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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.02.1895
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-02-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18950223023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895022302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895022302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-02
- Tag1895-02-23
- Monat1895-02
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H3.so 102.75 106.-2- 101.30 105.— 102.50 103...» 102.35 103.75 103 — 123,— 133.50 44.— 65.25 80.— 155.— 125,— 11475 186.50 210.— S4.— 183,— .156.— 222.— 110.50 76 — 243.— 77HO 302 — 194,— 143- 93,- 91.75 263.- 7^5 24 .. . 104.50 98.— - 4946. 1. V^rrgs-PrelS G» t« Hanptrxpeditton oder de» t« Stadt« teatrk «ad de» Bororten errichtet«, Aus- «weftele» a«geholt: vtrrteljLhrlichX4.ütX »ei »weimaliaer tLgllcher Zustellung ir.« Han« ^l 5.L0. Durch die Post b«»»a»u für Lentschland und Oesterreich: vierlel,«hrllch «.—. Direkte täglich« Dreuzbondieudung in» Ansland: monatlich 7HO. Abend-Ausgabe. Di« Morge»-All<gab« erscheint täglich Uhr, dt« Adeud-AuAgab« Wochentag« S Uhr, Le-krtlon und Erpettlio»: A*tz«n«eS,afie 8. Filiale»: vtt» Me««'« Eorlt«. (Tlfrest H«hn). Universitätsstraste L, Lani« Stiche. Rathariuenftr. 1«, vart. und »0aig«dl«tz T, amiM Tageblaü Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Kandels- vvd Gcschüftsverkehr. A«zrige».Preis die 6 gespaltene Petitzeile SS lieclamea unter demRedactioa-strich (4-« ipalten) bO>4. »or den Fannlirnaachrichte» (Sgespalleu) 40 ch. Grütze« Schriften laut nuferem PratA- »erjrichnitz. Tabellarischer und Zifieruf«tz nach höherem Tarif. Srtr«-Veil«,e» (gesalzt). N», «n »« Morgen-Ausgabe, ohne Po,lbrsürd«»»- ^4 60 —, mrt Postdeforderung 70.—. Anuahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittag« 10 Uhr.« Morgen- Ausgabe: Nachmittag« 4 Uhr. Sonn- und Festtag« früh V»d Uhr. Bei den Filialen und Annahmestelle» je eia» halbe Stunde früh«. Anzeigen sind stets an di« GgPettti«» zu richten. Druck und «erlag von E. Polh k Sechzig »z» 100. Tonnabend den 23. Februar 189o. 88. Jahrgang. Zur gefälligen Beachtung. Unsere Expedition ist morgen Sonntag, den 24. Februar, Bormittags nur bis V-S Uhr geöffnet. LxxvtUtion äes I^vipri^er ^aKedlattvs. Politische Tagesschau. ^ Leipzig, 23. Februar. Nach nur zweitägiger Debatte hat gestern derReichstag die Tabaksteuervorlage einer Commission überwiesen, der nun die schwere Aufgabe zufallen wird, aus der Borlage das „herauszuschälen", worauf eine Mehrheit sich zu vereinigen vermag. Das wird um so schwerer sein, je verschiedener die Ansichten über den „brauchbaren Kern" selbst in denjenigen Fraktionen sind, die eine Vermehrung der Reichseinnahmen für dringend geboten und den Tabak für daS geeignetste Object einer höheren Belastung halten. Einig sind nur die principiell ablehnenden Fractionen, besonders die Social demokraten, die für daS Reich ganz andere „Wohlthaten" im Sinne haben, als die Erhöhung seiner Einnahmen. Sie ballen die jetzige politische Lage für besonders geeignet, den Reichstag aufzufordern, die verbündeten Regierungen zu ersuchen, dem Reichstage einen Gesetzentwurf vorzulegen, durch welchen die Erziehung der Jugend zur Wehrhaftigkeit und die Umwandlung der jetzigen Heeresorgani- sation in eine Miliz-Wchror-nnng angebahut wird. Angekündigt hat diesen Antrag Abg. Liebknecht bereits vor einem Jahre, und wir haben damals an der Hand einer vortrefflichen Schrift des Hauptmanns Hönig