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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung : 27.08.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-08-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-189608270
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-18960827
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-18960827
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungAmts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
- Jahr1896
- Monat1896-08
- Tag1896-08-27
- Monat1896-08
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in Grünhain ausgenommen; und nun betrat der Herr Schul direktor Leschner au» Schwarzenberg die Rednerbühne, um seinen Bericht zu erstatten. Wie die Predigt im Gotte-Hause, so wirkten auch die Worte de» Herrn Berichterstatter» zün dend. Derselbe knüpfte an 3 Manner an, welche mit Grün hain und der heutigen Feier in Verbindung stünden: an den Köhler Schmidt, der einst in der Nühe von Grünhain den geraubten Sächsischen Prinzen gerettet, an den letzten Abt de» Kloster» Grünhain, der einst, al» da» Kloster aufgehoben und die Reformation eingeführt wurde, den Kurfürsten gebeten habe, er möchte nur einen wahrhaft christlichen Prediger nach Grünhain senden, und an den edlen Kurfürsten Johann den Beständigen, dessen Tode-tag der 16. August sei. Auch der Gusiav Adols-Perein, so führte der Herr Redner etwa au», wolle helfen und retten, wolle Prediger senden zu den evan gelischen GlaubenSbrüdcrn in der Zerstreuung, wolle treu zum Evangelium sich bekennen. Denn der Ruf: »Helft und rettet un»!' töne ihm vielfach entgegen. Und nun wurde ein er greifende» Bild von dem kirchlichen Nothstand in der Dias pora, besonder» in Siebenbürgen, Westpreußen und Elsaß- Vothringen entrollt. Die segensreiche Thätigkeit de» Gustav- Adols-Verein» überhaupt u. de» Schwarzenberger Zweigverein» im Besonder» fand eine überaus lebendige und anregende Schilderung. Zum Schluß ergriff der Herr Ortspfarrer nochmal» da» Wort, um allen Denjenigen, welche sich um da» Zustandekommen und den schönen Verlaus de» Feste» irgendwie verdient gemacht, warm zu danken, und um zur Treue im Glauben zu inahnen, zum Feststehen nach der Losung: „öesus iu>l>j-,cuiu. State!" Mit dem Gebet de» Vaterunser durch den Vorsitzenden, Herrn Pfarrer Haubold, fand die erhebende Feier, welche auch einen reichlichen Collcctenerlrag in Höhe von 84 Mark erbrachte, ihr Ende. — Meißen, 22. August. Die bekannte schwache Seite vieler Männer wird jetzt von einer auswärtigen Tuchhändler- firma in erfolgreichster Weise auSgenützt. Schon zwei Mal kurz hintereinander besuchten 8 bi» 10 junge Mädchen unsere Stadt und hausirten hier mit — Stoff zu Männeranzügen. Diese Hausirerin-Kolonne hat jedesmal vollständig abgesetzt. Die hübschen Mädchen sind sehr liebenswürdig gegen ihre Kunden und besitzen große Ueberredungskunst, so daß es gar nicht zu verwundern ist, daß sich die Vertreter de» starken Geschlechts erweichen lassen und „den kleinen Rest, welcher gerade noch gut zu einem Anzüge reicht,' kaufen, weil eben die Verkäuferin gar zu schön bitten kann. Sobald die Mäd chen den .Rest' verkauft haben, gehen sie nach der Restau ration, wo sich ihre Hauptniederlagc befindet, zurück, um wieder mit einem neuen „kleinen Rest" ihr Glück zu ver suchen, und so geht e» den ganzen Tag fort, bis der mitge- brachle Vorrath zu Ende ist. Wenn Männer mit diesen Stoffen hausiren gingen, so würden sie eine Woche zu thun haben, um auch nur annähernd da» umzusetzen, wa» die Mädchen in einem Tage verlausen. — SauperSdorf. Eine spaßhafte und dabei auch aufregende Scene trug sich letzten Freitag Nachmittag aus der hiesigen Ehaussee zu. Al» eine vor einen kleinen Bauern wagen gespannte und in langsamem Tempo daherschreitende Kuh einer