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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.06.1881
- Erscheinungsdatum
- 1881-06-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188106109
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18810610
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18810610
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1881
- Monat1881-06
- Tag1881-06-10
- Monat1881-06
- Jahr1881
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.06.1881
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Erscheint täglich früh 6'/, Uhr. Reterlir» »»> Lk»rdM«» JohamreSgaflr SS. Hprrchßuuöe» der Urdacti»«: Normittag« 10—12 Udr. RachurWag« 4—» Uhr. ! tA MB»«»» »i»-«i»i»rri «-morn»« «» <>»»«>»» ^ch« »«»»»»Uch. »er für R« nichM»l,en»« . »«V»«ren Anserate an «ge» öl» t UhrNachmilta,«, «» -esttaie» fr»» »t»Utzr. 3» te» FUialk« fitr Ins.-^nnahmr: Htt« »«««, Universstät-strabe 22, L*>tA LIsihe, Kaihorinenstrabe 18, p. mir »i« 'Utzr. ripMtr TagMM Anzeiger. Organ fssr Pslitik, Localgeschichte, Handels- nnd Geschäftsverkehr. Auflage 16,88V. 2U>«nnemeut»Prri» viertelj. 4V, Ml., Gel. «rtnaerlohu b «k.. d»rch die Post bezogen 6 Mt. Jede einzeln« Nummer 2L Ps. Belkgerrmplar 10 Ps. Gebühren für Extrabeilage» «hur Postbesördernng 30 Mt. »tt Postbesördernng 48 Mt. Inserate flgespaltene Petitzeile SO Pf. Größere Schriften laut unserem Pret». ver^ichnih. Tabellarischer Satz nach höhere» Tarif. Krrtarnrn unter den Uedactionostrich die Spoltzeile bO Vs. Inserate sind fiel- an die «ppe-ttta« z» jeaden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung praouumeranclo oder durch Post- nachnahme. ^ 1K1. Freitag den 10. Juni 1881. 75. Jahrgang. Amtlicher Theil. Di« Neudirlung der Plagwitzer Brücke soll an einen Unter nehmer in Accord veraeben werden. Di« Bedingungen für diese Arbeit liegen bei unserer Ties- bemverwaltung. Rathhau-, 2. Etage, Zimmer Nr. 14 au- nnd können daselbst eingesehen resp. entnommen werden. Bezügliche Offerten sind versiegelt und mit der Aufschrift: »tendtelnng der Plag»t»er Brürke versehen ebendaselbst dt« zun» 1». Juni l. I. Nach. Mittags 3 Uhr cinzureichen. Leipzig, am 3. Juni l88l. Der Nath der Stadt Leipzig. Dr. Georgi. Vr. Wangemann. Di« Erneuerung de- PsostenbelagS und de- Barrieren- Holmes der Schleutziger Brücke soll an einen Unternehmer in Record verdungen werden. Die Bedingungen für diese Arbeit liegen bei unserer Ties- ßanverwaltung, Rathhau-, 2. Etage, Zimmer Nr. t4 auS und können daselbst einaesehen resp. entnommen werden. Bezügliche Offerten sind versiegelt und mit der Aufschrift: Gteadtrlppg der SchtraStarr Brücke versehe« ebendaselbst bi- zum 13. Jum l. IS. Nachmittag- « Uhr einzureichen. Leipzig, am 3. Juni 1S8l. Der Rat- der Stadt Leipzig. Vr. Georgi. vr. Wangemann. Stockhoh-Auctlon. v-pptag, a« 2v. Juni o., sollen von Nachmittag- » Uhr an im Forstreviere Connewitz auf den Mittelwal'd- fchlägen in Abth. 2? und 30 a ea. Svv Haufen -lein gemachtes Stock-ol; »nler den im Termine öffentlich au-gehangenen Bedingungen und der üblichen Anzahlung an den Meistbietenden an Ort und Stelle verkauft werden. Zusammenkunft: auf dem Holzschlag« an der schwarzen Brücke m der Eounewitzer Linie. Leipzig, de« 2. Jam 1881. De« Rath« gsorft-Deputattun. Nichtamtlicher Theil. Leipzig, 10. Juni. Da« freisinnige evangelischeDeutschland sieht heute mit Erwartung auf Berlin. Bereit- gestern begannen da selbst die Verhandlungen de- 13. deutschen Protc- flantentaaeS. Zum zweiten Male versammelt sich der Verein in