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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 25.11.1922
- Strukturtyp
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- 1922-11-25
- Erscheinungsdatum
- 25.11.1922
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- Deutsch
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Redaktioneller Teil. X- 2.4, 25. November 1S22. Irrsinn? Kein Verleger kann bei den jetzigen Preisen Risiko, Kapitalverzinsung, Reklamekosten u. a. in seine Kalkulation ein- bcziehen, sondern bescheidet sich mit einem ganz bescheidenen Gewinn. Kre-ditvcrkehr und Preis st ellung. Eine scheinbar ganz wirtschaftlich-rationale und in der Tat doch eine immens wichtige ethische Frage ist: die Notwendigkeit der Abschaffung des Kreditverkehrs, wie er vorläufig im Buch handel immer noch völlig dominierend ist. Ich bin in meinem Verlag feit einigen Monaten zum reinen Baroerkehr übergegangen, wie ich vor einigen Jahren schon einer der ersten war, der an Stelle des Jahreskommissionsvcrkehrs die Barlieferung mit Remissionsrecht (wie neuerdings der Vorschlag Lempp) gesetzt hat. Und was mir der Verzicht auf diesen unseli gen Sommissionsverkehr schon an schöpferischer Arbeitskraft ge geben hat, das kann vielleicht auch der Außenstehende beobach ten, aber auch wenn -das vorläufig noch nicht so wäre, — ich weiß, ioas mir damit geschenkt worden ist. Und wer alles gern ziffern mäßig haben möchte, dem kann's auch so gezeigt werden. Und so fühle ich tatsächlich einen neuen Abschnitt damit be ginnen, daß ich jetzt an Stelle aller Monats- und Zielkonten den Baroerkehr (bar über Leipzig oder Postnachnahme oder Vorfak tur) rigoros durchführe, gleichgültig ob das Lieferungen an das Barsortiment oder an geschätzte Freunde oder an das Ausland sind. Also radikale Abschaffung aller Borgwirtschaft und der Versuchungen dazu unter dem Gesichtspunkt: 1. der Einsparung der unproduktiven Konten- und Mahn arbeit, die erfahrungsgemäß ein Viertel des Personals beschäftigt; 2. -des (heute zwar -belanglosen) Zinsberlustes; 3. der Gewißheit, von Verlusten frei zu bleiben; 4. der Vermeidung unserer Inanspruchnahme fremden Kre dits mit allen seinen Auswirkungen; 5. der Auswirkungen unserer Inanspruchnahme (zahlenmäßig zwar gleichbleibender, im Geldwert aber inuner geringerer Betrag). Aber für -mich wäre die Stellungnahme zu der Frage Kredit- ober Barvcrkehr mit diesen wirtschaftlichen Argumenten denn doch nicht genug gekennzeichnet. W i r m ü ss e n s i e a u ch vor allemet -hisch ansehen. Gewiß beruht unsere ganze wirt schaftliche Entwicklung nicht zuletzt aus dem Krsdidverkehr, -die sem mit allen Raffinements ausgebildeten Kre-ditverkehr, den jedermann irgendwie in seine Netze zu spannen weiß. Darin liegt aber oben auch das Teuflische der ganzen Sache, denn damit ist einer industriellen Entwicklung und einer Han delei der Weg gebahnt worden, deren Segnungen wir heute anzu zweifeln begonnen haben. Aber wie sonst, so auch hier: es genügt nicht, für die anderen die Besserung, die Einsichten zu erwarten, sondern jeder soll bei sich anfangen, und der Anfang dazu ist einfach: bei uns soll jeder nur die Käufe machen, die er wirtschaftlich zu leisten imstande ist. Und er ist das wirtschaftlich zu leisten imstande, was entschei dende Notwendigkeit für ihn und für -die ist, -deren Sprecher oder Beauftragter er ist. So kann auch -das Buch Lebensnotwondig- keit sein, braucht es -aber nicht zu sein. Und diese Reinigung (Notwendigkeit oder Nichtnotwcndigkeit) dürfen wir davon er warten, daß wir unsere Bücher niemand -aufdrängen, sondern uns bemühen, herausznfühlen, wo -der Bezirk der Aufdringlichkeit bei Produzent und Konsument beginnt und wo dieses Aufdrängen durch die dazugehörigen wirtschaftlichen Handreichungen geför dert würde. Wir haben nichts weiter zu tun, und das ist selbstverständ liches Ergebnis eines Gemeinschaftsbewußtseins, als unsere Bücher objektiv zur Schau zu stellen, so umfassend wir das zu tun vermögen. Der Wege dazu gibt es viele. Das Weitere wird sich gegen l8M Mt. für Verleger, Autor usw. Die normalen Aufschläge bürsten immer noch L6"/o betragen. Dann hat