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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.03.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-03-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189603049
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18960304
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18960304
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-03
- Tag1896-03-04
- Monat1896-03
- Jahr1896
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.03.1896
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IS» Versteigerung. Kreitag, d«, «. Mär, 1836, »»n v»rn»ittagS 1V Uhr an. sollen im Berstrigerungsranme deS König! Amisgertchts hier t Pianino, verschied. Möbel, 1 Eisendrrhbank, 1 eiserner Geldschrank, 4 Rover. I Tafelwaage mit Gewichten, 200 Stück div. Metallbuchstaben, eine Anzahl Herren., Damen» und Kinderschuhe, eine Partie Herren, und «nobeaanzügr n. A. m. meistbietend gegen Baarzahiung versteigert werden. Leipzig, am 3. Mürz 1896. Der Gerichtsvollzieher Ye» König!. Amtsgerichts. Act. Rändel. Versteigerung. Donnerstag, den 5. dieses Monats, Bo, mittags 10 Uhr, sollen im Vcrftetgrrungsraume des «gl. Amtsgerichts hier 1 Ambulante-Wunen, so Ctr. Knorpelkohle, 60 Ctr. Staubkohle und 10 Ctr. BriquettS meistbietend gegen Baarzahlung versteigert werden. Leipzig, den 3. März 1896. Der Gerichtsvollzieher des «gl. Amtsgerichts daselbst. S t e i nbeck, Secr. Versteigerung. Donnerstag, den 5. dss. Mts., Nachmittags 2 Uhr sollen im Gasthos zur Oberschiinkr in L.-Goülis eine grötzere Partie verschiedene Möbel, Spiegel, Bilder, Betten, Bettwäsche, Handtücher, Porzellan, Küchen« grrätbe, Matratzen, 1 Damenuhr, Leim, Lacke, Firnisse, ca. LS Ctr. verschiedene Farben u. n. Sl. meistbietend gegen Baarzahlung versteigert werden. Leipzig, am 2. März 1896. Der Gerichtsvollzieher des «gl. Amtsgerichts das. Stet nbeck, Secr. Versteigerung. Den 5. März d. 2., Nachmittags 3 Uhr, solle« im «astdofe in L.-Lötznig 13 Lack Roggen- und 20 Lack Weizenmehl, 1 Vertikow, 1 «letdersLrant und 1 Spiegel mit Schränkchen meistbietend gegen Baarzahlung versteigert werden. Leipzig, den 2. März 1896. Der Gerichtsvollzieher beim Kgl. Amtsgericht. Handtrag, Secr. Vertretungen einmickhig sind, so wird man ihren Wünschen doch nicht alle Berechtigung absprechen dürfen, wie dies der Abg. Richter hier will. Nach meiner Rechnung sind etwa 1 Million Morgen gleich 250 000 b» mit Rüben bebaut. Nun rechnet Abg. Richter nicht mit dem Umstand, daß nicht jedes Jahr auf jedem Areal Rüben gebaut werden können, sondern ein bestimmter Turnus besteht. iAbg. Richter: Das habe ich ja gesagt.) Ich nahm an, ein fünfjähriger Turnus. Es sind also S Millionen Morgen am Rübenbau direkt interessirt. Wir haben weiter in Deutschland 405 Zuckerfabriken zu 600 000 bis 1'/, Ntillionen Mark Anlagecapital, im Durchschnitt kosten die 405 Fabriken also etwa 405 Millionen. Machen Sie sich nun einmal klar, wenn die deutsche Rübenindustrie aushört, eine landwirtschaftliche zu sein, wenn sie eine kapitalistische wird, wenn namentlich die kleineren Fabriken zu Grunde gehen, welcher Verlust für die landwirthschastliche Industrie da voraussichtlich zu erwarten sieht. Allerdings würde diese Vorlage das Pfund Zucker um 4^4 bis 5 vertheuern, das sind etwa 10 Proc. Aber cs kommt doch dabei auch der indirecte Nutzen, de» die Rübenzucker, industrie für die Landwirthschast hat, in Betracht; sie liefert für die Fleischerzeugnng zahlreiche Futtermittel und sei infolgedessen auch für Länder, die wie Bayern nicht direct an der Zuckerrüben- Industrie belheiligt sind, von hohem Voriheil. Nicht bloS die Landwirthschast ist an der Zuckerindustrie äußerst betheiligt, auch die Industrie, die Maschinenfabriken, die Düngerindnstrie würden schwer geschädigt werden, wenn die Rübcnindustrie verkracht. Ebenso stehr es mit allen Gewerben fast ohne Ausnahme. Die Rentabilität unserer Eisenbahnen steht und fällt mit der intensiven Landwirth- Ichaft. Die Arbeiterfrage ist in geradezu exorbitant.! Weise mit der Rübenindustrie verknüpft, ebenso die Finanzen des Staates mit hohem Domanialbesitz, der, wie in Preußen, stark mit Rüben bebaut ist und aus diesen Domainen die doppelte Einnahme zieht wie aus denen, die nicht mit Rüben bestellt sind. Wie bereits gesagt, sind drei Fünftel unserer grsammten Zucker« Production für den auswärtigen Markt bestimmt, der sie auch auf» genommen hat. Nordamerika hat 1895 96 21 Millionen Mark für Zuckerprämien bewilligt, davon 20 Millionen für Rübenzucker, das muß doch eine weiltrageude Bedeutung für die