der deutschen Reich-Hauptstadt. Als er vor zwölf Jahren zum ersten Male in Berlin zusammcnlrat, galten die Verhandlungen der deutschen Volksschule und ihrer Stellung zu Staat und Kirche. Was der Verein damals in dieser Richtung in Berlin, waS er zwei Jahre daraus zu Därm st« dt m Bezug auf die Jesuiten im Deutschen Reiche, waS er «ach.abermal- zwei Jahren zu Leipzig in Bezug auf die Eivilstand-geschgebung gefordert hat, da- waren nicht uner füllbare Wünsche, sondern e- entsprach genau den dringenden Bedürfnissen der damaligen Gegenwart. Die Forderungen de- Verein- gingen darum als Weis sagungen der Erfüllung fast unmittelbar voran, und es ist unrrfindlich, wie man einen Verein, welcher bezüglich so wich- tiger gesetzgeberischer Acte den Regierungen de- Deutschen Reiche» nur da- Programm abgesehen zu haben schien, welche- fl« selbst auszustellen im Begriff waren, eben um dieser seiner Lhätigkeit willen von regierungsfreundlicher Seite her in Verdacht nehmen und gefährlicher Tendenzen beschuldigen konnte. E- steht außer Frage, daß die Bestrebungen dcS Prvtestantenverein» nur genau in gleicher Linie liefen mit de» Bestrebungen unserer deutschen Politik zu einer Zeit, auf welche wir heute darum nicht etwa mit weniger Stolz zurückblicken, weil sich mit diesem Ge fühle zugleich etwa- von der Bitterkeit der Enttäuschung mischt, angesichts mancher Wendungen, die wir seither in Deutschland erleben mußten. Aber Derjenige wäre damal- fchlecht beratben gewesen, welcher e- sich hätte verhehlen »olle«, daß die gemäßigt und vernünftig liberale Richtung, an« der unsere- Dafürhalten« unser Staats- und Volksleben sich ohne Gefahr innerer Krisen nicht entfernen kann, nur bann eine gesicherte Grundlage in den breiten Schichten unserer Bevölkerung besitzt, wenn sie zugleich Fühlung behält mit dessen umfassenderen Bedürfnissen nach Religion. Do diese- Bedürfniß nicht richtig geleitet wird, da mangelt e« nie an Versuchen und Versuchungen zu seiner Ausbeulung im egoistischen Interesse einseitig rückläufiger Bestrebungen. Konnte man diese einfache Wahrheit jemals mit Händen «reisen, so ist es heute. Der Minister, welcher bi» vor drei Jahren die preußischen Schulangelegenheiten in jener, den Be dürfnissen de« paritätischen Staate» entsprechenden Weise, wie auch ber Prvtestantenverein sie in- Auge gefaßt hatte, zn ordnen mit Erfolg »ad Glück unternommen halte, ist weniger auf politischem als auf kirchlichem Boden zu Fall gebracht worden. Hier aber ailt e- wachsam sein, hier ein Leben-interesse der gereckten Sach« vertheidigen. Der Proteftantenverein. aus dessen bevorstehende Verhandlungen wir damit die Aufmerksamkeit ^lenken, hatjedenfall- den Vortheik, wirklich brennende , zn berühren und ein unverbrauchtes Interesse in »ch zu nehmen, wenn er die-mal über „die Glauben-- ht« in der evangelischen Kirche" i Referent Dompretiger ^ höser a»< Bremen), über „die Aecktung der protestan tischen Theologie" (Referent Professor vr. Holsten au- Heidel berg). und über „die Stellung der Kirche der Reformation «r vkrgerlicbcn Gesellschaft" (ReserrntGeh. Rath vr. Blnntschli daselbst) verhandelt. La« namentlich da« erste Thema betrifft, so steht noch in unserem frischen Gedächtmß die glänzende Vertheidigung, Welch« di« Freiheit de» protestantischen Gewissen» anläßlich r derselben zu nah« tretenden Fälle im Munde de» Ab orten v. Bennigsen während der letzten preußischen Land- lsefsio« gesunden bat. Da- Gedäcktniß dieser Rede ausfrischen t zugleich dem Proteftantentag in Berlin unsere Gympa- ' »««drücken