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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.08.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-08-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188808054
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18880805
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18880805
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1888
- Monat1888-08
- Tag1888-08-05
- Monat1888-08
- Jahr1888
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.08.1888
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4/4Ü richtig einstrllea. zu dem richtigen Ergebnis kommen müssen. Und in der Veröffentlichung der „Nouvelle Revue" sind die Zahle» richtig eingestellt, denn da« in dem Erfolge der Reise Kaiser Wilhelm'« nach Petersburg sich darstellende Ergebnis stemmt so genau, daß der „Moniteur Universell' bo«hasl genug ist, zu erwähnen. Fürst Bi-marck selbst habe diese In diskretion nur wünschen tönnen. * Nach einer Depesche der „Allgemeinen Heilung" erhielt der König der Belgier neuerdings bedenkliche Nachrichten vom Stanlcy-Zug. * In Melbourne ist am 1. August di« zum Gedächtniß an da« hundertjährige Bestehen der Colon ie Neusüd- waleS veranstaltete Weltausstellung von dem Gou verneur Sir Henry Loch mit außerordentlichem Glanze eröffnet worden. An der Eröffnungsfeierlichkeit, zu welcher au« allen Colonien sich die Gouverneure und Minister, sowie Mitglieder der Volksvertretung eingesunven hatten, betheiligten sich 7000 eingelabene Gäste. Am Eingänge de- Ausstellung«- gebLudeS war eine Ehrenwache ausgestellt. Aus der 1350 m langen Grand Avenue os Nation« bildeten Truppen ein Spalier, während die Seeleute der Reichsflotte um vre große Halle herum ausgestellt waren. Als der Aufzug de- Gou verneurs sich die Grand Avenue os Nation- hinausbewegte, wurden von den in den Höfen stationirten Capellen die Bolkshymnen Amerika-, Deutschland«, Oesterreich- und Frankreichs gespielt, während, al« der Zug die große Halle erreichte, die britische LolkShymne mit Orchesterbegleitung gesungen wurde. Nach einem Gebet und der Absingung eine- PsalmcS wurde die von Mr. Cowen au« London eigens für die Gelegenheit componirte DankeSode von einem 100 Mann starken Orchester und einem 800 Stimmen zählenden GesangSchore zur Aufführung gebracht. Der Präsident der Ausstellung. Sir I. Mac Bain, verlas sodann eine Adresse an den Gouverneur, überreichte ihm einen prachtvoll gear beiteten goldenen Schlüssel und ersuchte ihn, die Ausstellung sür eröffnet zu erklären. Am Schluffe d<r Eröffnungsfeier sandte der Gouverneur ein Telegramm an die Königin, worin er dieselbe benachrichtigte, daß die Ausstellung er öffnet sei. Zur Lage. Berlin, 3 August. Während zum Theil noch dar über gestritten wird, ob sich die Hochconfervativen bei den bevorstehenden preußischen Landtagswahlen freundlich oder gegnerisch zu den gemäßigt Liberalen und Conservativen verhalten sollen, ob das Cartel. welches sich bei den jüngsten NeichötagSwahlen als so segensreich erwiesen, aufrecht erhalten werden soll oder nicht, kommt aus Halle die erfreuliche Nachricht, daß die Nationalliberalen, Freiconservativen und Conservativen bereits den formellen Beschluß gefaßt haben, gemeinsame Caudidatcn aufzustcllen. Dieser Schritt erfüllt unö mit um so größerer Gcnugthuung, als gerade iu Halle sich diese Einigkeit zeigt, in einer Stadt, wo daS Organ erscheint, in welchem Herr von Rauchhaupt die Polemik gegen die Rationalliberalen und Freiconservativen eröfsnete, eine Polemik, welche sich schließlich sogar gegen Fürst BiSmarck zuzuspitzcn schien. Wir haben die feste Ueberzeugung. daß der patriotische Sin», welcher hier die Oberhand gewonnen, über den kleinlichen FraclionSgeist schließlich auch i» den meisten anderen Wahlkreisen sich bewähren und daS im Interesse der allgemeine» Wohlfahrt »olhwcndige Ergcbniß, daS heißt eine nationalgesinnte Mehrheit, hcrbcisührcn wird. Noch aber sind wir leider nicht so weit. Die „Kreuz- Zeitung" bringt heute Abend wieder einen gegen die Nationallibcralen gerichteten Artikel, und Herr v. Naucbhaupt veröffentlicht gleichzeitig einen Aussatz „Zehn Jahre konserva tiver Politik", in welchem er alle parlamentarischen Resultate der letzten zehn Jahre als ausschließliches Verdienst der con- scrvativcn Partei i» Anspruch nimmt. Aber sür Liese Behauptung bleibt Herr Von Rauchhaupt nicht nur jeden Beweis schuldig, sondern ganz im Gegcntbeil liefern