auSgeführt, daß das socialdemokratische Milizheer unfern Feinden gegenüber eine stumpfe und unbrauchbare, für uns selbst aber eine überaus theuere und obendrein gefährliche Waffe sein würde. Wenn übrigens die standhaft behauptete Gleichheit der Bestrebungen aller Glieder der internationalen Socialdemokratie in der That bestände, so müßten nun auch die Socialisten der französischen Kammer mit derselben Forderung vor ihr Land treten. DaS ist aber ganz sicherlich von einer Partei nicht zu erwarten, die sich noch vor wenigen Monaten gegen einen General, weil er im deutsch-französischen Kriege keine Erfolge zu erringen vermochte, in Ausbrüchen eines überreizten Chauvinismus ergangen hat. So lange aber nicht einmal die socialistische Gruppe im französischen Parlament die diSciplinirte Armee mit einem Milizheere zu vertauschen gedenkt, so lange erscheint der Antrag der deutschen Socialdemokratie lediglich als ein Versuch der Wehrlos- machung Deutschlands gegenüber seinem rachedürstenden westlichen Nachbar. Im preußischen Abgeordnetenhause hat vorgestern das Cent rum, das ja auch in der „Umsturrcommission" des Reichstags als eifrigste Beschützerin der öffentlichen Moral sich aufspielt, eine heikle Frage, das polizeiliche Verbot von Theateraufführungen, angeschnitten. Leider kann nicht be stritten werden, daß die Schaubühne den idealen Beruf als „moralische Anstalt", den ihr unser Schiller in einer seiner bekanntesten Abhandlungen zuschreibt, nur zum kleinen Theile erfüllt. Auch die vornehmen Bühnen, die ihre künstlerische Aufgabe ernst nehmen, können sich dem Zwange nicht ent ziehen, den ein großes Publicum, daS in den Theatern nur Vergnügen und Zerstreuung sucht, auf sie auSübt. Wie tief das Niveau sinken kann, auf dem diejenigen Bühnen stehen, die reine Geschäfts- und Erwerbsanstalten sinr, darüber brauchen wir kein Wort zu verlieren: hier wird allabendlich an Frivolität, laxer Moral und Albernheit ein Erkleckliches geleistet. Aber ob die Polizei nun daS geeignete Werkzeug ist, um der öffentlichen Stttenlosigkeit zu steuern, wie der Minister des Innern v. Köller glaubt, das ist eine uralte Streitfrage, für die die Geschickte mehr Beweise gegen als für erbringt. Unter der strengsten Censur und den Argusaugen einer Sittencommission kann ein Pfuhl des Lasters im Stillen sich ausbreilen, dem gefährliche Miasmen entsteigen. Dichtungen, die jetzt zu den unveräußerlichen Juwelen unseres HausschatzeS gehören, wie Schiller's Jugenddramen und „Tell", Goethe'ö ,.Götz", manche Shakespeare'sche Stücke, enthalten unzweifelhaft mehr „Um sturz", als Hauptmann's „Weber", die noch jüngst ein nationalliberaler Großindustrieller im Reichstag dem allge meinen Besuche enipfahl, weil man an ihnen ermessen könne, wie hoch der Standard ot' lit'o der Arbeiter gegen 1848 sich gehoben habe. Allerdings kommt es darauf an, wer das Stück ansieht und ob man aus ihm etwas her aus nimmt oder etwas hineinlegt. Und leider hat der Dichter, indem er einfach ein abgerissenes Stück Geschichte dramatisirte, ohne dieses Stück zu einem ästhetischen Abschluß zu bringen, dem Hineintragen aufreizender Ideen in das Werk Vorschub ge leistet. Aber diesem Mangel kann eine gute Bühnenleitung unter Beihilfe des Dichters leichter Abhilfe schaffen, als die Polizei. Wie schwankend sind überdies die Sittlichkeits begriffe: es sind noch keine 20 Jahre seit der Zeit verflossen, da mancke Kreise prüde vor Wagner's Musikvramen der späteren Epoche zurückbebten. Heute bilden sie die Zierde jeder Hofbühne, und von dem