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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.07.1887
- Erscheinungsdatum
- 1887-07-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188707126
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18870712
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18870712
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1887
- Monat1887-07
- Tag1887-07-12
- Monat1887-07
- Jahr1887
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.07.1887
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Erscheint täglich früh VV, Uhr. Kk-action und Lrprdiliou JohanneSgaffe 8. Aprrchstuiidru der Urdactioa: Vormittags 10—12 Uhr. Nachmittags ü—6 Uhr. gkr d Rückgabe «,n»8»»dter M-nutcrchte macht sich d>k Rtda«lu>n nicht »crdt»dt>ch. Annuhuie vcr für dir nächstsolgentze Nummer bckttmmte» Juierate a« rüochcutagcn bis 3 Uhr Nachmittags, au Sonn- undKrtttageu früh bis'/.SUhr. Zn de» /Malen sür Zns -Annahme: Otto klemm, UniversitätSstraße 1. Louis Lösche, Kalharmcnstt. LZ parr. u. König-Platz ?, nur bis V,8 Uhr. Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- and Geschäftsverkehr. Anflage LS,78«. Äliouneiilnitspreio viertelt. 4V,' Ml incl. Bringerlohn S Mk., durch die Soft bezogen 6 Mk. Jede einzelne Nummer 2V Pf Belegeremplar 10 Pf. Gebühren für Extrabeilagen (in Tageblatt-Format gefalzt) ohne Posldejördenmg 60 Mk. mit Posibesörderung 70 NU. Inserate ügespalrene Petitzeile 20 Pf. Größere Schriften laut uns. PreiSverzeichuitz. Labellalischrr n. Ziffernsatz nach hüherm Tarif. llrelamen unter dem Redaciiousstrich di« -gespult. Zeile bOPs., vor de» Familien Nachrichten die Kgespaliene Zeile 40 Pf. Inserate sind siels an die EvtzrSittun zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung pravuuworunäo oder durch Post- Nachnahme. ^ 1S3. Dienstag den 12. Juli 1887. 81. Jahrgang Amtlicher Theil. Vrliaunlmalhung. Die Maler- und Anstreicher-Arbeiten sür die SchlachlhaUen, Markthallen, Ställe, Börse mit Nebengebäuden, das Kühl haus und sonstigen Betriebsgebäude veS neuen Schlacht» und Biebhoses sollen an einen Unternehmer verdungen werden. Die Bedingungen und BlanguelS sür diese Arbeiten liegen im Baubureau des Schlacht- und Biehhofcs auS und können daselbst eingesehen, resp. gegen Entrichtung der Schreibgcbühr entnommen werden. Bezügliche Offerten sind versiegelt und mit der Aufschrift Maler- und Anstreicher-Arbeiten für den Lchlnchthofbau versehen bis zum 22. Juli laufenden Jahres, Vormittags LI Uhr bei der Nuntiatur aus hiesigem Nalhhause einzurelchen. Leipzig, am S. Juli 1887. Der Rath der Stadt Leipzig. ^ ' Cicho In 3747. Ilr. Georgi. lwriuS. LWtische Sparkasse beleiht Werthpapiere unter günstigen Bedingungen Leipzig, den 20. Januar 1887. Die Sparcaffen-Deputation. Iio!)-Vnsteigcrilng. Bei dem Unterzeichneten Kaiserlichen Postamte soll Dienstag, den 12. Juli 1887, Bormittag 1l Uhr eine Partie alter Kutzboveubrctter und Lagerhölzer öffentlich gegen sofortige Baarznhlung versteigert weroen. Kauflustige werden geladen, sich zur festgesetzten Zeit aus dci» Posthose, Hospitalstraße Nr. 4—8, pünctlich einzusiuden. Leipzig, den S. Juli 1887. kaiserliches Postamt Nr. 10. Oehme. Vlebstahls-Mannlmaillung. Gestohlen wurden liier erktatterer Anzeige zufolge: 1) eine goldene Dameii-Ctzliuderubr mit kranzarttg-r Ber zicrung und Schildchen aus der Rückseite sowie kurzer gedrehter un echter Dameu-Uhrkette mit Quälte, aut einer Wohnung in Nr. 37 der Sophitnstraße, vom 8. bis 32. April dss. I-.; 2) eine kurze kleingliedrige goldene Tauirn-Uhrkrtte m!l Quaste, woran eine Perle fehlt, sowie einem Uhrlchlüssel alS Knebel, aus einer Wohnung in Nr. 5 der Kleinen Fteischergassc, vom 31. Mai bis 3. dss. Mts.: 3) ein Ltoff-Jaqnrt