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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.07.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-07-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188207043
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18820704
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18820704
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1882
- Monat1882-07
- Tag1882-07-04
- Monat1882-07
- Jahr1882
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.07.1882
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Erscheint täglich früh S'/, Uhr. Ukt«r1i,n nn» «r»k»ttio> IohanneSgasie 33. Lprrchüuntrn der Rrö-rti-»: Bormittag« 10—12 Uhr. Nachmittag« 5—6 Uhr. ß« tt» «it«^», nn^>»,»i,i M-mli-,1«, »ich« stch »o au», Annahme der skr die «ächftf«l>e»de Nummer destimmten Injrr«te «» rs»che»««,e» d>» - Udr Nochmttta««, »nv Aesitagrn srntzdt»',,» Uhr. 3n den Klinik» für 2ns.->unaüme Ltt« Klemm, UmversitätSstrahe 21, Lo«t< Lösch», Karhariiienstraß« IS, p. nur dis ,,S Ntzr. Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- nnd Geschäftsverkehr. Auflage L7,SVV. Adonnrmriitsprris vierrelj. 4'/, MK., iml. Bringcrlokn ö Mk.. durch die Post bezogen 6 Mk. Jede einzelne Nummer 2ä Pf. Belegeremplar 10 Pf. Gebühren iur Extrabeilagen odiic Vostbesördernng 09 Mk. mit Poslbcwroerung 48 Mk. Inserate sqeipalteiie Pctitzeile 20 Pf. Größere Lchri'':en laut unserem PreiS- verzeubniß. Tabellarischer Lay nach höherem Tarif. Reklamen unter den Nedaciionsllrich die Svaltzeile SO Pf. Jnieraie sind nc:c- an die trzpröltion zu senden. — Nabalt wird Nicht gegeven. Zahlung jiraeuuiiiünrnaa oder dnrq Post» Nachnahme. Dienstag den 4. Juli 1882. 76. Jahrgang. — >»>>,>» > .... Amtlicher Theil. Vrkanntmachung. Da« 13. Ttück de« diesjährigen Rcick'SgesetzblalteS iss bet »nS eingeaangen und wird bi- ;««» ist. Juli d. I. aus den, NathhauSsaale zur üiniichtnahm« öffentlich aus- hängen. Dasselbe enthalt: Nr. 1471. Gesetz, betreffend die Abänderung de« Zoll- tarisaesetzcS vom 15. Juli 1879. Born 23. Juni 1882. Nr. 1472. Zusatzacte zur SchifffahrtSacte für die Lonaumündungen. Vom 28. Mai 1881. Leipzig, den SO. Juni 1882. Der Rath der Gtadt Leipzig. vr. Georgi. Stöß. HolMtlion. Mittwoch, den 12. Juli o., sollen von Nach mittag- rr Uhr an im Forstreviere Connewitz. Abth. 29 a und 3l ca. 80V Haufen klein gemachte- Ltockholz untcr den in> Teriinnc öffentlich auSkängenden Bedingungen und der üblichen Anzahlung an Ort und Stelle meistbietend verkauft werden. Znsammenkunft: auf dem Holzschlag« in der Tonne- witzer Linie unterhalb der schwarzen Brücke. Leipzig, am 26. Juni 1882. De» Rath» Aorstdeputation. Vckanntmachung. Wir bringe« hiermit zur allgemeinen Kenntniß, Ka der Polizeiregistrasor Herr August Eduard Ziegert zum Küster und Kirchenbuchsührer an der Tt. Matthaei-Kirche g'wlthlt und nach stattgehabzer Verpflichtung von Seiten der Kirchen, inspeeiion am heutigen Tage von u»S in sein ncueSAmt eingewiesea worden ist. Leipzig, am 1. Juli 1882. Der Klrchendorftand zn Et. Matthaei. o. Sver«. Nichtamtlicher Theil. ' Die Elle -er Ullramontanen. Die Herren Ultramontanen haben gewaltige Eile mit der Beendigung de« CulturkampseS. specicll mit der Ausführung dcS neuen kirchenpolitischen Gesetzes. DaS Cenlralorgan der CeutrumSpartci erinnert neuerdings daran, wie der Abg. Winbthorft rum