verschütten Hauptmann hat das tvnigl. Schauspielhaus in Berlin das „Hannele" auf- gesührt, dem doch auch viel Bedenkliches innewohnt, das wir aber für erheblich sittlicher halten, als z. B. die Platt- heit von „Charley's Tante". Gabe es ein unfehlbares Mittel, den wirklichen Schandstücken, die die Seele unreifer Jugend vergiften und dem Kitzel der Erwachsenen dienen, den Garaus zu machen, so müßte es sofort angewendet werden. Aber, wie gesagt, eS ist nicht leicht, hier den richtigen Mittel weg zu finden, und die Weisheit der Polizei über den Richter spruch des höchsten Verwaltungsgerichts zu stellen, wie Herr v. Koller dies that, halten wir für ein gefährliches Experiment. Das Beste kann, wie in all diesen Dingen, Publicum und Presse selber besorgen: kein Direktor führt beständig Stücke auf, deren Anblick man meidet. Uebrigrns schließen wir uns der Mahnung des „Hamb. Corr." an das Centrum an, es möge selbst eifrig Hand aulegen, um an seinem Theile Wandel schaffen: es braucht dazu nicht einmal die Polizei, sondern sollte nur selbst gereinigte Ausgaben der jesuitischen Moraltheologie der Sanchez, Escobar, Gury, Busen bannt und ihrer Nachfolger besorgen. Das wäre auch eine verdienstvolle That für die öffentliche Sittlichkeit! Die belgische Arbeiterpartei Lernst für nächsten Sonntag die Vertreter aller belgischen Arbeitervereine zu einem außerordentlichen Congresse zusammen, der zur Frage der Gemeindewahlreform Stellung nehmen wird. Je offen barer die Thatsache wird, daß der Gemeindewahlreform entwurf, den die Regierung am nächsten Dienstag der Kammer vorlegen wird, den Erwartungen der Socialdemokratie nicht ent sprechen dürfte, desto revolutionairer geberdet sie sich. Es wird bereits in den socialistischen Blättern davon gesprochen, daß der sonntägige Congreß für den übrigens sicheren Fall der Verwerfung des allgemeinen und gleichen Stimmrechts einen Zeilen haben sich seilber einig ^n.beitern seine Unler- stiil-iiNi, sieb. da. sie,dem den ^ s>«b, Inn «ib-ilerparte, ,ur G-nng- j Ei„, nicht im Mindesten damn«. °-- b'i, Ans flusse in den belgischen Rathba e. Arbeiterpartei die eigen. A?,Ld° nich, -i°> er- mit einem etwaigen neuen „« in denen die reichen. — Die stürmischen ^ersa 2 besprochen wird, Uebernabme des C on g o ,t « » / e ' Auf- L7g 'L.r° 2» L V L. Vn"' AgLen^ yn dl. Conaovorlage lediglick aus den üblichen ravicalen und so.-a listischen Straßenpolitilern, die vom Congo reden. Blinde von den Farben. Unter solchen Umstanden 'st es nicht unwahrscheinlich, daß der S,eg schließlich den Conao- freunden bleiben wird. In der vorgestrigen Sitzung des englischen Unterhauses ist das Ca^ine'! "tosebery abermals e.ner vernichtenden Niederlage glücklich entgangen, aber die Abstimmung, welche im Sinn'e der Negierung erfolgte, hat e'«- -»ge geschaffe , welche dem Cabinet über kurz oder lang das ^ben losten kann. ES war der Regierungsliberale Henry James welcher den Antrag stellte, die Debatte über alle anderen Vorlagen und Anträge zu vertagen, bis der Beschwerde der Iaum- wollspinner vonLancashire über d.e Einführung von E . n- gangszöllen aus Baumwolle Indien die noth ge Aufmerksamkeit geschenkt worden sei. Dieser Zoll wurde e n- geführt, um die zur Verhinderung eines DesicilS ein geührte Accise auf Baumwollsabrikate Indien aus- zugleichen, aber die Interessenten von Lancash.re fühlen sich durch die Neuerung schwer beeinträchtigt, weil angeblich die indische Accise zu niedrig ist, und halten der Regierung, wenn sie nicht einlenke, Rache geschworen. Etwa 13 Stimmen, also