und eine Weste, alt. von bläulichem Kann», garnstoss, etu Paar dunkle Hosen von dunklem, bläulich gesprissel- tem Stoff, mit gelben Knöpfen, 2 weißlcinenc LbcrhtliiScn und eine Kleiderbürste mit schwarzpolirtem Holz, aus einem HcrbergS locale in Nr. 96 der Ulrichsgasse, vom 18. vor. bis 2. dss. MtS.; 4) eine ungestrichene verschnürte Kiste, mit Deckel zum Schieben, enthaltend: ein Kaschmtrkleld, dunkelbraun, mit braunem San>niel> au-vutz, Brust und Nock mit ebensolchem Einlaß, ein dnukelrolb wollener Rock mit Falbel, ein gclbwvllenes Kleid (Faltenrock und Unterkleid) mit einer Reihe gelber Knöpfe und Aermelauslchlägen von Sammet, ein dunkelbraunwollener Rock mit Falbel, ein dnnkel- grauer Filzrock, eine dunkelgrünwollene Jacke und ei» ebensolche- Jaquet mit dunkelblauen Sammetausschlägen und einer Reihe schwarzer Sleinnußknöpfe, 4 blaue weißkantigc Schürze», eine schwarze und 2 Stück von Hellem Kaltun, 2 weißleiuene Franen- hruidc», „l-. k." gez, und ei» Paar graublauwollene Strumpfe (einer unserliq), aus einer Kcllerabtheiluug ia Nr. 23 der Garte» straße, vom 1. bis 4. dss. Mts.; ö) 8 Fraueiischürzeii, getragen (eine blaugedruckte und 2 bunt gestreifte), ein großer dunkelbraunwollener Daitieiikragc», ei» Paar Wnmmi-Manschrtten mit Tintenflecken, 2 Bücher, betitelt: I „Bilder und Geschichten aus Schwaben von Ottilie Wilbermnth" und ..Famtliengeschichten, Herr und Kammerdiener von NathusiuS", eine Buttcr-Glasschale mit Deckel und einem Stück Bnlicr, ein halbcs 6PsandBrod, ein Milchkrng, blauünaillirt, 2'/, Ltter fassend, und ein Küffcrtrichtcr von Weißblech, aus einer verschlossenen Garten abtheclung ,,» Johannisthale, vom 1. bis 2. Juli Nachts; 6) ein Handwagen, mittelgroß, 2rädrig, braun gestrichen, mit der Firma „k. L. Sobmickt.", vor einem Grundstücke am Königs Platze, am 2. dss. Mts. Abends; 7) ein grau- und blaugestceister Leinwandsack mit schmutziger Wäsche, nämlich: 4 weißleinenen FrauenhemSc», 8 Paar Wengen Franeithosen, einer weißen Nachtjackr, 8 Paar welßbaunitvollcncn Ftailcnsträmpfen, 8 weißen Tamasttischtüchern mit Blumen, muster, je 7 weißleinenen Taschentücher» und Servirttc» (außer roth und weiß gestreift, theilS grau und weiß carrirt, von einem Handwagen vor Nr. 10 der Zeitzer Straße, am 4. dss. Mts. Vor mittags; 8) ca. 12 ^l in Silbennünze, 25 Stück Cigarren, ei« Paar schwarze Etoffhose» mit gelbe» Knöpfen, eine Weste von schwarzem geriesten Stofs mit schwarzen Knöpsen, ein weicher dunkelbrauner Filzhut und ein Hcrren-Regenschirni mit schwarzem, innen blauem Bezug und braunem Rohrstab mit gebogenem Hakengriff, cuS einer Wohnung in Nr. 41 der Stcrnwartenstraßc, am 5. dss. Mts.; 9) eine silberne EylinVeruhr mit Goldrand und Seiundc (am Secnnden-Zeiger ein Deseet), ohne GlaS, gerieste Rückseite mit ein- gravirtem Schloß, in oeufilberner Kapsel, eine Nickelkette mit »ander Medaille, daraus da- Bild de» deutschen Kallers, aus einer Wohnung in Nr. 31 der Schenkendorsstraße, am 8. dss. MtS. Vor mittags. Etwaige Wahrnehmungen über den Verblieb der gestohlenen Gegenstände «der den Thäter sind ungetönm» bei unterer Erlmtnai Abrheiluug zur Anzeige zu bringen. Leipzig, am 11. Juli 1887. DoS Wollzet»A«i »er Stad« Leipzig. Bretfchaeider. M. Nichtamtlicher Theil. Die Landidalur des Prinzen Loburg. Heute sind die Hoffnungen Derer, welche die Wahl de- Prinzen Ferdinand von Koburg zum Fürsten von Bulgarien als die glückliche Lösung der bulgarischen Frage begrüßten, lies heravgestimmt, da der Prinz durchaus nicht die Absicht hat, in: Widerspruch mit den Bertragsimächten den bulgari schen Thron zu besteigen und die Zustimmung der Mächte durch die UnabbänaigkeitSerklärung Bulgariens überflüssig zu machen. Ein solcher verzweifelter Schritt würde die