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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.09.1880
- Erscheinungsdatum
- 1880-09-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188009102
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18800910
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18800910
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Images teilweise schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1880
- Monat1880-09
- Tag1880-09-10
- Monat1880-09
- Jahr1880
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.09.1880
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Erscheint täglich früh 6'/. Uhr. Uebattta, «4 «e»e4vft» JohauniSgasse SS. vormittags 10—12 Uhr. Nachmittags 4—« Uhe. Wir »1« »L«I>«»« k<nee<ait>t« » srrt»tt »acht sich »t« «rdac üoa »ich, »«btEtch. hme der für die utchst- Nummer defttmmum au Wochentage» bis «Lch»tttLG». L» S«»». eftlagen srühdis'/.»»hr. A« 4e« /Mate, fift I,s.T«uch«r: Ott» Klemm. UniverstiätSstr. 22. Lmüs Lösche, Latbannenyr. 18,p. «tt «s Uhr. UchMer.Tli-MM Anzeiger. Orga« fir Politik, Lvcalgeschichtk, HaudrlS- md Grs-LstSverkchr. ««»»««ls,2«. 14»»«n»e«lmrtt» vtertey.s'^Mk,' mct. vringcrtoh» 5 Mt. durch die Post bezöge» « Mt. Jede einzelne Nummer 2t Pf. Belegexemplar 10 Pf. Gebühren für Exttabeuag« «hue Postbefbrderung SS Ml. mit Postbesördcruug 4« Ml Schertte »ges». Pttitzetle 2» Pf. Größere kchriflen laut «usera» PmiSveqeichniß. —Labellarischrr Satz nach höhere« Larff. »«lamt, «Urr de» »«daklttmßchG die Spaltzetle 40 Pf- Scherst« find stet« an d. «t»e4vtt» 4» senden. — Rabatt wird utcht gegeben. Zahlung pr»«»i» mm>»e »der durch Postvorschuß. ^ 279. Freitag den 10. September 1880. 74. Jahrgang. BckmntmachMg. Die Lieseruna de- Bedarfs an Pechftüittahle« Hefter Sorte für die Kaiserliche Ober-Postdirection und di« hiesigen Stadtpostanstalten für die Zeit vom 1. October 1880 bi- Ende September 1881. welcher auf etwa 870,000 ü» (gleich 87 Doppelwagen) sich belaufen wird, soll im Wege de- AnbietungS-VerfahrenS vergeben werden. Eine Zusammenstellung der Lieferungs-Bedingungen kann bei der Kamlei der Ober-Postdirection, sowie bei den Postämtern in Chemnitz in Sachsen und Zwickau in Sachsen eingesehen, auch gegen Erstattung der Abschreibegebübren von der hiesigen Kanzlei bezogen werden. Ereignete Unternehmer wollen ihre Angebote bis zum 80. d. M. schriftlich bei der Ober-Postdirection in Leipzigs a-imelden. Die Auswahl unter den Bewerbern «ird ohne entscheidende Rücksicht auf die Mindestforderung Vorbehalten. Der Kaiserliche Ober-Pofttztrector. Walter. Versteigerung von Bauplätzen an der JacobSftraße. DaS der Etadtgemeinde gehörige vauareal auf der Oftsette der JacodSftratze soll in 5 vauptStze Nr. 9 zu 400.00 Quadratmeter, - 10 - 390.4k - 11 - 499.95 . . 18 - 542.15 - 13 - 715.80 - exclusive verbrochener Ecke cingetheilt, zu« verlaufe versteigert werden und beraumen wir hierzu versteigeruugSterurtu im großen Saale der Alten Waage, Katharinenstraße 29, U Etage, auf Montag, den 13. September d. I. vormittags 10 Uhr an. Derselbe wird pünktlich zur angegebenen Stunde eröffnet und die Versteigerung bezüglich eines jeden der in obiger Reihenfolge nach einander ausgebotenen 5 Bauplätze geschloffen werden, wenn darauf kein weiteres Gebot mehr erfolgt. Die BerfteigerungS- und allgemeinen