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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.08.1866
- Erscheinungsdatum
- 1866-08-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-186608304
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18660830
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18660830
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1866
- Monat1866-08
- Tag1866-08-30
- Monat1866-08
- Jahr1866
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.08.1866
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5079 gewissen Rechtssachen hätten Geltung haben sollen, jene Ferien nicht füglich in ganz unbeschränkter Weise alS „die in Leipzig ge wöhnlichen" hätten bezeichnet werden können. Eben so werft die Einschaltung der Worte „auch in Wechfelsachen" darauf hin, daß bei der Publication der Erläut. Proceßordnung eine allgemeine, auf alle CivilrechtSsachen sich erftreckende Bedeutung jener Ferien als etwas Hergebrachtes und Selbstverständliches angesehen und nur wegen der besonderen Strenge, durch welche das Verfahren in Wechselfachen schon damals sich auSzeichnete, eS für nöthig erachtet worden sei, ausdrücklich hervorzuheben, daß auch in Wechfelstrellig- keiten, vor wie nach, die Meßferien zu beachten seien. Wichtig ist überdies, daß laut des Anhangs zur Erläut. Proceß ordnung Z. 2 zu Ende eS auch nach Emanatton dieses Gesetzes im Allgemeinen „wegen deS Handelsgerichts zu Leipzig bei der Anno 1682 dieSfallS publicirten besonderen Ordnung und dem darin vorgeschriebenen moctus proeeäenäi sein Verbleiben" hat haben sollen, daß also, wenn die Disposition der Erläut. Proceß ordnung aä ILt. XI. §. 5 lediglich bei dem gedachten Handels gericht hätte Anwendung finden sollen, eine Aufnahme jener Be stimmung in den Context der Erläut. Proceßordnung, als eines allgemeinen, den Handelsgerichtsproceß sonst nirgends speciell be rührenden Landesgesetzes geradezu als eine Anomalie anzusehen sein würde, welche, wenn sie in der Absicht deS Gesetzgebers ge legen hätte, sicher mit ausdrücklichen und keinem Zweifel Raum gebenden Worten als ganz specielle Ausnahme würde hervorgehoben worden sein. Auch kommt ferner in Betracht, daß in der mit Leipzig zugleich erwähnten Stadt Naumburg ein eigentliches Handelsgericht nicht existirte, und daß mithin, wenn bezüglich der letzteren Stadt eine Beschränkung der Meßferien auf das Handelsgericht im Willen des Gesetzgebers nicht gelegen haben kann, eben so wenig eine solche Intention desselben wegen der Stadt Leipzig angenommen werden darf, welche mit Naumburg in der fraglichen Beziehung ganz in gleiche Linie gestellt worden ist. Ist aber in älteren Gesetzen, wie namentlich in dem Leipziger Marktrescript vom 25. Juli 1621, bezüglich der dort erwähnten speciellen, die Leipziger Messe betreffenden Einrichtungen nur von „Handelsleuten, Commerz- und Handelssachen" die Rede, so ist nicht unbeachtet zu lassen, daß gleichwohl nach dem Zeugniß von Hänsel, Bemerkungen und Excurfe über das in dem König reich Sachsen giltige Civilrecht, Bd. 2, S. 270. schon in früherer Zeit eine, der Meßfreiheit viel allgemeinere Be deutung bellegende Praxis sich gebildet hatte, wonach jede rechtliche Verfolgung einer privatrechtlichen Streitigkeit während der eigent lichen Meßwochen für ausgeschlossen erachtet wurde, und muß des halb angenommen werden, daß der Gesetzgeber die in Rede stehende neuere Sanction der Erläut. Proceßordnung absichtlich in so gene reller Weise aufgefaßt habe, um gerade hierdurch der über die Lltern Gesetze hinausgehenden Praxis feine ausdrückliche Bestätigung zu ertheilen. ES ist aber zu Satz b. diese Bestimmung der Erläut. Proceß ordnung in dem nämlichen Umfange auch dermalen noch als eine practifch geltende anzusehen. Denn dieselbe ist durch keine neuere gesetzliche Disposition aufgehoben worden. Daß nicht etwa die Vorschrift des §. 