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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung : 29.05.1897
- Erscheinungsdatum
- 1897-05-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-189705298
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-18970529
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-18970529
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungAmts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
- Jahr1897
- Monat1897-05
- Tag1897-05-29
- Monat1897-05
- Jahr1897
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sich ein junger Mann zu ihm, der sich erbot, dem Musiker da« Radfahren zu erlernen. Gestern waren beide nun wie der zusammen, wobei der Musiku» dem Fremden da» Rad lieh; diesen Umstand benutzte der Fremde, um mit dem Rade von dannen zu fahren. — Leipzig, 2b. Mai. Zn der Ausstellung verun glückten drei Arbeiter durch Berührung der die ganze Aus stellung mit Licht versorgenden hochgespannten elektrischen Leitung. Einer wurde sofort getödtet, die beiden Anderen sind stark verletzt. — Zwickau, 26. Mai. Infolge de» im südlichen Stadt- theil umgehenden Kohlenabbaue» sind, wie bekannt, Boden senkungen mehrfach eingetrcten. So ist die BereinSglück- straße hier innerhalb der letzten lO Jahre über 2,« m und gegen 200 m nach der Stadt zu 1/, in gesunken und wieder holt höher gelegt, auch mit Schutzdämmen entlang de« Planitz- bache» versehen worden. Die Unterhaltung dieser Straße ist sehr kostspielig. — In Zwickau erörtert man noch immer lehhaft die Frage, um welche Zeit zuerst der Kasernenbrand am 20. April entdeckt worden und auf welche Weise er entstanden ist. Uebcr diesen Punkt scheint jetzt einige Aufklärung zu er folgen. 'Rach dieser haben Mililärpersonen, die theil« al» Posten im Kasernenhofe, theil» in den Korridoren de» Mittel-, wie de« Ostbaue» verweilten, fast gleichzeitig beobachtet, daß am Tage de« Unglück» Abend« lO Uhr in einem Dach fenster de» den Mittel- und Wcstbau verbindenden Abschluß- thurmc« ein kleine» Flämmchen sichtbar wurde, da» al» Licht einer Lampe angesehen und, weil in jenem Dachraume mit Licht nicht verkehrt werden durfte, weiter beobachtet worden ist. Da hierauf alsbald da» Dachfenster Heller wurde, ent stand der Verdacht eine« Brande». Bald habe sich auch eine Helle Flamme am Dachfenster gezeigt, worauf die einzelnen Beobachter ihre Kameraden in den Revieren benachrichtigten und die Feuerwehrbercitschaften der einzelnen Flügel Lösch versuche angestellt haben. Wegen ungenügenden Wasserdrücke» und ungewöhnlicher Rauchentwickclung, die alle Löschmann schaften zurückdrängte, mußten die Löschversuche aber bald aus gegeben werden. Zehn Minuten nach der Entdeckung de» Brande«, gegen "/.IO Uhr, war dieser bereit« so entwickelt, daß die Flamme zum Dache hinau»schlug und da» Sturm läuten erfolgte. E« gilt al» feststehend, daß da» Feuer aus der Hofseite de« Dachgeschosse» de» Abschlußthurme« vom West- und Mittelbau, und zwar in den Aufbewahrungsräumen für Scheiben- und Zielgcräthe seinen Herd gehabt hat, daß auch daselbst keine selbstentzündlichen Stoffe verwahrt, über dies am Unglückstage diese Räume auch gar nicht betreten worden sind. Da e» an allem Anhalt für die Annahme irgend einer Verschuldung fehlt, so glaubt man jetzt, daß au« den verhältnißmäßig engen Schornsteinen, in welchen öfter« Esscnbrände vorgekommen sind, brennender Ruß gestiegen und vom Winde, der dort in einer stumpfen Ecke sich versetzte, auf da» Dach gedrückt worden, bcz. unter den Schieferbelag gedrungen ist und auf dem Holzwerk sich festgesetzt und zum Brande entwickelt