Lage Bulgarien- verschlimmert» statt sie zu verbessern und den Plänen Rußland» in die Hände arbeiten. Wenn die Sobranje aber ohne die vorherige Genehmigung deS Fürsten diese Er klärung erließe, so Würde sie damit gleichfalls nur die Sache Rußlands führen, welche» begierig daraus wartet, daß die Sobranje die ihr gezogenen Schranken durchbricht und sich aus daS Gebiet VeS Umsturzes begicbt. Vorläufig ist trotz der Meldung von Neutcr'S Bureau dazu auch gar keine Aussicht vorhanden. Die letzte AiiilShandluitg deS abgetretenen Ministe riums war. daß eS der türkischen Regierung Meldung von der Wahl deS Prinzen Ferdinand zum Fürsten von Bulgarien und von der Annahme derselben machte und die Genehmigung der Wahl nachfuchte. DaS war der gesetzlich vorgezeichnete Weg. und dadurch, baß die Regierung diesen einschlug, hat sie dem Laube den besten Dienst erwiesen. Der Vertreter der Türkei in Sofia. Riza Bei, hat die Mitkheilung in entgegen kommender Weise in Enipsang genommen und sich bereit erklärt, die Ertheilung der Investitur an den Fürsten und die Entladung an die Mächte, derselben die Bestätigung zu geben, bei der türkische» Regierung zu beantragen. Den gleichen Antrag hat der Vertreter Bulgariens in Koustantinopel. Vulcovich gethan. Jetzt ist also abzuwarten, waS die türkische Regierung thun wird. Es ist nicht anzn»ebmen, daß sie sich mit der Ertheilung der Investitur an den Fürsten Ferdinand beeilen wird; nach der bedächtigen Art, welche die türkische Regierung feit langer Zeit bei allen ihren Handlungen befolgt, wird sie vielmehr die Rathschläge der Vertreter der Mächte einholen und danach ihren Euischluß fassen. DaS ist zwar sür Bulgarien nicht sehr tröstlich, aber eS bietet sich kein Aus weg dar, um dem regelmäßige» Gang der Dinge vorzugreisen, und da der Widerwille Rußlands gegen jeden von der gegen wärtigen Sobranje gewählten Fürsten bekannt und durch daS ainliiche Organ der russischen Regierung noch soeben bestätigt ist, so ist mit Sicherheit anzunehinen, daß weder die türkische Negierung dem Prinzen Ferdinand die Investitur ertheile», noch irgend eine der BertragSmächte ihm die Bestätigung geben wird. Dennoch ist durch die Wahl vom 7. Juli «ine neue Lage geschaffen, sie bildet den AuSgangspuuct für die Entscheidung der Frage, was geschehen soll, um den Widerstand Rußlands zu besiegen. So können die Dinge in Bulgarien nicht weiter gehen, die Kräfte deS Volke» und der Negierung im Kampfe gegen Rußland sind erschöpft, es muß brr schwere Schrill gelhan werden, um Rußland wenigstens formell den Willen zu thun. Der Anfang dazu ist bereits gemacht, Negierung und Regenlschast haben ihren Auftrag in die Hände der BsikSvertretnng zurlickgegeben und die Entscheidung darüber nachgcsucht, welche von beiden Körperschaften die Geschäfte deS Landes sortzufnhrcn habe. Es verlautete, daß die Sobranje beide, Regenlschast und Ministerium, ansfordern werde, ihre Aemter zu behalten, aber wen» da» auch wirklich geschehe» und Erfolg haben sollte, so ist daniil nur die Entscheidung der KrisiS vertagt. Ei» Wiener Blatt hat den Vorschlag gemacht, de» Prinzen Ferdinand bis zur Bestätigung durch die Mächte alö Regenten einzusctzcn. DaS hieße aber die Sache nach russischer Auffassung beim falschen Ende ansasicn und Rußland vor eine Zwangslage stellen, welche eS nicht antichmcn kann. Rußland verlangt vor allen Dingen den Rücktritt der Regenlschast, die Einsetzung einer neuen Regenlschast und die Ausschreibung von Neuwahlen zur Sobranje. In einer Regentschaft, welche den Anforderungen Rußland» entsprechen soll, muß die russische Partei vertreten sein und darin sogar da» Uebcrgewicht haben, so daß die Wahlen im russische» Sinne vorgeuoinuicn werden können. Wie da» geschehen soll, ist