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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 18.01.1894
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- 18.01.1894
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- Deutsch
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378 Nichtamtlicher Teil- soll. Derartige Verträge werden zum Teil von Personen abgeschlossen, deren Betrieb von vornherein auf diese Geschäftssorm berechnet ist (Warenabzahlungsgeschäfte, Abzahlungsbazare u. dergl.t. Es setzen aber auch Gewerbetreibende, die im übrigen gegen bar verkaufen, ihre Waren in ausgedehntem Umfang auf gleiche Weise ab. Entwickelt hat sich der Ab zahlungsverkehr vornehmlich bei dem Absatz von gewissen Betriebsmitteln (Kleinmaschinen und dergleichen) und von wertvolleren Bedarfsgegen ständen, insbesondere Wohnungseinrichtungen; die Nähmaschinen- und die Pianofortesabrikation verdanken ihren Aufschwung großenteils dem Abzahlungssystem. In ihrer heutigen Ausdehnung erstreckt sich indessen diese Geschäftssorm weit über jenes ursprüngliche Gebiet hinaus; neben Nähmaschinen, Maschinen für den Handwerks- und den landwirtschaftlichen Betrieb und Möbeln werden Haus- und Küchengeräte, Wäsche, Kleidungs stücke, Bilder, Taschenuhren, Bücher, auch Luxusgegenstände, wie Schmuck sachen und dergleichen, aus Abzahlung entnommen. Auch der Viehhandel bedient sich mitunter der beim Warenabzahlungsgeschäst üblichen Geschäsls- formen. Mittels eines ausgedehnten Netzes von Agenten und Provisions reisenden hat sich die bezeichnet« Art des Absatzes vielfach auch aus dem platten Lande eingebürgert. Die Schattenseiten dieser Entwickelung sind nicht zu verkennen. Der Abzahlungshandel wirkt dem Barzahlungssystem entgegen und ist geeignet, das Gewähren eines ungesunden Kredits zu befördern. Die Leichtigkeit, sich gegen eine geringe Anzahlung in den Besitz der Gegen stände zu setzen, sowie die Ueberredungskünste der Abzahlungshändler und ihrer Hilssversonen verleiten zu Anschaffungen, die für den Er werber überflüssig sind, oder seine wirtschaftlichen Kräfte übersteigen. Wenn die ausgedehnte Kreditgewährung und die großen Betriebsunkosten ohnehin zur Festsetzung sehr erhöhter Preise nötigen, so werden diese von gewissenlosen Geschäftsleuten unter Ausbeutung der Notlage oder der Unerfahrenheit des Abnehmers häufig noch übermäßig gesteigert Zahlreiche Abzahlungshändlcr überschwemmen den Verkehr mit minder wertigen Waren, wodurch zugleich dem rellen Geschäfte eine gefährliche Konkurrenz bereitet wird. Was die rechtliche Gestaltung des Abzahlungs- Verkehrs betrifft, io führt das Streben der Händler nach thunlichster Sicherung auf der einen, die wirtschaftliche Schwäche ihrer Kunden auf der anderen Seite zur Vereinbarung drückender Vertragsbestimmungen, so insbesondere zu der viel gerügten Abrede, daß bei Nichtentrichtung einer Rate der Veräußerer zur Rücknahme der Sache befugt sein und gleichzeitig die erhaltenen Teilzahlungen behalten solle. Auch wird da rüber geklagt, daß bei dem Abschluß der Geschäfte mit den vielfach un zuverlässigen Agenten und Provisionsreisenden die Käufer über den In halt der schriftlichen Verlragsurkunden im Unklaren gehalten und durch mündliche Zusicherungen irregeleitet werden, die sie demnächst gegen den Abzahlungshändler nicht zur Geltung bringen können. Den geschilderten Uebelständen stehen jedoch gewichtige Vorzüge gegenüber. Wenn das Abzahlungsgeschäft nicht selten der Uebervorteilung dient, so fußen anderseits viele, durchaus reelle industrielle Betriebe zu einem wesentlichen Teil aus der gleichen Geschäftssorm. Reizt diese Art der Kreditgewährung zu überflüssigen und übermäßigen Anschaffungen, so wirkt sie auch wiedsr als Sparzwang, insofern der Käufer zur Jnne- haltung der Teilzahlungen Beträge erübrigt, die er ohne eine solche Veranlassung nicht zurücklegen würde In kleinen Verhältnissen wird überschuldeten Personen durch den Vorbehalt des Eigentums, der