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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 24.06.1910
- Strukturtyp
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- 1910-06-24
- Erscheinungsdatum
- 24.06.1910
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7508 Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. 143, 24. Juni 1910. immer ein süßes Geheimnis für meine Frau sind, nicht erwähnen zu wollen. Ich will ihr davon erst erzählen, wenn mal ein Glück kommt. Also vielleicht nie.« Ein solcher Brief verdient zu einer Zeit, wo arrogante Dichter linge und beschränkte Gelehrte die Mode aufgebracht haben, bei jeder Gelegenheit auf den Verlagsbuchhandel loszuhacken, doch wohl einige Beachtung! Im Mai 1878 ist von einem Novellenband die Rede, und Fontane denkt an eine Auflage von 1500 Stück. -Ist die Zahl zu hoch gegriffen«, fügt er hinzu, »so setzen wir sie selbstverständlich herab, wobei ich mich vorweg Ihrem beßren Wissen unterordne. Die Konsequenzen für die Honorarfrage ergeben sich daraus von selbst. Leider. Denn alle diese Voranfragen verfolgen ja nur den Zweck, mich in meinen Jahreseinnahmen bis zu einer bescheidenen Höhe hin sicher zu stellen.» Endlich stellte sich der Erfolg aber doch ein, ein Erfolg, der allerdings an den der damaligen Modeautoren keines wegs heranreicht. Am 14. Januar 1879 kann Fontane an Hertz schreiben: -Natürlich eine höchst erfreuliche Mitteilung, auch die, daß Sie's noch einmal mit tausend wagen wollen. Denn ich empfinde ganz, wie Sie, und staune darüber, daß in einer nicht bücherkaufenden Bevölkerung alles in allem sechs- oder siebentausend »Märkische Wanderungen» verkauft werden konnten.» Ich weiß nicht, ob ich Fontane unrecht tue, wenn ich die Vermutung ausspreche, daß es eben der beginnende Er folg war, der das langjährige Verhältnis zwischen Autor und Verleger schließlich trübte. Die Briefe lassen jedoch kaum einen andern Schluß zu. Offenbar hatte es Wilhelm Friedrich in Leipzig, der damals gerade sein Verlagsschiff mit tausend Masten auf die Springflut der modernen und modernsten Literatur htnaussteuerte, dem Dichter angetan, und dieser ließ sich durch Eduard Engel an Bord des ver heißungsvollen Fahrzeugs bringen. Daß ihm selbst nicht ganz wohl dabei war, scheint mir aus dem Tone hervor zugehen, in dem er sich nun über Hertz äußert. Man merkt es jeder Zeile an, wie er sich bemüht, den Schritt, den er zu tun im Begriffe steht, vor seinem Gewissen zu rechtfertigen. Der Brief vom 2. November 1882 an Eduard Engel läßt die vornehme Reserve, die sonst so charakteristisch sür den Dichter ist, vermissen. »Auf den Quatsch, daß ein Buchhändler nicht zaubern könne,« heißt es da, »geh ich nicht ein. Zaubern kann er freilich nicht, aber was eine anständige Firma zahlen kann, kann auch die andere zahlen. Und so liegt es mit vielen andern Punkten noch. Aber ich habe mich wieder verplaudert, und so kommt dann die Hauptsache wieder richtig an den Rand. Was ich Ihnen schreiben wollte, ist das: Ich ziehe mich von Hertz zurück und würde mich freuen, wenn ich, nach Abbruch der Zelte hier, mein Lager überhaupt wo anders ausschlagen könnte. Komm ich in die rechten Hände, so ist mit mir, trotz meiner hohen Semester, immer noch was zu machen; das weiß ich. Aber diese .rechten Hände' müssen die Hände eines Gentleman sein; müssen Hände sein, die nicht jedes Fünfmarkstück wie ein Staatsvermögen ansehn, und müssen vor allem Hände sein, die mich kajolieren. Das hat Hertz früher getan; jetzt nicht mehr. Laß er's bleiben. Mit andern Worten: ist stehe nicht bloß als Novellist und Romancier, ich steh auch als »Märker» (auf welchem Gebiet ich auch mein letztes Wort noch nicht gesprochen habe) zur Verfügung, und wenn Wilhelm Friedrich ein Vertrauen zu mir fassen, einen Glauben an mich gewinnen könnte, so wäre mir geholfen, und ihm vielleicht nicht zum Schaden.» Wilhelm Friedrich griff zu und betrieb