dortige Zucker industrie haben; hierzu kommt noch die differentielle Behandlung des deutschen Zuckers durch Nordamerika, um unsere Ausfuhr zn erschweren. Gestern ist mir aber »och ein Bericht zugegangen, wo- nach ein Senator ans Calisornien einen Antrag eingebrachl bat, den Zoll auf Rohzucker ebenfalls um 15 Proc. zu erhöhen. Rußland beabsichtigt, auf dem Gebiete des Effenbahntariswejens Begünstigungen eintreten zu lassen; und so bemühen sich alle Lui ^er rund um uns, uns den Markt streitig zu machen. Und La sollen wir nach Ansicht des Abg. Richter die gut geladene Flinte aus der Hand geben, und das zu einer Zeit, wo unsere Landivirtdfchaft sich in einer so kritischen Luge befindet. Nein, wer es gut mit dieser meint, kann jetzt zu einem theoretisch vielleicht richtigen, in der Praxis aber ge jährlichen Schritte nicht rathenl Der Finanzminister würbe allein Ä'/, Millionen aus dem Etat verlieren, denn es verlieren doch die Privatwirthschaften kolossale Summen, und es käme zu einem acuten Krach. Tas zu verhüten, wo der Staat Lazu in der Lage ist, ist Loch unsere verdammte Pflicht und Schuldigkeit. Mit dem Antrag Kanitz, wie der Abg. Richter meinte, hat dieser Entwurf nicht die mindeste Aehnlichkeit. Etwas Abnormes ist doch auch Das, was der Entwurf will, absolut nicht. Denn die Preisbildung wird dem Gesetze von Angebot und Nachfrage keineswegs entzogen. Ich brauche mich also mit diesem Einwurfe wohl kauin noch zu be schastigen. Nach alledem, was ich ausgcsührt habe, glaube ich nicht, daß, wer ein warmes Herz für die Landwirlhlchoit besitzt, der Regierung die Mittel nicht versagen wird, um die Rüben zuckerindustrie, dieses Rückgrat der Landwirthschast, vor dem Ruin zu schützen. Ich hoffe daher, daß aus der Commisfionsberalhung ein Gcletz hervorgehen wird, das der gejammten Landwirthschast zum Segen gereichen wird, allerdings nicht ein dauerntes Gesetz, sondern ein Kampfgesetz, denn darum bandelt es sich. (Beifall.) Abg. v. Putikamer-Plauth (cons.): Dem Vorschlag, einer Commission von 21 Mitgliedern diese Vorlage zu übeiw.isen, stimmen wir bei. Man hat uns immer gesagt, wir sollten mit Mitteln kommen, die ausführbar sind. Nun liegt ein solches zum Nutzen der Landwirthschast vor, wir hätten aber auch erwarten können, Laß die Vorlage überall eine objective Beurteilung ge- iunden hätte. Das ist aber seitens des Abg. Richter nicht geschehen. Er nennt die Vorlage die allergefährlichste-, merkwürdig, daß immer diejenige Vorlage für ihn die gefährlichste ist, die gerade aus der Tages ordnung steht. (Heiterkeit.) Der Abg. Richter hat diese Vorlage mi. den« Antrag Kanitz -n Vergleich gestellt. Dem LandwirthjchastSmiuister bemerke ich da, daß eS sich bei diesem Antrag nicht um Feststellung eines Mindest«, sondern nm Durchschnittspreise handelt. (Sehr richtig! rechts.) Die entstellende Vergleichung des Abgeord neten Richter trifft nicht im Entferntesten zu. Beim Antrag Kanitz handelte es sich um Abwehrung Les Imports, hier um Hebung des Exports; dort sprach man von socialislischen Ten- denzen, hier wird man das nicht sagen können. Abg. Richter meinte ferner, es handele sich hier vorzugsweise um Interessen von adligen, dem Hofe nahestehenden Leuten und von Ministern. Solche Insinuationen haben wir bisher nicht einmal von den Social demokraten erlebt: dem Abg. Richter war es Vorbehalten, diesen Ton hier einzusühren. (Abg. Richter: Wenn Eie nur einen so anständigen Ton hätten! — Heiterkeit.) Derselbe hat es also so bargcstellt, als ob hier nur wohlhabende Leute in Frage kämen, die einer Staatshilfe nicht bedürften. Nun, mir sind z. B. 3 Fabrcken bekannt, an Lenen 1200 Rübenbauer betheiligt sind. Das können doch sicherlich keine Minister oder Leute sein, die dem Hose nahe stehen. Es handelt sich vielmehr vorzugsweise um Bauern, deren Interesse wir stets wahrnehmen. (Lachen links). Ueberhaupt mag es Landwirthe geben, die diese Vorlage nicht billigen; doch soll man mir Land« wirthe nennen, die im Allgemeinen mit einer Erhöhung der Aus fuhrprämie nicht einverstanden sind, wie der Abg. Richter eS meint. Darum kann ich die Erklärung auch nur mit Freude begrüßen, daß auch die Opposition im Bundesrath keine principielle war. Der Abg. Richter hat ferner vergessen, daß man bezüglich des mit Rüben zu bebauenden Areals nicht immer dasselbe Terrain be« nutzen kann (Abg. Richter: Habe ich ja gesagt!), daß man viel- mehr in einem bestimmten Turnus anbauen muß (Abg. Richter: Sperren Sie Loch die Ohren auf, das habe ich ja gesagt! — Unruhe rechts — Präsident v. Buol bittet um Ruhe.) Da hat der Abg. Richter vielleicht