Schlug seiner Tabakmonopolrcde erklärt habe, er have große Eile, den Frieden in dem kirchlichen Verhältnisse herzüsteüen, und mahnt den Fürsten BiSmarck demgemäß, das Seinige zur Erreichung diese» Zieles zu thnn. Es liege einzig und allein am Kanzler, daß man nicht längst in eine gründliche Revision der kircheupolitischen Ver hältnisse eingctreten sei: er zögere, obgleich eine Majorität für eine solche Revision vorhanden sei, und nun leide auch diese wichtigste Rcsvrmfrage an Bcrsumpsung und Marasmus. TaS könne und werde aber nicht so bleiben. Wenn der Staat nicht bald dafür sorge, daß den bisherigen traurigen Zustän den akgekwlsen werde, dann müsse die Kirche sich selbst Helsen. Daß eine Seelsorge auch gegen den Wissen de» Staate» möglich sei, bewiesen die vergangenen Jahrhunderte in Eng land und Irland» die Zeiten der französischen Revolution, die protestantischen Hugenotten nach der Aushebung dcS CdictS von Nantes ». s. w. Solche Zustände würben aber eine Katastrophe für Preußen herbeisühren, in welcher die katholische Bevölkerung den Sieg davon tragen werde. Offenbar ver stehe der Kanzler noch immer nicht die volle Diese der prin- cipicssen Gegensätze und die volle Schwere der Noth. in die der Culturkamps die Katholiken gestürzt habe — sonst würde er mehr Eile zeigen, ihn zu beendige». In der Tbat eine sonderbare Art und Weise, den Reichs kanzler zur Eile anzusenern. Wenn e« irgend einen Mann bcutzutage giebt, der sich nicht durch Androhung von Ge fahren von der Ausführung seiner Gedanken abbringen läßt, so ist e» Derjenige, dem die Geschichte den Namen des ManncS von Blut und Eisen beigelegt hat. Und diesem Mann, der da» Gefühl der Furcht nicht kennt, droht daS Prcßorgan der Römlinge mit einer Katastrophe, in welcher der von ihm geleitete Staat unterliegen werde! Die „Germania" meint zwar, die von ihr vorausgesetzte Sclbst- bilse der Kirche gegen den Staat fei keine Drohung, sondern nur „eine unerbittliche selbstverständliche Conscquenz der Zu stände in Preuße».' Aber wir wüßten wirklich nicht, wodurch sich die Prophezeiung eines Kampfes aus Leben und Tod zwischen zwei Mächten, wie Preußen und Rom eS sind, von einer Drohung wesentlich unterscheidet. UebrigenS hat Fürst BiSmarck durch die schneidigen Aeußernngm, welche er feiner Zeit bei der Schaffung der Maigesetze aetba», hinlänglich gezeigt, daß er „die volle Diese der Gegensätze" zwischen den von der römischen Kirche und den dom preußischen Staat vertretenen Grundsätzen wohl versteht. Für den Fall aber, daß er diese Diese vergessen haben sollte, thut die „Germania" selbst daS Ihrige dazu, um ihm dieselbe wieder zum Berstänkniß zu bringen; denn sie läßt ans ibren Artikel über „Fürst BiSmarck'- Eile" un mittelbar einen andere» folge», worin sie die Nothwendiqkeit einer „sofortigen" Rückkehr (zum 29. Juni, dem „h. Feste der Apostelsürsten Peter und Paul") de» Bischof« von Münster darlegt, zugleich aber die Unmöglichkeit dieser Rückkehr so augenfällig beweist, wie man cS vom staatlichen Standpuncl nur wünschen kann. Seiten» Kober Staatsbeamten, so behauptet sie, sei mehr fach erklärt worden, die Erleichterungen de» neuen Kirchen- gesetzeS sollten von keinen politischen Gegenleistungen abhängig gemacht werden. Hat denn aber der CultuSminister von Goßler iu den bezüglichen Verhandlungen nicht a»«drücklich mehrfach hervorgebooen, daß