und zur Betheiligung au seinen vrrhand. rinladen. FürstMilan von Serbien ist am Mittwoch inBerlin einaetrofsen. lieber den Empfang des Fürsten im Kaiser lichen Palais geht der „Post" folgende Miltheiiung zu: Zehn Minuten vor 2 llhr erschien der Fürst von Serbien im Palais, um von Seiner Majestät dem Kaiser und Könige e»ip>angcn zu werden. Ter Fürst wurde im Vestibül von den Generalen von Lehndorss und Fürst Nadziwill empsangen und in die Gemächer des Kaisers geleitet. Der Empsang and im blauen BorlragSziminer statt und war der Fürst mit dem Kaiser etwa drei Viertelstunden allein. Dann wurde das Gefolge eingelassen und vorgestelit. Die Persönlichkeit dcö Fürsten macht den angenehmste» Eindruck, lieber Mittel größe, voll und gut gewachsen, zeigt sein volles Gesicht mit dem dunkeln Schnurrbart und de» dunkelbraunen Augen eine gewinnende Freundlichkeit. Er trug eine Art Hnsarcn-llnisori», grüne Attila mil Golbschnüren, rolhe Unterkleider, Fedcrhnt mit Goldtressen nnd taS Großkrcuz deü Rothen Adler-OrdenS. Vom Palais fnbr er bei dem Kronprinzen und de» Prinzen vor. Milan Obrcnowitsch IV. ist nach dein Lebensalter der zweit jüngste Fürst Europas und wird i» Bezug Sus Jugend nur noch vom Könige von Spanien überirofscii, der erst 23 Jahre zählt, während Zürst Milan, am 10. August 18ü4 geboren, doch bereits in seinem 27. Lebensjahre sicht. Trotzdem „.egicrt" er jcho» länger als 14 andere gekrönte zzäiipter, da er bereits am 2. Jnli 1860, wen» auch unter Vormundschasl, die „Regierung" antral. Für .Ulan ist der Sohn des Fürsten Mtlosch Obrcnowtlsch und der Fürstin Maria, der späteren Geliebten des Fürsten Alexander Eusa von Rumänien, Sein Vater wurde am 10. Juni 1868 in dem Park von Topscht durch «ine Mörderkugcl aelüdtet; der junge Prinz er hielt eine sorgfältige Erziehung in Paris. Am 2. Juli 1868 zum Fürsten proclamirt, wurde er am 22. August 1872 für großjährig er klärt nnd führt seit diesem Tage selbstständig die Zügel der Regierung. Eine tiefbewegte Zeit liegt bereits hinter ihm. Von Rußland ausge- stachelt und unterstützt begann er gleichzeilig mit Montenegro ohne allen Grund Krieg gegen die Türkei; die prahlerisch vorher ver- kündeten Ersolge, glänzende Siege und die Eroberung von Bosnien blieben aber aus. Fürst Milan, der die Führung des Krieges dem Russen Tschernajeff überließ, mußle die ihm von den Truppen onge» tragen« Köniyskrone ablchnen; nachdem sei» Heer bei Al ex matz ver nichtet war, ließ ihn Rußland im Stiche, so daß er England um Hülse anries. Er und sein Volk kamen glimpflich genug davon, da die Türkei, durch die allgemeinen politischen Verhältnisse gezwungen, de» Frieden unter den Bedingungen, wie sie vor dem Kriege bestanden, bewilligte. Der glückliche Ansgang des russisch-türkischen Krieges, an dem Serbien erst nach dem Falle Plcwnas im Deccniber 187? theil- nahm, verschaffte dem junge» Fürsten wesentliche Ersolge und trug erheblich zur Befestigung seiner Dynastie bei. Seine Proclamntion vom 12. Deccn.ber 1877, in welcher er das Volk zur Befreiung des Vaterlandes aufries und die sör.nlichr Kricgserl ärung au die Pforte, wurde zwar von dieser am 24. Deccmber mit der Absetzung des Fürsten beantwortet, indessen lagen diesmal die Dinge günstiger. Fürst Milan, der selbst den Oberbefehl über die Armee übernahm, stieß nur auf geringe Reste türkischer Truppen »nd eroberte bis zum Waffenstillstand Ende Januar 1878 Pirot und Nisch, sowie einen großen Theil Alt-Serbiens. Im Frieden von St. Slesano nnd im Berliner Vertrage erlangte Fürst Milan nebst