die Darlegungen dcö conservativen Führers den Beweis dafür, daß die Conservativen keinen einzigen selbstständigen gesetzgeberischen Gedanken gehabt und ferner, daß die „Leistungen" der Conservativen nur darin bestanden. daS Gute nicht immer gehindert zu haben. Denn eS ist doch die schlimmste Sclbstironie, welche man kaum für möglich halten sollte, wenn Herr v. Rauchhaupt sogar die Haltung, welche seine Hintermänner dem BolkSschullastengesetz gegen über eingenommen, als verdienstlich hinstellt, nachdem die große Mehrheit sich Monate hindurch die größte Mühe gegeben, dieses wichtige Gesetz zu Falle zu bringen. Indem Herr v. Rauchhaupt Reichstag und Landtag in ihrer Zuständigkeit gar nicht trennt, rühmt er als die erste „Thal" der Conscrvative». daß sie angesichts der Gefahr einer schweren wirlhschnstlichen Krise die Durchführung eines maßvolle» SchiitzzolltarisS nicht gehindert hat. Hier übersieht Herr v. Rauebbanpt völlig, daß diese wirthschasllichen Fragen mit der politischen Stellungnahme gar nichts zu thun haben. Im Reichstage bildeten die Deutschconservativen nur einen kleinen Vruchtbcil der erforderlichen Mehrheit, und sür den gemäßigten Schutzzoll stimmten auch die Freiconservativen, die Nalioiiallibcralcn und — sogar die Ultramontanen. Wo da ein erhebliches Verdienst der conservativen Partei gefunden werden kann, wird außer Herrn v. Rauchhaupt schwerlich Jemand zu sagen wissen. Herr v. Rauchbaupt rühmt sich ferner der „wesentlichen Mithilfe" bei der Verstaatlichung der Eisenbahnen. Aber der Vorschlag ging deck nicht von Herrn v. Rauchbaupt auS, und im klebrigen stimmten sür die Regierungsvorlagen wiederum auch die meisten anderen Parteien. Und wenn Herr v. Rauchhaupt aus die Aufhebung der Maigesetze hinweist, vergißt er, daß daS Centrum diesem — wieder von der Negierung auSgcgangenem Vorschläge — doch ebenso zugcstinimt hat, wie die Conservativen. daß zudem zur Beseitigung der erkannten Härten alle Parteien in gleicher Weise die Hand boten. Aber Herr von Rauchhaupt und seine politischen Freunde haben sür daS Ansiedelungsgesetz zur Germanisirung der polnischen LandcStheile gestimmt. Ja, haben denn etwa die Nationalliberalen und Freiconservativen anders ge bandelt? Wir wollen gern anerkennen, daß die konservative Partei — abgesehen von dem Schullastengesetz — die guten Vorschläge der Regierung meist nicht bekämpft hat. aber ein Mehrereö ist auS der Auszählung keS Herrn v. Rauchhaupt unmöglich zu erkennen, und baß sich Herr v. Rauchbaupt auf diese „Thaten" kernst, beweist eben eine erstaunliche Selbst- bescheidung und ist wohl nur auS der Ueberhebung zu erklären, welche ein Gnindzug in dem Charakter diese« Politikers zu sein scheint. Der Mangel an Initiative, welcher die con- scrvativc Partei des Landtags so sehr zu ihrem Nachtbeil auSzeichnet, erklärt sich wohl ganz besonders durch die Ge- dankenarinuth des Mannes, welcher sich zur Führung der Partei besonders berufen glaubte. * Auch die „Nationalliberale Correspondenz" beschäftigt sich mit Herrn v. Rauchhaupt. Da« genannte Blatt schreibt: Herr v Rauchhaupt veröffentlicht ln der „Höllischen Zeitung" einen neuen Artikel: „Zehn Jahre conservativer Politik". Wir können nicht finden, dah dieser Rechenschaftsbericht über die Thätigkeit und die Bestrebungen der konservativ«, Partei in einem Jahrzehnt beispiellosen varlamentarischen Uebergewirbt-sehr glänzend ausgefallen ist. Zunächst möchten wir die Betrachtung über die Schutzzollpolitik und die Socialresorm aulicheiden; diese Anqelegen- heilc.i gei ören vor den Reichstag, wo die Loniervative» bckanatlich riue sehr beich.ideae Rolle spielen, ans dir auSichlaggebeiide Unter- stiltzung verschiedener anderer Parteien angewiesen stad und diese bei den in Rede stehenden Fragen gesnnden habz«. Der kon servativen Partei diese social-wirthschastlichen Leistnngen zam b«. sonderen Rubm anzurcchnen, liegt keine Berechtiqnng vor. Ebenso wenig bei der Bcrstaail chuag der Eisenbahnen. Diele Maßregel kam unter eifrigster Mitwirkung der Rationalliberalen gegen de» hrstig-rn lvidersprnch de« Lrntrnm« »» Stand«. Derselbe war bet de» znm Schutz der dentsch-natloualea Saiwickelnng tn den östliche» Grenzmarken ergriffenen Maßregel» der Fall, gegen welch: die Ultramontanen mit heftigster Erbitterung oukämpsten. Schon diese beiden, von Herrn von Rauchhaupt in den Lordcrgruad geslellieu Frage» beweisen, wie leichlsertig die von den Breßorgaoen der äußersten Rechten »ft