zwar nicht abzuschen, aber Rußland will eS. und deshalb muß sich Bulgarien fügen, fall» c» nicht verzieht, sich gegen den Willen Ruß land» auszulehnen, dann muß die «sobranje aber einen Fürste» wählen, der die Kühnheit besitzt, den Berliner Ver trag zu zerreißen und die Geschicke Bulgariens unabhängig von Rußland zu bestimmen. Ein solcher Fürst ist in dem Prinzen Ferdinand von Koburg nicht gesunden. Die russische „St. Petersburger Zeitung" tadelt eS schon, baß er die Wahl selbst nur bedingungsweise angenommen habe, nach ihrer Auffassung hätte er daS Beispiel deS Prinzen Waldemar von Dänemark nachahmcn sollen, welcher die Annahme wegen der mangelnden Zuständigkeit der Sobranje zur Wahl 'ab- gclehnt habe. Unsere- Wissen» ist da» nicht geschehen, sondern der Vater deS Printen Waldemar hat die Annahme der Wahl seinem Sohne cmsach verboten. Vielleicht hat der König von Tänrniark sich privatim in dem von der „St. Petersburger Zeitung" aiigedeiiteten Sinn auSgesprcchcn, osficiell hat er eS nicht gethan, und daraus kann es allein ankoiiimen. Die Verhältnisse in Bulgarien möge» nun einen Gang nehmen, welchen sie Wollen, so viel steht scsi, daß daS Land schweren Zeiten entgegen geht. Es ist Rußland durch seine passive Haltung gelungen, die Dinge in Bulgarien ans die Spitz« zu treiben, daS Volk ist jetzt des vergebliche» Harrens müde, e» will dem sürstenlvscn Zusianv ein Ende machen. Leider ist nicht anzunehme», daß die Sobranje von irgend welcher Seile eine Ermutbignng erfahren wird, oder daß die Mächte einen Druck auf Rußland auSüben werde», seine bis herige Haltung anszuacben und der Verwirrung durch die Bestätigung der Wahl deS Prinzen Ferdinand ein Ende zu machen, denn dieser Schritt würbe erfolglos sein. Dcr von der Sobranje nietergeschriene Siawnikoio hat die meiste Aus sicht. schließlich mil seiner Meinung trotz Stoilow und Sko- janew Vurchzudringcn, denn Rußland hal die Macht in Händen, den Widerstand Bulgariens zu brechen. Tie Bulgaren haben die Wahl zwischen Anarchie und Unterwerfung unter den Willen Rußland». ES kommt dabei gar nicht in Betracht, daß Rußland diese» Zustand systematisch hcrbeigesührt hat» sondern nur, daß er vorhanden ist. Die Bulgaren mögen sich drehen und wenden wie sie wollen, sic kommen nicht über die traurige Nolhwendigkeit hinan». mit Rußland auf diese oder jene Weise ein Abkommen zu treffe». Ihr Wille, da» SelbsibestimmungSrecht de» Lande» gegen russische GewalNhat ;» vertheidige», ist sehr achtuna-iverlh, ober er hat keine Aussicht aus Erfolg. Wenn der Versuch, «ine russensreundliche Sobranje zusammen zu bekommen, auch bei den Neuwahlen unter russischer Führung scheiterte, dann wäre der Beweis geliefert, daß Bulgarien durch nichlS vou dem Festhalten an seiner Unabhängigkeit abzubrinqcn ist, und dann würde Rußland die Fürstenwahl nicht länger hinauSschieben können. Aber dazu ist keine Hoffnung vorhanden. Eine im Dienste Rußland» arbeitenden Regent schaft findet unter allen Umständen Mittel und Wege, um die Wahlen im russischen Sinne zu leiten, und wenn dabei auch zur Fälschung des Wahlergebnisse» gegrissen werden müßte. Die russischen Werkzeuge haben im Lause der Krisis hinreichend bewiesen, daß sie kein Bedenken kennen, wenn eS die Erfüllung eine» ihnen geworbenen AnstrageS gilt. Die Ausstände in Burga», Silistria und Rustsibuk, der Staats streich in Sofia geben darüber hinlänglich Ausschluß. Sobald eine neue Regentschaft nach russischem Muster eingesetzt wird ist e- um i»e Unabhängigkeit Bulgarien» geschehen. DaS wissen die Bulgaren, uud deshalb haben sie den Widerstand gegen die russischen Begiückungöversuche bis ausS Aeußcrste fortgesetzt. Wie der heutige Stand der Tinge zeigt, leider erfolglos. * » * * * Wir verzeichnen an dieser Stelle eine Reihe von Meldungen, welche weiter zur bulgarischen Frage vorliegcn: * Tirnowa, 9. Juli. (W. T.