ibre gesamntte Mehrheit und noch etwas darüber, konnte ihr dies kosten, womit denn die Ministerkrisis gegeben gewesen wäre, sobald die Opposition die Gelegenheit zu einem Partei votum gegen die Regierung bewilligt hätte. Eine Nachgiebigkeit der letzteren aber hätte in Indien einen gewaltigen <Lturm hervorgerufen und zur Deckung veS drohenden Desicits andere Mittel nötbig gemacht. Zum Glück für daS Cabmet war die Opposition wankelmüthig und gab sich nicht aus taktischen Gründen zum Handlanger der Baumwollinteressenten von Lancashire hin. Dies rettete die Regierung, denn der Antrag wurde mit 304 gegen 109 Stimmen abgelehnt, aber die Lancashire-Industriellen, welche erklären, aus dem Welt markt schlechterdings nicht mehr concurriren zu können, und die über einen Anhang auch in der liberalen Partei verfügen, werden den Schlag nicht ruhig hinnehmen und alle Hebel in Be wegung setzen, um die ihnen nicht willfährige Regierung zu stürzen. Welcher Mittel sich dieselben dabei zu bedienen bereit sind, zeigt folgende uns aus London, 22. Februar, zugegangene Nachricht: Der Hauptausschuß der Vereinigten Baumwollen-Spinner hat beschlossen, den Mitgliedern der Vereinigung als Vergeltungs- Maßregel gegen de» gestrigen Beschluß über die indischen Baum» wollenzölle die Herabsetzung der Arbeitslöhne um O Proc., und, falls die Arbeiter diese Herabsetzung nicht annehmen» die Einstellung deS Betriebes vorzuschlagen. Ls würde dadurch die Million Arbeitsloser „och um viele Hunderttausende vermehrt und damit eine Quelle von Unruhen geschaffen werden. Diese Nachricht eröffnet eine geradezu trostlose Perspective. So hartnäckig heute noch die überwiegenden Kreise der eng lischen Politiker und Volkswirthschaftler an der FreihandelS- doctrin sesthalten, so wenig wird ihr Bestreben durck, den Gang der Tbatsachen unterstützt. Von seiner ehemaligen Monopolisirung des Weltmarktes ist England längst auf die Stelle eines, wenn auch vielleicht zurZeit noch leistungsfähigsten Concurrenlen unter vielen zurückgedrängt; zu den Verlusten, welche der englische Absatz nach außen durch das siegreiche Vordringen jüngerer Industrieländer erlitten hat, stehen die seitdem gewonnenen neuen Märkte in gar keinem Verhältniß. Die englische Industrie tann heute nur noch mit Noth und Mühe den von ikr lebenden Arbeitermafsen Verdienst ge währen, morgen ist sie vielleicht auch dazu nicht mehr r« Stande. Eine grundsätzliche Frontveränverung der englischen Wirtschaftspolitik und damit eine völlige Neuorientirung der englischen Politik als solcher bereitet sich anscheinend mit elementarer Nothwendigkeit vor. Daß Lord Rosebery gerade in dieser kritische» Epoche als Premier dem ersten Anstürme stehen muß, wird vielleicht sein Verhängniß. Deutsches Reichs Zs. Berlin, 22. Februar. Bekanntlich bestimmen die 30 und 31 des Invalidität«- und Altersver-. sicherunzsgrsetzes, daß nach fünf Beitragsjahren weib lichen Personen, welche eine Ehe eingehen, bevor sie in den Genuß einer Rente gelangt sind, sowie den Hinterbliebenen von verstorbenen männlichen Personen die Hälfte der für die betreffenden Personen entrichteten Beiträge zurückzuerstatten ist. Da daS Znvaliditäts- und Altersversicherungsgesetz am 1. Januar 189l in Kraft getreten ist nnd das Beitragsjahr nur 47 Wochen umfaßt, so wird in der Mitte des Kaufenden Jahres der Zeitpunct eintreten, von welchem ab die Rück erstattung der Renten zu erfolgen hat. Dem Vernehmen nach hat das Reichs-Bcrsicherungsamt für die hieraus ent stehenden Arbeiten bereits Vorbereitungen getroffen. Es ist von ihm ein Entwurf der für die Erstattungen zu erlassen den Vorschriften ansgearbeitet. Darin wird die Art uriv Form der für die Erstattungen nothwendigen Rechnungs führung bei den Jnvaliditäts- und Alterversicherungsanstalten behandelt. Die Erftaltungsarbeiten dürften danach ohne weitere Schwierigkeit vollzogen werden können. * Berlin, 22. Fehruar. Der Gouverneur v. Schele hat nach der „Nat.