gehölt« Behauptung ist. zwischen Eonservaliven und Rationalliberalen bestehe tm Landtag kaum mehr ein Boden ge meinsamer Wirksamkeit, dagegen seien die BeruhcuagSpuucte zwischen Lentrum oud Eonservativen weit inniger. Die Herstellung des kirch- lichea Frieden«, wenn man die Abtragung der Maigesetze so nennen kann, ans welche Herr von Rauchhaupt dann zu sprechen kommt, mag sich allerdiug« dte konservative Partei al» eine im Verein mit dem Lentrum errungene Leistung anrechnea. Was sie damit er reicht hat, lehren die oeuerdiug« wieder so heftig wie nur je auf- tretenden AuSschreitangea der ultramontanen Agitation und das Slreben, die Schule zu uuterwrrsea, über welche« Herr von Rauch- Haupt sehr leicht hinwegschlüpft. Auch die Berdienstt der conserva- tivea Partei um den Ausbau der Selbstverwaltungs-Gesetzgebung geben zur Ruhmredigkeit wenig Berechtigung. Was an äußerer Ausdehnung dieser Gesetzgebung erreicht worden ist, mußte durch rückläufige Revision werthvoller Bestimmungen der krühcreu Kc>ktz,ebunz erkauft werden, und den immer unabweisbarer sich ausdränqeadeu großen Resormans- gaben, wie der Schaffung einer zeitgemäßen Landgemeindeordauug. sind die Eonservativen stets aus dem Wege gegangen. Roch unfruchtbarer und gedankenarmer war ihre Thäligkeit aus dem Gebiet der preu- ßischen Steuerresorm. Daß der Anlauf des Herrn von Scholz miß lang, war wesentlich die Schuld der Eonservativen, trotz des jetzt geäußerten Bedanero« des Herrn von Rauchhaupt, und von irgend wie fruchtbaren Anregungen, welche die Sache wieder hätten in Fluß bringen können, war nicht« zu bemerken. Nur die Erleichte rung der Lasten des Grundbesitzes schien für die Eonservativen In teresse zu haben; mit dieser einseitigen Forderung ist aber eiar ge- rechte und billige Steurreform nicht durchzuiübrea. Daß Herr von Rauchhaupt sich auch der Leistungen seiner Partei beim Schullastea- gesetz rühmt und behauptet» sie habe die gesetzlich« Saackion der Armenschale verhindert, kann man nur mit Staunen lesen. Hat denn Herr von Rauchhaupt die Thatsache» vollständig vergessen oder rechnet er daraus, daß die« bei den Lesern der Fall fei? Bekanntlich haben gerade die Lonlervaliven und daS Ceatrum die Armenichnlen hergestellt und die Regierung mußte sie nachher im Herrenhause wieder entfernen lassen. Vom BolkSschnIlostengesetz iollte Herr von Rauchhaupt. der dabei seinen Rui als Parteiführer selbst bei seinen eigenen Gesinnungsgenossen klüglich eingebüßt und die Partei zu einer unerhörten Capitulation genöthigt hat, lieber still sein. DaS allgemeine Uriheil, daß die conjervative Partei während der Zeit ihrer großen parlamentarisch'» Machtstellung wenig geleistet hat nnd auch sür die Zukunft keine Aussicht aus eine ersprießlichere schöpferische Resoim!hä:i ffeit eröffnet, wird durch den Rechenschaftsbericht de- Herrn von Rauchhaupt schwerlich um- gesloßen werden. Line Eingabe an den deutschen Reichstag. * AuS Anlaß der Auslösung der vom evangelischen Bunde in der evangelischen Kirche in Solingen emberufmen Vcr- sannnlung wollen ungefähr 800 evangelische Männer der Nheinprovinz und Westfalens folgende Eingabe an den deutschen Reichstag richten: veranlaßt durch die vor der Elberselder Strafkammer an den Tagen vom 6. bis 15. Juni 1887 und vor dem Kasseler GerichtS- bose am 4., 5. und 6. Januar 1888 gepflogenen bekannten Ver handlungen, sowie im Anschluß an die Sr. Excellenz dem Herrn Justizminister eiagereichte, mit einem Antrag verbundene Beschwerde der 19. Rheinischen Provinzial-SpnoLe nebst der dieselbe mitbczrün- denden Denkschrift des Remschcider Presbyterium- vom August 1887, welche beiden Schriftstücke in den beiden Anlagen zugefügt sind, beehre» sich die ergebenst Unterzeichneten Einem Hohen Reichstage die Bitte vorzutragen, in dem 8- 166 deS ReichS-StrasgeietzbucheS die Morte „wer öffentlich eine der christlichen Kirchen oder eine andere mit CorporationSrechten innerhalb des Bundesgebietes bestehende ReligiouSgesellschaft oder ihre Einrichtungen oder Gebräuche beschimvjt, io- gleichen" zu streichen. Begründung. Der 8- 166 deS Reichs-StrasgesetzbucheS kantet in seiner jetzigen Fassung: „Wcr dadurch, daß er öffentlich in bcschimvsendea Aeußerungcn Gott lästert, ein Aergerniß giebt, oder wer öffentlich eine der christlichen Kirche» oder eine andere mit Corporations- rechtca innerhalb deS Bundesgebietes bestehende Religionsgemein schaft oder ihre Einrichtungen oder Gebräuche beschimpft, inglctchen wcr in einer Kirche oder in einem anderen zu religiösen Versamm lungen bestimmten Orte beschimpfenden Unfug verübt, wird mit Gesängniß bis zu drei Jahren bestraft." Wie die bei der Berathung über daS R.