-V.) Die Sobranje beriet!) heute in geheimer Sitzung über die Demission dcr Mitglieder der Regeutschast, welche von den Deputirien ausgesordert wurden, Aus klärungen über ihre Demission z» geben. * Konstantinopel, 9. Juli (W. T.-B) Der diplomatische Agent Bulgariens, Vulcovich, überreichte heute dem Großvezier eine Note seiner Regierung, in welcher die Wahl deS Prinzen Ferdinand vo» Koburg zum Fürsten von Bulgarien und die An nahme der Wahl durch den Prinzen notificirt und hierzu die Ge nehmigung der Psorte nachgesucht wird. * Tirnowa, S. Juli. (W T-B.) (Telegramm der „Agence HavaS".) Die Regentschaft hat heute ebenfalls demissionirt und dcr Sobranje sreigestellt, ihre Demission oder diejenige des LabinctS anznnehmen. Wie verlautet, würde die Sobranje die De- Mission der Regentichast, wie diejenige deS TabinetS ablehnen und zwilchen beiden RegierungSorgauen eine Verständigung hcrbei- zusühren suchen. * Tirnowa, 8. Juli. Nachfolgendes ist der Wortlaut der Antwort, welche Prinz Ferdinand von Koburg aus die Anzeige seiner erfolgten Wahl an die Regenlschast gerichtet hat: Meine Herren! Empfangen Sie meine» Dank für die edle» Worte, welche Sie an nnch richteten, indem Sie mir daS Volum der großen National Versammlung und meine Wahl für den Thron Bulgariens anzeigten. Ich bin bereit, dcr bulgarische» Nauen meine Dankbarkeit zu beweisen, indem ich ihr mein Leben weihe. Ich zähle aus Ihren Elser, Ihre Tüchtigkeit und Ergebenheit, mit welchen Sie mir behilflich sein werden, die Wohlfahrt der Nation zu sichern. Sobald meine Wahl von der Hohe» Psori« genehmigt und von den Mächten anerkannt sei« wird, werde ich dem Ruse der bulgarischen Nation folgen und mich in ihre Milte begeben. * Petersburg, lO.Juli. DaS „Journal de St.Pötersbourg" erwähnt die erfolgte Wahl dr- Prinzen Ferdinand vo» Ko- bürg zum Fürsten vo» Bulgarien und beschränkt sich sür jetzt daraui. dara. zu erinnern, daß die Legalität der Versammlung, welche »e„ Prinzen gewählt habe, von Rußland niemals anerkannt worden sei. Auch heute fahren die meisten Wiener Blätter in dcr Beurlhcilung dcr bulgarischen Angelegenheit fort, wobei daS durch die Annahme der Wahl seilen- deS Prinzen Ferdi nand von Koburg geschaffene Moment begreiflicher Weise in den Vordergrund gestellt wird. DaS „Fremdenblatt" findet die Haliung bei Prinzen zunächst ganz gerechtfertigt, DaS Anerbieten der Sobranje müsse den tiefen Eindruck aus ihn bcrvorgerufcn habe», der sich an- seiner Antwort verräth. Kein Prinz hätte durchaus die ehrenvolle Auf forderung abgelehnt, Retter eines Volkes zu sein, daß so glänzende Beweise seiner Begabung und seiner Tapferkeit gegeben hat. Durch die bedingte Annahme der Fürstenkrone sei ein allerdings schwacher Fortschritt gegeben. Prinz Ferdinand habe sich aber, wie von ihm Nicht anders z» erwarten mar, aus de» Boden der Legalilät gestellt. Der Fürst muß, uni die Negierung zu übernehmen, von dcr Psorte »nt Zustimmung dcr Mächte bestätigt werde», uud in stricter Bcachiung dieses iulernaiionale» Grundgesetzes erklärt auch Prinz Ferdinand, er sei bereit, sich nach Bulgarien zu begeben, sobalv seme Wahl von dcr Psorte angenommen und von den Mächten an erkannt sein wird. Deshalb muffe man sich mehr als bisher von falschen Conidinoliviikii fern halten und die Bedeutung des Ge schehenen nicht überschätzen, de»» die Schwierigkeiten der bulgari sche» Angelegenheit lagen nicht so sehr in dcr Unniöglichkeit, einen allen Parteien deS Landes enisprechenden Tandikalcn z» finden, alS in dem Mangel der Ukbercmstiniiiinng aller Mächte hinsichtlich deS neuen Fürste». Diese Schwierigkeit scheint aber bisher in