hat. In derselben stumpfen Ecke, welche der Abschlußihurm bildete, soll schon früher einmal brennender Ruß in der Dachrinne rechtzeitig wahrgenommen und gelöscht worden sein. — Plauen i. B., 25. Mai. Für da» zweite sächsische Krei»turnsest am 18. Juli sind bereit« gegen bOOO Tur ner angemeldet. Auch die Turner au» Oesterreich werden eingeladcn und ebenfalls in großer Zahl erscheinen. — Meerane. Bei einem am Montag Vormittag er folgten Transport eine» großen Kessel» au« der Oschatz- schen Kcsselfabrik nach der Bahn ereignete sich ein eigenthüm licher Unfall. In der Nähe de» Hammerschen Hotel» und de« Schleifeschen Gartens berührte der obere große Stutzen de» Kessel« die Leitungsdrähte der elektrischen Beleuchtung, wodurch heftige elektrische Entladungen herbeigeführt wurden. Die au»sprühenden elektrischen Flammen waren ganz bedeutend. Trotz vieler Bemühungen gelang c« vorerst nicht, den Kessel von den Drähten loSzubringcn, bi« von der Centrale au« die Zuführung de« elektrischen Strome» abgestellt worden war. E» wurden durch den Unfall sehr viele LeitungSdrähte zer rissen, so daß der entstandene Schaden nicht unbedeutend ist. — Seit 25 Jahren hat sich die Zahl der zündenden Blitzschläge in Sachsen verdoppelt, die der kalten vervier facht, während im übrigen Deutschland, Oesterreich und der Schweiz die Blitzgefahr nur um da» Dreifache gewachsen ist. Man sucht die Erscheinung durch Abholzen der Wälder und die Vermehrung metallischer Leitungen zu erklären. Der wikde Lu sch. Eine Wilddiebsgeschichte von Reinhold GehIhar. (l. Fortsetzung;. Die Sonne legte ihre Strahlen wagrccht über die Ebene und spann ein goldige» Netz über die Weide, über die staubigen Felder und da» dampfende Moor bi« hin zu dem nebligen Waldessaum. Von der Weide trieben die Hirten da» Vieh zum Stall. Die Schatten der Bäume wurden länger und legten sich mit scharfen Umrissen aus den Rasengrund, dazwischen slulheten die Goldwellen de» Abendlichte«. Die erhitzten Gesichter der Tanzenden glüthen rosenroth. Die Burschen lärmten — der Schnap» that seine Wirkung — und wurden dreister, die Mädchen kreischten. Wilhelm lehnte an einem Baum und blickte scheinbar Iheilnahm»lo» in den Tanztrubcl. Doch sein brennende» Auge versolgte unablässig eine Gestalt — Anna» Gestalt, deren rothe« Kleid in den auf- und niedergehenden Wogen de« Tanze» verschwand und wieder auftauchte. Der Fiedler setzte den Bogen ab. Die Burschen drängten sich um den Schenktisch, die Mädchen steckten kichernd die Köpfe zusammen. »Guck, Anna, der wilde Lusch verschlingt Dich mit den Augen!" »Ja, wenn Du Lust hast, Anna, kannst Du Bäuerin werden!" »Ich hält' Angst vor ihm!" »Pah, Du, Bertha! Dich hat er stehen lasten mitten auf dem Platz!" »Die Wildesten vor der Hochzeit sollen nachher allemal die Zahmsten sein! »Na, Anna, man Glück zu! Wir wollen auf Deiner Hochzeit tanzen." Unter den sie umdrängenden Mädchen stand Anna ge lassen und gleichgültig. Sie steckte sich eine lo»gegangenc Flechte de« braunen Haare» fest. Jetzt wendete sich sich. Eine Männerstimme sprach sie an. E« war ein schlanker, junger Mann im grünen Jäger- rock, sein Gesicht war irisch, fast mädchenhaft, seine Augen hell. Er war eben erst gekommen. .Anna," sagte er, »der Vater schickt mich. Ich soll Sie nach Hause bringen." »Anna soll nach Hause?" E« war die Stimme de» wilden Lusch, der sich jetzt einmischte. Mit hastigen Schritten war er zu den Andern getreten. In seinem Ton bebte ein heimliche» Grollen, und sein Blick bohrte sich in de» anderen Gesicht. »Anna geht nicht nach Hause!" setzte er hinzu. Der junge Mann, e» war Karl Wolterman», hielt