diese Stelle seiner Rede besonders leise gesprochen, um seine Unkenntniß in landwirthschastlichen Dingen zu verbergen. (Zurufe und Unruhe links.) Denn wenn der Abg. Richter auch in der hohen Politik sehr beschlagen sein mag, so habe ich doch vor seinen landwirthschastlichen Kenntnissen keine Hochachtung. (Lachen links.) Vielleicht stellt er sich in seinem literaiischen Bureau einen tüchtigen Landwirth an, von dem er so viel lernen könnte, um sich in land- wlithschaftlichen Fragen ein etwas objektivere- Urtheil anzucignen, als er es hier bewiesen hat. (Lachen links.) — Die Haltung des Centrums bedauern wir, da sie unsere Zuversicht aus das Zustandekommen des Gesetzes erschüttert hat, namentlich soweit eS die Aussührungen des Abg. Spahn über die Verbrauchs, abgabe betraf. Der Linken will ich noch zurufen, daß eS sich hier um die Unterstützung einer vaterländischen Industrie gegenüber dem Auslande handelt. Da müßten doch alle Parteiunterschiede aufhören. (Lachen und Zurufe links. Beifall rechts.) Leider scheint diese Ueberzeugung dort noch nicht durchgedrungen zu sein. Was die Stellung zu der Vorlage selbst anlangt, so will ich mit meinen Ausführungen meine ganze Partei nicht sestlegen. Tie Er höhung der Prämien acceptiren wir, wenn wir auch nicht mit ihrer Normirung aus 4 einverstanden sind. Wir nehmen die Prämien überhaupt nur ungern (Gelächter links), wir nehmen sie, weil wir sie nehmen muffen (Großes Gelächter links), um die Zuckerindustrie zu retten. Daneben sprechen wir uns für die Contingenti- rung auS; denn Prämien ohne Couttngenlirung sind ein Un ding, die letztere ist ein nothwendigeS Correlat der ersteren. Was das Conttngent betrifft, so besteht bei den Interessenten darüber keine Meinungsverschiedenheit, daß eS von der Vorlage zu niedrig gegriffen ist, mindestens muß da- Coutingent den jetzigen Betrag des Rübenbaues erreichen. Die Consumobga' e schreckt uns in keiner Weise. Sie würde dir Zuckerpreise nur in minimaler Weise im Detailverkaus erhöhen. Deutschland hat Jahre lang solche Zucker- preise gehabt ohne Nachtheil für den Cousum, der stetig gestiegen ist. Diese Zunahme des Consums ist ein erfreuliche- Zeichen für die Hebung des Wohlstandes. Die ganze Maßregel darf überhaupt nicht isolirt betrachtet werden, sondern al» Glied in der Kette der Maßnahmen zum Schutze der nationalen Arbeit. Die Betriebssteuer, d. h. der Gedanke, daß die Industrie die Mittel für die Prämien selbst aufbringen soll, ist mir an sich sympathisch, doch stehen ihrer Staffelung, besonder- vom Stand- punctr der ostelbtschrn Landwirthschast, erhebliche Bedenken rutgegcn. Allerdings bietet der Großbetrieb gegenüber dem Keinen gewisse Bortheile. Indessen einmal ist der Osten capttolärmer und ferner arbeiten wir mit schlechterem Rübrnmaterial, wodurch für uns der Bortheil, der sonst mit dem Großbetrieb verbunden ist, ausgeglichen wird Das also glaube ich NamenS meiner sämmtlichen Freunde aussprechen zu können, daß wir na» auf eine Staffelung der Be» triebSsteuer nicht einlassen können. Bezüglich der Ausbringung der Prämien wollen wir natürlich keine Schädigung der Reichscaffe; da- zu verlangen, sind wir Conserva- ttven gewiß die letzten, wo e» sich ja unmöglich zeigt, dem Reiche neue Einnahme« zuzusührrn. Bei einer Conttngentirung auf 60. Sitzung vom 3. März. Der Präsident eröffnet die Sitzung um 1 Uhr. Am Bundes rathstische: Graf von Posadowsky, Frhr. von Hammrrstein, vr. von Bötticher u. A. Da» Hau» ist bei Beginn der Sitzung sehr schwach besetzt. Di« erste Berathung der Novelle zum Zuckersteuer.Gesetz wird fortgesetzt. LandwirthschastSminister Frhr. von Hammerstein. Ich erkenne an, daß mit Ausnahme einer scharfen Bemerkung die Debatte einen durchaus objektiven Verlauf genommen hat, und ich werde mich be mühen, mich in denselben Grenzen zu halten. Der Minister schildert zunächst den bisherigen Gang der Zuckergesetzgebung. Diese Gesetz- gebung hat die deutsche Zuckerindustrie zu Dem gemacht, wa- sie jetzt ist: zu einer Industrie ersten Ranges. Europa producirt 4 725 000 t Rohzucker, davon Frankreich 800000 1, Rußland 600000, Belgien 360000, andere Länder 125000, Holland 25000, Oesterreich-Ungarn 1050000, dagegen Deutschland 1825000 t. Und von diese» 1825000 t sind nur zwei Fünftel für den inländischen Cousum be stimmt, drei Fünftel dagegen für den auswärtigen Consum. Während in anderen Ländern die Rübenzuckcrindustrir eine caplialistische ist, ist sie daS Dank unser«: Gesetzgebung in Deutschland nicht. Zwar sind auch bei uns die Zuckerfabriken wesentlich Actien-Gesellschasten, aber dir Actien