beträchtlicher Gebietserweiterung die Souveränität und nahm im September 1878 de» Titel „Hoheit" an. Im Juli v. I. machte der Fürst unserem Kaiser seine Aus- Wartung in Eins und erhielt bei dieser Gelegenheit den Rothen Adlerordcn erster Classe. Ob ihm seine jetzige Reise die langersehnte Königskrone bringen wird, muß die Zukunft lehre». AuS Wien wird uns vom 7. d. geschrieben: Die An wesenheit des Fürsten Milan von Serbien in unserer Stadt gicbt den hiesigen Journalen wieder einmal Anlaß, über die äußere Politik Oesterreich-UngarnS zu sprechen, wa- freilich nicht allzu oft vorzukommen pflegt, weil man ja in unserem auswärtigen Amte kaum in der Lage, cine selbst ständige äußere Politik zu verfolgen und unter allen Um ständen durchzusühren. Wenn daher heute mehrere hiesige Blätter versichern, der Aufenthalt des Fürsten Milan in Wien beziehe sich „in erster Linie" daraus, von Oesterreich- Ungarn die Zustimmung, Einige sagen sogar „Erlaubnis;", zur Erhebung dcö Fnrstenthuins Serbien zum Königreiche zn erhalten, so darf man es eben mit jener Versicherung nicht buch stäblich nehmen. Gewiß ist allerdings, daß wahrend der hiesigen Anwesenheit de- Fürsten Milan die serbische Königosragc angeregt worden, welche, wie die Wiener „Presse" schon mieter- holl und auch heute versickert, in unserem auswärtigen Amte sich aus unschwer begreiflichen Gründen keines sonderlich sympathischen Entgegenkommens erfreut. Aber ebenso gewiß ist auch, daß von >ener „geringen Sympathie" bis zu einem thatsächlichen Einsprüche gegen die serbische KönigSfragc noch ein großer, höchst bedenklicher Schritt läge. Wenn Serbien, auf andere Sympathien gestutzt, trotz der Nichlzustiinmung Oesterreich-UngarnS, dennoch nach derKönigSkronegreifen wurde, so wäre man hier wohl kan», in der Lage cS ernstlich zu verhindern. Die siidslavischen Dinge und Verhältnisse an der unteren Donau bieten gerate für Oesterreich, zumal für Ungarn, manche überaus heikle Puncte, welche einer sehr kühlen objectivcn Erwägung bedürfen, um nicht muthwillig für beide Reich-Hälften höchtt bedenkliche Consticte vom Zaune zu brechen. Daß der magyarische Chauvinismus in seiner grenzenlosen Machtüberschätzung noch an, ehesten geneigt, mit dem ihm verhaßten Serbien Händel zu suchen, wäre srcilich nicht ganz unmöglich, aber schließlich mußte man in nnserm auswärtigen Amte doch nach einem Dämpfer greisen, um ihn der ungarischen „Großmacht" in Budapest auf das erhitzte Haupt zu setzen. Römische Blätter haben die Meldung gebracht, daß neue Unterhandlungen zwischen Deutschland und dem Papst im Gange seien und daß der letztere in seiner Rede an die deutschen Pilger gewissermaßen öffentlich die Grenzen der von ihm zu erwartenden Zugeständnisse habe ziehe» wollen. Hieran ist nach einer Correspondenz der „K Z." auS Nom so viel richtig, daß der heilige Vater augenscheinlich seinen Stankpunct zu de» gcsammtcn Verhandlungen hat markiren wollen; er yat daS aber i» Formen gethan, die so dehnbar und so mannigfaltiger Auslegung fähig sind, daß damit weder für noch wider viel gesagt ist. 