die Veröffent lichung der Erzählung -Schach von Wuthenow« mit Hoch druck, da das Buch noch auf dem Weihnachtsbüchermarkt erscheinen sollte. Daneben verlangte er von Fontane einen Band »Bilder aus Berlin«, eine Arbeit, die diesem »einfach zu langweilig» war. Die Ostermeßabrechnung zeigte, daß auch Wilhelm Friedrich nicht zaubern konnte: vom »Schach von Wuthenow« waren alles in allem 510 Exemplare ab gesetzt! »Wer von uns beiden der Beklagenswertere dabei ist», meint der Dichter dazu, »ist schwer zu sagen. Ich möchte aber leider beinah sagen dürfen: ich. Sie sind jung, und was Ihnen A. heute nicht leistet, leistet Ihnen B. morgen. Aber am Ende eines Lebens auf eine vierzigjährige vergebliche Zappelei zurückzublicken, ist ein schlechtes Ver gnügen. Tausendmal Hab' ich mir gelobt, gleichgültig da gegen zu sein (au konä ist es gleichgültig); aber wenn einen dann die Zahl fünshundertzehn anstarrt, sünfhundertzehn auf sechzig Millionen Deutsche, die über die Welt hin wohnen, so kriegt man ein Zittern, und das Herz sinkt einem, um nicht einen drastischeren Ausdruck zu wählen.» Die Episode »Wilhelm Friedrich- war damit zu Ende, nicht aber die Reihe der Enttäuschungen, mit denen sich der Dichter bis in die letzten Lebensjahre hinein abfinden mußte. Bald nachdem eine dänische Übersetzung des Romans »Unwieder bringlich- erschienen war, erhielt Fontane die Nachricht, der Kopenhagener Verleger habe bankrott gemacht. »Wäre ich ein Graf«, bemerkt er dazu, »und so reich, wie die Agrarier arm sind, so würde ich ihm Schadenersatz anbielcn. Einen Jnseldänen an mir scheitern zu sehn, erfüllt mich mit Schmerz.« Und er gewöhnt sich immer mehr daran, eine Grießsuppe, eine Schlafstelle und das Verschontbleiben mit körperlichen Schmerzen sür das einzige erstrebenswerte Glück zu halten. Daß ein Autor von den Qualitäten Fontanes auch ohne rauschende Erfolge die Aufmerksamkeit der Verleger auf sich zog, versteht sich von selbst. So sehen wir denn Friedrich Bruckmann sich bemühen, von dem märkischen Herodot eine Biographie Kaiser Wilhelms I. oder eine Ge schichte Brandenburgs oder eine Geschichte des Siebenjährigen Krieges zu erhalten. Aber Fontane lehnt ab, er »würde vor Langecweile dabei umkommen!» Wichtiger ist die Ver bindung mit Rudolf von Decker, weil sie zu posi tiven Resultaten führte. Im Deckerschen Verlage erschienen aus Fontanes Feder: »Der schleswig-holsteinische Krieg im Jahr 1864» (1866), »Der deutsche Krieg von 1866» (2 Bde. 1869—71), »Kriegsgesangen. Erlebtes 1870- (1871), »Aus den Tagen der Okkupation, eine Osterreise durch Nord- Frankreich und Eisaß-Lothringen» (2 Bde. 1872), »Der Krieg gegen Frankreich 1870—1871» (2 Bde. 1874—76). Bekanntlich wurde der Schlachtenbummler zu Anfang Oktober in Domrsmy, der Heimat der Jungfrau von Orleans, unter dem Verdachte der Spionage verhaftet, durch das Kriegs gericht zwar freigesprochen, aber als Kriegsgefangener im Lande zurückgehalten. Er benutzte die unfreiwillige Muße auf Jsle d'Oleron, einem Jnselchen zwischen la Rochelle und Bordeaux, zur Arbeit an seinem Kriegsbuch, obgleich seine Lage, wie man zwischen den Zeilen der an die Familie und an Decker gerichteten Briefe zu lesen vermag, durchaus nicht ungefährlich war. Der Verleger, der sich überhaupt — auch in puncto Vorschüsse! — sehr entgegenkommend zeigte, wußte sich mit Erfolg für seine Freilassung zu verwenden, und so konnte denn Fontanes Gattin am 18. November an R. v. Decker schreiben: »Gestern erhielt ich einen eigen händigen, deutschen, höchst liebenswürdigen Brief Sr. Eminenz des Kardinals von Besanhon, der einen Mr. Bial, Eskadron chef, interniert in Wiesbaden, zur Auswechselung vorschlägt. Ich habe sofort davon Anzeige gemacht und erfahren, daß unser großer Bismarck selbst, sowie Herr General v. Werder (durch Ihre Güte) sich persönlich für die Befreiung meines Mannes verwandt hätten«.
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