die aus Abzahlung entnommenen Gegenstände dem Zugriffe der Gläubiger ent zieht, ein Zeitraum gewährt, in welchem sie sich eine neue Existenz gründen und ihre Schuldverhältnisse ordnen können. Vor allem aber wird Unbemittelten durch das Abzahlungsgeschäft der Weg zur An schaffung auch kostspieligerer Produktionsmittel erschlossen, so z. B. von Nähmaschinen und sonstigen Kleinmaschinen, von Klavieren für den Unterrichtsgcbrauck, von Wohnungseinrichtungen zum Zweck der Zimmer vermietung. Wie aus diese Weise das Abzahlungsgeschäft für viele durch Eröffnung neuer Erwerbsquellen wohlthätig wirkt, so wird man auch der Entnahme von Möbeln und Gerätschaften auf Abzahlung zur Begrün dung einer Häuslichkeit oder zur Hebung der Lebenshaltung oder bei vorübergehender Bedrängnis in gewissen Grenzen die Berechtigung nicht absprechen können. Eine wesentliche Beschränkung des Abzahlungs verkehrs würde zur Folge haben, daß die daraus angewiesenen Klassen aus die Besserung ihrer Lage verzichten oder die zu diesem Zweck er forderlichen Barmittel anderweit und vielfach teurer borgen müßten. Mit Recht ist in letzterer Hinsicht betont worden, daß das Abzahlungs system dem Geldwucher entgegenwirke. Ist demnach davon auszugehen, daß das Abzahlungsgeschäft nach Lage der heutigen Verhältnisse unentbehrlich ist, so läßt sich durch Gesetz diese Geschäftssorm weder völlig untersagen noch auch nur den Gegen ständen nach wesentlich beschränken. Denn es wird im allgemeinen kaum eine Gattung von Gegenständen geben, deren Anschaffung nicht je nach den Umständen einem wahren Bedürfnis entsprechen kann. Eine Unter sagung des Abzahlungsgeschäfts für Sachen, die im einzelnen Falle nur dem Luxus des Erwerbers dienen, wäre zwar grundsätzlich zu recht- fertigen; allein eine Vorschrift dieser Art würde nicht durchzusührcn sein, ohne die Sicherheit des Geschäftsverkehrs zu schädigen. Ebensowenig empfiehlt sich der Vorschlag, die Abzahlungsgeschäfte einer besonderen Steuer zu unterwerfen, da diese Maßregel einerseits den beabsichtigten Erfolg kaum haben, anderseits auf eine Beeinträchtigung auch des berech 14, 18. Januar 1894. tigten Abzahlungshandels hinauslausen würde Nicht minder erweisen sich Maßregeln auf gewerbepolizeilichem Gebiet als undurchführbar. Mehrseitig ist befürwortet worden, den Betrieb von Abzahlungsgeschäften, wie den der Pfandleiher von einer Erlaubnis der Behörde abhängig zu machen und ihn der obrigkeitlichen Regelung und Kontrolle zu unterwerfen (ZZ34, 38 der Gewerbeordnung) oder doch die Untersagung des Gewerbebetriebs für den Fall erwiesener Unzuverlässigkeit (Z 35 daselbst) zuzulassen. Abgesehen da von, daß derartige Beschränkungen den reellen Abzahlungshandel schwer schä digen und gerade die solideren Geschäftsleute von diesem zurückschrecken müßten, ist zu beachten, daß das Abzahlungsgeschäft nicht, wie die Geschäftszweige, die von den angeführten Vorschriften betroffen werden, eine sich äußerlich kennzeichnende, besondere Art von Gewerbebetrieb, sondern nur eine Form des Geschäftsabschlusses darstellt, die in den verschiedensten Arten von Gewerbebetrieben Anwendung finden kann. Infolge davon wäre eine wirksame Aussicht der Behörde über das Verhalten der Abzahlungs händler und über die Befolgung der erlassenen Anordnungen nicht zu ermöglichen. Besondere Vorschriften, welche die Polizeibehörden über den Geschäftsbetrieb, namentlich über die Vertragsbedingungen bei den Ab zahlungsgeschäften, zu treffen hätten, würden sich überdies auf Neben punkte beschränken müssen, um die Freiheit des Verkehrs nicht in nach teiliger Weise cinzuengen. An der Schwierigkeit der thatjächlichen Durchführung scheitern auch die Vorschläge, für den Abzahlungsverkehr den Gewerbebetrieb im Umherziehen und das Ausstichen von Bestellungen von Lrt zu Ort und von Haus zu Haus zu untersagen oder aus Be darfsgegenstände zu beschränken oder die Vorbedingungen einer derartigen Ausübung des Gewerbebetriebs lßtz -i4a. 55, 57 ff. der