reißt? O nein — ihm däucht es sogar, als ob die edelste und heiligste Empfindung des Weibes solch eine verklärte, wundersam ruhige und milde Trauer sei! So wie die höchste Seligkeit lautlos im Blick erstrahlt, so spiegelt die stumme Thcäne den Schmerz, und ists der Wehmuth süßes Leid, so bricht es nicht in herben Klagen über die Lippen, sondern klingt als Lied harmonisch und seelenvoll zum Himmel. Josefs Augen leuchten, das Blut steigt ihm in die Wangen und eine Erregung bemächtigt sich seiner, welche nicht erschöpfend, sondern wohlthätig auf alle Sinne wirkt. Und solche edle, gefühlsinnige, heilige Wesen giebt eS wahr lich noch aus der Welt — auch dann noch, wenn seine Mutter, '„die beste, vollkommenste von allen", von ihm gegangen. Warum hat er die Frauen nicht früher schon mit solchen Engelsschwingen geschaut unv erkannt? Warum kreuzten sie nur als Irrlichter seinen Weg, als trügerische, tückische Flammen, welche über dem Sumpf tanzen und zur Tiefe reißen, wer ihrem Sirenenlocken folgt? Horch, wie der Donner rollt, wie es zischt und knattert, — Regenfluthen stürzen hernieder und spülen den erstickenden Staub von Gottes schmachtender Kreatur. Im Hause wird es lebendig. Man hört Thüren schlagen und Stimmen laut werden. Die Dienstboten huschen scheu, auf leisen Sohlen aus den .Mansarden herab, sich im Hausflur und aus der Treppe nieder zukauern. . Auch an JosefS Thür klopft e». Lina fragt an, ob der gnädige Herr aufgestanven sei, — die 'Kranke sei so beunruhigt. Ich komme!" antwortet der Kleriker hastig, schließt das Fenster vor dem eindringenden Regen, nimmt sein Brevier und eilt durch die Thüre nach dem Zimmer der Mutter. Welch' ein Tag! — Frisch und balsamisch weht es von den Bergen herab, strotzend in blühenoer Fülle heben sich die Gebüsche, die Baum- -lroiitn stauben noch immer demantenen Regenthau, wenn ein Lusthauch ihr Gezweig berührt, und Matten und Moos breiten sich so schwellend, so smaragdgrün und goldbraun leuchtend über die Alpenhänge, daß der Blick sich nicht sattsehen kann an solch' neugeborener Pracht. Josef ist einer unbezwinglichen Sehnsucht gefolgt und schon in thaufrischer Morgenfrühe emporgewandert zu jenem Plätzchen, welches ihm durch den lieben, geheimnißvollen Zauber einer .Mädchenstimme gar wundersam vertraut geworden ist. Daheim in K—burgS Dormitorium ist es jetzt auch schon längst lebendig, daS Glöcklein hat geläutet und die ehrwürdigen Brüder haben sich zu Gebet und Messe vereinigt. Auch Josef will seine Andacht nicht versäumen, er hält sie unter der majestätischen Kuppel des ewigen Himmels, wo Gottes Allmacht sich selber die schneegekrönten Alpen zum Hochaltar ausgerichett hat. Die Seele deS jungen ManneS ist erfüllt von der Heiligkeit deS Odems, welcher ihn umweht; er hat sich noch nie mit so tiefer Inbrunst in sein Gebet versenkt wie heute, er hat es an fänglich nach vorgeschriebenem Wortlaut abgelesen, aber daS Buch entsinkt seiner Hand, sein Blick hebt sich empor in unendliche Weiten, seinem Herzen wachsen Flügel, die tragen eS empor in ewiges Licht. Er betet — aber nicht jene Worte wie sonst, nicht nach dem tobten Buchstaben, nicht um Dinge wie gewöhnlich, es ist ein Ausströmen seiner tiefsten, innersten Gedanken, feines ureigensten Jchs — nicht des Klerikers und angehenden Priesters, sondern des Menschen, wie er in seiner ganzen Wahrheit und unbemäntelten Ehrlichkeit, als sehnsuchtsvolle, nach Glück und Lebenswonne schmachtende Kreatur vor dem Antlitz seines Gottes liegt. Und seine Gedanken: „Wo, Herr, ist Glück und Frieden, das ich sie finden mag?" werden zu Seufzern, welche an des Ewigen Ohr