-Str.-Ges.-B. dem Reichstage des norddeutschen Bundes vorgelegten Motive besagen, wollte man durch diesen Paragraph derjenigen Religiosität eine» gewissen Schutz gewährleisten, welcher als der Grundlage allgemeiner Sittlichkeit auch der Staat nicht entratben kann. Daher wird in dem Paragraph die öffentliche Gotteslästerung mit Strafe bedroht. Ob Gott diese- irdischen Schutzes bedürfe und ob die allgemeine Religiosität durch eine solche geletzliche Bestimmung geschützt werden könne, wurde in den Motiven als nicht unzweifelhaft hingestellt, aber doch bejahend entschieden. Die allgemeine Religiosität stellt sich nur dar in den Formen geschichtlich entstandener Gemeinschastcn. Es erschien daher, wie gleichfalls die erwähnten Motive bemerken, aus dem oben ange- führten Grunde als eine Pflicht des Staates, diese geschichtlich ent standenen religiösen Gemcinichasteii vor Beschimpfung z» schützen und die sür den Staat nothwendige Toleranz der verschiedenen Religionsgemeinschaften untere»,ander sicherzustellen. Diesen Zweck verfolgen dte Worte „wer öffentlich", — „ingleichen". Dieselben erfüllen jedoch ihren Zweck, soweit es sich um Schutz der evangelischen Kirche gegenüber beschimpfenden Angriffen von römisch-katholischer Seite handelt, nur in sehr geringem Maße. Ja, was noch schlimmer ist, sie machen der erster«» die Bcrthei- diguiig säst unmöglich, weil sie die in der geschichtlichen Gestattung und den Bekenntnissen wurzelnde Weiensverschiedenheit der evan gelischen nnd römisch-katholiichen Kirche durchaus nicht berück- sichtigen. Die evangelische Kirche dringt vorzugsweise aus eine Bethätigung ihrer Lehren im tägliche» bürgerlichen Leben. Die römische Kirche dagegen fordert in erster Linie nicht Bethätigung der Religiosität aus dem Gebiete der Sittlichkeit, sondern Gehorsam gegen die gottesdienstlichen Einrichtungen, die' sie getroffen und genaue Hebung der Gebräuche, die sie angeordnet hat. In der römisch-katholischen Kirche gipfelt die Lehre zunächst und vorwiegend in Eercmonicn und Einrichtungen; in der evan- gelischen Kirche hat die Lehre als ersten und Hauptzweck, nicht sich äußerlich sinnbildlich darzustellen, sondern geistiges und sitt liches Leven zu wecken. Zwar ist die Polemik über die kirchliche Lehre durch die Fassung des 8- 166 vollständig sreigegeben; wenn aber die evangelische Kirche wider die Lehre» der römischen streitet, so knan dos nicht geschehen, ohne daß sie fort und fort die ans dieselben sich gründende» Einrichtungen und Gebräuche, wie z. B. Pcpstlhum mit seiner Unfehlbarkeit, Cölibat, Klostecwesen, Uebnngen der Marien, und Reliquienverehrung, Processioaen, Wallfahrten rc., mlttrifft; die römische Kirche jedoch kann gegen jeden Ausdruck, der ihre Einrichtungen oder Gebräuche tadelt, wenn sie in demselben eine Beschimpfung sehen will, den Schutz des 8- 166 anrusen. Somit ist der evangelischen Kirche Abwehr und vertheidigender Angriff fast unmöglich gemacht. Da andererseits die evangelilche Kirche nur wenige öffentlich hervortretende kirchliche Einrichtungen und Gebräuche besitzt, so kann die römische Polemik daS Leben der evangelischen Kirche und die Träger der evangelischen Ideen in be- Ichimpsender Weise angrcisen, ohne daß sie iu Lonflict mit 8- 166 kommt. Die in dieser Art von katholischer Seite in der heutigen Zeit qesübrtc Polemik ist oft eine die evangelische Kirche in ihrem innersten Wesen tief verletzende» und die dadurch hervorgernscnen, trotz 8. 166 straflos gebliebenen Aergernisse sind zahllos. > So wurde z. B. der Breslauer Milchehen-Erloß, welcher die eva»gelische Kirche dadurch beschimpfte, daß er ein durch die Organe derselben christlich verbundenes Ehepaar als im Coacubinate lebend bezeichne««, ohne seinem Verfasser eine Bcstrasung zuzuziehen, ver. öfsenrlicht; — so wurden von katholischen Verlegern und Truckern die Rundschreiben des Papste« Leo XIII. vom 26. December 1878 und 29. Juni 1881 verbreitet, welche die evangelische Kirche dadurch beschimpfen, daß sie die anorchiftiichen und niyilistischen Lehren der Neuzeit direct der Resormalion schuld gaben; so wurde von demielbea P.ivst im Jahre 1884 der Reformator Martin Luther als „ruchloser Abtrünniger" bezeichnet und die evangelischen Missionäre bezeichnet al« „Männer voll