Berkaufsbedingungen sowie der ParcellirungSplan und die von unS unter heutigem als obrigkeitliches Bauregulativ bekannt gemachten Bauvorschriften für daS zu ver steigernde Bauareal liegen in unserem vauamte, Ttekbauderwaltuug, RathhauS, II. «tage, Zimmer Nr. 18, zur Einsichtnahme aus, wo auch Exemplare derselben gegen Bezahlung (die Bedingungen und Bau vorschriften zu je 20 /H, der ParcellirungSplan zu 50 ^) abgegeben werben. Leipzig, am 13. August 1880. Der «ath Der Stadt Leipzig. vr. Tröndlin. Eerutti. Bekanntmachung. Während der am Freitag, den 10. September b. 3, auS Anlaß deS XV. deutschen JuristentageS stattfindenden Festvorftellung t« neue« Theater und der hieran sich schließenden geselligen Vereinigung auf der Theatertrrrassc wird Letztere sammt den nach derselben führ-ttden Treppe» und den Peraale», nicht minder der »» der ßftltchea Sette de» Scht»a»e»trtttz« htusührende Kvtzwea mit seinen Zu,äuge» biS zu dem von der Schützenstraß' nach dem Echwanenteich führenden Wege (jedoch mit Ausschluß deS Letzteren) für das P»dltc»m vo« « Uhr Abend» aa gesperrt und »»r für die tegttimtrte« Fest- theiluehmer offen gehalten. Leipzig, den 8. September 1880. Der »»Aj der Stadt Leipzig. - vr. Georgi. Harrwitz. Der -eutsch-conservative Zukuustsstaat. Es giebt doch wunderliche Heilige! Wir er wähnten vor einiger Zeit die Pläne deS Herrn v. Fechenbach-Laudenbach zur Reorganisation der conservativen Partei. Da der Herr politisch bisher «ne ganz unbekannte Größe war und manche Puncte seines Programms von den conservativen Blättern zurückgewtesen wurden, hat dasselbe nicht die Verbreitung gefunden, die eS im Interesse der liberalen Partei verdient. Auch war sein Pro- memoria gar langathmig. Nun h rt der Herr dem .AeichSboten" eine Erklärung zugehen lassen, in ver, neben einer eingehenden Verth.-idigung der ihm gemachten Vorwürfe, in einigen von dem ge nannten Blatt veröffentlichten Punkten da- Pro gramm der conservativen Partei, wi: Herr v. Fechendach eS wünscht, dargelegt ist. Er hat sich daS unleugbare Verdienst erworben, die vollen Consequenzen aus den Grundanschauungen der Leute zu ziehen, die sich bei uns conscrvatw nennen, in Wirklichkeit aber nach Kräften mittelalterliche Zustände wieder Herstellen wollen. Herr von Fechenbach wünscht — so schreibt die „N. L. C" — eine Annäherung aller Elemente, die 1) für Kaiser und Reich und für da- ver fassungsmäßige Recht der einzelnen deutschen Staaten urkd Fürsten in thatkräftiger Weise ein- sieheu wolle», welche 2) die sittliche Durch dringung de- gesammten BelkS- und Recht-leben- mit den lebendigen Kräften de- Christenthum verlangen, die 3) die größtmögliche Unabhängig keit der christlichen Kirchen und ein freundlich^ Zusammenwirken derselb.il mit dem Staate zu» Wöhle deS BotkeS anstrebeo, sowie vor Allem sich verpflichtet fühl«, für eine gründliche Revision der Maigesetze als Anfang einer kirchenfreundlicheu Politik zu wirk«, die 4) eS offen a«<sprechen, daß sie al» de» Kern der sociale« Frag« de» Streit zwischen Capital und Arbeit erkennen »»d deshalb nachdrücklichst fordern, daß eine gerechtere Bercheiluna ihre« Ertrage« durch Beseitigung der »verträglich« und die Massen corrumpirmdeu varrechte de« großen mobilen Capital- augestrebt wird, die 4) den Bruch mit dem Priocch der schrankenlose» Eoucnrreuz und de« GehenlaffevS von Seiten do» Staate- als