ein durchaus zwiespältiges Bild, denn absolutistische Staatsordnungen existierten neben Ständestaaten traditionellen Typs. Auch wenn 1661 die kursächsischen Stände das Recht der eigenständigen Versammlung erhielten, bedeutete diese Neuerung nicht den Beginn völliger Unabhänigkeit. Der »totale oder konsequente« Dualismus zwischen Fürstentum und Ständen (MARTIN HASS) prägte Kursachsen auch nach diesem Datum. Daß sich das politische Schwergewicht bis zur Jahrhundertwende immer mehr zugunsten des Herr schers verschieben sollte, steht auf einem anderen, jedoch hier nicht zu lesenden Blatt. Die Zukunft der Stände und die hoheitliche Verwaltung befanden sich auch in Kursach sen in einem sehr komplexen Beziehungsgefüge, aus dem nur die organisationsstrukturelle Dimension beleuchtet werden soll. Die drei wichtigsten Einschnitte in die sächsische Ver waltungsentwicklung des fortgeschrittenen 17. Jahrhunderts bedeuteten 1) die Verwaltungsautonomie der Lausitz, 2) die Errichtung der drei Sekundogenitur-Fürstentümer (Sachsen-Weißenfels, -Magde burg und -Zeitz), 3) die Militär-Finanzverwaltung. Wirtschaftsmodernisierung — eine erste Bilanz Die erste sächsische Postordnung, in der die Brief- und Personenbeförderung als landesherrliches Recht ausgegeben wurden, er schien 1661. Hierdurch sollte den brandenburgischen Interessen an den Postkursen nach Westsachsen Einhalt geboten werden. Einige Zeit später, im Jahre 1664, kassierte Kur fürst Johann Georg II. beträchtliche Summen aus der politischen Unterstützung des fran zösischen Königs gegen Habsburg. Aus seinem Verzicht auf Erfurt zog der Herrscher 1667 einen Gewinn von nicht weniger als 500000 Gulden. In welchem Sinnzusammen hang befanden sich diese Maßnahmen und Entscheidungen? Zunächst ist offensichtlich, daß die bündnispolitischen Wendungen des sächsischen Herrscherhauses (seit Johann Georg III. mit Habsburg und Brandenburg gegen Frankreich) einen Teil taktisch angeleg ter Staatsfinanzpolitik darstellen. Diplomatie wurde zum lukrativen Geschäft; auch das Mi litärwesen unterlag der Kommerzialisierung, wie sich nach 1670 noch deutlicher heraus steilen sollte. Insgeamt beurteilt liegen vor den Augen des Betrachters die Jahre 1648 bis 1670 in einer widersprüchlichen Gemengelage, die keineswegs die Bezeichnung »Epoche« verdient. Das trifft auch bis zum Ende des Jahrhunderts zu: Dennoch hebt sich das halbe Jahrhundert nach dem Dreißigjährigen Krieg in Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Kul tur deutlich von der Vorkriegszeit und von der Ära des Kurfürsten Friedrich August I. ab. Es war die Zeit der Rekonstruktion alter Strukturen, aber auch einer ansatzhaften Moder nisierung. Bald nach 1648 trat Kursachsen in eine nachkriegsgeschichtliche Konsolidie rungsphase ein. Der Entwicklungstrend ergab sich zwangsläufig aus den Erfordernissen der abgabe- und dienstpflichtigen Gesellschaftsgruppen. Ohne die Wiederaufrichtung ihrer Produktionsstätten und Warenmärkte wären Staat und Dynastie inmitten der macht politischen Zerstrittenheit Europas ein Spielball auswärtiger Interessen geworden. Um diesem Zwang zu entgehen, wurde die Herrschaftsorganisation politisch-bürokratisch ratio nalisiert, ökonomische und gesellschaftliche Prozesse mit dem Ziel schnellen Wirtschafts wachstums dementsprechend gewinnträchtig gesteuert. Die wirtschafts- und sozialge-