Trugs, Verbreiter ron Irrlehren unter dem heach- lertichea Borgebea, Apostel Ebrifti zu tem". von katholischen Zeitungen, wie der „Eichtleldia", ist der Mann, welchem die christ liche Kirche, nach unserer Ueberzeugung auch in ihrem römiich-katho- lischen Theile, eine Reformation, nnd dem da« beutine staatliche gesellschaftlich« und wissenlchaftliche Leben in vieler Beziehung seinen Uriprnng nnd seine Entwickelung verdankt, „ein seiger Revolnttonatr". „ein Schuft", „ein Mann der freien Liebe" geichmäht. So ist die unter den Ausvicien nnd der lebhaften Betheiligung »nsere« Kaiser. Hanse« veranstaltete Lutherseier ungestraft «in „Lntherkankan" genant worden, z» schweige» vo» ander» «»gchähltni, da« tnnerft« Empfinde» der Evangelischen verletzende» Rohheiten der sogenannte» CaplanSpresse. Gegenüber s lchcn Angriffen ist d> evangelische Kirch- tatsächlich jchiiplo«. wnhieuv oer tz. 166 der römiichen Kirche de» von ihr gewünschten S-twtz. wie niekrlache G.r chlsveihandlungen der neuere» Zeit beweisen, u» weiteste» Uliljauge gewährt. So ist in der Polemik die römische Kirche wenig, die evangelilche dagegen lehr beengt, und dieser Nothstand. unter welchem die evangelische Bevölkerung Deutsch- land« leidet, verlangt Abhilfe. Aber auch noch ein anderer Umstand läßt erkennen, daß die An- Wendung de« g. 166 zum Zwecke der Ausrechthaltuug consessioueNer Toleranz einerjeit- bedenklich, andererieilS geradezu unmöglich ist, uämlich: der Mangel einer jeden iestc» Norm darüber, was als eine religiöse Beschimpfung zu betrachten sei. Manche ander« rechtliche Begriffe, z. B. der einer Beleidigung, können freilich nach bloS ob- jec«iven Maßstäbeu ebeulalis nicht bestimmt werden; iudesse., ist eS doch möglich, die nolhwcndigec Weise subjektiven Entscheidungen, welche bezüglich dieser zu treffen sind, stets von allgemein mensch lichen GesichlSpuncteo auSqehen zu taffen. Die Bestimmung aber darüber, was eine religiös« Beschimpfung sei, kann einer rein subjektiven Entscheidung nicht überlassen bleiben, weil diese Ent- fcheidung nicht von allgemein meiiichlichen, sondern je nach der Lon- sejsion de« Urtheileuden von consessionell begrenzten Gesichts- pliacten auSgehc» wird. Wir sind der Ueberzeugung, daß überhaupt kein staatlicher Gesetzes paragraph im Stande ist, zwischen den verschiedenen religiösen Gemeinschaften Toleranz herzustellen und zu psiegeu; denn die auf richtige und wirkliche Toleranz muß au« dem Innern dieser religiösen Gemeinschaften selbst hervorgehen. Auch können wir nicht zugeben, daß einer SeseheSSnderung wie der erbetenen gegenüber der Einwaud ins Gewicht fällt, der cou» sessionelle Gegensatz würde dann vielleicht zu Thätlichieften auSartea. Zwar ist die Erjahrung häufiger verzeichnet, daß namentlich von katholischer Seite derartig tumultuarische Ausschreitungen vor gekommen find. Wir erinnern nur an den Aulruhr in Esten bei Ausweisung der Jesuiten, an den Empfang des ottkatholischen ProjessorS Kuoodt in Koblenz, an die Glockenangelegenheit in Rhein brohl rc. rc. Indessen halte» wir dafür, daß solche Ausschreitungen nicht mehr mit religiös.m Maßgabe zu messen, sondern einfach polizeilich za bekämpfen sind. Böser Thai und solchen, die dazu ausreizen, wird die weltliche Obrigkeit mit ß. 125 und 130 des R.-St.-G.-B. zu wehren stark genug sein. Aber daS Wort wahrhastiger Ueberzeugung von der göttlichen Wahr- heit, wie daS Wort ehrlicher Entrüstung wider die Unwahrheit lasse man ganz frei sein! Weitere Unterschriften, einzeln oder mit mehreren ver einigt, nimmt der Vcrlagsbuckhändlcr D. B. Wie mann in Barmen entgegen. Bezirksausschuß. " Leipzig, 4. August. Im BerhandlunqSsaale der könlgl. Amts- bauptmannjchast fand am heutigen Vormittag eine Sitzung des Bezirksausschusses statt. Dieselbe wurde an Stelle deS beuilalibten Herrn Geh. Negierungsrathcs AmtShauptmaon vr. Platzmano geleitet vom Herrn RegierungSrath von Loebeo. Den ersten Gegenstand der Tagesordnung beiras die Beschluß, sassuog über einige OrlSstatute, die in allen wesentlichen Puiicten mit einander übereinstinimen. Am bäusigsten enlsvinnt sich über die Art der Besteuerung eine Debatte, doch gewährt dieselbe sür weitere Kreise kein erhebliches Interesse, so daß wir in Folgendem nur das Ergebniß der Verhandlungen in Rücksicht aus die Orls- stalute bringen können. Genehmigt in der vorliegenden Fassung wurden die OrtSstatute von Repa, von Schleußig und ei» Nach trag zum OrtSstatut von Döl schütz. Ter Gemeinde