ihr entgegensahrenden Radlerin ansichtig wurde, machte sie mit dem Wagen sofort Kehrt, gerieth dabei mit der Deichsel in ein andere» Fuhrwerk, sodaß dieselbe entzwei brach und raste dann da» Dorf hinunter, b!» sie von der Last de» Wagens, von dem sich unterdessen zwei Räder gelöst hatten, ausgehalten wurde. Ein weiterer Unfall ist dabei nicht vorgekommen. Vor mehreren Jahren wurde auf derselben Straße oberhalb Hartmannsdorf ein Radler von einem aus der Wiese grasenden Ochsen mit den Hörnern so bearbeitet, daß der Radler daran gestorben ist. Vor dem Rindvieh scheinen demnach die Radsahrer sich besonder» in Acht nehmen zu müssen. — OelSnitz i. V. Die Viehschmugglcr, welche sich die gegenwärtigen finsteren, regenreichen Nächte zunutze machen wollen, haben Heuer arge» Pech. Am Sonnabend in den ersten Morgenstunden wurden unweit der HofmannSmühle (an der sächsisch-böhmischen Grenze! abermals zwei feiste Ochsen im Weiche von 700 M. konfi-zirt. Die Pascher flüchteten über die Grenze zurück; die werthvolle Beute wurde an die Grenzobcrkontrole Adorf abgeliefert. — Die andauernd regnerische Witterung hält in allen Gebirgsgegenden da» Reisen, im Hügellande und in den Ebenen da« Bergen de» hier schon geschnittenen Getreide außerordentlich auf, während die Kartoffeln namentlich in schwererem Lehmboden vielfach bereit» schwarz werden und theilweise sogar zu faulen anfangen. Im oberen Erzgebirge ist außer dem Hafer und der Gerste selbst der Winterroggen noch vollständig grün und im mittleren Erzgebirge kann man strichweise erst in den nächsten Tagen an da» Abhauen de» Wintcrgctreide» gehen. Selbst in der nächsten Umgebung Dresden» ist noch viel Getreide auf den Feldern, und auf den rechtsufrigen Höhenlagen um Pappritz, GönnSdorf, Schönfeld >c. sah man z. B. am Donnerstag Abend nicht wenig Land leute noch bei Mondenschein mit Erntcarbeilen beschäftigt, da man für den folgenden Tag erneute Niederschläge befürchtete; man hat sich Heuer bereit« daran gewöhnt, die Frucht von den Feldern förmlich wegzustehlcn, wie man volkSthümlich zu spre chen pflegt. — Wa« die Kopfstärken der Armeen bei den dies jährigen großen Manöver» anbetrifst, so sei hier Nachstehen de» hcrvorgehoben. Da» XII. (König!, sächs.) Armeekorps mit der achten Division — Largestellt in 2 Armeekorps zu je 2 Divisionen getheilt und eine Westarmce bildend — wird zählen: 50'/, Bataillone Fußtruppen, 3 Kavallerieregimenter, ü Eskadron«, Division-kavallerie, eine Kavalleriedivision zu 6 Regimentern (vier königl. sächs., da» Leibgardchusaren- und 2. Gardeulancnregiment des Königl. preuß. Gardekorp«), 13 Abheilungen Feldartilleric mit ca. 234 Geschützen, sowie Train» und eine Luftschiffcrabtheilung — im ganzen also ca. 32,000 Mann Fußtruppcn, ca. 4500 Pferde, 234 Geschütze. — Da» V. und VI. Armeekorps (Ostarmee) wird mit je 27 Bataillonen — die 4 Fußartilleriebalaillone nehmen nur an der, bezw. den Kaiserparaden theil — in» „Feld' rücken, außerdem mit je 10, bezw. 0 Eskadron« DivisionSkavallerie, mit einer Kavallcricdiviston zu 6 Regimentern mit 26 Es kadron», mit im ganzen fünfzehn Abt Heilungen Feldartillerie zu ca. 250 Geschützen, sowie mit den Train» und glcichsall» einer Lustschifserabtheilung — im ganzen ca. 32,000 Mann Fußtruppen, ca. 4500 Pferde und 250 Geschütze. Erreicht somit die Gesammtltärke der beiden gegeneinander operirenden Armeen auch nicht diejenige, welche seit einigen Jahren mit unseren östlichen wie westlichen Nachbarn auf den Manöver plänen erscheinen, so werden sich doch immerhin in den bevor stehenden Septembertagen ca. 75,000 Mann ohne die Stäbe usw. in dem Gelände östlich Bautzen befinden. — Die an Soldaten gerichteten Postkarten werden von den Absendern meisten« frankirt, obgleich diese» vollständig überflüssig ist, da auch für