eine Hauptforderung für die nothwoudig« Ausgleichungen und für di« künftige Orduuug" betrachten, die 6) gegen die verfchiedcnen jüdisch« Ueberwucherunae» Schranken errichtet sehen wollen, die 7) di mögliche Sparsamkeit i« Reich--, Sta EommunalhauShalte, insbesondere auch tairwesen geübt zu sehe» wünschen und sich »ft aller Entschiedenheit argen die von dea Kman» «ächten iascenirte systematische Borawirthfchaft erklären, die 8) die Nothwendigkeit anerkeuue», daß eine sehr eingehende Revision der Hypotheken gesetzaebnng verlangt werden müsse, die 9) die Schaffung einer dem Wesen de« Grundbesitze« entsprechenden Erbfolgeordnung unter Beseitigung de» römischen Erbrecht- mit seiner absoluten Th Marken der Güter und seinem Pflichtteil angebahnt sehen wollen, die 10) für da- Hand werk obligatorische Innungen mit corporativen Rechten und Pflichten verlangen, die 11) für die Arbeiter den Normalarbeitstag je nach Innungen und Gewerkschaften eingeführt wissen wollen und ferner verlangen, daß obligatorische Versicherung-, casien in Krank-eits- und Gterbesällen. gegen Un fall, Invalidität und unverschuldete ArbeftSlosig keit errichtet werden, die 12) eine Revision der Ge setzgebung über Unterstützung-wohnsitz, sowie über Hermaths- und Verehelichung-recht erstreben, die 13) darauf bestehen, daß die unerhört hohen Ge- richtSkosten beträchtlich vermindert und die Privi legien de- AdvocatenstandeS, namentlich der Advo- catenzwang. beseitigt werden, die 14) eine wahre Vertretung der Volksintereffeu nur durch Ausbau eine- auf BerufSständeu gegründeten Repräseu tativstzstems erblicken. Der erste Punct ist allen Parteien gemeinsam, die nicht einen Umsturz der Gesellschaft oder eine Wiederherstellung welfischer resp. päpstlicher Herr lichkeit wollen. Die sittliche Durch vringung deS gesammten Leben- mit de» lebendigen Kräften de« Cbristenthums wünschen auch die Meisten von un« Liberalen, aber nur m dem Sinne einer durch da« Cbristenthum geläuterten Sittlichkeit, soweit die Förderung derselben in der Macht de« Staate« teht und nicht anderen Factor«, vor Allem der tzamilie anbeimfällt. Die gründliche Revision der vkaigesetze bedeutet Znrücksühruug der Jesuiten, Herstellung der Herrschaft engherzig confesfioueller Kirchen über die Schule uud damft über den Staat, vou dem die i» Geiste de« Herrn d. Fechenbach gelefteten Kirchen nur insoweit adhäugen wollen, al« er sie auch ferner reich zu dotine» hat. Die „gerechte" Vertherlung de» Ertrage- der Arbeit ist erne socialistlsche Utopie, wird übrige»« auch nur hinsichtlich de» beweglichen Capital» augestrebt. Den jüdische» Ueberwucheruugeu würde am Gründ lichste» durch Austreibung der Juden uud Ton st «cat tau ihre» Vermögens gesteuert, wie zu den Zeit« des vom „christlichen Geist" durchdruummen Mittelalter». Miudesten» ab« wüßten dochdie Jude» tw» StaaMoegen zur Auswanderung direct oder BArch Untersagung aller lucrativen ErwerbS- arteu gezwungen werden! Gegen die Forderung einer sparlamm Verwaltung wird Niemand Etwa« einwenden, aber ohne Credit wird der Staat schwer lich bestehe» können, wenn er nicht auf alle den Verkehr förderudeuUulageu, Eisenbahnen,Canäle rc.verzichten will, von denen freilich ia der guten alte« Zeit de» FeudaliSmuS nicht die Rede war. Während da« mobile Capital, resp. sein Ertrag möglichst gleich vertheilt werden soll, wird