befinden sich überwiegend in den Händen der rüben- bauenden Bevölkerung; dir Zuckerindustrie ist also aufs Engste mit dem Rübenbau verbunden. Außer Acht darf man auch nicht lassen, daß Frankreich zum System der Matertalsteuer, mit dem wir an- gefangen haben, übergegangen ist, weil eS glaubt, durch diese- System ebenfalls groß zu werden. Diese Gesichtspunkte wird man bet dem weiteren Vorgehen auf dem Gebiete der Zuckrrsteuer nicht außer Acht lassen dürfen. AuS der An- nähme deS Gesetzes von 1895, der Aufrechterhaltung der Prämien, geht sür mich unwiderleglich hervor, daß der Reichstag sich mit den Regierungen darüber einig war, daß im Interesse unserer landwirthschastlichen Bevölkerung und unseres Rübenbaues ein Gesetz wie da» vorliegende gemacht werden mußte, daß es sich also nicht mehr nm das Ob, sondern nur um das Wie handelt. Bon 1897 an hören unsere Prämien auf, und unsere Industrie würde der Concurren» de» Auslandes überliefert sein. Grundsätzlich stehe ich durchaus aus dem Standpuncte des Abg. Richter. Es märe sehr schön, könnten wir unseren gesammten Zucker im Inland» ab- fetzen. In der Theorie ist da» vollkommen richtig; aber jeder Staats mann und auch der Reichstag muß mit den gegebenen realen Verhält- nissr» rechnen, um uns den Weltmarkt zu erhalten. Denn das steht fest: die Rübenzuckrrlndustrie und der Rübenbau sind das Rückgrat unserer landwirthschastlichen Entwickelung geworden. Darum läßt sich kein Gegensatz zwischen Norddeutschland und Süddeutschland construirrn, wir das Abg. Richter gestern thun wollte. Aber selbst wenn rin solcher bestände, hat Rorddeutschland Süddeutschland in der Branntweinsteuer vielleicht zu weitgehende Soncessionen gemacht, io daß e» eine Ehrenpflicht Süddeutschlands fist, mit diesen Ver- häliniffea zu rechnen. Ich unterschreibe vollkommen, daß Deutsch land et« rtnheitliches WtrthjchaftSgebiet ist. Wenn aber ein Glied leidet, so leiden olle mit, und wenn da» Rückgrat, der Lebensnerv de» ganzen Körper», leidet, so werden die Folgen am meisten sichtbar werden. Jntereffen-Bertretungen mögen ja immer einen gewissen »inseitigen Etandpnnct »tnnrhmen, aber wenn solche sachverständig« Reichstag. tztz Berlin, 3. Marz. Ueber die Aussichten verZncker- fleuervorlage werden die verschiedensten Meinungen ver lautbart. Doch wenn sie auch, gegenüber den großen Schwierigkeiten, für die sich gegenüberstehcnden Inter essen einen Ausgleich zu finden, nicht gerade als günstig zu bezeichnen sind, so ist doch anderseits auch der Pessimismus nicht berechtigter sich in einigenBiättern kund- aiebt oder — zur Schau getragen wird. Wahrscheinlich wird die Commission, an welche die Vorlage jedenfalls verwiesen wird, da an dem ernsten Willen nicht zu zweifeln ist, auch den richtigen Weg zum Ziele zu finden wissen. Heute trat zuerst der preußische Landwirthschastsminister, Herr v. Hämmerst ein-Loxten, auf den Plan. Der Minister gab ein Bild der Entwickelung der Zuckerindustrie, welche der bezüglichen Gesetzgebunzzuverdanken ei, die ebenso auch der Landwirthschast ru gute gekommen ei. Denn der Rübenbau' sei das Rückgrat unserer anvwirthschaftlichen Enlwickclung geworden. Unserer Rüben- Jndustrie müsse nun geholfen werden, wie auch der deutsche LandwirthschaftSralh anerkannt habe. In Mit leidenschaft werde gezogen durch die Krise der Zuckerindustrie die Maschinen- und die Düngerindustrie, das Transport gewerbe und andere Betriebszweige und schließlich auch zahl reiche Arbeiter. Der Minister versuchte sodann im Einzelnen den Nachweis zu führen, daß die Vorschläge der Novelle die geeignetsten seien, um der Noth der Zuckerindustre Hilfe zu bringen. Die Vorlage wolle nur die Ausfuhr deS über den inländischen Bedarf hinauSgehenden Theils der Production erleichtern, und die Bedenken deS Abg. Richter seien nicht einmal in der Theorie begründet und — so schloß Herr von Hammrrstein — im Interesse der Land- Wirthschaft und einer hochentwickelten Industrie hoffe er, durch die Vorlage werde ein segensreiches Resultat er zielt werden. Abg. von P u t t k a m e r - Plauth war NamenS der Conservativen mit der Tendenz der Vor lage völlig einverstanden. Freilich wünschte er die Beseitigung der Betriebssteuer, vertraute aber im Uebrigen auf die Arbeiten der Commission. Die Opposition deS Abg. Richter versuchte er als ganz unbegründet hinzustellen und ihn im Einzelnen zu widerlegen. Auch der Schatzsecretair v. Posadowsky polemisirt gegen die gestrigen Ausführungen deS Abg. Richter. Der Social demokrat Bock erklärt die Novelle in allen ihren Tkeilen für unannehmbar. Abg. Schädler sprach sich heute mebr gegen die Vorlage aus, als gestern sein FractionSgenosse Spahn. Die weitere Berathung wurde sodann auf morgen vertagt. 