Postkarten an Soldaten seit Jahren Portofreiheil besteht. Diese Postkarten müssen ebenso wie die Briefe den Vermerk: „Ioldatenbrief. Eigene Angelegenheit de» Empfänger»' tragen. Briefe an Soldaten kosten erst dann Porto, wenn sie über 60 Gramm wiegen. Auf die in Briefen oder unter Kreuzband an die Soldaten gerichteten Drucksachen (Zeitungen ic.) erstreckt sich diese Portofreihcit nicht, ebenso genießen buchhändlerische und kaufmännische An zeigen an die Soldaten keine Portofreiheit. Die Portover günstigungen kommen ferner für beurlaubte Militär» und für Einjährig-Freiwillige nicht zur Anwendung. Amtliche Mitthciluugen aus der 8. -ffeutkchm Hikung des Htadtverordneten-Kolleginms am 19. August 1896, Abend» 8 Uhr im RathhauSsaale. Vorsitzender: Herr Stadtverordneten-Vorsteher E. Hanne- bohn. Anwesend: 17 Stadtverordnete, 4 entschuldigt. Der Rath ist vertreten durch Herrn Bürgermeister Hesse. 1) Auf die von Herrn Stadtv. Männel gegen die 1895er Sladtkassenrechnung gezogenen Erinnerungen ist die vom Collegium gewünschte Auskunft eingegangen. Bei der Beantwortung will man eS bewenden lassen, und spricht die Sladtkassenrechnung richtig. Der Rath soll jedoch er sucht werden, in Zukunft dahin zu wirken, daß bei der Position über die Vorbildersammlung Ueberschreiiungen nur in dem Maße vorgenommen werden, daß sie in den nächsten Jahren wieder ausgeglichen werden können. Die Armenholzkassen- und Stadtanlagen-Rechnung werden, nachdem letztere von Herrn Stadtv. Hirschberg nachgeprüft worden ist, richtig gesprochen. 2) Der Rath hat auf Vorschlag de» Schulausschusses be schlossen, in der neuen Schule ein Volksbrausebad nebst Bäder für Erwachsene cinzurichtcn und hierfür den er forderlichen Kostenaufwand von 2000 Mark vcrwilligt. Herr Bürgermeister empfiehlt die Vorlage zur Annahme und führt an, daß jede neue Schule, die einigermaßen auf der Höhe der Zeit stehen wolle, sich mit einer solchen Einrichtung versehe. Den Schulkindern werde hierdurch zweifellos eine große Wohlthat erwiesen. Die Herren Stadtv. Porst, Schlegel und Tiltel erkennen zwar die Nothwendigkeit dieser Einrichtung an, sind aber niit Rück sicht auf die in diesem Jahre gebrachten Geldopfer z. Zt. gegen Verwilligung der Mittel und wünschen, daß diese Einrichtung erst nächste» Jahr zur Verwirklichung kommen möge. Herr Stadtv. Herklotz spricht sich unter Betonung der Reinlichkeit, welche gerade bei den Schulkindern be sonder» wünschenSwerlh ist und mit Rücksicht darauf, daß denselben wenig Gelegenheit zu einem freien Bade geboten sei, für die Rathsvorlaqe au». Nachdem Herr Bürger meister die Vorlage anderweit begründet und Herr Stadtv. Ludwig daraus hingewiesen hatte, daß bereit» beim Schul neubau an der Brausebadanlage gedacht worden, er auch au« diesem Grunde für die Vorlage sei, beschließt da» Collegium gegen 4 Stimmen, die zur Errichtung eine» Schulbrausebades erforderlichen Mittel von 2000 Mark zu verwilligen. 3) Mit der Wiedcrbesetzung der srci gewordenen Lehrerstclle ist da» Collegium einverstanden, die erforderlichen Mittel werden verwilligt. 4) Dem Vorschläge der Königlichen AmtShauptmannschast Schwarzenberg, wonach in deren Bezirk Vorschriften gegen die Betheiligung von FortbildungSschülern und Mädchen unter 16 Jahren am öffentlichen Tanzunterrichte erlassen werden sollen, wird unter der Bedingung zugestimmt, daß da« Verbot nicht nur auf den Besuch vom öffentlichen Tanzunte.iicht, sondern, wie e» bei uns bereit« geschehen, durch Regulativ auch aus öffentliche Tanzstätten erstreckt werde. 5) Zur Ueberwölbung de» Dorfbache» vor dem Conditor MeichSner'schen Grundstücke sind ca. 8000 Mark erforder lich, wozu der Staat eine Beihilfe von 600 Mark in Aussicht gestellt hat. Der Rath hat aus Vorschlag de» BauauSschusse» beschlossen, bei dem Staate nochmal» vor stellig zu werden, insbesondere will er den maßgebenden Behörden mit nahe legen, daß für die Verkehrsverhält nisse Hierselbst noch gar nicht» gethan worden sei. Da» Collegium ist mit diesen Maßnahmen allenthalben ein verstanden. 