'Neue Unter Handlungen sind nicht ausgenommen worden; die beiden Par tcien stehen noch immer so wie vor einem Jahre da; sic haben sich schon Alles gesagt, WaS gesagt werden kann. DaS schließt indessen nicht auS, daß man ans dem Wege still schweigender oder vereinzelter Zugeständnisse, der ja bereit- betreten ist, weiter gehe, und so wird bestätigt, daß die Absicht bestehe, für Trier ein gütliches Ucbcrcinkoinmen, etwa durch Ernennung eine» Capitularverwesers. zu treffen. Sollen also die Wahlen in der Mille oder der zweiten Hälfte keS September stattsinden, so wäre jener Auftrag an die Behörden im Anfang deS August zu erwarten. Die Annahme erhält sich in parlamentarischen Kreisen daß die Reick-taqS wählen zu einem frühere» al- dem ofsiciöserseitS mit Äeflisscnheit angeknndigtcn Termin statt inden werden, und daß man sich ans etwa den 20. Sep tember als den wahrscheinlichsten Termin gefaßt zu macken habe. Zu jenem Zeitpnnct sind die Ernlearbeitcn wobt überall in Deutschland beendcl. und wenn der Stcuerciiipsänger o gütig ist. die Znjriekenheil über den Segen der Felder noch durch geeignete Belehrung über die ungemeine Wohlthat de- Steuererlasses zu verstärken, dann dürste daS Gcmüth des LandmanneS wohl hinlänglich vorbereitet sei», um im Sinne der Minnigerote, v. Kleist und v. Kardorff zu wählen — selbstverständlich immer nach der Ansicht der preußisch- deutschen Negierung und ihrer politischen Freunde. Einen positiven Anhalt für die Ausschreibung dcS Wakltcrn-inS wird man übrigens dann baden, wenn die Behörden angewiesen werden, die Ausstellung der Wählerlisten vorzubereiten. Er- akrungSmäßig liegt zwischen diesem Tage und demjenigen der Wahl selber ei» Zeitraum von nngesäbr 6 Wochen. Für die bevorstebente Stich wahtim KrciseRinteln» Hofgeismar zwischen dem nationalliberaten Senator Dr. Schläger und dem fortschrittlichen Lehrer Licberman» gicbt der „Reichsbote" für seine conscrvativen Freunde die Parole strengster Slimmenthaltung auS. da c» gleickgültig sei, welcher livcralcn Richtung der Vertreter an- gehvre, ei» FortschrillSmanu i»i Interesse der „Klärung der Verhältnisse" sogar noch vorzuzichen sei. Für die Taktik dieser Art von Conscrvativen ist die Ermahnung bezeichnend. Wenn die Anhänger dcS „Reichsboten" den letztere» Wink besolgcn, waS nicht zuin erstenmal der Fall wäre, so wird die Forl- chrittSpartel aus ihre derart gewonnene Stimmenzahl nickt allzu stolz sein dürfen. Die vrittc Bcratkiuna deS UnsallversicherungS- gesetzeS, dessen zweite Lesung bekanntlich nahezu vollendet ist, wird den Reichstag erst in der nächsten Wecke beschäfti gen. Vorher werte» die ankern »och auSslehenden drillen Lesungen sowie die Berathung der einstweilen noch nicht vor liegenden, aber mil Sicherheit zu erwartenden Handelsver träge erledigt werden. Für Compromißverbandlungen über das Unfaügesctz soll ein möglichst weiter Spielraum gewährt werden. Äücin die Aussicht aus eine Verständigung ist ganz geschwunden, nachdem da-Centrum die Ablehnung dcS Staats- Zuschüsse- entschieden ausgesprochen und die „Provinzial-Corre- svvndenz" heute nochmals das unweigerliche Festhalten am laatSzuschuß betont hat. In einem Artikel über „Sociale Verbesserungen und soeialdemokratische Träume" tritt di« „Pro- vinzial-Correspondenz", Bezug nehmend auf die bi«» 4errgen. Verhandlungen über da» Unfallaesetz, noch einmal für den Staatszuschuß ein, indem sie am Schluß be seiten schreibt: Indem der Reichskanzler sich für den Staat-Zuschuß — der ja kein Almoien, sondern nur die Ermöglichung einer Art Sicher stellung für die Zeit der durch Unfälle hcrvorgeruscnen Noth sein soll — entschieden hat, übersah er nicht die nahe liegende» Schluß folgerungen bezüglich der gefährlichen revolutionären Wirkungen, welche die erste kleine Naiyaiebigkeit gegen das von socialdemo- kraliicher Seite ausgestellte Princrp hcrvorbringcn könne. ES ist auch nicht gerade überraschend, daß jenes Vorurthcil durch die prahlerischen Hoffnungen der socialdcmokratischen Führer