17 Millionen Doppeleentner wäre bei 43'/, Millionen Ausfuhr prämien au» der Verbrauch-- und Betriebsabgabe noch ein Ueber- schuß von 83 Millionen zu erwarten. In der Coutingentiruug liegt, daS möchte ich noch besonders bemerken, ein Verbot der Ausdehnung der Zuckerindustrie keineswegs. Die Lage der Zuckerindustrie in der gegenwärtigen Situation ist dieselbe, wie sie bezüglich des Getreidebaues vor dem österreichischen Handelsverträge war. Sie (nach links) werden eS wohl noch bitter bereuen, wenn Sie daher das vorliegende Gesetz nicht bewilligen. Wüßten wir, daß die Hebung der Zuckcrprelse eine dauernde ist, so würden wir gern auf Alles ver zichten. Ich bitte Sie, das Gesetz zu bewilligen. Staatsiecretair Graf Posadowsky: Abg. Richter hat gestern die Zuckerindustrie vor dem Danaergeschenk dieser Vorlage gewarnt. Ja, ich frage den Abgeordneten Richter, was hat er deun bisher der deutschen Landwirthschast geschenkt und bewilligt? (Große Heiterkeit.) Er war Gegner der Schutzzölle, Gegner des Branntweinsteuergeletzes, Gegner des Zuckcrsteuergesetzes, Gegner der letzten Branntweiiisteuernovelle. Für die letztere hat noch kürzlich eine Vertretung von Brennern der Regierung den wärmsten Dank ausgesprochen, dasselbe habe die Branntwein- industrie vor völligem Niedergange bewahrt (Lachen links. Ruse: LiebesgabenI). Wenn die deutsche Landwirthschast den Rathschlägcn des Abg. Richter gefolgt wär» . . . (Abg. Richter: Dann wäre sie viel besser dran! — Stürmische Heiterkeit.) . . . dann wäre sie bereits Hungers gestorben. (Lebhafter Beisall rechts — Lachen links.) Die Ricbter'sche Politik hätte die deutsche Land- wirthjchaft in dieselbe Lage gebracht, in der sich heute die englische Landwirthschast befindet. Ich hoffe, in diesem House wird sich keine Mehrheit finden, die den verkehrten wirthschastlichen Anschauungen des Abg. Richter folgt. Der Abg Richter hat gemeint, die übrige Landwirthschast habe ja an dem Rübenbau kein Interesse. Daß Las unrichtig ist, hat schon der Landwirthschastsminister nach, gewiesen. Wenn es richtig wäre, daß dieses Gesetz dem Antrag Kanitz gleiche, so stände Frankreich schon bis über die Obren im Antrag Kanitz. Das, was der Abg. Richter geaeu d es Gesetz geltend macht, kann man eben gegen jedes mirthscbastliche Gesetz geltend machen. Herr Richter hat auch die Nachlhetle der Coutingentiruug sür die Landwirthe geschildert. Erhöhen wir aber das Coutingent, dann müßten wir auch die Prämien herabsetzen. Denn daß wir die Consumabgabe noch über die Vorlage hinaus erhöhen könnten, aus den Gedanken ist noch kein Redner gekommen. Der Abg Richter bat es so dargestellt, als ob die Zuckeractionaire alles reiche Leute seien, überhaupt nur einige wenige Personen Ich kann ihm tagcgen erwidern, daß eS 17 Fabriken giebt mit le 2374 Actionairen, 31 mit je 2675, 23 mit je 3519, 24 andere Fabriken mit je 3165 Actionairen. Ja, glauben Sie wirklich, daß das alles reiche Leute sind? Eo viel reiche Leute giebt es ja gar nicht! (Große Heiterkeit — der Schatzsecretair deutet Labei aus den neben ihm stehenden Finanzminister Miquel). Vc« mangelt hat der Abg. Richter ferner meine Behauptung, daß die Lpcculalion bei dem jetz-gen Steigen der Preise die Hand mit im Spiele hat. Er meinte: ist denn die Speculation etwas Un sittliches? Das habe ich nicht behauptet; ich habe gemeint, daß die jetzigen hohen Zuckcrpreise aus Manipulationen der Epcculation beruhen, die gemacht sind, um das Gelingen dieses Gcsctzcs zu verhindern (stürmisches Gclächter links, Zustimmung rechts), und daß zu diesem Zwecke auch die cnbanischen Verhältnisse übertrieben würden. Wenn weiter der Abg. Richter meint, cs sei eine Legende, daß die Regierung die Prämien überhaupt aufheben malle, jo weise ich ihn daraus hin, daß diese Legende nicht von der Negierung stamme, woher, das weiß ich nicht. Die Regierungen haben sich dir Ablehnung allerdings ausdrücklich Vorbehalten, aber nur dann, wenn auch die anderen Lander das Ihrige thun wollten. Tas ist aber bisher nicht geschehen. Der Abg. Richter Hal gestern seine Rede mit den Worten geschlossen: „Wer es gut meint mit unserer Zucker-Jndustrie, der vereinige sich mit uns zur Ablehnung dieses schädlichen Gesetzes." Ich sage, wer es gut meint, der vereinige sich mit der Regierung, um die unfruchtbare Wirihschaftspolitik des Abg. Richter unmöglich zu machen. (Leb hafter Bciiall rechts, Lärm links). Abg. Böck (Soc.) wendet sich gegen die ungeheuerliche Fürsorge der