-Ztg." in der Audienz, die er vorgestern beim Kaiser hatte, fein Entlassungsgesuch wieder holt. Eine Enksckeidilng ist noch nicht getroffen. Dasselbe Blatt bestätigt ferner die Mittheilung, daß Herr v. Schele auf Grund seines militairischen Ranges eine Stellung nicht unter dem Colonialantt, sondern unter dem Reichs kanzler beansprucht. Dem „Hann. Cour." wird in dieser Angelegenheit geschrieben: „Bekanntlid) ist im December v. I. eine kaiserliche Verfügung ergangen, durch welche die gesamntte Verwaltung der Schutzgebiete, einschließlich der Behörden und Beamten, der Colonialabtheilung des Auswärtigen Amtes nntersteUt wurde — eine Maßregel, die im Interesse der ein heitlichcn Leitung der colonialen Angelegenheiten nur will kommen geheißen werden konnte. Bei der gegenwärtigen Sachlage ist aber schon in dem Umstande, daß der Gouver neur von Oslafrika den Titel „Crcellenz" führt, sein Vorgesetzter, der Director der Colonialabtheilung, aber nicht, der Anlaß zu fortwährenden Conflicten gegeben, und es erscheint dringend geboten, einen AuSweg zu suchen. Ein solcher würde sich bieten, wenn die Colonialabtheilung zu - y> 81.15 81.- 165.10 219 15 2^6,90 219,15 154.2.7, 160 25 123.60 !5S 50 134.80 13650 93' . 1L-§ >7N" 26,20 5.22'^ 5 5.42 1'.» F'owio »lio»,- <svr> prloe Ein Lecher Lethe. Sj Roman von R. Teilet. Nachdruck verboten. (Fortsetzung.) „Wahrhaftig nicht?" „So lange sie bei unS war, war sie immer traurig. Es war, als nage eine beständige Sorge und Furcht an ihr." „Das ist doppelt bedauernswerth, da Miß Stuart noch so jung ist." „Als ob die Jugend Alles erträglicher zu machen im Stande wäre", bemerkte Therese bitter. „Glauben Sie nicht, daß sie es tbut?" „Ich glaube, daß die größere Lebenskraft der Jugend uns gestattet, leichter unsere Sorgen zu vergessen, als man es im späteren Alter vermag", sagte Therese im Ton tiefster Ueber- zengung. „Aber meiner Ansicht nach hat man in der Jugend die schärfste Empfänglichkeit zur Freude sowohl als zum Leide und empfindet Alles tiefer als in späteren Jahren. Man wird später, wenn man erst viel erlebt hat, verhältniß- mäßig hart. Nehmen wir z. B. einmal das Leid der Armutb. Welchen Werth hat daS Geld für eine siebzigjährige Frau, welche die Fähigkeit des Genusses längst verloren hat? Für sie hat nur eines noch Werth: ihre Bequemlichkeit. Alles, was sie verlangt, ist: Ruhe und Stille, gutes Essen, ein Gläschen Wein, eine warme Stube. Aber ist man jung, so ist Geld eben Alles. Es ist die Macht, mit der man sich jede Art Freude erkaufen kann zu einer Zeit, in der die Natur uns zur Freude bestimmt bat." Sie sprach rasch und bitter, und ich zweifelte nicht daran, daß sie beim Sprechen sich selber im (sinne hatte. Daher erwiderte ich: „Ich kann nicht leugnen, daß Jugend in Verbindung mit Geld besser ist als ohne dasselbe, aber selbst ohne Geld ist die Jugend etwas Herrliches." „In meinen Angen nicht", bemerkte Therese bitter. „Doch, doch", entgegnete ich. „Wo sich die Jugend mit Schönheit vereinigt, muß sie von doppeltem Werthe sein." Therese erröthrte ein wenig; eS schien mir, als freute sie sich über meine Worte. Aber sie