di« Begnadigung der Bischöfe »ur unter gewissen selbstverständlichen Bedingungen erfolgen könne, und bat irgend Jemand unter letzteren etwa« Ankere» al« da» Versprechen der Befolgung der bestehenden kirchenpalitischen Gesetzgebung, d. h. ,n erster Linie der Erfüllung der Anzeigepflicht verstanden ? Und die preu- ssche Staatsregierung sollte nun Bischöfe wieder in ihr« Diöcese einsctzen, von welchen ihr ossiciöse« Organ offen vorhersagt, daß sie zu keinen politischen Gegen leistungen bereit seien? Wenn die „Germania" weiter fragt, warum man noch länger zögere mit der Gewährung Dessen, wa» dem katholischen Volke gewissermaßen (!) versprochen sei, o hetzt sie dies Volk bewußter Weise mit lügenhaften Dar- lellungea der Sachlage gegen seine Obrigkeit aus und macht ich selbst schuldig, die von ihr beklagte „um sich greifende rcvvlutionaire Ätrömung" zu verstärken. Wenn sie ferner die baldige Rückberusung der Bischöfe mit der Behauptung empfiehlt, dieselben hätten sich stets in Sturm und Drang al- die festeste Stütze der Monarchie bewiesen, so erinnert sie nur zu ihrem Schaden an die Thaksache, daß Rom die Zeilen staatlicher Revolution stet- zur Vergrößerung seiner Macht gegen über den weltlichen Fürsten auSgebeutcl hat. Wenn sie endlich gar behauptet, daß die Bischöfe allein im Stande seien, daS Wort unseres Kaisers zu verwirklichen: „Dem Volke soll die Religio» erhalten werden", so spricht sic damit die niederträchtigste Beleidigung gegen die evangelische Kirche, die Kirche deS Kaisers selbst, au» und beweist damit »ur aus das Schlagendste, daß die „alleinseligmachende" und alle Ketzer verfluchende Kirche Rom» in einein paritätischen Staat wie Preußen neben anderen Kirchen unmöglich bestehen kann. Unter solchen Verhältnissen braucht sich Fürst BiSmarck. resp. der Kaiser, gewiß nickt niit der Anwendung der ihm übertragenen Gewalt zu beeilen. Wenn daS Organ der CentruinSpartci dagegen zur Eile mahnt, so geschieht eS nur, weit eS fürchtet, daß die Zrit, wo man'm den leitenden Kreisen, aus Grund deS Wortes von der Erhaltung der Religion, der römischen Kirche weit entgegenkommt, ball» zu Ende gehen könnte. Leipzig, 4. Juli 1882. Bon den Unterhandlungen, welche der neu ernannte preußische Gesandte bei der Curie. Herr von Scktözer, iii Rom führen sollte, hat mau seil Wochen, ja seit Monaten Nicht» gehört; trotzdem werden sie, wenn auch in aller Stille, so doch mit Eifer sortgesührt. Wenn bisher von dem Bischofs paragraphen de» letzten MaigcsetzcS noch keine Anwendung gemacht worden ist, so liegt der Grund eben darin, daß man sich zwischen Rom und Berlin über die Bedingungen der Wiederzulassung der abgcsctztcn Prälaten bisher nicht bat einigen köimea. Wie schnncrig derartige Verhandlungen sind, wie schlau die römische Diplomatie ihre Wege geht, wie nach- ziebig in der Form sie sich zuweilen zeigt und wie starrsinnig ic zuletzt in der Sache bleibt, DaS ist so reckt dcutlick wieder einmal a»S der neuesten Veröffentlickung dcS berühmten KirckenrechtSlebrer», Professors Fricdbe'rg in Leipzig, zu erkennen. Nickt ohne Beziehung aus die gegenwärtig »i der Schwebe hesindlichc Frage der Wiederkehr der Bischöfe hat Herr .Friedbcrg die Beendigung deS kirckeiipolitischcn ConflictcS in Preuße» zu Anfang der 40er Jahre behandelt und gezeigt, wie viel der Staat kamalS thalsächlich seine» Rechten vergebe» bat. wenn er auch