schallen. „Zeige mir den Weg, Vater, welchen ich gehen soll, erlöse mich aus den Zweifeln, stehe mir bei im Kampf!" Und wieder, immer wieder dazwischen wie ein Aufschrei lastender Herzensnoth: „Wo hast Du mir daS Glück bereitet, mein Herr und mein Gott!" — Wie still — wie weihevoll ringsum. Leise Vogelstimmen jubeln cm Wald, und Josef hebt mit leuchtendem Blick daS Haupt und lauscht ihnen. Eine seltene Freudigkeit erfüllt ihn. Sonst haben seine Gedanken nach der Morgenandacht noch lange bei dem Ewigen und Göttlichen verweilt, in nillem Grübeln und Sichversenkcn. Heute flattern sie aus wie die Vöglein, welche ihrem Schöpfer die Ehre gaben, als sie ihr erstes Lied zu seinem Lob geschmettert, dann aber voll weltlich emsiger Sorge und liebesseliger Hast die Schwingen regen, zu eigener Lust und Fröhlichkeit! Auch Josefs Sinnen und Träumen ist ein gar weltliches geworden, ihm selber unbewußt. Die Gestalt des jungen Mädchens, welche er gestern im Licht des Blitzes geschaut, uni- gnukelt ihn wie ein holder Traum, von welchem man sich nicht losreißen kann, welchen man selbst mit wachen Augen noch weiter träumt und ihn ausstattet mit all der Poesie und Phantasie, welche im Herzen schlummert. Und während er in die thauperlenden Wipfel emporlächelt, wht er ein schlankes Vöglein von Ast zu Ast herniederflattern, ras schaut ihn mit klugen Aeuglein an, wetzt das Schnäbelchen an der grünmoosigen Birke und zwitschert so hell und lockend wie. . . ja, wo hat er denn schon solch ein Klingen gehört! — Laut lacht er auf I — Siegfried! Süßes, wonniges WaldeSweben! Umgiebt es ihn fier mit seinem ganzen, geheimnißvollen Zauber, wie eS auch Meister Wagner ehemals zu Herzen gedrungen? Wie lang ists her, seit er von Bonn aus nach Köln fuhr und eine begeisterte Seele in den goldenen Klangflnthen des „Sieg ried" badete! Damals saß er in schwüler, erhitzter Theaterluft, und daS Vöglein, welches den jungen Göttersohn mit lieblicher Botschaft von dem verzaubert schlafenden Weibe, umgeben von wabernder Lohe zu fernem Berge lockte, war ein Gebild von Pappe und gemalten Federlein, welchem die Sängerin hinter den Coulissen die süße Stimme lieh, — heute liegt er tiesathmend in der wirk lichen, sonnedurchflimmertcn Bergwildniß, und die Baumkronen, welche über ihm rauschen, sind echt und das Waldesweben, welches ihn umzirpt und umjubelt, ist wahr, und das Vöglein, welche» ihm lockend vorausschwebt, ist von Fleisch und Blut! Kann er es nicht verstehen? — Horch : „Siegfried . . . Auf hohem Felsen sie schläft, ein Feuer umbrennt ihren Saal wonnig und weh — web ich mein Lied! Nur Sehnende kennen den Sinn!" ruft es nicht so? Ihm hat kein Drachenblut die Zunge genetzt, und dennoch deucht es ihm, er versteht die liebliche Botschaft des Sängerleins. „Komm mit, flieg mit mir hinein in die sonnige Welt! Ich weiß, wo das Glück wohnt — ich zeige es Dir!" zwischert es über ihm, und Josef richtet sich lachend auf nickt dem Schelm heiter zu und tritt unter die Zweige, nach ihm zu greisen. „Siegfried!" ruft es silberhell, wie Flötenton, nein, nicht Siegfried! „Josef" heißt es ja, er hört und versteht es ganz genau! „Wohin denn? wohin soll ich Dir folgen?" lacht er, wie von glücklichem Wahn befangen, und er thut es dem Sohne der Sieg linde nach, springt von Baum zu Baum und hascht nach dem be fiederten, kleinen Schalk, welcher ihn weiter und immer weiter in den morgenfriichen Bcrgwald hineinlvckt. Aber nein, allzu weit entfernt es sich doch wohl nicht von seinem Nestchen, wenn es auch eine Zeit lang im Zick-Zack den Berg empor ging, jetzt huscht es seitwärts, in weitem Bogen gchts