stellte sich trotzdem, als hätte fi» da« in ihnen enthaltene Eompliment nicht verstanden. „Ich schätze die Jugend so gering", sagte sie, „daß ich, wie ich bereits sagte, Miß Stuart nicht bemitleidete, sondern im Gegentheil gern mit ihr getauscht hätte." Das also war die Erklärung für die Kälte, mit der sie die guten Nachrichten über Ethelren ausgenommen batte. „Zwar war der plötzliche Anfall ein großer Schreck für unS, aber gleichwohl habe ich sie beneidet. Ich dachte mir, wie schön es sein müsse, so rubig und still dazuliegen, frei von den kleinlichen Sorgen und Nadelstichen eines in Armuth hingebrachten Lebens." Das war es wieder — das Klagen über ihre Armuth, als sei diese das größte Unglück deS Lebens. Mick stieß — offen gestanden — ihre Ansicht ein wenig ab, und doch konnte ich nicht umhin, das Mädchen zu bemitleiden. „Finden Sie nicht auch", fuhr sie fort, „daß daS Beste im Leben die Freiheit ist? Der Arme kennt sie kaum. Er ist stets von Anderen abhängig, er wagt es kaum, sich zu zeigen, wie er wirklich ist! Können Sie sich in die Lage eines Menschen versetzen, der Jahre hindurch unter ihrem Drucke zu ersticken meinte nnd dann, um nur einmal das Gefühl der Freiheit kennen zu lernen, gleichsam einen Atbem- zug Lust zu schöpfen, ein Verbrechen zu begeben im Stande ist?" Sie sprach in steigender Erregung; ihre Brust flog, ihre Hände zupften nervös an ihrem Taschentuche. Welch ein seltsames Mädchen sie war! Ob sie bei einem so aus gesprochenen Charakter nicht schon eine Geschichte hatte! Da hätte ich gar zu gerne gewußt. Aber obgleich ich fest über zeugt war, daß ich mir in ihrer jetzigen Stimmung jede Frage, die ich an sie richten würde, beantwortet hätte, so hielt ich eS doch nicht für richtig, ihre augenblickliche Er regung derartig auszunutzen. Auch schien Therese gesonnen, mich ungefragt in ihr Vertrauen zu ziehen. Es muß wohl ein Etwas in meinem Gesichte sein, das den Frauen Ver trauen zu mir einflößt, und meiner Ansicht nach muß ein Mann den erbärmlichsten Charakter der Welt haben, wenn er einer Frau, die ihm ihr Vertrauen schenkt, keine Sympathie und DiScretion entgegenbringt. „Ich weiß nicht", sagte Therese, „ob Sie im Stande sind, sich einen Begriff von dem Leben, das ich hier führe, zu machen. Meine Tante ist sehr gut; in glücklicheren Verhält nissen wäre sie gewiß sehr wohltbätig und edelmüthig ge worden -- in unserer Lage jedoch können wir weder etwa- thun nock etwas sein. Wir sind von Adel. Welcken Vor theil gewährt uns diese Tbatsache? Nicht den geringsten. Sie läßt uns höchstens da- Bewußtsein unserer Misöre noch stärker empfinden. Wir sind gezwungen, eine bestimmte Summe auf Gesellschaftstoilctte unv anderen derartigen Tand auszugeben, da unsere Stellung daS verlangt. Dadurch ent ziehen wir uns anderweit nothwendigere " Sie batte mit gesenktem Haupte dagesessen, als spräche sie mit sich selber. Jetzt plötzlich schaute sie aus und in mein Gesicht. Was dasselbe ausdrücktc, weiß ick nickt. War es Staunen über ihre Offenherzigkeit, war eS Mitleid mit ihrer Geschichte, war es Verlegenheit, die auö meinen Zügen sprach, war es eine mir selbst vorgelegte Frage, ob ich im Stande sei, ihr mit Wort oder That zu helfen? Ick weiß nicht — Alles, wa« ich weiß, ist, daß sie in dem Moment, da sie mich ansah, aufsprang nnd rief: „Mein Gott, was müssen Sie von mir denken!" So lange sie gesprochen hatte, war es mir ganz natürlich vorgekommen, daß sie mir ihr Vertrauen schenkte. Wie in den meisten Unterhaltungen, waren wir allmählich stufenweise dahingelangt. Jetzt