54 der Verfassungsurkunde hierher zu beziehen sei, bedarf schon nach dem Begriffe des Mora torium keiner besondern Ausführung. Eben so wenig wird von allen den fraglichen Gegenstand be handelnden Schriftstellern (vergl. unter andern die oben angezoge nen Bemerkungen und Excurse von Hänsel, Bd. 2, S. 272) die Meßfreiheit alS eine für Leipzig überhaupt in Geltung befindliche Einrichtung betrachtet, — Zeugnisse, von denen da- von Hänsel am angeführten Orte abgelegte: „die Meßfreiheit äußert sich darinne, daß während der durch die Leipziger Wechselordnung bestimmten ersten Marktwoche in Civilsachen von den Gerichten Termine nicht angesetzt, Executionen nicht verfügt und Arreste gegen Per sonen und Sachen nicht angelegt werden können," um so mehr Beachtung verdient, als bekanntlich gerade dieser Schriftsteller über die wegen der Meßferien bei den Gerichten Leipzig- in Geltung gewesene Praxis eine langjährige Erfahrung zu sammeln Gelegenheit gehabt hatte rc. rc. Stadttheater. ES stand Mitgliedern des Weimarer Theaters wohl an, den Geburtstag Goethe'S am 28. August nicht ungefeiert vorüber zu lassen: so waren denn unsere beiden Gäste, Fräul. Bußler und Herr GranS, die Veranlassung dazu, daß genannten Tag wieder einmal „Torquato Tasso" gegeben wurde. GS hatte sich ein zwar nicht zahlreiche-, aber der classifch schönen Dichtung offenbar mit Andacht und Hingebung folgende- Publicum eingestellt, welche- sich durch die vortreffliche Aufführung de- Stück- für sein Kommen gewiß brlohut genug fand. Bekanntlich hat Goethe die beiden Seiten seiner eigenen, sagen: Lberhar man darf wohl rhaupt der menschlichen Natur in n, r. Taff Zrauenbllder seine- Hofes hat er sinnreich darin verwebt, durch das übliche Costum, durch die äußerlichen ReminiScenzen an die classt- che Zell der neuen italienischen Poesie einen poetischen Zauber darüber gebreitet und die Sttmmungen und Ereignisse, die aus einem solchen Verhältnis hervorgehen konnten, mit dem Geist echter Humanität verklärt. Es wird wohl in den wirklich gebildeten Claffen wenig verwahrloste Gemüther geben, die dem sinnigen Spiel dieser Gegensätze nicht mit Theilnahme und innerer Bewe gung folgen, aber daß da- Ganze ein Drama sei, sollte man doch nicht behaupten wollen. Jeder Mensch von natürlichem, gesunden efühl, der den Tasso zum ersten Mal liest oder hört, wird durch n Schluß enttäuscht werden, denn eS ist eine Handlung die kein Ende hat. Erst nachträglich prägen wir uns allmählig die Ansicht ein, daß dieser Mangel einer Katastrophe gerade eine größere Fein- -eit ist, well eine Katastrophe hervorzubringen jedem Alltagsdichter möglich wird. Im Urbrigen ist aber die Situation am Schluffe nicht wesentlich von der de- Anfangs verschieden. Schon zu Anfang sind alle Personen darüber einig, daß Tasso zwar em sehr interessanter Mensch sei, daß man indessen sehr behutsam mtt ihm umgehen müsse, well sein Charakter keine Regel kennt. Dieselbe Ansicht bestätigt sich zum Schluß, und die guten und edlen Menschen, die wir während de- Stücks kennen lernen, können in ihrer Verurteilung nicht weiter gehen; sie werden Tasso