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Textile Kunst. Die Römer. Frühe Zeit. 457 von den Römern und den übrigen Völkern Mittelitaliens gebraucht, son dern man bediente sich für Steinkonstruktionen vorzugsweise der ver schiedenen leicht zu verarbeitenden und den Kalk gut aufnehmenden Tuffsteine und Kalksinter; in Rom diente dazu zuerst der grüngraue albanische Peperin, hernach der tiburtinische Kalksinter (Travertin). Diese sekundären Stoffe blieben, wenigstens in der eigentlichen Baukunst (deren Werke von den grossen Nutz werken, wie wir öfters gezeigt haben, überall im Alterthume durchaus getrennt gedacht wurden), niemals ohne ihre expolitio, d. h. ohne ihre Bekleidung mit Stuck, was, an sich stilhistoiisch erklärbar, durch viele Stellen des Vitruv, Plinius, Cicero, Seneca und anderer nachweisbar ist, und diese expolitio war farbig, wobei das Weiss so gut wie jede andere Farbe allerdings häufige Anwendung fand, obschon keineswegs als Nachahmung weissen Marmors, wobei aber das Roth den reichsten und beliebtesten Grundton bilden mochte, wie es noch zu Vitruvs Zeiten, nach dem, was sich darüber aus seinem siebenten Buche entnehmen lässt, der Fall war. Dieser uralte Gebrauch lässt sich sogar noch an Travertin werken späterer Zeiten nachweisen. So am Kolosseum, dessen Konstruktion, nämlich dessen Fugenschnitt, noch nicht berechnet ist, die Wirkung des Werkes zu heben; so auch an einem alten, wahrscheinlich republikanischen, Arkadenbaue, der zu meiner Zeit (im Jahre 1832) an dem Fusse des Palatins neben der via sacra unweit des Titusbogens entdeckt wurde und mit rothem Stuck überzogen war. Ich könnte noch mehr Beispiele anführen, wüsste ich nicht, wie leicht es den Aesthetikern wird, sie wegzuleugnen. Auch Ziegelmauern, sowie das opus reticulatum und opus incertum, die Netzkonstruktionen und die Bruchsteinkonstruk tionen, zu denen unter den Römern bei Civilbauten das cyklopische Ge mäuer zusammenschrumpfte, blieben nicht frei von dieser Umhüllung, wie die sullanischen Terrassenwerke zu Präneste und unzählige Beispiele, besonders aus Pompeji und Herkulanum, darlegen. An letzteren Orten sind die ältesten Werke aus schönstem opus reticulatum in kleinen qua dratischen Tuffsteinen ausgeführt, wovon noch ganze Wandflächen den ursprünglichen farbigen Stucküberzug, die expolitio, behielten. Erst in die spätere Zeit, von der sogleich die Rede sein wird, fällt die Einführung 1 Eine Hauptstelle bleibt das oben angeführte Witzwort des Cicero über die bunten Mauern der Chioten. Im Livius und im Cicero ist mehrfach von einer neuen dealbatio die Rede, welche Ulrichs, Kugler und andere für Weisstünche nehmen, ob schon sie, wie ich zeigte, stets von der Malerei unzertrennlich war. Das Bad des Scipio Africanus bestand nach Sen. epist. aus Quadergemäuer mit Stuckbekleidung (tectorium): Plinius spricht vom Färben der Quader (lapidem tingere).