die Aufhebung oder doch durchgreifende Beschränkung der Theilbarkeit de« Grundbesitze- befürwortet. Natürlich wäre e- ja herrlich, einige Tausende von Großgrundbesitzern und ein paar hunderttausend Bauern von einer Schaar abhängiger jüngerer Familienmitalieder, bei Letzteren etwa in der Eigenschaft al« Knechte, umgeben den Staat beherrschen zu sehen. Der Staat als allgemeine Vorsehung in rein weltlichen Dingen räumt mit dem Gehenlassen der Con- currenz gründlich auf. Für jeden Ort wird eine bestimmte Zahl allein berechtigter Meister fest gesetzt, die „Bönhasen" werden gerichtlich ver folgt. Ein Geselle, der Meister werden will, muß MeisterSsohn sein oder eine MeisterS- wittwe resp. Tochter heirathen. Jeder, der nicht daS Bürger- resp. Meisterrecht zu kaufen ver mag, oder für hohen Preis Mitglied einer Kauf mannsgilde wird, kann nach dem HeimathSort „ab- geschoben" werden; wer heirathen will, hat der Gemeindebehörde oder Polizei em bestimmte- Ver mögen oder Einkommen nachzuweisen; ist er länd licher Arbeiter, so kann ihm der Gutsbesitzer den HeirathSconsens versagen. Jeder Arbeiter muß einen hohen Theil seine« Lohnes einer bestimmten Casse zahlen und verliert da« Anrecht an seine Einzahlungen, wenn er den Ort oder da« betref fende Gewerbe verlassen will. Je nach Innungen oder Gewerkschaften wird ihm nach ihrem In teresse die Normalarbeitszeit von dea Meistern bestimmt, welche natürlich jene Cassen verwalten. Geschieht Die-, wie noch heute in vielen Innung-- cassen, schlecht, so helfen ihm seine herrlichen Ansprüche im Fall der Krankheit, de« Alter«, der Invalidität und de- Todes gar wenig. Während überall sonst der Zwang eingeführt wird, darf hin fort Jeder al- Rechtsanwalt auftreten, ^aS Ge werbe der „Linksanwälte" blüh! mächtig auf. Meister, Großgrundbesitzer und Großkausieute, denen man gnädigst einige Vertreter der Groß bauern beigesellt, vertreten da- Volk in neuen Ständederfa mm langen, natürlich in erster Linie jeder seinen Stand, wobei daun thatsächlich die Regierung in den meisten Fällen thun kann, Wa ste will. Wer nicht Meister, Großgrundbesitzer. Großkausmann oder Großbauer ist, hat daS Pri vileg, sich von diesen Herren scheeren zu lassen. Das ist der Ioealstaat deS Herrn von Fechen dach; da- sind aber auch zum großen Theil die Forderungen, welche die sogenannte deutsch- confer- vative Partei auf ihr Banner geschrieben hat und bewußt oder unbewußt verfolgt. So unrealisirbar sie i» ihrer Gesammtheit im Zeitalter de- Dam pfe- und der Elrklricität sind, so müssen doch die Liberalen auf der Hut sein, damit eine klerikal- conservative Coalitton auch nicht auf kurze Zeit ein gut Theil davon verwirklichen kann. Wohin ein solche- Staatswesen gelangt, da- haben die Tage der französische» Revolution gezeigt. Politische Uebersicht. Letpzt». 9. September. Niemand, selbst unsere „streng liberalen" Gegner nicht, wird leugnen können, daß ein ele gischer Ton sanfter Wehmuth durcb die jüngste Aeußerung dersecessionistischeu Presse geht, fast ei» Anhauch von Heimweh oder gar von Reue über einen Schritt, der so nicht aethan werden durfte. Denn weder hat die vietberufene AuS- trittserklärung seine Nothwendigkeit darzu- thun vermocht, noch kann eine kühle U berlegung ihn auS Gründen der Opportunität gutheißen Wer nicht in die tiefsten Tiefen unsere- haarspal- tenden Nationalgeniui