seinen Blick au». »Ich soll Anna nach Hause bringen," sagte er ruhig, »ihr Vater Hal » bestimmt." „Und ich bestimme, daß sie hierbleibt." »Ich weiß nicht, mit welchem Recht Sie Ihren Willen über den de» Vater« setzen wollen. Kommen Sie, Anna, wir wollen gehen." „Hier bleibst Du, Anna! Ich befehl'», ich will«! Und wenn Dich einer bringt, werd' ich e» sein, mein Wagen steht im Hof. Geh' Du nur Deiner Wege." „Ich gehe, wohin ich soll," antwortete der junge Forst gehilfe abweisend. „UebrizcnS weiß ich nicht, wie ich zu der Ehre komme, von Ihnen geduzt zu werden. Ich danke dafür." „WaS? Meinst, ich werd' jeden hergelaufenen Jungen, der noch nicht trocken ist unter der Nase, mit „Sie" tituliren? Ha, ha! — Da müßt ja mein Schweinehirt bald ein Geheim rath sein!" „Vergessen Sic sich nicht!" rief der Andere drohend. „Ich werde meine Ehre zu schützen wissen vor Einem, der —" „Deine Ehre? Ich werde Dir Deine Ehre zerzausen, daß Du Dir gleich Maß nehmen lassen kannst zu einer neuen! Guckt an, dar junge Fohlen will ausschlagen! Gegen Einen, der — ? Sprich» au», wa« Du sagen willst/wenn Du Kou- rag' im Leib' hast!" Auch in de» jungen Forstgehilscn Augen blitzte e» zornig aus. Er trat einen Schritt vor. »Gegen Einen, der —" „Sprechen Sie'» nicht au» — ich bitte Sie —" Anna stellte sich angstvoll vor ihn. „— der soviel Ehre hat, daß die Hunde um ihn herum gehn!" „Ha — Bestie! — Fort, Anna! Fort von ihm! Meine Fäuste soll er kennen lernen!" „Ich gehe nicht! Schlage mich, wenn Du willst! Ich schütze ihn!" „Gehen Sie, Anna! Ich fürchte mich nicht!" Der junge Mann drängte sie beiseite. In zischender Wuth sprang der riesige Bauer gegen seinen Gegner an und packte ihn. „Lusch! Wilder Lusch —!" Ein Schrei de« Entsetzen« au» Anna» Kehle vermischt mit einem wilden, zornigen Gebrüll, gefolgt von einem viel stimmigen Angstruf. Der Bauer stutzte. Er sah sich um — Anna» Gestalt schwebte in der Lust — schwebte auf den Hörnern eine» wüthenden Stiere». Wilhelm ließ den Gegner lo». Da fiel Anna» Körper zur Erde. Von Neuem senkte der Stier die Hörner. Starre» Entsetzen lähmte die Umstehenden. „Lusch - wilder Lusch!" kam e« noch einmal gellend von Anna» Lippen. Noch sah sie, wie der, den sic rief, zu sprang, zwischen sie und den Stier sich stellend, dann schwand ihr da« Bewußtsein. Wilhelm holte den Stier bei den Hörnern gefaßt. Die Wuth, die in ihm kochte, spannte seine Muskeln zu übermensch licher Kraft. Er drückte den Kopf seine» gewaltigen Gegner» nieder, der, überrascht durch den Widerstand, ein heisere» Brüllen auSstieß. Ein mächtiger Ruck der Riesenarme de» Manne» — der Stier wankte und fiel ächzend auf die Seite. Da war auch schon der Hirte heran. Da» Thier war den ganzen Tag besonder» böser Laune gewesen. Auf dem Wege von der Weide nach Hause war e» davongelaufen. Der Lärm der vielen Menschen machte e» wild, Anna» rothe« Kleid reizte ihn, daß er seinen Angriff gegen sie richtete. Der Stier wurde nun an den Vorderbeinen gebunden, beschämt ließ er sich in den Stall führen, wo seiner eine Tracht Prügel wartete. Die Spannung der letzten Augenblicke, die den Menschen auf den Hos den Athem benommen hatte, löste sich jetzt in laute« Drängen und Lärmen. Der wilde Lusch war ein ge priesener Held geworden. Er kniete an Anna» Seite und richtete sie sorgsam auf. Man netzte ihre Stirn mit kühlem Wasser. Sie schlug die Augen auf und sah in die mit ängstlicher Liebe auf ihr ruhen den Blicke ihre» Retter». Ein Schein von Herzlichkeit und Zärtlichkeit glänzte in ihrem Auge. Sie erholte sich vollend«. Da beugte Wilhelm sich über sie, nahm ihren Kops in seine