gewisser- maßen eme Beglaubigung zu erhalten scheint. Ader gewiß ist auch die Ueberzeugiing berechtigt, daß die erste Nachgiebigkeit nicht in de» Abgrund führen, sondern den revolutionären Gesahren wie der wachsenden Unzufriedenheit heilend und wohlthuend Vorbeugen werde. D>c verbündeten Regierungen haben sich dieser Auffassung ange- schlossen und lassen sich weder durch kleinliche Bedenken, noch durch proßsprechcrischc socialdeniokratische Reden in ihrer lleberzeugung irre machen, daß das Reich, welches in den letzten Jahren mehr und mehr die Nolhwendigkeit positiv wirkender Maßnahmen zum Wöhle der arbeitenden Classen nicht nur anerkannt, sondern dieselben wiederholt versprochen hat, daS „Körnchen Wahrheit", welche» ans dem Dunkel der focialistischen Forderungen hervorlcuchte, auch in die Gesetzgebung, nach Maßgabe der Verhältnisse, einsühren müsse. Der Schrecke», den da- Hocialistische" Princip jetzt noch wenigstens im RciiySlagc ziemlich allgemein verbreitet, wird in nicht laiiger Zeit als ein von der Partei, welche das Gehen- und Geschchenlasse» als die alleinseligmachende Kraft dcS staatlichen Lebens verehrt, großgezogener Jrrthum erkannt werden. DaS Zeugniß der socialdcmokratischen Lehrmeister, daß der Staat- Zuschuß die Eingangspforte zu dem Reich ihrer politischen Träume lein werde, kann im Ernst nicht als ein maßgebendes bezeichnet werden. Die Meinung, daß „nicht Fürst Bismarck die Social- demokrate», sondern daß diese ihn hätten", ist nur eine Phrase der Verlegenheit, hinter der sich die Anerkennung verbürgt, daß Fürst Bismarck den richtigen Weg cingeschlagen, um die Massen der Arbeiter, welche sich jetzt noch an dem socialdemokratischen Gänge! dande leiten lassen, der revolutionären Führung zu entreißen. Wenn die Arbeiter sehen, daß der Staat eher und besser al- ihre Apostel für eine wirkliche Abhülfe ihrer berechtigten Beschwerden sorgt, dann wird bei ihnen das Vertrauen und die lleberzeugung rinkehren, daß „der Staat nicht eine lediglich zum Schutz der besser siluirten Classe» der Gesellschaft ersundenc, sondern eine auch ihren Bedürfnissen und Interessen dienend« Einrichtung sei". Die revolutionären Gesahren werden nicht herauf- beschworen, wenn man den berechtigten Kern der Forderungen der Arbeiter pflanzt »nd pflegt; nein, man bricht denselben vielmehr die Spitze ab und leitet sie in geordnete ebene Bahnen, wenn der Staat den Willen zeigt, der „wirklichen" Noth der ardrilenden Elasse zu begegnen. Und deshalb ist der Staatszuschuß rin rbenso praktisches, wie hochbedeutend politische» heilsame» Mittel, dessen Anwendung nicht mehr verhindert werden kann, aber auch al- noth- wendig anerkannt werden muß, wenn nicht von diesem, so von einem anderen Reichstage. Nach rinizen Wochen wird Herr Tiedemann al- Re gierungspräsident in daS schöne nnd stille Trier überssedeln, und noch inimer herrscht ein tiefes Schweigen über den Namen dcS Bevorzugten, der ihn als Chef der Reichskanzlei zu ersetzen bestimmt ist. Man will an sonst gut untcrrlchteten Stellen wissen, daß Fürst BiSmarck seine Wahl für die- schwierige Vcrtraucn-amt bereit- getroffen habe und daß er die politische Welt mit dem Candibaten ebenso überraschen würde, wir die» lange Zeit bezüglich de- designirten Nach solgcrS des Herrn v. Puttkamcr in Au-sicht gestellt war Vor Kurzem noch schien eS, als ob der Geh. Rath Constantin Rößler, der Leiter de« literarischen BureauS, welcher als Historiker wohl angeschen ist, rum AdlaluS des Fürsten Bis niarck ausrücken werde. Doch ist eS von diesen Gerüchten