Schönall wird zn d:r übernommenen Verpslichlung, betreffend die Uebernadme einer Nohrichleuße aus dem CommuiiicalionSwege zwischen diesem Orte und Großzichccher Genehmigung, ertheilt. Gemäß dem Dortrage des Herrn BezirkSassefforS Grosser wurde der Necurs des Herr» W. in Eutritzsch gegen daS Bcsitz- veränderuugS-Abgabenregulativ daselbst als berechtigt anerkannt. Demgemäß erscheint eS, entgegen den Auslegungen deS Regulatives in genannlem Orte, nicht berechtigt, bei Erbgang Abgaben zu erbeben: denn Veräußerungen von Grundbesitz, woraus sich daS Regulativ bezieht, sind Rechtsgeschäfte unter Lebenden. — Das BesitzveränderungS-Abqabenregulativ von Neustadt, wonach 100 von 300 ^l Kaussunime erhoben werden, wird der Enticheidunq deS Ministerium- onheinigestcllt. — Die Nachträge zu den OrtSbau- ordnungen von BolkmarSdorf, Stötteritz und EngelSdors sollen beim königl. Ministerium besülwarlcud eingcreicht werden. Ter Gcmeindevorstand von Möckern hat unter Bezugnahme aus daS Ergebniß einer am 8. Juli er. in diesem Orte abgehaltenen Versammlung vo» Gewerbetreibenden und Einwohnern der Orte Möckern, Gohlis. Wahren, Stahmeln und Lindenkkal, in welcher um Anlage einer Haltestelle bei der königl. Eiseabahndirection zu Erfurt vetitionirt zu werden beschlossen wurde, den BezirkSauSichuß gebeten, die bezügliche Petition zu befürworten. Nach dem Vortrag deS Vorsitzenden und einer sicki an deniclben anreihenden kurzen Debatte wurde beschlossen, die Petition Möckerns zu besürworten. Er- wähnt zu werden verdient, daß die Bittschrift unter Andcrm auch von dem Bezirkscommando des 106. Infanterie-Regiments unter zeichnet ist. Bezüglich deS Weges von Stünz nach Mölkau wurde die Verordnung der königl. KreiShauptmannschast heute zur Kenntniß des Bezirksausschusses gebracht und es steht demnach die endgiltigc Beschlußfassung darüber, ob dieser Weg als ein öffentlicher oder ein nichtöffentlicher zu betrachten ist, noch aus. — DaS Gesuch Klein zschochers um Anlage eines Angers wurde genehmigt, dasselbe gilt rücksichtlich der Erweiterung der Leipziger Gasanstalt, bezüg- lich welcher die Sachverständige» keine Einwendungen zu machen gehabt haben. — Der weiteren Erörterung soll da-Z Gesuch nm ConcelsioiiSertheiluiig sür Betreibung einer Agentur und ein onder- weitcS Gesuch eines Gastwirths in Taucha uni Gestattung zur Ab haltung von Singspielen (4 bis 6 Mal im Jahre) anheimgegeben werden. Damit hatte die öffentlichr Sitzung ihr Ende erreicht und eS erfolgte in nichtöffentlicher Sitzung die Erledigung der ringegangencn Schanksachen. Königliches Landgericht. Fericnstraskammer v. I. Am Nachmittage des 13. Mai d. I. befand sich der 16 Jahre alte Dienstkiiechl Max Otto Hartmann aus Großdeuben nebst zwei andern junge» Leuten aus einem der zum Ritterguts Groß- städteln gehörigen Felder, aus welchem ein Strohieim stand. Ein in der Nähe des Letzteren befindliches Bund Stroh setzte nun Hart mann, wie er angab „a»S Unsinn" in Brand, bewerkstelligte aber damit, daß sich daS Feuer, ohne daß es Hartmann zu hindern vermochte, dem Feim mitthellte und denselben vernichtete. Der Angeklagte hatte sich somit einer fahrlässigen Brandstiftung schuldig gemacht und wurde deshalb unter Annahme mildernder Umstände zu 1 Monat Gesängnrßstrase veruriheilt. II. Der bereits wiederholt wegen EigcnthumSveiHeüenS bestrafte Bürstenmacher Emil Marti aus Kavveln in der Schweiz hatte in Gemeinschaft mit dem Barbier Reinhold Rudolf Schulz aus LandSberg im Juni d. I. in verschiedenen hiesige» Trödlergeschästen einen Fcauen-Winlermantel und ein seidenes Tuch zum Verlause ansgebotea und war schließlich, da die Gegenstände al« gestoylen angezeigt wurden, sestgehalten worden. Marti behauptet nun, die Sachen von Schulz erhalten zu haben, während Schulz wiederum Marti al- denjenigen bczeichnete. der die Gcgenstände zuerst gehabt Hobe. Es wurde indessen in der Verhandlung festgestell». daß Marti die Objecte bereits zu einer Zeit auSgeboten habe, zu welcher er mit Schulz noch nicht zusammengetroffen war. In Schulz' Besitz be fand sich überdies ein ganzer Stoß gefälschter LegitimationSpapiere. Marti wurde — der Diebstahl war unter erschwerenden Umständen auSgesührt worden — unter Ausschluß mildernder Umstände zu 2 Jahren Zuchthausstrafe und 5 Jahren Verlust der Ehren, rechte, Schulz dagegen wegen Hehlerei zu 6 Wochen Gefängniß- ond wegen Uebertretung der 88- 663 und 360,8 de« R-Str.-Ges.