demselben Maße sortzubestehen. Wen» »un also auch der Wunsch dcr Bulgare», zu einer Ordnung ihrer Verhältnisse zu kommen, begreiflich ist, so sei auch die gesomntteuropäiiche Seile dcr Frage zu bcrncksichligcn. Bisher liegen keine Stimmen vor, welche aus gleichmäßige Ans- nähme dieser Landidatur an alle» Tentralstellen der Politik schließe» losten, und eö sei möglich, daß der jetzige Traum dcr Bulgaren ein unverhoffte» Ende finde. Die „Neue Freie Presse" findet gleichfalls die Antwort de- Prinzen durchaus correct und den Umständen angemessen, kann jedoch nicht ln derselben den vollen Ausdruck dcr Situation erblicken; dem Prinzen Ferdinand müsse es von jeher klar gewesen sein, daß Rußland nicht seine Zustimmung ertheilen werde. Wenn er also dennoch die Wahl annimmt, so müsse man annehmen, das, schon jetzt sestgestellt sei, waS zu geschehen habe, wenn nicht alle Mächte zustimiiieii. Die Zustände >» Bulgarien dränge» »och einer Regelung, »nd wenn Ruß'cinv aus semei» Widerstande bcharrt, so werde eben Bulgarien zur Selbsthilfe greisen. AuS Lv «von, 8. Juli, wird der „Kölnischen Zeitung" geschrieben: Die selbstständige Haltung der Bulgaren bei der gestern statt- gesundene» Fürstenwahl findet hier allgemeine Anerkennung. Wenn Stainbniow erklärte: „Die Mäcdtc halicn nicht allein Rechte, sondern auch Pflichten gegen Bulgarien, sie habe» uns mit einem Fürsten zu versehe», sonst müssen wir sür uns selbst handeln"; wen» ferner Stoilow bemerkte, daß, „wenn die Mächte die Wahl unseres Prinzen mißbillige», unS nicht- Andere- übrig bleibt, o>S die Un abhängigkeit Bulgarien- auSzurusen", so findet die euglüche Presse die- vollkommen gerechtscrtigt. An sich wäre eS zwar eine Verletzung deS Berliner Vertrages; aber die Mächte — so bemerkt die „Times" —, welche die AuSsührung de- Vertrage- so schwierig landen, würden wahrlcheinlich den eigenmächtigen Versuch Bulgariens, ihn »haisächlich zur Geltung zu bringen, ver zeihen. Aus Bulgarien ist jetzt daS Wort anwendbar, welches früher von Italien aalt: 5»rä än ss. Wir wundern uns nicht über den Entschlust. und sicherlich vermögen wir ihm nicht unsere Sympalhie vorzuenlhalten. In derselben Weise drückt sich der „Standard" aus: „Der Berliner Vertrag" — so schreibt er — „ist ia seiner von Petersburg ausgehenden Deutung vollkommen gescheitert. Sein Ziel muh daher aus anderem Wege erreicht werden. Wenn der Zar nochmals fick weigert, sich den übrigen Unierzelchnern des Vertrag- bei der Wahl eine» Fürsten anznschließ-n, so werden die Bulgaren den Knoten durchschneiden, die Unabhängig keit Bulgarien» erklären und die Verwaltung so gut wie möglich weitersühren. Keiner, der für die Erörterung öffentlicher Fragen rin BilligtetlSgesühl besitz», wird sie dafür tadeln wollen u. s. w " Leider ist die vlalonische Unterstützung nicht nur nichts werth, sondern sür die Bulgaren bisher gradezu verderblich geweic»; Fürst Alexander weiß davon ein Lied zu siiiaen und Prinz Ferdinand ist sich dessen wohl bewußt. Die „Poll Mall Gazette" weist daher mit Recht die Engländer aus das G-gcnslück zu Bulgarien, Egypten, hin: Prinz Ferdinand aus dem Throne Bulgariens bedeute dasselbe wie ein Montenegriner aus dem Throne deS Khedive«. Prinz Ferdinand sei den Russen geradeso verhaßt wie Irgend rin Ballen berger; er sei katholisch — und schon habe sich Rußland über die katholische Propaganda ia Bosnien und der Herzegowina beklagt; er sei Ungar, also vo» Haus aus Slawenhasser, und dritten- ei» Enkel Louis Philipp's, also den sranzösisckicn Republikanern, den Freunden Rußlands, ein Dorn im Auge. Bon vornherein stellte sich alio die Landidatur de» Prinzen als ein Schlag gegen Rußland dar. Nur ln einem Falle dürfe der Koburger de» bulgarischen Thron besteigen: wenn