6) Von der Einladung der Bürgerschule zu dem am Sedan tage statlfindenden Schulfeste wird Kcnntniß genommen. 7) Herr Stadtv. Ludwig hat die Wasserwerk»kassenrechnung auf da« Jahr 1895 nachgcprüft, die auf dessen Antrag richtig gesprochen wird. 8) Herr Stadtv. Schlegel bringt zur Sprache, daß Schul kinder vor Beginn der Schule längere Zeit vor dem Schul hause warten müßten, Herr Stadtv. Scheffler erwähnt gleichfall«, daß er schon ost diese Wahrnehmung gemacht und Len Kindern in seinem Hause sogar Obdach gewährt habe. Herr Bürgermeister verspricht, insoweit c« sich um solche Kinder handele, welche vom Schulhause au» entfernt wohnten, diesem Uebelstande Abhilfe zu schaffen. Hierauf geheime Sitzung. ßr ist der Krve! Roman von L. Haidheim. l«3. Fortsetzung.) Und nun la» der Untersuchungsrichter den Theil de» Protokoll« vor, der Lörrach» Aussagen über seine» Vetter« unbegreifliche Nervosität in Warmenau enthielt. E» war ein niederschmetternde» Ergebniß! Der alle Herr Wiedner saß bleich und vernichtet. Sein Schwiegersohn ein Verbrecher — ein zweifacher Verbrecher! E» war, um darüber wahnsinnig zu werden? denn Hartcrott konnte gutmüthig sein, konnte Anspruch daraus machen, für einen Ehrenmann zu gelten — bi« — Nein, nein, e» war nicht au»zudenkcn! Der alte Preuß trat zu ihm. „Herr Wiedner — ich weiß, wie da» schmerzt, ein Kind in Unehren zu sehsn, selbst in unverdienten! Sic sind gegen unsern Enkel immer gut gewesen, Sic haben mir sogar neu lich Fräulein Bettina geschickt, daß sic nach dem Willh sehen sollte — wenn Sie c» wünschen, so wollen wir, mein Sohn und ich, Schweigen geloben — aber natürlich, erst muß der Junge von Gerichtswegen für unschuldig erklärt sein." .Da» ist brav und chrenwerth, Preuß,' rief aufathmend der Richter und der Erstere gab den Wink, daß auch de» Krämer» Stillschweigen zu erlangen sein werde. Herr Wiedner verstand die damit verbundene Gebärde de» Geldzählen» und nickte. Dann blieben sie noch länger beisammen, um die nächsten Maßnahmen zu berathen. Den Verbrecher zu bestrafen, war ihnen erlassen, die ewige Gerechtigkeit hatte ihn der irdischen entzogen; seine schuldlosen Angehörigen, besonder» die unglückliche Wittwc zu schonen, war hierdurch erlaubt. Die Verhandlungen hatten sehr lange gedauert, ter Ge- richt-bote brachte die Briefe der Nachmittag»post, die der Richter flüchtig übersah, um dann den einen in die Hand zu nehmen und hin und her zu wenden. „Absender: Baron von Jhlefleth-Ga-berg" stand auf der Adresse vermerkt, und er la» die Worte in der Ueberrasch- ung laut. .Lesen Sie den Brief, Herr Untersuchungsrichter, mir ahnt, wir hören noch mehr!" sagte gedrückt Herr Wiedner. Der Beamte entließ die beiden Preuß und den Krämer. Diese gingen; in der Thür aber kehrte der Alte um und sagte: „ES war meine Absicht, daß erst mein Enkel frei und gerechtfertigt vor der Welt stehen sollte, dann wollte ich noch mehr sagen — jetzt will ich c» aber doch lieber gleich thun, wenn der Herr Richter mich noch hören wollen." .Ist eS zu dieser Sache?' fragte, von der Aussicht auf weitere Verhandlungen keineswegs angenehm berührt, der Richter. „Wegen de» Herrn Lörrach, e» sind —" „Gut, treten Sie ab — ich will zunächst diesen Brief lesen —" .