erreichte, daß Clemens August von Droste-Vischering nicht in seine Erzdiöcesc Köln zurnctkehrte und der Erzbischof Dnnin von Poscn-G»esc» dem Könige eine de- und wchmnthigc Abbitte leistete. Heutzutage freilich würde man von keine,» der staatlich abgesehen Bischöfe eine derartige Abbitte erlangen könne»; zu hoffen ist nur, daß der Staat auch seinerseits sich nicht zu solchen Zugeständ nissen bereit finden läßt, wie er sic damals Herrn von Geißel bewilligte. In liberalen Kreisen Preußen» ist man sich bewußt, daß eine gänzliche Aufhebung der unteren Classen- stcuerstusen. wie sie jetzt allmälig von allen Parteien als zweckmäßig betrachtet wird, nur erfolgen könnte, wenn gleich zeitig durch eine Aenderung VcS preußischen Walstvcrfahrcns die Sicherheit geschasst würde, daß die Verringerung finan zieller Lasten nicht gleichbedeutend sei mit einem Verlust an staatsbürgerlichen Neckten. Man hält indessen dafür, daß diese Schwierigkeit eine leicht zu überwindende sein möchte. Eine Schmälerung dcS Wahlrechtes, welches bisher auf dem System der dirccicn Steuern beruhte, will keine Partei und will sicherlich auch nicht die Regierung. Wird somit durch den Wegfall der unteren Stufe» eine Abänderung nncrläßlick, so ist die Aussicht gegeben, daß e« auf diesen, Wege mit einem Schlage gelingen könnte, an Stelle deS veral teten Drciclaffcn-Wahlsystem», wenn auch nicht dasjenige der allgemeinen direkten und geheimen Wahle», so dock ei» solche» zu setzen, welche» der Gerechtigkeit und der in diese» Fragen gar nicht zu unterschätzenden Bcgncmlickkeit der Wähler besser cnlspricht. Bekannt ist. wie verächtlich der Reichskanzler sich über da» Wahlversahren in Preußen ausge sprochen: cS fehlte nicht Viel daran, daß er eS als halb ver rückt bezeicknete. DaS Centrum seinerseits hat zu wiederholten Malen die Uebertragung de» Wahlsystems de» Reichs au Preußen beantragt, ein Verlangen, welchem ein Theil der Liberalen zustimmk. Die Nationalliberalen freilich und ebenso die Conservativcn verhalten sich ablehnend zu diesem Gedanken, und auch die Regierung wird schwerlich ein zweites Mal den Versuch macken wollen, da» demokratische Wablprincip in die Praxi« einzusühren. Immerhin aber sind die A»-s,ckten für eine Aenderung de« preußischen Wahlsystem« gerade jetzt bcsser als jemals zuvor, wo die Nöthigung zu einer Reform nicht un mittelbar vorlag. Tie ganze Frage ist durchaus nickt eine für jetzt lediglich theoretische. Fürst BiSmarck beabsichtigt, ivie verlautet, dem Landtage in der nächsten Session nickt ein neue» VerwcnduugSgesctz vorzulegen, dessen IuS-Lcbentreten also erst von den Bewilligungen deS Reichstages abhinge, sondern vielmehr unmittelbar die gänzliche Aufhebung der unteren Claffensteuerstusen zu beantragen. Schon mit diesem Entwurf wäre die Reform de» Wahlsystem» aus die Tages ordnung der öffentlichen Besprechung gesetzt, und je besser die Aussichten für eine Vorlage sind, wie sie der Kanzler plant (da die Parteien nicht Steuern werden sesthalten wollen, au welche die Regierung verzichten zu können glaubt), um so dringender wäre die Veranlassung, vorerst eine Bürgschaft für den ungeschmälerten Fortbestand des Wahlrechts der Staatsbürger zu schassen. Herr v. Puttkamer, der preußische Minister de» Innern ist vor Kurzein in der Lage gewesen, in einer sittlich und politisch wichtigen Frage eine praktische Entscheidung von