Regierung sür eine einzelne Industrie, sür welche man schon bei einem einzigen Preissall mit bilsreicher Hand eintritt. In gleicher Weise müssen alle Erwerbszweige, z. R. die Schuhmacher, die von einer Preis steigerung deS Leders betroffen werden, sofort Unterstützung er halten. Milliarde hat man durchschnittlich der Zucker-Industrie zugewendet, das macht 46 000 .6 sür jede einzelne Fabrik, was ganz bespiellos ist. Es ist und bleibt eine eigenthümliche Politik, wenn die Reichsten, auf dem Umwege der Einführung von Steuern, sich die Taschen durch Abgaben der Armen füllen. Den Rübenbau betreibt nur der Großgrundbesitzer und wesentlich be- theiligt sind hier die Domainen, die ober auch sicher nicht in einer solchen Nolhlage sich befinden, um diese Subvention mit gutem Grund zu beanspruchen. Ter kleine Landwirth wird sicher ^cgen das Gesetz prolestiren. Die Arbeiter der Zuckerfabriken sind die wirk lich Nochleidenden bei der Zuckerindustrie, die über ein aus niedrig« ster Stufe stehendes Mcnschenmaterial verfügen. Neben dem größten Mangel herrscht hier die größte Unsaubeikeit. Auch die Anzahl der llnglnckssälle in den Zuckerfabriken erreicht eine ungewöhnliche Ziffer. Wenn nur ein geringer Theil der für die Zucker-Jnteressenten bc- stehenden Sympathie am Ministertijche sür die Arbeiter bestände, so müßte hier Abhilfe geschafft werden. Solche Subventionen führen am ehesten zum Socialismus. Uns wird daS Gesetz am Ende doch zu Gute kommen, wenn Sie die Contingentirung bewilligen. (Beisall bei Leu Svcialdemokraten.) Abg. LchiiSler (Ccntr.): Wir urtheilen nicht kurzer Hand über das Gesetz. Es handelt sich hier um Tausende von Existenzen, iür welche die Sorge ebenso groß sein muß, wie die Sorge des Abge ordneten Bock um dir Arbeiter. Wir müssen eben die Industrie in die Lage versetzen, daß diese Klage aushört. Ich habe Bedenken gegen die Prämien-Wirthschaft, die ich überhaupt nicht sür eine glückliche halte. Gegen die angemessene Vermehrung der Zucker- Prämien trete ich ganz entschieden ein. Eine solche Maßregel ist nur ein vorübergehendes Hilfsmittel sür die Industrie. Ich sürchte überdies, die Einjührung der Prämie wird zu einer Entfremdung uns befreundeter Mächte führen. Selbst aus das Berhältniß zwischen Nord- und Süddeutschland kann das Gesetz nicht ohne Folgen bleiben. Ob die Contingentirung gerade die kleinen Bauern betreffen wird, bleibt noch die Frage. Im Uebrigen empfehle ich, die Vorlage zur sachlichen Prüfung einer Commission zu überweisen. Abg. Richter bezeichnet es als sehr schmeichelhaft für seine Person, daß gegen seine Rede, die doch im Grunde so wenig Werth gewesen, 2 Minister und der Führer der Rechten ausgetreten seien. Man werfe ihm seine Politik vor, als ob es sich darum handele, Minister zu stürzen. Redner tritt dann den Ausführungen des Abg v. Puttkamer entgegen. Darauf vertagt sich das HauS. Nächste Sitzung Mittwoch. 88- Berit«, 3. März. (Privattelegramm.) In der Budgetcommisston des Reichstage» stand heute der Marine etat zur Berathung. Der Referent vr. Lieber kritisirte in scharfer Weise die Allarmnachrichten gewisser Zeitungen und vornehmlich die jüngste Meldung der „Weser-Zeitung". Die Budgetcoinmission werde wie bisher ruhig und sachlich die Dedürsnißfrage prüfen und sich durch solche Preßnachrichten nicht trritirrn lassen. Staatssecretair Hollmann schließt sich durchaus den vom Staatssecretair von Marschall neulich in der Commission abgegebenen Erklärungen an. ES handele sich nicht um die einseitige Wahrnehmung von Marinetnteressen. ES sei in hohem Grade bedauerlich, daß in der Presse solche Fragen sensationell behandelt würden. Es sei geradezu schamlos, bei solchen Artikeln auf einen höheren Officter als deren Urheber hinzuweisen. Er lehne jede Verantwortlichkeit für diese Preßauslassungen ab und stehe ihnen völlig fern. Auch Herrn vr. Peter» stehe er völlig fern. Staatssecretair v. Marschall theilt mit, daß der RegierungSasscssor vr. Hu gen berg wegen des Artikels in der „Weser-Zeitnng" zurBerantwortung gezogen sei, falls dir Mittheilung dieses Blatte» sich al- richtig erweisen sollte, würde Remedur eintrrten. Abg. Richter: Mit dem in der Presse erwähnten höheren Officier sei nicht der Staatssecretair deS RrichS- marineamt» gemeint gewesen. Die Quelle der Beunruhigung sei auch nicht in der Presse zu suchen, sondern in der Rede de» Kaisers vom 18. Januar. Da der Resrrrnt den Abg. Professor vr. Hasse angegriffen hat, erhält dieser, der al» Zuhörer anwesend, mit Zu stimmung der Commission da» Wort, um zu seiner Vrrthridigung die dem „Leipziger Tageblatt" zugesandtr