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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 12.03.1909
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 12.03.1909
- Sprache
- Deutsch
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3074 Börsenblatt j. d- Dtjchn. Buchhandel- Fertige Bücher. ^ 58, 12- März 1909- Zur Aufklärung! A. E. Brachvogel, Friedemann Bach. Von diesem Roman zeigte der „Buchvcrlag fürs deutsche Haus" eine einbändige Ausgabe zum Preise von so H an. Die Ausgabe ist soeben erschienen, enthält statt der von Brachvogel geschriebenen 39 Kapitel nur 3V Kapitel und umsaßt insgesamt 394 Leiten, während meine Ausgabe 848 Leiten enthält! Hieraus geht klar hervor, daß die so -t-Ausgabe UM mehr als die Hälfte gekürzt wurde! Es mag zweifelhaft erscheinen, ob jemand berechtigt ist, das Geistesprodult eines Dichters nach Ablauf der Schutzfrist zu verstümmeln, aber nicht zweifelhaft ist es, daß ein solches Verfahren in den Ankündigungen und aus dem Titelblatt bekannt gegeben werde» mutz! Der „Buchverlag fürs deutsche Haus" scheint das Kürzungsversahren nicht zum erstenmal angewendet zu Habens -so fand ich zufällig, daß auch die Ausgabe von „Cervantes, Don Quixote" desselben Verlages um etwa die Hälfte zusammcngcstrichc» wurde; in dieser Ausgabe wird die Kürzung zwar aus der letzten Seite der Einleitung erwähnt, aus dem Titelblatte findet sich aber kein bcz. Hinweis, und ebensowenig in den Ankündigungen. Jch halte ein solches Verfahren für durchaus unzulässig und glaube, die Beurteilung dieser Angelegenheit getrost den Herren Kollegen überlassen zu dürsen- Leipzig, 5- März 1909. Erwiderung. Herr vr. Rudolf Presber, welcher als Herausgeber der „Bücher des Deutschen Hauses" zeichnet und welcher für die redaktionelle Leitung der Sammlung verantwortlich ist, gibt folgende Erklärung hierzu ab: „Die Bücher des Deutschen Hauses" sind gegründet mit dem ausgesprochenen Zwecke, weitere, der Literatur bis jetzt kühl gegenüberstehende Kreise mit wirklich guter Lektüre im gefälligen Gewände zu versehen und den billigen Schund durch das billige Gute wirksam zu bekämpfen. Eine nach den übereinstimmenden Urteilen vieler Urteilsfähigen (die nicht nach dem Prospekt, sondern nach dem Geleisteten urteilten) so gut ausgestattete und gleichzeitig so ungemein wohlfeile gebundene Ausgabe war nur möglich, wenn die einzelnen Bände räumlich auf gewisse Grenzen (es sind über dreihundert Seiten guten Papiers) beschränkt wurden. Es kamen also unter den literarisch Wertvollen nur Werke in Betracht, die sich in dem uns richtig erscheinenden, gut lesbaren Druck mühelos in diesen verfügbaren Raum fügten, oder als Doppelband bringen ließen; oder aber, die — ohne an ihrem Inhalt Schaden zu leiden und ihre Vorzüge einzubüßen — Kürzungen vertrugen, ja verlangten. Von den lebenden Autoren, die wir um solche Kürzungen ihrer Werke baten, hat sich keiner geweigert, diesem in der Natur der Sammlung begründeten Wunsche nachzukommen, woraus hervor geht, daß der Gedanke an eine Schädigung des literarischen Wertes des Werkes, die doch der Verfasser in erster Linie hätte fürchten und verhüten müssen, bei den lebenden Dichtern nicht aufkam. Was die Werke toter und freier Autoren anbetrifst, so wurden hier nur Kürzungen, wo sie im Interesse der Sammlung oder auch der Leser, für die die Sammlung ausdrücklich bestimmt war, nötig schien, in der behutsamsten Weise vorgenommen. So z. B. bei „Don Quixote", der — bei aller Verehrung für Cervantes darf das gesagt werden — in seinem ganzen Umfang heute nicht mehr für ein Publikum zu retten ist, das von der bisher geliebten Schundliteratur zum Guten und Wertvollen bekehrt werden soll. Eine Bekehrung, die sofort in ihr Gegenteil um schlüge, wenn allzu Veraltetes, allzu Spanisches, allzu breit Ausgesponnenes, den Genuß des Kunstwerks beeinträchtigte. Einige wenige neuere Autoren verlangen unter diesem Gesichtspunkte (das Interesse des Lesers nicht erlahmen zu lassen und ihn für die Schönheiten des Werkes, die er sich sonst erst im Gestrüpp der Weitschweifigkeiten suchen müßte, zu gewinnen) geradezu gewisse Kürzungen. So liegt der Fall Brachvogel: „Friedemann Bach". Hier mußte entweder der Roman zu zwei Bänden gestreckt werden und war dann ein langatmiges Werk, das kaum die Verehrer des Dichters zu Scharen vermehrt hätte, oder aber der Dichter mußte vor seinen Fehlern geschützt werden und sein Werk konnte dann in einem Bande der verdienten Würdigung auch in den breiteren Massen zugeführt werden. Der Verfasser des „Friedemann Bach" hat — was eine Vergleichung der Ausgaben leicht ergibt — die schöne eigene Komposition durch nüchterne und anfechtbare Geschichtsberichte unterbrochen. Unsere von diesem Beiwerk befreite Ausgabe der Erzählung, die das ergreifende Schicksal des genialen „Sohnes seines Vaters" zu einem künstlerischen Ganzen zusammenfaßt, kann nur den peinlichen Philologen stören, für dessen Spezialarbeit unsere Volksausgabe ihrem ganzen Programm nach niemals als Material gedacht war. Oder eine Konkurrenz und die ihr Nahestehenden, die eine ihnen nützlich scheinende Bekämpfung eines volkstümlichen Unternehmens mit der Pietät für jedes geschriebene Wort eines Schriftstellers drapieren, auch wenn sich ihr geschützter toter Liebling selbst durch eine heute nicht mehr erträgliche Breite den Erfolg bei den Lebenden verdirbt. Darauf, daß längst viele angesehene Verlage nicht nur gekürzte, sondern Auswahl-Bände unter vollem Namen des Dichters bringen, ohne pietätlos gescholten oder gar gleich unschöner Machenschaften verdächtigt zu werden, braucht man nicht erst hinzuweisen. Noch weniger darauf, daß die sämtlichen Kritiker, die als Fachmänner diese Sammlung der Bücher des Deutschen Hauses ausführlich gewürdigt und als gute und wirksame Lektüre warm empfohlen haben, auch ohne unsere Bemerkungen zu lesen, recht wohl gewußt haben, daß der Don Quixote, als er 1605 in Spanien erschien, umfangreicher war, als in unserer drei- hundert Jahre später für ein deutsches Lesepublikum veranstalteten Ausgabe Und keinem Kritiker ist es eingefallen, uns den Vor wurf zu machen, als hätten wir Cervantes verstümmelt und geschädigt, weil wir dazu beitragen, daß sein herrliches Buch in vorsichtig gekürzter Form jetzt vielleicht von Tausenden dankbar genossen wird, die es in seinem ganzen Umfange wohl niemals zu Ende gelesen hätten. Rudolf Presber. Wir haben diesen Ausführungen nichts hinzuzufügen Berlin, den 8. März 1909. Buchverlag fürs Deutsche Haus.
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