starken H-mde und küßte ihre Lippen. Sie ließ e» geschehen. „Da» war der Bramkuß!" sagte er. Er hob da« Mädchen empor und, sich im Kreise um schauend, rief er, da» slimmengeschwirr übertönend: »Schaut Alle her und hört e« Alle: Anna Bertram ist meine Braut — die Braut de» wilden Lusch!" Anna lehnte, wie betäubt, an seiner Brust. Jubelnd umdrängten die Menschen da» Paar. Auch Karl Woltcrmann trat heran. »Nicht wahr? Wir wollen e» gut sein lassen —" seine Stimme zitterte leise, wie in mühsam verhaltener Erregung — »hier meine Hand — zur Versöhnung und zum Glück wunsch!" Wilhelm maß ihn mit einem finstern Blick. „Wilhelm!" kam e« jetzt leise von Anna» Lippen. Er sah ihr in da« Auge, da« bittend zu ihm ausblickte. Zögernd legte Wilhelm seine Hand in die de» Andern. Am Walde»saum, den sandigen Weg lang, trabte schnau fend ein Brauner. Wilhelm und Anna saßen auf dem kleinen Wagen. Er hatte die zügelfreie Hand sanft um sie gelegt, sie lehnte leicht an seiner Brust. Beide schwiegen. Im Westen verglühte in tief violetten Farben da» letzte Abendroth. Der Mond stand hoch am Himmel, sein bleiche« Licht wob gespenstisch spielende Reflexe in den tiefen Waldc»- schatten. Die dumpfen Töne einer Rohrdommel klangen au« der Ferne herüber. Sine Eule flog mit leisem unhörbaren Flügelschlag, wie auf Geisterschwingen, auf und setzte sich eine Strecke weit vorwärt« in da» dunkle Tannengeäst. Sie er wartete den einsamen Wagen, flog wieder auf und flog Vor au», al» wollte sic den Weg zeigen. Der Weg, der zum Försterhau» führte, machte jetzt eine scharfe Biegung. „Wilhelm, laß mich hier au«steigen. E» ist besser so, de» Vater» wegen. Noch weiß er ja von nicht«." Wilhelm parirte da» Pferd. „Anna, hast Du mich lieb?" »Du hast mir da» Leben gereitet." „Und mein Weib willst Du werden?" »Ja. Mein Leben gehört Dir." Er preßte sie an sich, daß sie unter seinen Küssen er schauerte. Sic ging. An der Ecke wandle sie sich noch einmal um. »Wilhelm, vergiß nicht, daß mein Vater ein Förster ist!" »Nein, Anna. Gute Nacht!" Er wartete, bi» ihr Kleid hinter den Bäumen verschwand. Langsam wandte er ta» Pferd. »Sie liebt mich nicht. Ob sie — jenen liebt? — Sie hat ihn schützen wollen, und mich nannte sie den wilden Lusch.. Pah! —" Er knallte mit der Peitsche. ,Wa» der wilde Lusch hat, da« hält er!" Wieder wurde er nachdenklich. »Der Wolf und de» Schäfer« Schäflein — ein seine« Paar!" Er erwachte erst au» seinem Nachdenken, al« da« Pferd vor seinem Hofe stehen blieb. (Fortsetzung folgt.) Wermischle Machrichlen. — Stolp, 24. Mai. Hier schlug der Blitz in den Marienkirchlhurm, in welchem sich da« große elektrische Läutewerk befindet, da» bei jedem Feuer vom Rathhause au» in Bewegung gesetzt wird. Der Blitz zündele zwar nicht, brachte aber da« Läutewerk zum Tönen, so daß die Bürger zusammenliefen, um sich zu erkundigen, wo Feuer wäre. — Auf der Bühne erschossen wurde Sonntag Nachmittag in Weißensee bei Berlin von ihrem eigenen Bruder eine Artistin, die sich gemeinsam mit diesem im Kunst schießen produzirte. Da» unglückliche Mädchen, welche» im Alter von 22 Jahren stand, wirkte bei den Produktionen ihre» Bruder», eine» sehr geschähen Kunstschützen, insofern mit, al» sic die Zielobjekte, welche jener heruntcrschoß, in der Hand oder gar auf dem Kopfe trug. Nachmittag« gegen 4 Uhr ereignete sich nun im großen Saale im Schloß Weißensee, der von etwa 4000 Personen gefüllt war, eine entsetzliche Szene. Da« Geschwisterpaar, welche» den bürgerlichen Namen Krüger trägt, hatte schon mehrere Nummern seine» umfang reichen Programm» absolvirt, und Krüger hatte schon mittelst der