Berichtigung zu verlesen. Abgeordneter Prinz Arenberg hält e» sür höchst unpassend, daß die Rcde de» Kaiser» vom 18. Januar agitatorisch auSgebeutet worden sei. Dir Lolonialgesellschaft wolle nur eine verständige Agitation 1« vernünftige» Grenzen. Graf Arnim ist der Ansicht, daß die Verhandlungen der Commission mit der Colonialgrsellschaft nichts zu thun haben. Abg. Bebel meint, die Rede deS Kaisers sei der AusgangSpunct für die Agitation gewesen, vr. Peters und Genossen wollten Wünsche, die an Allerhöchster Stelle gehegt würde», verwirklichen helfen. Hinter der Agitation stehe wahrscheinlich Herr v. Srnden-Bibraa, der Chef des Marinecabinet». Die Socialdemokraten sähen die Sache mit Behagen au» der Vogelperspektive au. Admiral Hollmanu glaubt nicht, daß Herr v. Senden mit jener Preßbewegung etwas zu thun habe. Sicherlich habe er sich auch nicht in solchem Sinne geäußert. Abg. Hasse: Er kenne Herrn v. Senden gar nicht, die ganze bezügliche Mittheilung sei aus der Lust gegriffen. Graf Arnim: Dem „Alldeutschen Verbände" liegt jede Jntrigue gegen den Reichskanzler fern. Die Presse habe die Kaiserrede vom 18. Januar ausgebauscht. Herr vr. Peter» weiß vielleicht nicht immer die richtige Grenze inne zu halten. Prinz Arenberg: Er sei der Agitation in der Colonialgesellschaft von Anfang an entgegengetreten, weil sie sich nicht im Rahmen der latutenmäßigen Ziele der Gesellschaft gehalten habe. Er habe von Beginn an auf die Gefahren hingewiesen, die in einer Hereinziehung der Allerhöchsten Person in die Agitation liege, ganz besonder» auch darin, es jedem Agitator zu überlassen, auS der ganz allgemeinen Form der Kaiserrede vom 18. Januar nach subjektivem Ermessen Wünsche Se. Majestät zu deduciren und zu construirrn. Er habe ich gefreut, daß die Gesellschaft io den letzten Tagen in ver- ländiger« Bahnen eingclenkt sei, und hoffe, sie werde auch einer das im Lande vorhandene Interesse für Colonialpolitik nicht schädigen. Auf eine Vorhaltung Graf Arnim's bestreitet Prinz Arenberg jede Animosität gegen die Colonialgesellschaft. — Der Referent vr. Lieber giebt sodann eine Darlegung der bisher vom Reichstag für die Marine gemachten Bewilligungen. Die ersten 6 Titel des ordentlichen Etats der Einmaligen Ausgaben. Die dritte Rate für Ersatz „Preußen" 3 Millionen Mark, die zweite Rate für Ersatz „Leipzig" 1250000 -6, die zweite Rate für den Panzer L 1500 000 ^1, die zweite Rate für Panzer I- 1500000 X, die zweite Rate für Ersatz „Freya" 1500000 und zur Erbauung der Maschinen und Kessel auf zwei Schiffen der „Sachsen"-Classe, Schlußrate 1640000 >2, werden bewilligt. In Tit. 7 werden 1 Million Mark gefordert als erste Rate zum Bau des Panzerschiffes I. Classe Ersatz „Friedrich der Große". Slaatssccretair Hollmann legt dar, daß diese Forderung sich im Rahnien der früheren Denkschrift halte. Unsere Marine müsse leistungsfähig erhalten werden, die Ostsee sei ein deutsches Meer und müsse es bleiben. Nach längerer Debatte wird schließlich auch diese Forderung gegen den Widerspruch des Abg. Richter bewilligt. 88 Berlin, 3. März. (Privattelegramm.) In der Justiz, cominijsion des Reichstags wurde heute die zweite Lesung der Novelle zur Strasproceßordnung fortgesetzt. Zur Ber- Handlung stand der wichtige 8- 244, welcher nach dein bestehen den Gesetz lautet: „Die Beweisaufnahme ist auf die säinmt» lichen vorgeladenen Zeugen und Sachverständigen, sowie auf die anderen herbeigeschafftea Beweismittel zu erstrecken. Von der Erhebung einzelner Beweise kann jedoch abgesehen werden, wen» die SlaalsanwaMckaft und der Angeklagte hiermit einverstanden sind. — In den Verhandlungen vor den Schöffengerichten und vor den Landgerichten in der Berufungsinstanz, sofern die Verhandlung vor letzteren eine Uebertrctung betrifft oder auf erhobene Privatklage erfolgt, bestimmt daS Gericht den Umfang der Beweisaufnahme, ohne hierbei durch Anträge, Ver zichte oder frühere Beschlüsse gebunden zu sein." Die Regierungs- Vorlage lautet dagegen folgendermaßen: „Das Gericht bestimmt den Umfang der B> Weisausnahme, ohne hierbei durch Anträge, Ver zichte oder frühere Beschlüsse gebunden zn sein. In der Haupt verhandlung vor de n Reichsgericht und vor dem Schwurgericht ist die Beweisliusnahmc aus die sämmtlichen vorgeladenen Zeugen und Sachverständigen, sowie auf die anderen herbeigelchafften Beweis mittel zu erstrecken. Bon der Erhebung einzelner Beweise kann jedoch abgesehen werden, wenn) die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte hiermit einverstanden sind." Seitens der Commission ist in erster Lesung folgende Fassung