Auf Antrag unseres Mitgliedes Pastor Kölbing wurden am 22. August 1926 unsere Gesellschaftsräume zu einer Zusammenkunft der Familie Kölbing zur Verfügung gestellt. Am 19./20. Juni 1926 besuchte der Breslauer Professor Andreae mit seinen Seminarmitgliedern die Sammlungen unserer Gesellschaft und das Ratsarchiv. Viel Sorge finanzieller Art macht der Druck des inckex zum cockex ckiplo- msticus Tusatiae superioris IV, den Herr Or. Friedrich Pietzsch im Manuskript fertig gestellt hat. Nachrufe. Professor Oskar Nietzsche. Mit Nietzsches Tode, der am 16. Juni 1926 erfolgte, scheidet eine Persönlichkeit von uns, die in weitesten Kreisen der Görlitzer Bürgerschaft bekannt und hoch geschätzt war. Seine auf rechte Gestalt mit den geistreich freundlichen Augen, dem feingeschnittenen Gesichte, dem wohlgepflegten Vollbarte fiel auch Unbekannten im Straßen- bilde der Stadt auf. Nietzsche hatte viele Freunde und Bekannte, mit denen er sich gern und unaufdringlich unterhielt. Wie reich war doch der Schatz seiner Erinnerungen und wie klar sein Urteil? Und seine seltene Rüstigkeit an Körper und Geist blieb dem 80 jährigen bis wenige Tage vor seinem Tode. Nietzsche ist am 28. Januar 1816 in Seyda in der Provinz Sachsen geboren. Sein Urgroßvater Christof Gotthelf N. war der Bruder Friedrich Aug. Ludwig Nietzsches und dessen Enkel war der bekannte Philosoph Friedrich Nietzsche. Bis zuletzt hatte der Verewigte das Bestreben, sich weiter zu bilden. Goethe, Schopenhauer, Shakespeare, Schiller, Hegel und andere deutsche Geistesheroen beschäftigten ihn in eingehender Arbeit sein ganzes Leben hindurch. Sein Sinn für Musik, vornehmlich für Richard Wagner, war stark entwickelt. Stundenlang beschäftigte er sich damit, Wagners große Werke am Musikflügel sich selbst vor zuführen. Der Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften gehörte er als ihr ältestes Mitglied seit 1881 also 45 Jahre an; fleißig benutzte er ihre reich haltige Bibliothek, zu deren Kataloge er auch in seinem Ruhestande die selbst losesten Arbeiten lieferte; auch als Ausschußmitglied seit Oktober 1913 und als prüfender Kassenkurator seit Juni 1918 hat er der Gesellschaft viele Jahre gedient. Er kämpfte ruhmreich 1870—1871 in Frankreich, wirkte dann in Segeberg und Altona und wurde auf Grund seiner glänzenden Zeugnisse und Empfehlungen am 1. April 1874 an das Gymnasium Augustum in Görlitz gewählt. Hier hat er 37 volle Jahre als Lehrer, Oberlehrer und Professor bis Ostern 1911 gewirkt. Seine Hauptfächer waren Griechisch, Lateinisch und Deutsch. Als Lehrer war er ein Muster des Fleißes, der Klarheit und Begeisterung, dabei gerecht und mild. Seine vielen Schüler haben ihm eine große Anhänglichkeit und Liebe bewahrt. Eine reine vornehme Seele ist von uns geschieden, begeistert für sein Vaterland und für alles Schöne, was die Welt bietet. Siehe den warmen Nachruf in den Nachrichten aus dem Leben des Gymnasium Augustum zu Görlitz 1926. R. I. Unser mehrjähriges Mitglied, mein alter Schul- und Universitätssreund Hermann Kreuzwendedich von Waldow ist am 19. April 1926 im 74. Lebens jahre infolge Herzschwäche heimgegangen. Er war am 23. August 1852 auf dem väterlichen Gute Friedenau, Kreis Arnswalde, geboren. Den größten Teil seiner Jugend hat er aber auf Rittergut Hermsdorf Görlitzer Kreises, das sein Vater später kaufte, und zuletzt in Görlitz selbst verbracht, auch hier das Gymnasium Augustum besucht, das er Ostern 1870 mit sehr gutem Reifezeugnis verließ. Sein Jura-Studium in Heidelberg, wo er Saxobörusse war, wurde bald durch den Krieg unterbrochen. Er trat als Avantageur bei den Liegnitzer Königs-Grenadieren ein, zog nach Ausbildung ins Feld, kehrte 1871 als Leutnant aus Frankreich heim, studierte dann noch zwei Semester in Berlin und setzte seine militärische Laufbahn fort, bis er 1892 als