eS der Zarin gelänge, den Zaren sür ihn z» gewinnen. In Berliner RcgierungSkreifen scheint man die neueste Wendung in den bulgarischen Dingen lange nicht so ernst zu nehmen wie in Wien, wo man sogar die Frage erörtert, ob die Unterstützung de» Prinzen Ferdinand von Koburg den allgemeinen Frieden stören könnte. In einem die „Fürstenwahl in Tirnowa" behandelnden, anscheinend ossieiösen Artikel in dcr „Post" findet sich folgende Stelle: Nehmen wir an, daß der Prinz die Krone auf seine alleinige Verantwortung zn trogen entschlossen ist, so möchten wlr doch nicht glauben, daß daraus alsbald eine gclährliche Situation hervorgehen könne. I» London, Wien, Rom und Konstantinopel wird man sich dem neuen Fürsten gerade so srenndlich zeigen, wie der bisherigen Regentschaft. Rußland und Frankreich werden vielleicht in Konstantinopel durchsetze», daß dcr Sultan dem gewählten Fürsten die Bestätigung entzieht und damit den andere» Höjen die Mühe erspart, ihre Zustimmung erst auszusprechen oder zu verweigern. Allein die- wird ven that- sächlichen Zustand wenig beeinflussen. Denn wer soll ia Balgarie» einrücken, um de» Prinzen Ferdinand, wenn er vom Thron Besitz ergriffen haben sollte, zu vertreiben? Rußland läßt ja immer und immer wieder erklären, daß es in Bulgarien protestiren, aber nicht handeln werde. Das Handeln will Rußland ans der ganzen Artion-- linie vom Balkan bis zum Himalaya verschieben, bis di« große Katastrophe vorüber ist, deren Früchte man mit ungetheilter Kraft pflücken will, das ist der f r a n z ö s i s ch - d e n t s ch e Krieg. So scheint »nS Prinz Ferdinand von Koburg keineswegs dem düster» Engel zn gleichen, welcher mit schwarzen Flügeln den FriedenS- hniimcl verfinstert. Dieser Himmel dürste trotz des 7. Juli ia Tirnowa nach längere Zelt das Aussehen behalten, das er hat; oder die Wolken, die ihn verfinstern werden, dürsten auS gaap anderen Gegenden kommen. Die „Kölnische Zeitung" erhält auS Berlin die folgende officiöse Correspondcnz: Die Bemerkung der halbamtlichen „Koburger daß Prinz Ferdinand von Koburg die Wahl zum Fürsten vo» Bulgarien erst nach erlangter Genehmigung deS regierende» Herzog» von Koburg und des deutschen Kaisers annehmen könne, hat in hiesigen istegierungskreisen große Verwunderung erregt. Prtuz Ferdinand gehört bekanntlich dcr katholischen Seitenlinie KoharH des HauseS Koburg an, die in Oesterreich ansässig ist und die österreichische SlaalSangehörigkeit besitzt. Er ist außerdem bisher aktiver Osficier im österreichischen Heere gewesen. Der dentsche Kaiser hat diesem Prinzen demnach eine Erlaabniß weder zn er- tticilen, noch z» versagen. ES scheint, daß man hier einen besonder» Werth daraus legt, die bisherige Zurückhaltung in allen Bulgartea betreffenden Angelegenheiten auch in dieser wichtigen Personeusrage nach alle» Richtungen zu bethätigen. Da nach den koburglschen HauSgesetze» auch die Seitenlinie Koburg-Kohary, di« nach dem Aussterben der aiidern Regenten zur Nachfolge berechtigt ist, den regierenden Herzog von Koburg als Familienoberhaupt anerkennt, so ist es allerdings richtig, daß Prinz Ferdinand die Ermächtigung deS Herzog- Ernst 11. zur Annahme der auf ihn gefallenen Fürstenwahl nachzusuchen hat. Soviel hier bekannt ist, war die- bereit- geschehen, als jene Auslassung der „Koburger Zeitung" ver- üsseiülicht wurde. Der Zweck derselben ist demnach nicht erkennbar. 