die für jeden Kundigen von vornherein wenig Wahlschein, lichtest halten, wieder still grwordcn. DaS auch abwechselnd Graf Herbert Bismarck. Gras Wilhelm Bis. marck und Gras Rantzau, der Schwiegersohn des Reich» kanzlers. als Cantidatcn für die Chesstelle in der Reichskanzlei genannt werden, erwähnen wir der Vollständigkeit halber. Alle diese Personen, so genehm sie auch dem Fürsten BiSmarck sein mögen, dürsten sich selber kaum die genügende technische Befähigung für cine Stellung Zutrauen, in welcher sich mit Erfahrung. Wissen und politischer Beanlagung gleichzeitig cine gute Dosis jener Untcrordnung-sähigkeit verbinden muß, die nickt Jedermann gegeben ist. Neuerdings tritt nun ein Name in den Vordergrund, der wobt der richtige sein könnte, für de» wir aber glrichwoht jede Gewähr ablchnen möchten; rü istdik-Herr Tb. Eiter», ehemaliger hannoverscher KrciS- üauptmann. z. Z. Hüls-arbeiter im Finanzministerium nnd Mitglied dcS Abgeordnetenhauses. Herr EilerS gehört zu den wenigen höheren Beamten, die sich mit wirklicher Wärme der neuen Wirthsckasts- und Steucrpolilik angeschlossen habe». Während die preußische Burcaukralic in der Mehrzahl aus dem Boten dev rntgegengesetztcn Systems erwachsen ist und ich nur schwer zu den neue» Dogmen bekehren lassen will, ickt er als Tirailleur in der vordersten Schlacktreihe. Von ^crrn Eiter» rührt der Wortlaut de- Entwurfs zum Ver- wcndungSgesetz I>er, und al- rS sich vor Kurzem darum han delte. für die geplante Reform drr directen Steuern in Preußen die süddeutschen Steuersysteme gründlicher kennen zu lernen, wnrdc ihm der Austrag zu der entsprechenden Inspek tionsreise. Daß dieser rührige Kämpe dem Reichskanzler zu- agen würdr, klingt nicht absolut unwahrscheinlich. Daß er indessen wirklich zum vertrautesten Mitarbeiter des Fürsten BiSmarck auScrsehen sei, wird so lange bezweifelt werden müssen, als nicht die Thatsacke der Ernenn»»» versiegt. ES scheint, daß DepretiS sein neues Ministerium nicht ganz ohne französische Unterstützung gebildet hat. Wenigstens geht der „K. Z." auS brach tenSwerthester Quelle die Mittheilung zu, daß Frankreich den Italienern einen Ersatz versprochen habe, wenn sie wegen Tunis keine weiteren Schwierigkeiten macken. Bor einigen Tagen meldeten schon einzelne Blätter, daß man Italien von Pari» au» aus Tripolis vcrwirseu habe; die» wurde dann von der italie nischen Presse in Abrede gestellt: welche» der Preis sei, den man den» römischen Publicum geboten hat. das wird zur Zeit zebeinl gehakte», daß aber ein solcher existire, ist nun wahr- chcinlich geworden. Zinncken dem päpstlichen StaatSsecretair, Cardinal Jacobini, und dem Vertreter Frankreichs bei der Curie, De-prez, fanden in den letzten Tagen wichtige Besprechungen über Leiiderung einiger Puncte de» ConcordateS statt. Die Verhandlungen haben, wie ber „Tribüne" gemeldet wird, zu einer vorläufigen Verständigung geführt. ES wird versichert, die Curie werde der sranzösischeil Geistlichkeit für die bevor» tchenden Wahlen eine versöhnliche Haltung anrathen. Die Verhandlungen der rumänischen Dcputirtenkammrr über die Interpellation betreff» der Don au frag« am Mittwoch dauerten bi- l Uhr Morgen». Zahlreiche Redner sprachen sich gegen cine gemischte Commission au- und richteten an d,e Regierung die Aufforderung, sich genau au die Abmachungen der bestehenden Verträge zu halten. Schließlich wurde die einfache Tagesordnung, für welch« anch die Regierung eintrat, mit 39 gegen 2!> Stimmen angenommen. 