eingeweihl ist — schreibt der „Hann. Eour." — wird ihn nicht einmal verstehen, und auch für Den, der mit unseren vaterländischen Neigungen vertrauter ist, ist da- Geschäft schwer genug. Wir können unS nicht helfen, in dem ge dämpften und unsicheren Ton« jener Blätter tritt ein ganz klein wenig böse- Gewissen mit zu Lage. San» correct war wohl der ModuS der LoStrennung nicht; jene Verständigung mit dem Groß der Pariei, welch« nun so eifrig von den Reuliberale« betont wird, hätte wohl vor der Trennung versucht »erden können; nicht auf dem Weg« geheimen Pactiren», sondern vor der versammelten gesammten ParlamentSfraction hätte die LoSsagung geschehen sollen. Ließe» ßch von Herrn v.veninasen'Ssprüchw-rtlich gewordener „staatsmänni- scher Mäßigung' wirklich ander« Meimmpen erwarlen, al» die, denen er « Freibura Ausdruck P»h, «ud die nun »ft so »»verhohlener Freude von tzen auSge- schiedenen alten Genossen reproducirt werben? Und wenn Die» thatsächlich ist, warum suchte man mit ihm und den Seinen nicht eher Fühlung? Ein« glänzendere Genugthuung wahrlich konnte der altbewährt« Partei führer nicht leicht erfahren, als den fast allgemeinen Beifall Derer, die ihn eben verlassen baden. Und hierin liegt in der That ein Grund »l der Hoffnung, daß di« große Gefahr für die liberale Sach« wemgften« geminderl wird, welch« durch da« wunderlich« Ex periment, Einheit durch Zersplitterung zu gründen, nah« gebracht ist. Diese Hoffnung wird rabeß so lange eine unsichere bleiben müssen, al« wir nicht eine größere Klarheft über die Ziele und Wege der neuen Partei haben, eine Klarheft, wie sie die bevor stehende Versammlung hoffentlich bringen wird. Diese Hoffnung scheint sich keiue-weg- erfüllt zu haben, denn waS bi- jetzt über die Verhaus- lungen de- „Parteitage«" verlautet, fügt dem Bekannten etwa» wesentlicb Neue« nicht hinzu. E» wurde, wie man un» mfttheilt, vou verschiede nen Seiten nochmals ein besondere« Gewicht darauf gelegt, zu betonen, daß die „liberale Grupps von jeder feindseligen Tendenz gegen die verwand ten Richtungen zu ihren beiden Flanken fern sei. und daß eS nicht an ihr liegen würde, wenn sich ein kameradschaftliche- Verhält»,iß zwischen de« drei Compagnien der Linken nicht erzielen ließe. Auch darüber soll man sich klar gewesen sein, daß eine Constituirung der Gruppe zu einer Fraction nicht umgangen werden könne, schon um der Vortheile theilhafttg zu werden, welche die parlamentarische Usance nur den geschlossenen FractionSverbäudeu gewährt, u. A. die Zulassung »um Seniorencou» vent und die Entsendung von Mitgliedern in die Commissionen. Natürlich wurde e« für opportun gehalten, schon j-tzt größere Versammlungen au Orten zu berufen, auf deren politische Gefolgschaft man rechnen zu dürfen glaubt. Doch ist em Be schluß hierüber nicht gefaßt worden. Vielmehr ging die Meinung dahin, daß eS den einzelne» Abgeordneten überlassen bleiben müßte, sich schon jetzt in einen engeren Contact mit ihren Wähler» m setzen. Man darf sich also auf volltönende Motivirungen de« berühmten „Manifeste-" gefaßt machen. Von bemerken-wert hem Interesse ist ein Artikel der „Provinzial-Correspondenz" über die neue Gruppe. Zunächst schildert da« halb amtliche Blatt die Personen der neuen Partei: ES ist der linke Flügel der Partei, der seinen Austritt erklärt, und eS bestätigt sich auch die Voraus