sogenannten Spiegelschüsse — da« sind Schüsse, bei denen der Schütze rückwärts über die Schulter schießt, da er da« Ziel in einem Spiegel sicht — seiner Schwester alle möglichen Gegenstände au» den Händen, von den Schultern und vom Kopfe geschossen, und wollte noch al« Schlußnummer den „Tell schuß" machen, da« heißt eine Glaskugel auf ihrem Kopfe treffen. Er lud zu diesem Zweck eine lange Reiterpistolc mit einer großkalibrigen scharfen Patrone, legte da» Gewehr rück wärts über die Schulter und drückte, nachdem er im Spiegel sein Ziel gefunden zu haben glaubte, ab. — In demselben Augenblick stürzte seine Schwester mit einem markerschüttern den Aufschrei zusammen. Die Kugel hatte sie in den Mund getroffen und war hinten zum Halse wieder herau»gegangen. Sine unbeschreibliche Aufregung bemächtigte sich de» Publi kum«. Von allen Seiten drängte man aus die Bühne, wo der unglückliche Schütze, ein Bild der Verzweiflung, neben seiner sterbenden Schwester kniete. Ein Arzt war sofort zur Stelle, er konnte jedoch nicht helfen, und nach wenigen Mi nuten verschied da» junge Mädchen. — Wieder droht ein Stück der Kurischen Nehr ung der „Wanderdüne" zum Opfer zu fallen. Pillkoppen, da» freundlich stille Fischerdorf zwischen Nidden und Rossitten, ist mit seinen zwanzig hölzernen FischerwirthShäuSchen und dem au» Ziegeln erbauten Lehrerhause dem Verderben ver fallen. Man kann sich nur schwer eine Vorstellung von dem Eindrücke machen, der die stillen Bewohner der Nehrung überkommen muß, wenn der Sand in ihre Gärten und Accker bricht; wie dann die Sandbcrgc weiter und weiter wandern und Hau» um Hau», ja selbst die Kirche begraben. Solch ein wandernder Berg, der da» Leben um den Menschen gleich sam von unten allmählich rcltung»lo» begräbt, ist etwa» Ge waltige«. Und diesem Ungeheuerlichen müssen die armen Be wohner jetzt weichen. Um eine neue Heimstätte nun zu fin den und sestzustellen, war in den ersten Tagen de« Mai in Memel eine Ministerialkommission anwesend. Wie man hört, soll zur Rettung de» Orte» Prcil die beschleunigte Aufforst ung der Dünen hinter Preil beschlossen worden sein. — Ein Vogel-Hotel ist die neueste amerikanische Einrichtung. Chicago ist so glücklich, den Mann zu beherbergen, dessen Kops diese geniale Idee gebar. Für »Wohnung" und »Kost" sind je nach der Gefräßigkeit de» betreffenden Kost gänger« bestimmte mäßige Preise für die Woche angesctzt. Papageien scheinen z. B. tüchtige Frcßer zu sein, denn Wohn ung und Kost beträgt für die per Woche 50 Cent» (einen halben Dollar). Der in Amerika ziemlich verbreitete zahme Spottvogel ist in seinem Appetit mäßiger und kostet seinem Herrn in dem Hotel nur 35 Cent« pro Woche. Kanarien vögel finden schon für 25 Cent« Kost und Logt«. Selbstver ständlich giebt e« auch verschiedene Klaffen, um den verwöhn ten und verhätschelten Lieblingen größeren »Komfort" zu bieten. Auch werden je nach dem Preise ein oder mehr Bäder pro Woche verabfolgt. Man sieht, die Amerikaner verstehen, zu rechnen. Da» Institut steht unter ärztlicher Leitung, so daß für die Wohlfahrt der Pfleglinge und Kostgänger auch in hygienischer und gesundheitlicher Hinsicht besten« gesorgt sein dürste. Gedankensplitter: Mag sein, daß da» Glück ost nahe ist, aber gewöhnlich ist da« Unglück noch näher. E» giebt nur eine Verstellung, die sich nicht lange durchsühren läßt: da» ist, klug scheinen zu wollen. Mancher geht immer leer au«, well er bittet, wo er sordern, und fordert, wo er bitten sollte. An nicht« kann man den Emporkömmling mehr erkennen, al» daran, wie er Beseht« giebt.
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