AiiitSwegen zu treffen, und er wird alsbald erneut in die nämliche Lage kommen. Ter hannoversche Provinziallandlag batte bei der Regierung die Wiedereinführung der Prügel strafe in das System der Zuchtmittel der Besserungsanstalten beantragt, woraus rundweg ein ablehnender Bescheid erfolgt ist. Jetzt ist auch der Provinziallandtag von Schlesien mit demselben Verlangen an die SlaatSregicrung herangetretcn, mit nickt besserem Erfolge, wie vermutbrt werden darf. Würde Herr v. Puttkamer al» ein einfacher Grundbe- itzer in einer jener Körperschaften gesessen haben, dann hätte er schwcrlick ander» als mit der Mehrheit gestimmt. In der Stellung eine» Ministers, der über den Tag hinau» zu blicken genöthigt ist (schwer genug mag eS ihm freilich oft mals werden), bat er seine persönlichen Zn- und Abneigungen ckweigen lassen müssen, weil die StaatSider. wie sie nun einmal bei nnS verkörpert ist. auch unter einem streng konser vativen Regiment solche Rückschritte nickt zuläßt. ES geht damit eöenso wie mit der Bekehrung de» Grasen Eulcn- burg II. zur liberalen Selbstverwaltung, die er auch befehdete, o iange er sich alS ein außerhalb Stehender den LupuS dcS aristokratischen Widerstande» erlauben konnte, die er indessen aiiiicihin, als er in da» Ministerium eingetreten war E» gebt damit ferner ebenso wie mit Herrn von Goßler. der trotz aller Einseitigkeit seines kirchlichen StandpunctS sich nicht entschließe» kann, dem katholischen Psasfeuthil», und der protestantischen Streng-Nechtglänbigkeit i» dem Grade den Steigbügel zu halte», wie eS vorher von ihm erwartet oder befürchtet werken konnte. Für die Liberalen liegt in dieser unvcrtltgbaren Macht ihrer Ideen, welche auch von den Gegnern durch die That anerkannt werde» müssen, eine Quelle der Zuversicht und eine Gewähr dafür, daß überhaupt nicht ander» al» liberal ans die Dauer regiert werden kann. In Graz, der Hauptstadt der Steiermark, ist vor einigen Tagen da» Gau tu rufest begangen worden, welche« einen ausschließlich deutschen Charakter besaß. Kein Slave der Nntersteiermark oder der an grenzenden Provinzen hat an dein Heste sich bctheiligt und dennoch sollte eS nicht obne Mißklang verlause», der iiikeß. bezeichnend genug, von der Polizei auSgegangen. Ter Durnscstplatz war nämlich mit österrei chischen Fahnen geschmückt, an die sich auch die der Nachbar- staaten, wie die Italien«. Ungarn», BaiernS, Preußen» und de- deutschen Reiche- rciblen. Da gerade Deutschland die Heimath und da» Pflegcland dn Turnkunst, so hätte man wohl meinen sollen, daß dadurch da» Vorhandensein der preußi schen und deutschen Fahnen hinlänglich erklärt sei. Die Grazer Polizei war aber nicht dieser Meinung und consi-cirtc die preußischen und deutschen Fahnen, weil sie — eine „landeSverrätherifche Demonstration" bezweckten! Schon seit Worben rüsteten die Wiener Soeial- demokraten sich zu einer großen Volksversammlung, die am 2. d. in Zobcl'S Sälen >n FünshauS stattsinden sollte. Man erwartete dazu „hervorragende" Redner und Genossen a»S Prag, Pest, Preßburg, Graz und anderen Städte», wohin Ausrufe zur Beschickung der Versammlung abgegangen waren. DaS vor einigen Tagen auSgegebcne Programm der Versammlung schien indcß der Polizeibehörde wohl ziemlich bedenklich, weil sic jene noch kurz vor dem bestimmten Tage LcS Zusammentritt» verboten hat. Nickt ganz ohne Kampf und Widerstand wurde