-B zu 3 Wochen Haststrase verurtheilt, im Uebrige» auch die Stellung Marti'« unter Polizeiaufsicht für zulässig erklärt. III. Die Handarbeiter Otto Hermann Dammbrück aus Lindenau und Karl Hermann Otto Voigt ebendaher waren an geklagt. am 10. April d. I. gemeinschaftlich von einem vor dem Grundstücke Lützeuer Straße 46 in Lindenau befindlichen, dem Wagensabrikanten S. in Zeitz gehörigen Barteozaum an- reinem Mutt-wille» drei Sandsteinsäulen umgeworsen und zerbrochen, sich j somit einer vorsätzliche» Sachbeschädigung schuldig gemacht zu haben. ES erto!gie die Verurtdeilung Dammbrück'« zn 8 Monaten und Voigi'S zu 5 Wochen Gejängnißstrase. s Der GerichiSbos bestand au» den Herren LandgerichtS-Direetor Justizraih v. Bote (Piäsid.), LandzerichlS-RSlhen Vieler, Wolfram vr. Paul und Assessor Volkmann; die Anklage kührle Herr StaaiS auwallschaltS-Affessor vr. Lauge, die Bertheidlguag zn I. Herr Recht* , anwalt Krug. Vermischtes. . .. —- Ma lisch, 1. August. Gestern wurde auf ttt hkeflgen Eisenbahnstation der Bau eine- artesischen Brunnen« beendet, welcher täglich 175 cbm Wasser liefert; da« Wasser ist bereit« sehr klar und soll von vorzüglicher Be schaffenheit sein. DaS Bohrloch, welches 232 w tief ist, hat 2 Monate Arbeil«zeit in Anspruch genommen. In 1S5 w Tiefe wurde der Urthonschieser angelrosfen. DieAnlage war vouSeiten der Eisenbahndirection Berlin, Betriebsamt BreSlau-Sommer- seld, im Wege der Ausschreibung dem Ingenieur slir Tief bohrung, Olaf Lerp in BreSla«, zur Ausführung übergeben worden. — Unter denjenigen höheren Lehranstalten, welche da- protestantische Gymnasium zu Straßburg anläßlich der Feier seines 350jährigen Bestehen- beglückwünscht haben, befindet sich auch die Fürstrnschule zu Meißen. — Die bekannte IahreSerscheinung de- totalen Ver schwinden- ver Wässer im Zirknitzer See hat in diesem Jahre durch die anhaltenden Sommerregen eine starke Verzögerung erfahren. Zu Anfang deS Monat- August tritt sonst ,n nornialcn Jahren dieses sehen-würdige Ereigniß ein. Mit demselben findet auch zu gleicher Zeit der Hauptfischzug am See seinen Abschluß. Im Vorjahre war der 3. August der Tag de» Beginne« jener oaturseltenen Erscheinung. Heuer ist jedoch der Wasserstand im Zirknitzer See noch gegen wärtig so hoch, daß Ver sogenannte „Fischerstein", eine FelS- klippe in der Nähe bei Nirder-Seedorf, kaum zur Hälfte auS dem Scewasserspiegel herauSragt. Dieser Felsen ist beim Ablaufe des SeeS den Fischern die sicherste Losung, daß. eine trockene Witterung vorausgesetzt, die Wässer deS SeebeckenS sich binnen drei Worden vollständig verlaufen werden. Nach und nach wird sowohl die Flächenausdehnung, als auch die Tiefe deS SeeS immer geringer. Die landwirlh- schastlich benutzten Seeränder sind zu dieser Zeit schon alle trockengelegt. Endlich bleiben nur die kraterähiiiichen Saug trichter an der tiefsten Partie de« SeebodenS und vaS eigent liche Seegebiet noch mit Wasser angesüllt. Aber auch von bier verschwinden die Wässer zuletzt binnen vier bi« füns Tagen. Der Fortgang zum totalen Ablaufe de« Zirknitzer SeeS intercssirl wohl in erster Linie die Fischer au« der nächsten Umgebung. Der Heuer schon seit mehreren Wochen günstige Wasserstau» am bezeichneten See hat sämmtlicben Lanvwirtben des KessellhalcS von Zirlnitz die Möglichkeit geboten, ibre Feldgrünvc zu bebauen und ihre Wiesen zu mähen. Wenn auch Heuer noch die FifcherSleute einige Wochen, vielleicht gar vergeblich, auf das gänzliche Ver schwinden deS Wassers warten müsse», so bedeutet dies Wohl einen fühlbaren Entgang sür sie, welcher jedoch durch die in Aussicht stehende Ernte weit mehr als ausgewogen erscheint. --Wien, 2. August. Seit Wochen bringt jeder Tag auS einer andern Gegend Meldungen von einem verheerenden Unwetter. Heule treffen solche auS den verschiedensten Gegenden ein. AuS Stockerau wird gemeldet: Um 4 Uhr Nachmittags ging hier zwischen Oberhollabrunn und GöllcrSdors ein furchtbarer Wolkcnbrucd mit Hagclschlag nieder. Kartoffeln, Wein und sonstige Feldsrüchle wurden durch die zwei Schuh hoch niederprasselnden EiSmassen voll- ständig vernichtet. In den Ortschaften Breilenweida, Klee dorf, Slclzendorf, EizerSlhal, Wischelhal, Puch und Parschcn- brunn wurde» auch Wohnhäuser und WirthschaslSgebäuVc Lurch da« Wasser arg beschädigt. In HöberSdors wurde die Wartehalle durch daS Unwetter umgelegt. — AuS Tesche» wird berichtet: Nach plötzlicher Verfinsterung entlud sich Abends um 6>/, Uhr ein fürchterliches Gewitter. Bei grün- lichgclb beleuchtetem