eine Weile auf Reisen schicken und dann das alte poetische Verhältmß mit ihm wieder anknüpfen. Auch in TasioS Charakter ist keine KrisiS eingetreten, er wechselte schon zu Anfang zwischen den Ex tremen der Überschätzung und der Selbstanktage, in demselben ParoxhSmuS greller Contraste verlassen wir ihn. Unter den bewandten Umständen erscheint eS selbstverständlich, daß von jeher für ein großes, gemischte- Publicum Goethe'S Dch- tung keine bedeutende und nachhaltige Anziehungskraft besitzen konnte; sie ist eben auch, wie Hamlet sagt, „Caviar für das Volk." Kur wer es bis zu einem gewissen Grade des FeinschmeckeuS im Gebiete der Poesie gebracht hat, wird den Tasso goutiren. In der Aufführung am 28. gaben die beiden Gäste ihre bisher gelungensten Leistungen. Es war in dem von ihnen Gebotenen in der Äat der ideale Styl, welchen dies Drama unweigerlich fordert; Herr GranS wie Fräul. Bußler zeigte unS, daß an Weimar- Bühne doch immer noch Goethe'sche Traditionen lebendig sein müssen. Dem so wackeren und achtungSwerthen Künstlerpaar muß wärmster Dank gespendet werden für ihre durchaus auf der Höhe der Kunst sich haltende Darstellung deS Tasso und der Prinzessin. Sie spielten ästhetisch schön — damit ist genug gesagt. Den Antonio brachte diesmal Herr Deetz weit besser zur An- chauung und Geltung, wie da- vorige Mal. Die früher gegen eme Wahl einer Macchiavelli - oder Borgia-Maske erhobenen gedenken fielen nun weg, da er eine Physiognomie trug, welche wohl die de- Antonio sem konnte. Und dazu waren auch in fer nem Auftreten und Vortrage dre ehemals an ihm störenden Schroff heiten und bruSken Betonungen wesentlich gemildert und abge- ' Hüffen. Er erschien nun wirklich wie „die höhere Potenz de- arloS im Clavigo", welche nach Prof. Rosenkranz in der inneren Geschichte der Genealogie Goethe'scher Typen Antonio eben ist. Vorzüglich hat er unS in der Scene mit Leonore Sanvitale, Schluß des 3. Actes, gefallen, worin er und Fräul. Lemcke an Feinhell und geistiger Vornehmhell der Haltung und deS Gesprächs förm lich wetteiferten. Fräul. Lemcke schied an diesem Abende von unS, eS geschah also gerade in einer ihrer hervorragendsten Leistungen. Der Fürst AlfonS, von Herrn Stürmer repräsentirt, war durch aus waS er sein soll: Vermittler zwischen der idealistischen Gruppe (Tasso und die Prinzessin) und der realistischen (Antonio und Leonore Sanvitale). vr. Emil Kurschte. Verschiedenes. ) Leipzig, 29. August. Setten der hiesigen königl. preußi schen Commandantur ist heute da- Forterscheinen der „Mittel deutschen BolkSzellung" untersagt worden. — Heute Vormittag kamen wiederum 78 Mann ReconvaleS- centen auf der Dresdner Bahn hier an, davon verblieben 16 Mann hier, die übrigen wurden weiter nach Magdeburg befördert; außer dem ging heute eine bedeutende Menge Soldatentornister und Sattelzeug nach Coblenz hier durch; die Ladung kam von Prag. * Leipzig, 29. August. Gelegentlich de- Concertes, wllcheS der Zöllnerbund kürzlich auf dem Kuhthurme gab, wurde ein Gedicht: „Der Traum einer deutschen Frau" zum Vortrag ge bracht, da- stürmischen Beifall erntete. Den vielen sich dafür Interessirenden thellen wir hier mit. daß dieses Gedicht jetzt in- der „Sängerhalle" erschienen und für 1*/, Ngr. zu haben ist. Der Ertrag kommt einem in Leipzig krank darnieder- liegeuden Musikanten zu Gute, der sowohl als Componist wie alS Dirigent zur Förderung de- deutschen MLanergesange- wesentlich beigetragen hat.
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