in der italienischen Kammer der vom Minister de» Aeußcrn vor- gclcgte, die Besitzergreifung und Verwaltung der Bai von Äs sab regelnde Gesetzentwurf angenommcii und im Sinne der NegieruiigSvorlage erledigt. Die letztere wurde in ihrer ursprünglichen Fassung angenommen. Auch der Antrag Man- cim'S, daß der an der Spitze der Verwaltung von Assab siebende italienische Gouverneur den Namen eines Cieil-Coni- missärs führe, wurde von der Kammer angenommcii. Somit ist denn dieCrweröung der Bai vonAssab einevcllzogeucThatsache. Zum Civilcommissar von Assab wurde Cavaliere Biancki ernannt. Italic» gedenkt den Besitz AssabS dadurch möglichst zu ver- werlbcii, daß cS versuchen wird, den Handel mit Mocca- Kaffee und Perlmutter von den benachbarten arabischen Küsten nach Assab zu leiten. Die Negierung hofft durch die Privat-Jndustrie und durch Handelshäuser von Palermo, Neapel, Genua, Venedig, Livorno, Mailand und Turin in ihre» Bemühungen unterstützt zu werden. Freilich wäre noch di« Frage zu erwägen, ob die italienische Colonie i» Affab nicht durch auS Egypten geflüchtete italienische Staatsbürger zu vermehren und zu heben sei, denen gewisse Vorthcitc cm geräumt werden würden. Die Republikaner in Italien haben in der letzten Zeit wieder einmal so viel von sich reden gemacht, daß. wer Italien nickt genau kennt, versucht werten muß, anzunchiiic». die Tage der Monarchie seien gezählt. Dennoch sind die Republikaner nur vier Nüsse in einem Sack, wie Carrucci, einer ihrer Hauvlvcrtrclcr, sic treffend bezeichnet. Sic machen unendlich viel Lärm, sie bewegen sich, gruppire» sich, trennen sich wieder, stecken hier eine Fahne Hera»», hatten dort eine Versammlung ab, setzen dort eine Arbeitseinstellung in Scene und bleiben nach ivie vor eine durch ihre inneren Spal tungen in Nicht» zerfallende Minderheit. Die Republikaner bestehen au« drei Gruppen: die Evolulionisten, welche von der Zeit die Verwirklichung ihre» Ideal» erwarten. Diese sind in der Kammer durch die Deputirten Cavalolli, Bovio und einige Andere vertreten. Ferner haben wir die Revolutionäre nach der Mazzini'scken Regel und schließlich die Internationalisten. Ten besten Beweis ihrer Schwäche haben die Republikaner selbst aus dem Coiigresie zu Genua gegeben, wo sie beschlossen, sich nicht an den Wahlen zu betheiligen. Da daS Resultat der Theilnahme an den Wahlen vermuthlich eine sehr große Niederlage sei» würde, ohne Betheiligung und zisscriiiäßige Fesistcllung der Größe der Betheiligung aber der Bevölkerung noch immer Sand in die Augen gestreut werden kann, so bat man die Wahlenthaltuna al« (freilich sehr durchsichtige MaSkirung der eigenen Schwäche beschossen. Die Evotulio nisten sind mit dieser Entscheidung denn auch wenig zu frieden. Lebhafte Befriedigung erregt eS, daß die französische Kammer da» Gesetz angenominen bat, welche» der Justiz schärfere Waisen gegen di« Verbreitung der Schm utzprcsse, gegen die Verkäufer unflätbiger Blätter und Bilder in die Hand giebt. Es kann Gesängnißstrase bis zu zwei Jahren und Geldstrafe bi» zu 30«»0 FrcS. verfügt werken. Einige Redner suchte» ini Namen der Preßfreiheit Einsprache zu erheben; aber man erwiderte ihnen, daß die besagten Scankal- blätter mit der Preßfreiheit Nicht» zu thnn haben; nnd mit erdrückender Mehrheit, 426 gegen 46 Stimmen, wurde die Vorlage angenommen. ES muß sich zeigen, ob sie einein wahrhaft