erst, da sie schwieg, überraschte mich Alles, was sie mir gesagt batte. Ich war ihr so gut wie fremd und besaß durchaus kein Recht, diese intimen An- gelcgenheiten zu erfahren. Aber die Thatsache, daß sie mir »hr Vertrauen geschenkt hatte, war mir trotzdem sehr an genehm und schmeichelhaft; in meinen Augen konnte Therese dadurch nicht daS Mindeste cinbüßen. „Ich betrachte Ihr Vertrauen als eine große Ehre!" stammelte ich. „ES ist sehr freundlich von Ihnen, mir das zu sagen. Sie werden vergessen, was ich zu Ihnen gesprochen habe nicht wahr? Und nun will ich sehen, wo Tante bleibt." Ehe ich eine Antwort sgeben konnte, war sie aus dem Zimmer geduscht. Al« sie in Begleitung ihrer Tante zurückkehrte, zeiate ibr Gesicht wieder den kühlen, stolzen Ausdruck, den ich sonst darauf wahrgenommen batte. Offenbar wollte auch sie unser Gespräch und seinen Inhalt vergessen ' - NM? - „Du wlltest daS noch nicht riSkiren!" meinte Therese. „Das wird der Doctor am besten beurtheilen". erwiderte ncki« "denn ohne seine Einwilligung kann und wird nicht« geschehen. Aber ich sollte meinen er müktenil. nur erlauben, sondern selbst wünschen, 'daß sie endlich vom Kirchhofe fortkommt. Wie kann daS arme Mädchen sich da, unter Gräbern, mit einer Mumie als Pflege, erholen!" „Ich glaube nicht, daß Stephan sie pflegt", warf ich ein. „Nun, so ist sie doch immer in dem Hause einer Mumie. Der alte Mann verbreitet einen Todtengeruch um sich." „Stephan scheint sich Ihrer Gunst nicht sonderlich zu erfreuen", bemerkte ich. „O, solchen Leuten thut man nicht die Ehre an, sie zu mögen oder nicht zu mögen. Aber cs ist nun einmal ein Vogel von schlechter Vorbedeutung. Ich habe ihn nur immer bei Gelegenheit von Begräbnissen — oft bei lieben Freunden, oft bei Verwandten — gesehen. Der Baron liegt auch auf Stephan'- Kirchhofe begraben." Die Baronin suchte nach ihrem Taschentuchs, konnte es aber nicht finden. DaS war um so fataler, als sie keine Tbräncn in den Augen hatte und das Taschentuch diese Thatsache verborgen hätte. „Es sind sechs Jahre darüber vergangen", erklärte sie mir entschuldigend, „und die Zeit mildert jeden Schmerz. Aber wirklich vergessen kann man einen derartigen Verlust nie, Mr. Lindley. Nicht wahr?" Zwar war ich nicht in der Lage, ihre Gesühle richtig ;n würdigen, denn ich hatte den Baron nicht gekannt und konnte seinen Werth als Ehemann nicht beurtheilen. Dennoch be eilte ich mich, um nicht in den Verdacht der Herzlosigkeit zu kommen, ihr pflichtschuldigst beizustimmen. 11. Capitel. Mehrere Tage vergingen, ohne daß ich die Erlaubniß er hielt, Ethelren wiederzusehen. Ich erkundigte mich regelmäßig Morgens und Abends nach ihr und erhielt immer günstige Auskunft über sie. Sie erholte sich langsam, aber sicher, vr. Falck meinte, daß sie trotzdem noch lange Zeit hindurch der größten Pflege und Ruhe bedürfe. Sein Hauptaugen merk war darauf gerichtet, ihren Körper so zu stärken, daß er nie wieder durch seine Schwäche der Gefahr eines der artigen Anfalles auSgesetzt war. DaS konnte natürlich nur mit der Zeit bewirkt werden. Unterdessen blieb sie in Stephans Hause, da der Doctor einen Transport nock immer nicht für ungefährlick hielt. Stephan ließ e- sich ruhig gefallen. Er hatte sich jetzt an den Eingriff in sein Eigenthum gewöhnt, und da ihm wenig Gelegenyeit zum Geldrinnehmen geboten wurde, so benutzte er die gegenwärtige nach Kräften. Der Hang am Gelde ist gewöhnlich «ine Schwäche der alten Leute, hie es am wenigsten -rauchen
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