5 Abgeordnete enthielten sich der Abstimmung. AuS Wien wirb uns über die Bewegung in Bulgarien geschrieben: Wie vorauSzuseben, spitzen sich die Dinge in Bulgarien von Tag zu Tag mehr zu. A»S Äosia meldet ein Telegramm vom 5. d.: Die Agitation gegen Fürst Ater ander ist im Wachsen. Die liberale Partei schlägt den dänischen Prinzen Waldemar für den Thron vor. sall» Alexander I. abdanken sollte. Heute wird hier die russische Note Veröffentlicht, welche das bisherige Vorgehen de» Fürsten Alexander billigt. Alle« ist darüber in Aus regung. Ex-Minister Z'ankow protestirt in einem öffentlichen Schreiben gegen die Gewaltniaßnahmen de» Fürsten. DaS Schreiben Zankow'S ist an den russischen General-Consul Hitrowo gerichtet. Noch ernster lauten die Nachrichten auS Berkowaz. Dort rottete sich da» Volk zusammen und vertrieb unter dem Ruse: „Nieder mit den Deutschen und Russen!" die russischen StabSossiciere, die sich in Berkowaz als Regierung»-Commissairc befanden. — Dagegen ließ General Ernoth den Redacteur und Drucker des OpposilionSblalteS „Nesawisiinost" verhaften. — Auch aus Agram (Eroaticn) kommt ein sonderbare» Telegramm. Nach diesem hätten südslavische Studenten dem bulgari schen Minister Karow etow eine Adresse geschickt, welche ihn „um jeden Preis" zur Wahrung der Freiheit Bulgarien- aussordert. Der griechische Ministerpräsident Komunduro» fürchtet sich, die Kammer cinzuberufen, bevor die Staats anwaltschaft den großen K ätsch ungSproceß erledigt hat. da seine Feinde, fall» sie „och während dcS Processes an- Ruder kämen, die Situation auch in dieser Richtung gegen ihn auSbruten könnten. Wa« diesen Proceß anbclangt, so nimmt derselbe mit jedem Tage größere Grenzen an. Die skandalösesten Verbrechen werden zu Tage gefördert, und die Verhaftungen mehren sich. Außer der Herstellung falscher Kaimeh», Brief» und Stempelmarken soll nun die saubere Gesellschaft auch der Fabrikation von Eassciischcincn der griechischen Nationalbank überwiesen sein, ja eä scheint wabr- schkinsich, daß sie mit einem besonder- au-gcrüsteten Dampfer Piratengeschäste betrieben hat. B>« jetzt sind 24 Personen verhaftet worden, welche alle, mit Ausnahme von dreien, dem höheren Beamtrnstande angel'Vren. ES sollen sich darunter ein Deputirter von Einfluß und zwei höchste RcchiiungSbeamte befinden. Die Athenische StaatS- anwaltschasl hat ein besondere» HauS für die Untersuchungs haft der Angeschutdigten gemiethet, deren Anzahl wohl aus ein volle» Hundert aiiwachsen könnte. In der Presse herrscht ein gewaltiger Lärm ob diese» Skandal», und alle Blätter dringen aus rücksichtslose Bestrafung der Schuldigen. Rangliste der königl. sächsischen Ärmer für IM. X. Vd. Mehrer« Wochen früher al» der vorjährige Jahrgang kommt die heurige Rang- und Ouarlicrliste dc» zwölsten Armeecorp- deS deutschen Heere» zur Au-gabe. TaS militairischc Grünbnch ist diesmal fast einen halben Bogen stärker al- vorige» Jahr Die Vermehrung der Regimenter und der Batterie» nahm auch in der Nomen- clatur mehr Raum in Anspruch. Die Rang- und Nationalliste der Generale nnd sämmt- lichcr StabSossiciere ergiebt 144 Namen, 13 mehr al- die vorjährige Liste. Wir haben 5 Generale, 9 Genrral- lieutenantS. 8 Generalmajor» (2 mehr), 28 Obersten (9 mehr), 22 Oberstlieutenanl» (3 iveniger) und 72 Majcr- (5 mehr al» l880). Eine wichtige Veränderung in der Rangliste ist Heuer die nach de»» Vorgänge anderer militairischer Adreßbücher eingesührte, jeder Gruppe al- Anmerkung in Petitschrift bei- gesügte summarische Angabe der im Lause de- verflossene»
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