unerträglich geworrenen Unfug Einhalt zu tkun vermag. In London fand am 1. Juli unter dem Vorsitze deS Earl os Derby daS Iahre-banket de» Cobden-ClubS statt Der UnterstaatSsecrctair Dilkc toastete ans daS Wohl der auswärtigen Gäste und getackte bei dieser Gelegenheit der jüngst von dem französischen Finaiiziniilister Leon Say in Bordeaux gehaltenen Rede, welche die Möglich keit eine» weiteren FortsckreitcnS in der Richtung des Frei handel» andeute. Der Staatsseeretair der Colonien, Earl os Kiinöerlev, brachte ein Hoch aus die Vertreter der Colonien au» und erklärte, cS liege nickt in der Absicht England», einen Zollverein zwischen dem MnNerlande und den Colonien zu errichten und einen Schutzzoll gegen die übrige Well zu schaffen. Die jelstge Regierung sei für den Frieden nnd wünsche nur die englischen Interessen zu schützen. England habe ein große» Interesse am Suezeanal. Tie Regierung habe die Mitwirkung der Machte bei der Lösung der egftptiscken Frage anqcrusrn, sie werde aber, möge koniinen was da wolle, die Ehre nnd die Interessen der britischen Nation zu vcrtheibigen wissen. Tie letzte EonnabendS-Sitzung deS englischen Unter hauses war eine ziemlich stürmische, wie ivir schon knrz an- zndenten Gelegenheit hatten. Um 9',, Ubr Vormittags cr- lärle der Vorsitzende, eS sei der Zeitpunkt erschienen, wo eS durchaus nothwcndig sei, der swlenialischen Bereitung von Hindernissen von Seiten der Irländer ei» Ende zu setze». Er inachle dein Hanse 16 irische Abgeordnete naiilbast, welche sich der Verschleppung der Debatte schuldig gemacht, darunter Biggar, Parnell, Dillon.Hcaly, Maecarllm, O'Doimell, Ecxto» und Sulliva». O'Domiell ries erregt ans: „Diese Erklärung ist eine Infamie!" Der Vorsitzende erwiderte: „Diese Be merkung werte ick dem Hanie berichten." Hieraus wurde ein von EbilderS gestellter Antrag, die »amhast gemachten Ab geordneten für den Rest der Sitzung zu entfernen, mit 125 gegen 29 Stimmen angenommen. Kur, nach 10 Uhr tritt der berbeigernsene Sprecher ein. Ter Versitzende Playsair berichtet Demselben da» Bvrgcsallciie. Der Sprecher ordert Biggar, alS den ersten aus der Liste der snSpentirtc» Abgeordneten, aus, da» HauS zu verlassen. Ein Irtäirder ruft aus: „Laßt nnS Alle zusammen gehen", woraus sich die S»S- pendirten unter Zischen deS Hanse» entserne». Die Erwägung über da» Gebühren O'Donnell'S wurde vom Hause ans Mo» tag verschoben. Im weiteren Verlaufe der Sitzung wurde» setanil sämmtliche Artikel der irischen ZwangsbiÜ diü zum Artikel 30 angenemmen. Die Amiabme de» Artikel 30, welcher die Dauer der Bill betrifft, erfolgte mit 69 gegen 6 Stimmen. Um 8 Ubr AbentS vertagte sich schließlich da» Han», nachdem die Sitzung 32 Stunden gedauert hatte. Einer an» Sofia vom 25>. Juni kommenden Zuschrift entnehmen wir, daß nach einer in gut unterrichteten Kreisen der bulgarischen Hauptstadt verbreiteten Version mit der Nenbisduiig dcS CabinetS Herr Bnrmow betraut werben dürste, welcher Minister de» Innern im ersten bulgarischen Cabinet war. DaS Cabinct dürste, der gleiche» Quelle zu- selge, nachstehende Zusammensetzung erhallen: Balabanow AeußcreS, Bnrmow Unterricht, Grekeiv Justiz, Natschcwitich Finanzen, Sobelcw Inneres, Baron KaiilharS .Krieg. Ein »e» zu errichtendes Ministerium der ösientticken Arbeiten würde endlich der bisherige Minister dcS Aenßerc», Herr De. Vulkowilscb, übernehmen. DaS