zurück, und schließlich schaukelt es sich wieder auf dem Buchenzweig, von welchem es ausgeflogen. (Fortsetzung folgt.) Verschiedenes. * Eine DiSmarck-AnekVote. In der bei W. Paulis Nachfolger in Berlin erschienenen Sammlung humoristischer Lebensäußernngen Bismarcks von A. Gottwald wird folgende Anekdote berichtet: Fürst Bismarck hatte seiner Zeit von seinem Umversitätsgenossen, dem Grasen Kehserlingk, und bei gelegent lichen Reisen durch.Kurland auch ein paar lettische Redensarten gelernt und damit einmal zwei kurländischen Damen einen nicht geringen Schrecken eingejagt. Er saß eines Tages in Frankfurt am Main an der Dubio ä'böts zwei jungen Damen gegenüber, die sehr lebhaft und ungemrt mit einander konversirten. Sie lachten sehr häufig; die Tischgesellschaft mochte wohl in nicht eben schmeichelhafter Weise von ihnen durchgenommen werden und aus manchen Anzeichen entnahm der erfahrene Diplomat, daß er der ganz besondere Gegenstand ihrer Aufmerksamkeit war. Er verstand so viel, daß die Sprache die lettische war. Die Damen hielten es natürlich für ganz sicher, in einem so barbarischen Idiom von Niemandem verstanden zu werden und ließen daher ihrem Humor immer mehr tue Zügel schießen. Inzwischen hatte Bismarck zu einem neben ihm sitzenden Freunde leise gesagt: „Wenn Sie einige fremde Worte von mir hören, reichen Sie mir einen Schlüssel." Als nun beim Dessert die Ausgelassenheit der beiden jungen Damen zur höchsten Blüthe gelangte, hörten sie zu ihrem größten Schrecken, wie ihr Gegenüber ruhig zu seinem Nachbar sagte: „vobt wanto arlbek" (Gieb mir den Schlüssel). Er erhielt seinen Schlüssel und die Damen sprangen flammend- roth von ihren Sitzen auf und stürzten zum Saal hinaus. — Diese Anekdote hat nicht den Reiz der Neuheit, ist aber immerhin hübsch genug, um nochmal erzählt zu werden. * Das Preisgericht für die im Trarvacher Wettstreit um das beste Mosellied eingegangenen Tonsetzungen, bestehend aus Musikdirektor Schwartz-Köln, Musikdirektor A. v. Othegraven-Köln und Karl Wegeler-Koblenz war am 22. d. M. zur Urtheilssällung in Koblenz versammelt. Es wurden zwei Melodien des preis gekrönten Gedichtes „Mein Moselland" von Emma Rüden von Spillner gleichwerthig als die besten und volksthümlichsten Lieder bezeichnet und deren Tonsetzer Simon Breu, Musiklehrer in Würz burg und Gustav Blasser in Wien, dem Trarbacher Kasino als diejenigen in Vorschlag gebracht, welche ;e die Halste des Preises von 500 Flaschen seiner Moselweine erhalten sollen. * Allerlei Erinnerungen aus seinem EnMerleben, die K. E. Töpler d. Ae. gegenwärtig im „Zeitgeist" veröffentlicht, entnehmen wir folgenden Abschnitt: In der Kaufingerstraße in München befand sich vom Karlsthor her links ein Kaffeehaus mit Namen Walser, im Erdgeschoß eines Hinterhauses gelegen. Dort kamen nur Maler, Bildhauer, Kupferstecher und anderes fahrendes Volk zusammen und zwar zur Nachmittagskaffeezeit, die sich oft bedenklich auszudehnen pflegte. Es war ein langer Saal mit leidlich niedriger Decke, so daß stets ein dichter Qualm von Pfeifen- und Cigarrenranch den Raum erfüllte. Man bekam da eine gute Tasse Kaffee zu trinken, und zahllose Dominospiele standen den Besuchern zur Verfügung, damit man um den Preis des Kaffees spielen könnte. Eine gcmüthliche, nette Kellnerin ging nut Kaffeekanne und Milch von Gast zu Gast umher, und vorzügliches Gebäck stand auf dem Tischchen zu beliebigem Ge brauch. Die Herren Künstlerhunde waren auch da und kamen immer pünktlich zu der Tageszeit, in der ihre Herren einzutreten pflegten. Es war wirklich merkwürdig, wie genau sie die Uhr im Kopfe zu haben schienen. Diese