3-tto»,". Fürsten vo» Leipzig, 12. Jult 1887. * In der letzten Sitzung der Stadtverordnelen-Versamm lung zu Liegnitz wurde folgende an den Magistrat ge richtete Eabinctsordre des Kaisers zur Verlesung gebracht: „Durch die Berichte, welche Mir über die am 6. d. M. bei Meinem Grenadier-Regiment staltgehabte Fcstfeier erstattet worden sind, Ist zu Meiner Kenntniß gelangt, in wie hervorragender Weise der Magistrat und die Bewohner von Liegnltz eS sich haben angelegen sein lasten, auch ihrerseits diese Feier zu befördern und ihre Antheilnahme an derselben durch Ausschmückung von Straßen und Plätzen der Stadt und durch Vorbereitung einer glänzende» Illumination zu Meinem Empfange beredten Ausdruck zu geben. Es ist dies sür Mich ein Grund mehr, zu bedauern, daß eS Mir versagt war, nach Licgnitz z» kommen und an diesem Feste theil- zunehmcn, und ist cs Mir, nachdem Mein Befinden sich inzwischen einigermaßen gebessert, ein wahres Bedürsniß, der Stadt Liegnitz Meine lebhafte Befriedigung und Meinen warmen Dank für die Bethätignng ihrer Anhänglichkeit an Mich und für die Theilnahme an der Feier Meines Regiment- hierdurch zu erkennen zu gebe». Ich ersuche den Magistrat, die» ia möglichster Verbreitung zur Kennlniß der Bewohner von Liegnitz zu bringen. Berlin» den 28. Juni 1867. Wilhelm." * Zu dem Stande der deutsch-französischen Bc- ieh» »gen wird dcr „Politischen Correspondenz* au» 'erlin und zwar auS hochossiciöser Quelle geschrieben: Gegenüber der Indignation, mit welcher die in dem heute zu Ende geführten Leipziger Landesverraths-Processe zu Tage geförderten Thatt'achen hier alle Kreise erfüllen, kann es nur befremde», wenn von Paris aus die Begnadigung des im Hoch- verrathS-Proteste veruriheilten Franzosen Koechlin durch de» deutschen Kaiser als eine ziemlich selbstverständliche Sache dargestcllt wird. Ob Herr Flourens wirklich dem Grasen Münster Eröffnungen gemacht hat und was dcr Botschafter ihm daraus geant wortet, mag hier völlig außer Betracht bleiben Nach dem, was in hiesigen bestunicrrichtcte» Kreisen darüber verlautete, war der einzige Versuch, den hier der Botschafter Herbette nach seiner Rückkehr vo» Paris nntcrnoinmen, »m sich über die Stimmung der maßgebenden Stellen zu orieniiren, ein derartig erfolgloser, daß die weitere Verfolgung dieses sür die sranzösiichc Regierung ja begreiflichen Wunsche- in Berlin wie auch in Pari» als ausgeschlossen erscheinen sollte. Angesichts der von den französischen Behörden planmäßig und systematisch organisirten Spionage, wie sie soeben in Leipzig bezeugt wird und in zwei weiteren noch bevorstehenden Processen dieser Art noch weiter erwiesen werde» wird, wäre ia der That die Zumuihung einer Begnadigung schwer verständlich, und wird man sich überhaupt ia Paris mit der Thatsactie vertrant machen müssen, daß die Zeit, in welcher französische Wünsche hier aus bereitwilliges Entgegen kommen rechnen konnten und mit Erfolg gerechnet haben, vorüber lst. Deutschland hat sür die Versöhnlichkeit und Freundlichkeit seiner Politik nur Heraussorderungen und Feindlichkeiten aller Art geerntet. DaS System hat sich somit nicht bewährt und die deutsche Politik hat nunmehr eine andere Richtung eingeschlagen, in welcher genau mit dem Maße gemessen werden wird, welches Frankreich gegenüber Deutschland zur Anwendung bringt. ES ist daher völlig unzutreffend und der Wahrheit direct zuwider lausend, wenn von Paris ans verbreitet wird, die deutsche Regierung sei wohl geneigt, dem französischen Eabinete in dieser Lache ein Zugeständniß zu machen. Ein solches würde vor der öffeat- liehen Meinung Frankreichs als Schwäche, vor der öffentlichen Meinung Deutschlands al» eine übertriebene und nicht mehr gerechtserttgte Versöhnlichkeit erscheine», welch« die täglich mehr und mehr an schwellende feindliche Stimmung gegen Deutschland uicht beruhigen, sondern ermuntern würde. Hat man deutscherseits lauge dazu ge- schwiegen und sich einfach begnügt, von alle» jenen Lorgäugeo sorg- fällig Act zu nehmen, so scheint jetzt die Grenze erreich» »« sei»
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