setzung, daß dieser Flügel die Minderzahl der Fraction gebildet hat, waS ihn nicht verhinderte, in wichtigen Fragen der Pattei eine OppofitionSftellung auszu- drängen, welche, mochte sie nun vor der letzten par lamentarischen Enscheidung noch verlassen oder be hauptet werden, auf da- politische Leben sehr nach- theilig eingewirkt hat. Im elfteren Fall wurde d»e ganze Partei dem unbegründeten Borwurf au-gesetzt, ihre eigentliche Ueberzeugung verleugnet »u haben; im anderen Fall sah sich die Regierung verlassen, wo sie auf Verständlich und Beistand zu hoffen berechtigt war. Die Unsicherheit, welche dadurch in da« par lamentarische Leben kommen mußte, konnte nur lähmend und verwirrend wirken, und wenn der Aus tritt deS linken FlüuelS zur Beseitigung derselben führt, so wird er nach dieser Richtung von wohl- thätiger Wirkung sein. Eine längere Auseinandersetzung widmet di« „Prov.-Corresp." sodann dem im Mittelpunkte des .Manifeste«" stehenden AuSdrvcke „wahrhaft constituttonelleS System": Dieser Satz erregt sogleich Befremden. Schon die Dahl d«S KunstauSdruckS „conftitutionelleS System" ruft ein solche« hervor. Dieser Ausdruck war nahezu auS unserer politischen Sprache ver schwunden. Er war außerordentlich beliebt, al» der deutsche Liberalismus seine Vorbilder au« dem politischen Leben Frankreich» unter der Julidynaftie nahm. AIS aber schon vor dem Jahre 1848 die Güte diese» TvvuS nicht mehr anerkannt wurde, alt eine radicale Richtung sich al« Demokratie aufthat, da wollten die gemäßigt Liberalen da- VorbUd der Ver einigung der Freiheit mit der Monarchie nur noch in England finden, und als KunstauSdruck für Da», waS man dort zu finden glaubte und bei un» er strebt,, kam der Name „parlamentarische Re gierung" auf. Warum haben die Unterzeichneten diesen Name» nicht gewählt? Erschien ihnen der von ihnen beliebte etwa unverfänglicher? Wenn der Ausdruck .^xirla» mentarische Regierung" dem einfachen Wortfinn nach verstanden würde, so würde die Anwendung de» Namen» und der Sache in der bei un« herrschende» ReaierungSwrrse überall angenommen werden: denn Niemand will die große Wirksamkeit der parlamen tarischen Körperschaften, welch« ihnen die Verfassung de» Reich« w»e de» preußischen Staate« beilegen, ein« eugen oder »ar beseitigen. Parlamentarische Re gierung in dem Sinne, daß di» Regierung in wesent lichen Functionen an die Mitwirkung de» Varl»- ment« gebunden ist, herrscht bei un» und wirb nicht bekämpft. Allein die herrschend« politisch« Sprach« legt in den Ausdruck «ine Bedeutung, welch« der Wortlaut nicht ergiebt; sie versteht unter parla mentarischer Regierung die alternirend« Parte,regie- rung, deren Wechsel durch die Abstimmungen de» Parlament« reaulirt, durch di« Krone, welche auf dir Entscheidung ohne Einfluß ist, formell bestätigt wird. Zu diesem System gehört vor Allem, daß alle poli tische Kraft de« Lande» und de« Parlamente» in den Dienst zweier sich in der Regierung ablösende» Parteien gestellt rst. Sobald ein Zustand emtritt, w« die Regierung nicht zwischen zwei Parteien wechselt, sondern von Partei zu Panei in« Unbe stimmt« übergeht, ist der Verfall de« Staate« uud de» Volke« in die unmittelbarste Näh« gerückt. Die Patteiregierung ist nur dadurch erträglich, daß «ft dem Sturz einer Regierung die einzige immer dar»
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