der Sortimenter eben- soviel wie Verleger, Autor usw. ^ Red. lLSL finden. Bielleicht ergibt sich dann auch, daß bas Buch nur in bescheidenstem Unffange Lebenserfordernis ist, vielleicht überhaupt nicht? Was sich daraus ergäbe, muß jeder mit sich abmachen. Haben wir aber die Gewißheit, daß unsere Bücher oder (bescheidener) einzelne unserer Bücher Notwendigkeiten sind, dann können die Lieferungsbedingungen und unsere (sich aus gewissenhaftester Kalkulation ergebenden) Preise kein Hindernis sein, daß dies« Bücher die Aufgabe erfüllen, die sie innerhalb bestimmter Gren zen erfüllen können. Gerade in bezug auf die aus unserer gegenwärtigen Wirt schaftsordnung sich ergebenden Preis« habe ich wenig Angst, und wir sollten den Rummel mit dem »billigen Buch» nicht mit machen. Ob das Buch mit 1600.— Mk. verkauft wird oder ob es verschenkt wird, hat es seine Aufgabe, dann wird es sie so oder so erfüllen, und hat es -die nicht, dann ist das auch wieder so oder so vergebens. Die Luthersche Übersetzung des Neuen Testaments kostete bei ihrem Erscheinen ein Geld im Werte eines Pferdes. Die erste Auflage war in wenigen Wochen vergriffen, und es folgte Auf lage auf Auflage innerhalb weniger Jahre. Zu Z-inzendorfs Zeit war das Neue Testament schon sehr viel billiger, aber es kostete immer noch einen Scheffel Roggen. Und erst unserem Jahrhundert war es Vorbehalten, ungezählte Millionen dieses Buches zum Stückpreis von 1l> Pfennig »auf den Markt« zu brin gen. Und in welchen Beziehungen stand die Jntensivität des religiösen Lebens zu dieser Preisentwicklung -des Neuen Testa ments? Di« Antwort kann nicht zweifelhaft sein. Dieser kleine Hinweis soll niemals eine Rechtfertigung hoher Preise sein, son dern ich wollte nur die eigentlich doch selbstverständliche Bezie- hungslosigkeit zwischen Preis und irrationalem Bezirk gern noch mals aufgezeigt haben. Eine Jugendbewegung im Buchhandel. Wir jungen aus der Jugendbewegung heraufgewachsenen Buchhändler sind oft recht ungeschickt von den älteren Herren Kollegen -bekämpft und mißverstanden worden. Ich beschränke mich in diesem Zusammenhang auf -die eine Frage: Warum hal der Großteil des Sortiments nie ernsthaften Kampf gegen Kitsch und Schund gewagt? Warum muffte hier erst die Jugend den Anstoß geben, bis schließlich einige Herren sich besannen? War um mutzte es auch jetzt wieder geschehen, daß während der Reichskampfwoche gegen das Schundbuch in vielen Städten das alteingesessene Sortiment die neue »Bücherstube« allein kämpfen l-ieß? Wieviel mehr könnten wir schaffen und aufbauende Kul tur verwirklichen, die in weitere Kreise zu tragen uns heute diel -eher möglich ist als selbst dem Geistlichen und -dem Lehrer, wenn mehr Buchhändler sich geistig-kulturellen Arbeitsmöglichkeiten aufschließen wollten! Warum statt eines die Öffentlichkeit viel eindrucksvoller erfassenden gemeinsamen Arbeitens kleinliche Schikane und verärgertes Schielen auf die gegenseitigen Laden- kaffen? — Halten wir uns damit keine Minute länger auf! Die »kulturelle Sortimentergilde« marschiert! Aufstrebender deutscher Jugertdwille leuchtet ihr voran. Bis jetzt haben sich vier Firmen der einstweilen von mir geleiteten buchhändlerischen Grlchpe im Verband der Literarischen Gesell schaften Deutschlands angeschlossen. Die uns Sortimenter und die uns verbundenen Verlage einende Grundlage ist die Bereit willigkeit, eigenes Geschäftsinteresse und Einordnung in den Dienst an der Gesamtheit in Einklang zu bringen. Der erste praktische Beweis d-ieser Grün-dein st ellung wird erbracht werden mit dem freiwilligen Ver zicht auf die Erhebung des heute überholten Teuerungszuschlages, zumindest für die der kulturellen Gilde verbundenen Verlage. Entsprechende Anträge an die Orts- und Kreisberelne weiden eben jetzt ausgearbeitei. Sache der Ver leger ist es, hierzu praktische Vorschläge zu geben. Von der Gilde vertretener Standpunkt ist, daß bei Sicherung von 4N?4 Rabatt und halber Portoberechnung seitens des Verlegers das rührige Sortiment unter heutigen Verhältnissen <nff die Zu schlagserhebung verzichten kann, zrmral da durch dieses vermeint-
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