Gewerbeordnung) zu erschweren. Zudem würden derartige Maßregeln, insofern sie sich auch gegen den reellen und notwendigen Abzahlungshandel richten müßten, die berechtigten Interessen der Industrie schädigen und den Be dürfnissen des Publikums aus dem Platten Lande widersprechen. Die Unzweckmäßigkeit aller Maßregeln, die behufs Beschränkung der Abzahlungsgeschäfte als solcher etwa in Betracht kommen könnten, führt dazu, daß die Gesetzgebung sich mit der Bekämpsung einzelner Auswüchse auf dem fraglichen Gebiete begnügen muß. In dieser Beziehung darf eine wesentliche Abhilfe zunächst von der Strasgesetzgcbung erwartet werden: nachdem durch das Gesetz vom 19. Juni 1893 (Reichs-Gesetzbl. S. 197) der Thatbestand des Wuchers auf die ge- werbs- und gewohnheitsmäßige Ausbeutung mittels gegenseitiger Verträge ausgedehnt worden ist, kann auch ein wucherisches Verhalten in dem Ge werbebetriebe der Abzahlungsverkäuser Bestrafung nach sich ziehen. Jene Strafbestimmung übt zugleich eine weitgreifende Rückwirkung auf das Vertragsverhältnis aus: denn es sind die unter das Strafgesetz fallenden Verträge nichtig und die Schuldner zur Rückforderung ihrer Leistungen befugt. Hiervon und von der besonderen Strafbestimmung im § 7 des Ent wurfs abgesehen, kann es sich nur um ein Vorgehen auf dem Gebiet des bürgerlichen Rechts handeln Indem der vorliegende Entwurf es unter nimmt, Vorschriften dieser Art zu treffen, geht er davon aus, daß gewisse Mißstände im Abzahlungshandel allerdings einige Beschränkungen der Vertragssreiheit geboten erscheinen lassen, daß es aber im übrigen so wenig zweckmäßig wie erwünscht sein würde, das Abzahlungsgeschäft außerhalb des gemeinen Rechts zu stellen. Die Klagen hinsichtlich der civilrechtlichen Gestaltung der Abzahlungs geschäfte richten sich aus zwei Punkte: man verneint die Angemessenheit der Anwendung gewisser gesetzlicher Normen aus diese Geschäfte, und bekämpft die Zulässigkeit der üblichen, für den Schuldner drückenden Abreden. In elfterer Hinsicht wird die Ausschließung des Handelsrechts befürwortet, weil es leicht zur Verwirkung der Ansprüche wegen mangel hafter Beschaffenheit der Sache führe, einen Rechtsbehelf wegen Ueber- maßes des Preises nicht gewähre, der Vertragsstrafe keine Schranke setze; gegenüber der Formfreiheit der Verträge nach Handelsrecht wird das Erfordernis des schriftlichen Vertragsabschlusses empfohlen Allein auf der einen Seite würde die Anwendung des allgemeinen bürgerlichen Rechts an Stelle des Handelsgesetzbuchs den angeblichen Uebelständen nicht in fühlbarem Maße abhelfen, sondern nur böswilligen Schuldnern bequeme Handhaben für Chikane und Prozeßverschleppung bieten. Auf der anderen Seite gewährt gerade das Handelsrecht in weiterem Umfang die Möglichkeit, die wahre Willensmeinung der Kontrahenten und nament lich mündliche Nebenabreden zu dem schriftlichen Vertrage zu berück sichtigen. Aus letzterem Grunde erscheint cs auch nicht angezeigt, die schriftliche Form, die im Abzahlungsverkehr ohnehin allgemein üblich ist, zur Bedingung für die Giltigkeit des Vertrags zu machen. Wenn ferner mit Rücksicht aus das Treiben der Agenten und Provisions reisenden die allgemeinen Grundsätze über Bevollmächtigung für unge eignet erklärt worden sind, so ist nicht abzusehen, wie hier aus dem Gebiet des Civilrechts Wandel geschaffen werden könnte Insbesondere würde eine gesetzliche Feststellung der Vollmacht jener Mittelspersonen an der Vielgestaltigkeit der Veihältnisse scheitern und mit den Bedürf nissen des Lebens nicht im Einklänge stehen Ein durchgreifendes Mittel gegen Uebervorteilung oder Uebereilung könnte man in dem Vorschlag erblicken, daß dem Käufer der freie Rücktritt vom Vertrage gegen Zah lung eines Reugeldes gewährt werden solle. Diese Maßregel würde jedoch, während sie den Handel mit säst wertloser Ware kaum hemmen würde, das solide Abzahlungsgeschäft zum Nachteil des Publikums mit
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