Künstlerdackel, Rattenfänger und Pintscher, waren ein verlottertes, liederliches Gesindel, aber zur Tischzeit Nachmittags bei „Walser" und Abends im „Stuven- voll" wußten sie stets pünktlich zu erscheinen, mit dem Nächsten, Besten durch die EmgangSthüren zu schlüpfen, um manchen guten Bissen, der für sie abfiel, zu erwischen. Viele gcmüthliche Stunden verlebte man da unter Geplauder, begleitet von dem Klappern der Dominosteine. Eines TageS verließ ein jung« Kupferstecher, nach der Uhr sehend, seine Partie Domino, einen Stellvertreter stellend, mit den Worten: „In aner halben Stuand bin i wieder da!" und verließ das Zimmer. Nach etwa drei-, viertel Stunden kam er zurück und setzte seine Dominopartie wieder fort mit der Entschuldigung: „Es iS a weng länger ge- worden, aber der Pfaff hat z'lang gebraucht I" Auf unsere Fragh wozu, sagte er ruhig und mit größtem Gleichmuth: „I hob mr gerad in der Frauenkirch trauen lassen!" — „Wo ist denn Deine junge Frau!" war unsere zweite Frage. „Die iS nach Hauß gangen, i will sie bei Zeiten dran gewöhnen, daß i um die Zeit bei Walser Hingehör'." * Schubert, Mozart, Beethove«. Heber den Nachlaß Schubert's, .Mozart's und Beethoven's wird aus Wien berichtet: Wie die im Archiv deS Wiener Landesgerichts aufbewahrten Hinterlassenschafts-Akten besagen, bestand der Nachlaß Franz Schubert's aus drei Gehröcken, drei Fracks, zehn Beinkleidern, neun Westen (Gesammtwerth 37 Gulden), einem Hut, zwei Paar Stiefeln, fünf Paar Schuhen (Gesammtwerth 2 Gulden) vier Hemden, neun Hals- und Schnupftüchern, 13 Paar Strümpfen, einem Bettlaken, fünf Bettüberzügen (Gesammtwerth 8 Gulden), einer Matratze, einem Kopfpolster, einer wollenen Decke (Gesammt werth 6 Gulden) und einigen alten Musikstücken, die mit 10 Gulden bewerthct sind. Die ganze Hinterlassenschaft hatte einen Werth von 63 Gulden --- 100,80 Mark! Als Mozart starb, wurden in seinem Besitz an baarem Gelde 60 Gulden vorgefunden. Der sonstige Nachlaß, die kleine Musikälien-Bibliothek mit einge rechnet, hatte einen Taxwerth von nicht ganz 400 Gulden. Den- größten „Reichthum" hinterließ Beethoven, nämlich 10232 Gulden. Hiervon gingen indessen ab für Krankheits- und Beerdigungs kosten, sowie gerichtliche Gebühren 1213 Gulden, so daß der Netto-Nachlaß 9013 Gulden betrug, der seinem nichtsnutzigen Neffen Karl znfiel. * Jung-Amerika. Ein hübscher, aufgeweckter Junge spaziert vor einigen Tagen in den Laden eines New-Aorker Droginen. „Ich möchte sechs Pfund Zucker, zu vier Cents das Pfund, haben," liest er von einem Zettel ab. „Schön," entgegnet der Verkäufer, „das macht vierundzwanzig Cents." „Elf Pfund Reis, zu sechs Cents das Pfund". „Sechsundsechzig Cents." „Sechs Viertel Bohnen, zu sechzehn Cents das Quart". „Sechsund neunzig Cents". Und in dieser Weise geht es fort: Drei Pfund Stockfisch zu soundsoviel, vier Pfund Thee, fünf Büchsen Toma tos, sieben Büchsen eingemachte Birnen und zum Schluß sagt der Junge: „Geben Sie mir die Rechnung über Alles." Der Kommis stellt die Rechnung aus und giebt sie dem Besteller mit der Frage, ob seine Mama ihm das Geld mitgegeben habe oder ob der Betrag ungeschrieben werden solle. „Meine Mama hat mich gar nicht hcrgeschickt", sagt der Junge triumphirend, sobald- er die Rechnung in der Hand hat, „eS ist bloS meine Rechen aufgabe, die ich mir doch von irgend Jemand machen lassen wollte." ' Die staatSgefährliche Ansichtskarte. Man schreibt der „Franks. Ztg.": Im Fürstenthum Monaco, d. h. unter den Organen der öffentlichen und geheimen Gewalten dieses Staats herrscht fürchterliche Aufregung, und das hat mit ihrem Mangel an Ehrfurcht vor