48 Reiner Groß Wirtschaft und Verwaltung in Sachsen zur Napoleonzeit Die landesgeschichtliche Forschung in Sachsen hat immer wieder für die ersten zwei Jahr zehnte des 19. Jahrhunderts von der Napoleonzeit gesprochen. 11 Auch Beiträge in diesem Heft verwenden diesen Begriff zur näheren Charakterisierung des angesprochenen Zeitrau mes. Obwohl darin allgemeines Verständnis und Übereinstimmung zum Ausdruck kommen dürften, ist es vielleicht doch berechtigt, nachzufragen, wann denn für das Kurfürstentum Sachsen die Napoleonzeit begonnen hat: mit der Übernahme der Regierungsgewalt durch Napoleon Bonaparte in Frankreich im Jahre 1799, zu einem Zeitpunkt, als sich Kursachsen gemeinsam mit anderen Reichsständen im Zweiten Koalitionskrieg gegen Frankreich befand und schon in jenen Monaten die sächsische Politik von Napoleons Machtanspruch berührt worden ist? Oder war es das Jahr 1803 mit dem Reichsdeputationshauptschluß, als die bona- partistische Expansionspolitik die Neuaufteilung des Staatsgebietes erzwang, das man unter dem Begriff des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation zusammenfaßte? Oder be gann die Napoleonzeit für das sächische Kurfürstentum mit dem Sieg des im Mai 1804 aus gerufenen Kaisers der Franzosen in der Schlacht bei Austerlitz am 2. Dezember 1805 und der sechs Monate später vollzogenen Gründung des Rheinbundes, dem Kursachsen nicht beitrat, sich dafür aber letztlich als einer der wenigen deutschen Staaten dem von Preußen als Reak tion auf den Rheinbund ins Leben gerufenen Norddeutschen Bund anschloß. Die Folge die ses im Versuch einer Neutralitätshaltung immer wieder hinausgeschobenen Schrittes war, daß Anfang Oktober 1806 22 000 sächsische Soldaten an die Seite der preußischen Armee traten, die bereits nach dem 20. September 1806 in Kursachsen eingerückt war. Bereits dies hatte Napoleon als eine gegen Frankreich gerichtete Feindseligkeit betrachtet. Sicher ist jedoch, daß für Sachsen die Napoleonzeit im engeren Sinne mit der katastrophalen militärischen Niederlage Preußens und Sachsens in den Schlachten von Jena und Auerstädt am 14. Oktober 1806 sowie der sich anschließenden Besetzung Kursachsens durch französi sche Verbände und Rheinbundtruppen zwischen dem 15. und 24. Oktober 1806 beginnt. Die Dresdner Chronik vermeldet zu diesen Tagen: »Der auch für die sächsischen Truppen so traurige Ausgang der Schlacht von Jena am 14. Oktober verbreitete Furcht und Schrecken in Dresden; der Hof war am 17. Oktober im Begriff, nach Prag abzugehen; eine zahllose