beschlossen worden: „Die Beweisaufnahme ist aus die sämmtlichen vorgeladenen Zeugen und Sachver ständigen, sowie aus die anderen herbeigeschafftea Beweis mittel zu erstrecken. Von der Erhebung einzelner Beweise kann jedoch abgesehen werden, wenn die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte hiermit einverstanden sind. In den Haupt- verhandlnngen vor den Schöffen-, Land- und Oberlandesgerichten findet die Vorschrift des Absatz 1 Satz 1 mit der Maßgabe An wendung, daß der Antrag auf Erhebung eines einzelnen Beweises wegen Unerheblichkeit der zu beweisenden Thalsache abgelehnt werden kann. Das Gericht hat die Gründe, weshalb der Beweisantrag unerheblich sei, in dem Ablehnungsbeschluß anzugeben." Hieran schließt sich Absatz 2 des bestehenden Gesetzes. — Abg. Brock mann und Genossen (Centr.) beantragten, sowohl die Fassung erster Lesung, wie die Regierungsvorlage abzulehnen und es bei dem bestehenden Gesetz zu belassen. Regierungsseitig wurde dieser An trag aus das Nachdrücklichste bekämpft. Durch dessen Annahme würde die Vorlage auf das Ernsteste gefährdet. Mindestens sei die Fassung erster Lcsung beizubehalten. Abg. Günther (nat.-lib.) vertrat denselben Slandpunct. Abg. Lenzmann (freis. Bolksp.) empfahl die frühere Fassung der Commission. Zn einer Beschluß fassung kam es heute noch nicht. 88 Berlin, 3. März. (Privattelegramm.) In der Reichs- taascommijsion für das Margarinegesetz wurde heute die zweite Lesung der Vorlage beendet. In 8- 12 wurde nach dem Anträge Rothbarth (nat.-lib.) bestimmt: „Mit Geldstrafe bis 1500 oder mit Gesängniß bis zu drei Monaten wird bestraft, wer als Beaustragtcr der Polizeibehörde unbefugt Betriebsgeheimnisse offen- bart oder geheim gehaltene Belriebseinrichtunge» und Betriebs« weisen, so lange sic Betriebsgeheimnisse sind. Die Verfolgung tritt ans Antrag des Betriebsunternehmers ein." Angenommen wurde auch nach dem Anträge v. Grand-Ry die gleiche Straf androhung für die Unterlassung der vorgeschriebenen Beimischung von Phenolphtolei'n. Angenommen wurde sodann der Antrag Fusangel (Centr.), wonach die Strafurtheile veröffentlicht werden müsse». Schließlich wurden noch zweiRejolutioncn angenommen, welche die amtliche Untersuchung von Oelen und Fetten in gesundheits« polizeilicher Beziehung und ferner die Errichtung von technischen Untersuchungsämtern verlangen. — Dem Plenum soll schriftlicher Bericht durch den Abg. Rettich erstattet werden. Sächsischer Landtag. Zweite Kammer. X Dresden, 3. März. Fünfundfünszigste öffentliche Sitzung, Vormittags 10 Uhr. Am Regierungstische anwesend: Die Minister von Metzsch und von Watzdorf. Nach dem von dem Abg. Hähnel-Kuppritz erstatteten Bericht der Finanzdeputatinn ä. erwog diese bei Berathung der Frage wegen Erbauung eines neuen Ständehauses, ob die Bauausführung als dringlich anzusehen war oder ob sie Aufschub erleiden könne. Es war ferner zu erwägen, ob bei der Kürze der Zeit, welche zur Berfügiing stand, es möglich gewesen sei, Pläne nnd Kostenanschlag in der Vollständigkeit zu beschaffen, welche erforderlich ist, um über- Haupt eine Entschließung zu fassen. Die Bedürsnißfrage wurde schon bei der allgemeinen Bor- berathung des Decret» reiflich erwogen und von der Kammer bejaht. Wenn demgegenüber in der allgemeinen Borberathung hrrvorgehoben wurde: „wir fühlen uns doch noch wohl in unserm alten Heim", und wenn auch innerhalb der Deputation die Ansicht vertreten war, sich noch weiter mit den vorhandenen Räumen und Ansichten zu begnügen, so ist die» wohl mehr auf Sparsamkeitsrücksichtcn zurückzuführen, als auf die Zufriedenheit mit den gegenwärtigen Zuständen. Beschwerden gegen die teureren sind schon seit Jahrzehnten geltend gemacht worden und haben schon damals dazu geführt, den Umbau des jetzigen Land hauses vorzubereiteu und, wie au» der Rede de- Herrn Finanz minister» hervorgeht: „rin Project sür den Umbau des Landhauses nahezu fertig zu stellen". Au- Zweckmäßigkeitsgründen ist Liese» Projekt fallen gelaßen und da» vorliegende ouSgearbeitet worden. Der Umstand, daß da» alle FinanzhauS frei und auch da» „Brühl'sche Palai»" verfügbar zu machen gewesen, ist glücklich benutzt worden, abgesehen davon, daß die Ansprüche der königlichen Clvilliste wegen des ihr entgangenen Ertrage- aus oemCasöRealerlne befriedigende Lösung findet, und daß da» vorliegende Uauproject auch dem im vorigen Landtage von der Kammer geäußerten Wunsch« Rechnung trägt, neue StaatSbauten von der Verwendung der alten abhängig zu machen. E» sind aber nicht nur Einwendungen gegen di»
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