den höchsten Dingen eine Postkarte gethan. „Souvenir cks Kants Oarlo." In der Kopfleiste sieht man des Fürsten Hoheit auf dem Throne. Ringsum dicke Geld säcke, keuchende Männer schleppen immer neue Riesenbeutel auf dem Rücken herbei. Zu Füßen des ThroneS langt die Hand eines Croupiers mit der Krücke über die Spieleinsätze hin. Ueber der Gruppe stehen die Worte: „RonAv xvrä st uoir psrck, la bangus ^axns touzours." (Noth verliert und schwarz verliert; die Bank gewinnt allemal!) Links als Hauptbild steht das Kasino. Den Vordergrund des Kasinoplatzes flankiren zwei Palmen. An einer derselben hängt ein Selbstmörder, an der anderen jagt sich eben ein eleganter Herr eine Kugel durch den Kopf. Unter diesem Bilde ein Gemach mit einem verzweifelnden Mann, der eine Frau zu trösten sucht: „Lulus! risn uv vn plus!" (Ruinirt. Es kann nichts mehr gesetzt werden.) Gegen den leeren Naum der Karte hin vermittelt den Uebergang ein rothes Teufelchen, daS mit verbindlichem Lächeln und einladender Handbewegung sagt: „kaltes votrs jsu, mvsslsurs!" (Machen Sie Ihr Spiel, meine Herren!) Wie man sieht: So viele Figuren, so viele — Aufrichtigkeiten! Darüber müssen sich doch die in Monte Carlo entrüsten und entsetzen. Die Postkarte hat eine angesehene Kunst- und Verlagsanstalt in München für einen Herrn in Mentone angefertigt. Als die Karte in Monte Carlo gesehen wurde, wurde sie sofort verboten und eS wird Alles ge than, um ihre Verbreitung unmöglich zu machen. An alle Polizei organe Monacos und Monte Carlos wurde mit einer genauen Pecsonalbeschreibung des Bestellers der Befehl erlassen, diesen Missethäter zu verhaften, sobald er die Grenzen des Fürstcnthums überschreite. Trotz alledem fand die entsetzliche Karte weitere Verbreitung und sie hat nun schon ein zweites Opfer gefordert. Ein Herr aus Berlin hatte eine der Karten gelegentlich seinem Hotelwirth in Monte Carlo gezeigt. Dieser bat ihn, ihm 100 Stück zu besorgen, der Berliner Herr willfahrte dieser Bitte. Am nächsten Morgen war er aber schon verhaftet. Seine Korre spondenz wurde geöffnet und er erhielt den Befehl, binnen 24 Stunden das Ländchen zu verlassen. Vorher wurde er noch in einen Hof geführt, cs wurde ihm eine Tafel mit einer Nummer vor die Brust gehalten und jetzt wurde der Herr von vier Seiten photographirt und hieraus gemessen nach Größe, Schädelumsang, Hand- und Fußgröße u. s. w. Nach dieser Prozedur mußte er einen Nevers unterschreiben, daß er nie wieder nach Monaco zu rückkehren werde. Hierauf wurde er auf freien Fuß gesetzt. Als er erklärte, daß er noch weitere 24 Stunden uöthig habe, weil er sich aus Berlin telegraphisch weitere- Reisegeld verschaffe» müsse, erbot sich die Bank in ihrer Großmuth, ihm ein Billet I. Klasse bis nach Berlin zu bezahlen. Der Herr lehnte dieses Anerbieten jedoch ab. Auf Schritt und Tritt wurde er bis zu seiner Abreise von einem Geheimpolizisten überwacht, und als er abreiste, wurde er von 3 Detektivs bis Ventimiglia begleitet. Dies aus der Geschichte einer Ansichtspostkarte. Memdenliste vom 24. Februar l»VV. Ackermann, Kaufmann, Leipzig,. Hotel Stadt Altenburg, »-cher, Händler, Schwarzenberg, Stad, Chemnitz. Bernhardt, Zoll-AM-nt, Moldau, Stadt Chemnitz. Borggrü e, Kaufmann, Hagen i. W., Preuß, pof. Baumgärtel, Hancelsfrau, Schneeberg, Preuß. Hof. Buchner,' ikausmann, Leipzig, Hotel Stadl Altenburg. Biermann, Hausdiener, Me» Gasthau» zur Post. Brand, Pferdeunlerhändler, Freiberg, Nürnberger Hof. Bontzel, Kaufmann, Berlin, Hotel Kronpnnz. Clausnitzer, Fabrikbesitzer, Zöblitz, Hotel Kronprinz. D-llisch,
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder