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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 29.06.1914
- Strukturtyp
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- Band
- 1914-06-29
- Erscheinungsdatum
- 29.06.1914
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- Deutsch
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Redaktioneller Teil. 147, LS. Juni 1914. zugeben und ihnen so den Weg zur Berühmtheit zu bahnen. Ein Verleger der allen Schule teilt die nachstehende Antwort eines Vertreters der oben genannten Gattung mit, die einem Autor ge geben wurde, der sein Manuskript auf eigene Kosten herausgebcn wollte: »Geben Sie mir 800 kres., dafür erhalten Sie 1600 Exemplare Ihres Werkes mit drei verschiedenen Auflageziffern hergestellt. Außerdem lasse ich Ihnen die Halste davon über mitteln, und Sie sehen zu, diese Exemplare selbst an den Mann zu bringen«. Es leuchtet zur Genüge ein, wie sehr der Überproduktion durch derartige Praktiken Vorschub geleistet wird, und man ver steht dann auch, daß der Verleger Albin Michel dem Inter viewer in seiner Antwort, für die er jede Verantwortlichkeit über nimmt, erklärt, daß der französische Verlagsbuchhandel sich in einer Krisis befände. In Ausgaben zu 3 kres. 50 cts. könne man nur noch bekannte Namen bringen, andererseits sei es den Sortimentern infolge der in wahrhaft phantastischer Weise ge stiegenen Spesen immer schwerer geworden, ihr Auskommen zu finden. Die Zeitungsinscrate seien so teuer, daß man nur in sel tenen Fällen zu diesem Mittel greifen könne, um es zur Unter stützung des Absatzes nutzbar zu machen. A. Michel führt als Beweis an, daß die Kolonne auf der ersten Seite einer Tageszei tung 6000 kres., die einzelne Zeile 40 kres. koste. Unter diesen Umständen wird man es verständlich finden, daß kleine Auflagen von Werken, die einige Francs kosten, resp. Bücher unbekannter Autoren keine große Reklame vertragen können. Bei Behandlung der Frage der Überproduktion darf nicht vergessen werden, der literarischen Preise Erwähnung zu tun, die bekanntlich den Zweck haben, den Wert eines Buches zu bestätigen. Da nun bei dem Kampf der Kliquen und Schulen der Lorbeer oft mehr nach Gunst als nach Gaben ausgeteilt wor den ist, hat unlängst jemand den Vorschlag gemacht, man möchte die bedeutenden Summen, die in Frankreich für literarische Preise ausgesetzt werden, dafür verwenden, wertvolle Werke junger Autoren in billigen Ausgaben zu 50 oder 95 cts. erscheinen zu lassen. Dadurch würde diesen Schriftstellern die Möglichkeit ge geben, das große Publikum zu erreichen und so bekannt zu wer den. Es scheint, daß man hierbei Ursache und Wirkung ver wechselt, denn die bekannten Autoren haben nur wegen ihrer Notorietät mit den billigen Ausgaben ihrer Werke einen so großen Erfolg gehabt. Schon bei Schriftstellern, die Wohl von literari schen Kreisen, nicht aber von der breiten Masse anerkannt sind, hat man feststellen können, daß der Verkauf der billigen Aus gaben zu wünschen übrig ließ. Es wäre darum ein Trugschluß, anzunehmen, daß jemand das Werk eines Unbekannten kaust, nur weil er es für 95 ets. erstehen kann. Ein anderer Grund dafür, daß viele junge Leute sich der Literatur widmen und dann den Büchermarkt oft unnötigerweise mit ihren Erzeugnissen belasten, dürfte Wohl auch darin zu suchen sein, daß viele zu großen Reichtümern dabei zu kommen glauben. In der »Rovuedeslndegeudaiits«, einem Organ junger Schriftsteller, findet man in dem Verzeichnis der Vorteile, die die »Lssociation des Inttsratcurs iirdcpkildants« ihren Mitgliedern bietet, wörtlich folgende Angabe: s 9: Wir liefern . . . . Bücherbe st ellzettel <10 bis 33"/» Rabatt aufalle literarischen odermusi- kälis chen Werke bei Entnahme vom Verleger). Sollte da nicht in den Köpfen dieser jungen Autoren, denen man ja so gern ihre große geschäftliche Unkenntnis vorwirft, der Gedanke reifen: Wieviel mutz nicht der Buchhändler an literari schen Werken verdienen, wenn man durch seine Umgehung bis zu 33"/» Rabatt erhalten kann, und wieviel Verdienst wird nicht dem Verleger selbst bleiben? Einsichtsvolle Leute sagen darum Wohl, man müsse alles tun, junge Leute davor zu bewahren, sich dem Schriftstellerberuf zu widmen, wenn sie nicht materiell sichergestellt sind und Talent haben. Deshalb sollten die Literaturpreise lieber dazu verwandt werden, denjenigen Autoren Beihilfen zukommen zu lassen, die infolge ihres Alters nicht mehr ihren Beruf wechseln können. Alle französischen Blätter haben letzthin auf den Preis von 3000 ,7k hingewiesen, den eine deutsche Schauspielergenossenschaft für einen Roman über das Elend der Bühnenkünstler ausgesetzt 1046 hat. Das legt den Gedanken nahe, daß französische Schrift steller, um »weiteren Zuzug fernzuhalten«, Wohl am besten ein ähnliches Preisausschreiben erlassen. Aber schließlich wird bei diesen Berufen, wie bei so manchen anderen, Wohl die alte Wahrheit recht behalten, die am besten durch das Bild einer be lagerten Stadt illustriert wird: Die drin sind, möchten herzlich gern heraus, und die Draußenstehenden wollen durchaus hinein! Da die Überproduktton und deren Folgen nicht zu leugnen sind und ein junger Schriftsteller im Glauben an seinen Stern doch meist ausharrt, so wird die Frage: »Wie werde ich allen widrigen Umständen zum Trotz bekannt?« für ihn zur Lebensfrage. Eine praktische Beantwortung dieses Problems will eine neue Halbmonatsschrift geben, die sich »I-e vicux Rauns« betitelt. Sie sagt den jungen Autoren: »Denken Sie daran, daß jeden Tag vier neue Romane erscheinen und der Leser darum durch die übermäßige literarische Produktion erschreckt ist. Um bekannt zu werden, müssen Sie eine intelligente Reklame machen, durch die das Publikum direkt berührt wird, denn die bisherigen Ver triebsmethoden erreichten nur die Buchhändler und nicht die Käufer. Wenn aber der Leser einer literarischen Revue Ihren Namen 10, 20 oder 30mal gelesen hat, weiß er, daß Sie existieren, und ohne cs zu wollen, entsinnt er sich Ihres Namens und des Titels Ihres Buches, sobald er es in dem Schaufenster eines Buchhändlers sieht. l.e vieux Raune ist die einzige Revue, die ihre Spalten ausschließlich literarischer Reklame reserviert in Erkenntnis des Umstandes, daß eine erfolgversprechende Ankündi gung für ein Buch besonders unternommen werden muß und sich nicht neben Konserven und Nahrungsmitteln finden darf.« Diese Annoncen müssen natürlich von den Autoren bezahlt werden <15—20 kres. für die Anzeige), und es bleibt immer hin beachtenswert, daß trotz des geringen Erfolges, den man sich anfangs vom buchhändlerischen Vertrieb verspricht, es zum Schluß doch wieder das B u chh änd l e rs ch a ufenster ist, das die Absatzmöglichkeiten schafft! ES scheint hierzulande immer mehr Mode zu werden, in dem Sortimenter einen Vermittler zu sehen, den man bei günstiger Ge legenheit ausschalten kann, so wie die Konsumgenossenschaften bereits die Zwischenhändler für Nahrungsmittel umgehen. Als Beweis für diese Taffache kann die »Inbrairis des Rettres« gelten, die von Literaturfreunden ins Leben gerufen und geleitet wird und wovon bereits in Nr. 17 d. Bl. die Rede war. Jetzt scheint die Reihe an die Antiquare zu kommen, denn in Paris erscheint eine neue Halbmonatsschrift, be titelt »ü'Union des Libliopkiles«, die es den Bibliophilen ermöglichen will, unter Umgehung des Anti quars direkt ihre Werke auszutauschen. Zur Rechtfertigung des Unternehmens gibt die Schriftleitung bekannt, daß die außer halb von Paris wohnenden Bibliophilen wenig begünstigt seien, sobald sie gewisse Werke suchen. Wohl können sie sich an einen Antiquar wenden, aber der ist »Kenner und Kaufmann« und läßt sich zu niedrigen Preisen erworbene Werke teuer bezahlen. Da nun andererseits mancher Bibliophile Bücher besitzt, die ihn nicht interessieren, die er aber doch nicht an einen Buchhändler verkaufen möchte, der nichts zahlt, so scheint cs praktischer, auf dem Wege der Anzeige die gesuchten oder abzustotzenden Werke bekanntzugeben. Es bleibt abzuwarten, ob das Unternehmen einschlägt, das offensichtlich seine Existenzmittel aus Annoncen zieht und darum schon notgedrungen den Bezug durch den regu lären Vermittler, den Antiquar, als ungünstig hinstellen muß. In der Wochenschrift »Ra Renaissance eontsnrpoiains« konnte man unlängst die Mitteilung finden, daß »fast alle pornographi schen Bücher und Bilder angeblich französischen Ursprungs« in Deutschland hergestellt würden. Die Zentren dieser schamlosen Industrie seien Berlin, Königsberg und Leipzig, und der Bericht erstatter schlug vor, auf allen in Frankreich erschienenen Büchern deutlich das Ursprungsland zu bezeichnen, damit man die einge führte »p o r n a gr a p k i s L11emallde« mit Beschlag belegen könne. Zugegeben, daß ein Teil der »pikanten Pariser Lektüre« im Ausland hergestellt wird, so kann Deutschland doch nicht allein den traurigen Ruhm in Anspruch nehmen, Lieferant dieser Art Literatur zu sein. Zuerst kommt kein Eingeweihter darüber hin-
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