Himmel trat sodann ein überau« heftiger agelschlag ein. ES fielen Schloßen in der Größe vo» aüben-Eiern, wodurch Tausende von Fensterscheiben zer trümmert wurden. In der neuerbauten großen Buchdruckerei von ProckaSka, in der Möbelfabrik der Firma Kohn und iu der Jnsanterie-Koserne sind fast sämmtliche Scheiben zer- chlagen worden. Auch die Feldsrückle wurden vernichtet. DaS Gewitter dauerte hier eine halbe Stunde. In der Umgebung wettert eS fort. — Ein Prcßburger Telegramm meldet: lebcr Prcßburg und Umgebung ging Abend- eiu äußerst heftiges Gewltter mit dichtem Hagel nieder, wobei taubenei große Schloßen fielen. Der namentlich im Weingebirg« an- genchtele Schaden dürste bedeutend sein. --- Carmen Sylva alö Vorleserin. Man schreibt der „Neuen Freien Presse" auS Westerland aus Sylt vom 30. v. M.: Sonnabend Abends ist die Königin von Rumänien zum Curgebraucke hier eingelroffen. Die hohe Frau wurde bei ihrer Ankunst von den Curgästen in sehr ympathischer Weise ausgenommen, und insbesondere ließen eS ich die kleinen Knaben und Mädchen, welche nach Ver hier herrschenden Gepflogenheit Compagnien bilden, uni auS dem Lande deS Strandes gemeinsam Wälle und Festungen auf- zusühren, nicht nehmen, die Königin in einer originellen Weise zu begrüßen. Sie stellten sich mit ihren Fahnen und Abzeichen aus der steilen Treppe, welche von der Höhe der Dünen zum Strande führt, auf, und als nun die Königin ihren ersten Besuch am Strande machte, mußte sie dieses DM6 von Knaben und Mädchen, welche die Fahnen vor ihr senkten und sie van» so gegen einander neigten, daß sie einen Triumphbogen bildeten, durchschreiten. Die Königin, welche eine Kmdersreuildin ist, war von dem Empfange so an- gencbm berührt, daß sie zum Tanke dafür die Kinder einlavcn ließ, sich heute Vormittags am Strande zu ver sammeln. um die Vorlesung einer kleinen Erzöblung unter freiem Himmel entgegenzunchmen. Es war eine reizende Scene, als die Königin aus einem Sandhaufen saß. die Kinder sich rings um sie herumlagerten, ein kleines Mädchen mit einem hübschen Blondkopse ihren Sonnenschirm hielt und die Königin auS einem Manuscripte die Erzählung vorlaS. Die Kleinen wie die Großen, welche sich um die Königin gruppieren, horchten gespannt aus jedes Wort der Königin, die mit nachdrücklicher Betonung und wohlklingendem Organe, sowie mit sehr viel Einpsinduiig laü und einzelne Stellen mit einer diScreten Actio» der Hände und de« KopscS begleitete. Die Kleine» schauten mit gespannten Blicken zu der Königin aus, tiefe Stille herrschte ringS umher, und nur das Branden der Wette» und daS Kreischen der über dem Haupte der Königin schwebenden weißen Möven störten zuweilen die Vorlesung, welche Carmen Sylva vor den Kindern am Strande von Sylt gehalten hat. Am Schluffe der Erzählung brachten die Kleinen ein stürmisches Hoch aus die Dichterin Carmen Sylva auS, die Knaben-Compagnien desilirten, und die Königin, welche von der Schaar der Kinder dicht umdrängt wurde, war sichtlich erfreut Uber die enthusiastische Wirkung, welche die Ausführung ihrer liebenswürdigen Idee hervorgcbrächt Halle. --- Madrid. 2. August. Die Kuppel der Kathedrale ist heule eingestürzt nnd hat einen Theil der Gewölbe mit sich gerissen. Die Orgel ist zerstört; ob Menschenleben zu Grunde gingen, ist noch nicht ermittelt. Brüssel, l. August. Unter de» Fischen der Mosel, besonders de» Hechle» und Barben, herrscht seit 2 Monaten eine böse Krankheit, die immer mehr um sich greift. An den Körpern der Fische bilden sich Beulen, die bis zur Größe einer Nuß ansckwellcn und bei deren Oefsnung eine gelbe Flüssig keit entfließt. Auf den Böschungen findet man zahlreiche 2 bis 5 Psund schwere tobte Fische, deren sich ganze Schaare» von Raben und Reibern längs der Mosel bemächtigen. Die Userbewohner, wie zahlreiche Familien, welche die Gasthäuser in Trier, Grevenmachcr. Sierck, Thionville u. s. w. und d,e Privalhäuser mit Fischen versorgen, erleiden große Verluste. Anfang Juni hatte man geglaubt, die ungewöhnliche Hitze sei daran Schuld, aber jetzt, wo die Witterung kühl ist, dehnt sich die Krankheit weiter auS, deren Ursache bisher nicht er- mittelt werden konnte. Die deutsche Regierung im Kreise Saarburg bat eine Untersuch»..,', «.»geordnet. — Di« Nc«.Aorker Geldsürsten entwickeln neuerding« bei z iyrcn Gaftmähler» einen Luxu« und eine Verschwendung, > dte in« Groß« gehe«. Einer sacht immer den »»deren «» Glon»
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