— e» sind nämlich Zeugen dabei gewesen, wie Herr Harterott über den Graben sprang und im Fallen da« Ge wehr sich entlud." Der alte Preuß konnte nicht mehr an sich halten. Der Richter sprang empor wie elektrisirt. „Zeugen? Wer? Sic sind e» wohl selbst?" „Ja, Herr Richter, ich und ein Arbeiter, der in Harle rott» Fabrik vor Jahren verunglückt ist und der jetzt allerlei Botengänge macht." .Und das sagt Ihr jetzt?" donnerte der Beamte, .jetzt, nachdem Herr Lörrach seit mehr al« einem Monat gefangen sitzt? Wißt Ihr, daß da» strafbar, daß c« eine Schändlich kcit ist?" „Ja, Herr Richter, aber —' „Wa» ist La Euer „aber"! Warum habt Ihr geschwiegen?" .Herr Richter, Sie hätten un« Beiden nicht geglaubt, denken Sie doch nur an meinen Enkel!" „Wie könnt Ihr so dumme Behauptungen aufstellen?" schrie der Beamte zornig. . „Wenn Sic'» nur betrachten wollten, Herr Richter! Wenn ich und der Mann, der Willem, kamen und bezeugten, wir sahen da» und da«, so konnten Sie wohl glauben, wir hätten e» selbst gethan, denn wir hatten Beide Grund zum Haß gegen Harterott. Mir hatte er den Enkel in Schimpf und Schande bi» an den Tod gebracht, und al» Willem ver unglückte, da hat er auSgcsagt, Willem sei leichtsinnig gewesen und an dem Unglück selbst schuld. Er hat ihm nicht einmal Schmerzensgeld bezahlt und al» Willem um Arbeit bat, da er au» dem Krankenhaus kam, da wollte Harterott nicht» von ihm wissen." „Und deshalb schwiegt Ihr?" „Ja, Herr, denn an meinem Enkel sah ich, daß ein dringender Verdacht, um einen in» Gefängniß zu bringen, genügt — an Herrn Lörrach sehen wir da« ja auch." Der Name Lörrach» erinnerte den Beamten an den Bries, den er immer noch in der Hand hielt. — Er öffnete ihn. Seine Augen erweiterten sich beim Lesen de» nur wenige Zeilen enthaltenden Schreiben». Dann sank ihm da« Papier au» der Hand, er zog sein Tuch und trocknete die blasse, feucht gewordene Stirn. „Der Baron von Jhlcfleth theilt hier mit, daß er sich verpflichtet fühle, folgende» zur Anzeige zu bringen: Seine Tochter Hedwig sei aus einem Spaziergang am Nachmittag de» 7. August mit Herrn Lörrach zusammengetroffen, habe sich länger mit ihm unterhalten; seine Mägde seien zum Melken der dort weidenden Kühe dazugekommen, und Herr Lörrach habe sich, al» e» vom Ga»berger Thurm halb 8 Uhr schlug von seiner Tochter getrennt. Dieselbe werde ihre Aus sagen, wenn nölhig, unter Eid wiederholen; Herrn Lörrach- Schweigen über diese Verwendung seiner Zeit müsse seiner Rücksichtnahme al« Gentleman zuacschrieben werden, und er füge zu seinen Angaben noch die Bitte, wenn irgend möglich, diese Angelegenheit mit Schonung für seine Tochter zu be handeln." Der Richter legte den Brief zu den Akten. „Und jetzt wieder zu Preuß und dessen Aussagen.' In zwischen wurde der betreffende andere Zeuge herbeigeholt, der, wie sich ergab, heute gerade in der Restauration Preuß mit Bürsten unter den Füßen da» Parkett de» Tanzsaale« polirte. « , * E« war schon dunkler Abend und zum ersten Male saß Fritz Lörrach nicht in dumpfe», trübe» Brüten verloren, sondern noch immer in glückselige» Sinnen vertieft und blickte durch die Eisengitter und da» offene Fenster in die warme Mond nacht hinaus. Ihm war, al» müsse jetzt Alle« besser werden, al» um schwebe ihn sein Schutzgeist und lächelte ihm Muth und Hoffnung zu. Freilich sagte er sich dann wieder: Die Gcfängnißluft macht mich zum Thoren — aber nach fünf Minuten schon saß er abermals ganz in seine süße Thorheit versunken. Da» Abendessen war ihm schon gebracht, die Geräthc abgeholt worden und eine Flasche frische» Wasser vor sein Bett gestellt. — Da» war immer da» letzte de» Abend», wa» ihn mit der Außenwelt in Verbindung brachte; um so mehr erstaunte er, al» er so spät noch wieder Schritte hörte und gar, al« diese sich seinem Zimmer näherten und dann der Schlüssel im Schlosse klirrte. „Guten Abend, Herr Lörrach!" sagte eine bekannte Stimme, ehe er die Eintretenden bei dem stürmischen Andrange de» Blute« zum Kopfe zu erkennen vermochte. „Guten Abend, Herr Lörrach! Ich bringe Ihnen gute Nachricht. Sie sind frei!"
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