solcher Weste gebildete Cabinct hätte insescrn den Charakter eine» CoalilionS- ministeriuniS, als dnrch die Ernennung Balabanow'« zum Minister dcS Acußcrcn der liberalen Partei ein Zugeständnis; gemacht würde. Die Herren Balabanow, Grekow unv Natschewitsch hatten die Ministerien, die ihnen »ach dieser Darstellung nnvertraut werden sollen, schon im ersten bulga rischen Cabinct innc. Die Nn,bjld„„g dcS CabinelS wird nach der für den 2. Juli erwarteten Ankunft der Generale Sobelcw und KaulbarS unverzüglich erfolgen. Untcr Bezugnahme aus das Rnndscbreiben der Psertc vom 26. Juni sagt da» „Journal de St. PistcrSbonrg", die vor liegenden Depeschen ans Alexandrien gäben ein ganz anderes Bild von den Zuständen in Egypten, als die Berichte der türkischen Regierung. Die Pforte werde im» endlich be greifen müssen, das; die Mächte sehr ernste Grünte haben, über die egyptischen Angelegenheiten i» Vcrallmng zu treten. TaS eigene Interesse der Pforte erheische c», daß sic sich diesen Vera thnn gen an sch ließe, damit daS ohne Zweifel nothwcndig werdende Einschreiten nicht ohne ihre Mitwirkung erfolge. AnS Alexandrien, 2. Juli, wird gemeldet: Znlficar Pascha, bisher Ober Ccremonjcnmcistcr des tthedivc und ein besonderer Günstting desselben, ist zum Gouverneur von Alcrandrien ernannt worden. — Der Präsident des Minister ralh» Naghcb Pascha hat Anordnungen getroffen, um 30,stou Nothlcidendcil Subsistenzmittel z» sichern. Ein Telegramm meldet an« Alerandrien. 3. Juli: Im vorgestrigen Miuisterralhe widersctzken sich dem Vorschläge Arabi'S. betreffs eines Mas se»ausgebv IS der Veoöllerung, der Finanzminister und der Minister der össentlicben Arbeiten, infolge dessen über den Vorschlag kei »e Entscheidung getroffen wurde. Inzwischen werden die Befestigungsarbeiten fortgesetzt. Einige Werke sind bereits »ul schweren Geschützen armirt und in der Richtung aus den Hafen ansgcstcllt worden. ÄllSIllg au« dem Protokolle über die Plenarsitzung des NathcS vom 2V >882.*» Die Stadtverordiieie» habe» der Ueherlraguiig der früher ge währten jährlichen Unterstütz»»!, oo» ül'»> .//. dez. »AX» .»> aut den Verein siir Volkewehl zugestiiniM, Hiervon in den Veremc» Erössniing »u mache» und die cLlahicasse iiiijprechend anznweiicn. Weiter haben die Stadtverordneten dem Abkommen mit Herrn Melilgartcn wegen AnkauiS des Floswciwalle»eigr»ndstilckeS und Weiltrsnhrung der Sidoiiienstrasie hcdingiingcweise zngcslimint. st.» ist deshalb zunächst Herr LR->,harten zur errklariiiig ausziisordern. Verwilligt haben dieselben sodann die .»osten Iür Nevaratnr der WalSstraßenbrucke, der Erbauung der Uierinauer an der Schieber brücke und sür Fortführung der Straße IV im Lildwesten bis zur Biomarckstraße. Hier sind die Cassc» »»zuweilen und ist wegen der Auosnkrung daS Ersorderliche zu besoigen. Abgelehnt worden ist dagegen di>- Vorlage über Erbauung zweier Reservoir« der Dü»gerexporl - Gesellschaft i» Tbonbeiger und i» Gohliser sylur und wegen Vornahme einer umfass,»deren Räumung her Parthe. Bei dem letztere» Beschlüsse der Stadtverordneten saßt man Beruhigung und solle» die gewünschten Erörterungen an- gestellt werden, gegen den erster«» beschließt man aber unter Hin weis aus ein neueres Gutachten des EnsundheilSaurichussc« zu rcmonstrirc». *) Eingegangen bet der Redacklon am 30. Juni 1S82.
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