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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.06.1896
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-06-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960609027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896060902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896060902
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-06
- Tag1896-06-09
- Monat1896-06
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Reklamen unter dem Redactionsstrich (»ge spalten) 50-H, vor den Familtenuachrichien (6 gespalten) 40/4- GrSher» Schriften laut unserem Preis- verzrichniß. Tabellarischer und Zifferusatz nach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbrsürderuog SO.—, mit Postbesörderung ^l 70.—. Ännahmelchluß fir Änzeize«: Ab end-Ausgabe: Bormittags 10 Uhu Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4Uhu Lei den Filialen und Annahmestellen je »in« halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet» au dir GxpeStttan zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig SV. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig, d. Juni. Die dritte Lesung der Novelle zur Gewerbeordnung hat gestern im Reichstage in einer Weise begonnen, die vor aussichtlich zu neuen Krisengerüchten Anlaß geben wird. Der Abg. Bassermann (nat.-lib.) hob nachdrücklich die schweren Bedenken gegen das Verbot des Detailreisen», wie es in zweiter Lesung beschlossen wurde, namentlich auch unter dem Gesichtspunkte der Interessen des kleineren Ge werbetreibenden hervor und befürwortete im Namen eines TheilS seiner Freunde wenigstens die Vertagung der Entscheidung über diesen Punkt. Abg. Fischbeck (fr. Vg.) sprach sich m ähnlichem Sinne aus, ohne durch seinen VolkS- versammlungSton Eindruck zu machen. Dagegen erlangte er die volle Aufmerksamkeit des Hauses, als er die Meldung einiger Blätter bestätigte, der Reichskanzler habe geäußert, es sei unbegreiflich, wie man solche Vorschläge, wie die über daS Detailreisen, habe machen können. Man kann sich die Spannung des Hauses vorstellen, als nach einer die Be schlüsse zweiter Lesung vertheidigenden Rede des Abg. Schädler (Ctr.) der Abg. Prinz zu Hohenlohe-Schillingsfürst (b. k. Fr.), der Sohn des Reichskanzlers, das Wort ergriff. Es geschah dies keineswegs, um Herrn Fischbeck zu deSavouiren ; der Redner führte vielmehr, ebenso wie der Abg. Basser mann gethan, den Gedanken aus, den Herren sei vor den eigenen Beschlüssen „angst geworden", und bezeichnete als „jedenfalls" unannehmbar den von uns kürzlich eingehend erörterten Antrag Hitze Stumm, der das Detailreisen nur nach vorhergängiger ausdrücklicher Aufforderung gestatten will. Unter dem Beifall der Linken verurtheilte Prinz Hohenlohe sodann die Gewöhnung, unausgesetzt an der Gewerbeordnung zu nörgeln und ihr an allen Nebeln die Schuld zu geben. ES sei ein krankhaftes Bestreben, den Staat dort in die wirth- schaftliche „Bewegungsfreiheit" eingreifen zu lassen, wo dies nicht unbedingt nöthig sei. Staatssecretair v. Boettichrr antwortete, indem er weitere Ermittelungen als überflüssig ablehnte, die Schädigung einer Reihe von Gewerben durch daS Detailreisen stehe fest. Der Vickpräsident de» preußischen Staatsministeriums hatte zwar vorausgeschickt, daß der Urheber der Vorlage eigentlich der Reichstag sei, der sie wiederholt verlangt habe, aber der Eindruck einer Dishar monie ließ fick nicht abwehren. Die Debatte, die durch die beiden letzterwähnten Redner zweifellos ein größeres poli tisches Interesse gewonnen hat, wird heute fortgesetzt. Eine Verständigung über das Bürgerliche Gesetzbuch scheint nunmehr gesichert zu sein, nachdem es in der gestrigen Sitzung der Commission wegen der Bestimmungen über die Rechtsfähigkeit der Vereine und über dir obliga torische Civilehe zu einem Compromiß gekommen ist. In ersterer Beziehung haben die Beschlüsse der Com mission im Wesentlichen die Vorlage der zweiten Juristen commission, die den Entwurf festgesetzt bat, wieder her gestellt, und auS den Veränderungen, die der BundeSrath an der Vorlage vorgenommen hatte, die Ermächtigung deS Einspruches der Verwaltung- - Behörden gegen die Rechtsfähigkeit von unterrichtlichen und Erziehungszwecken dienenden Vereinen au-gemerzt. Es bleibt also nur der Einspruch gegen politische, socialpolitische und religiöse Ver eine zulässig und auch dieser ist der Berwaltungsrechtsprechung unterstellt. Was die obligatorische Civilehe anlangt, so hat das Eentrum sich gegen die konservativen Anträge erklärt; es bleibt also bei den Beschlüssen der ersten Lesung mit der Maßgabe, daß der betreffende Abschnitt de» Bürgerlichen Gesetzbuches: „Von der Ehe" die Ueberschrift erhält: „Von der bürgerlichen Ehe". Dir Abstimmung über die Civilehe findet heute statt. Die letzte Nummer des „Kladderadatsch" brachte ein Doppelbild, betitelt: „Die Presse in Moskau vor und nach der Krönung". Links ist ein mächtiger Stiefel vorgestreckt, dessen Träger deutlich gemacht ist und dem bürstenbewaffnete Preßvertreter tadellosen Glanz zu geben, im Schweiße ihre» An gesichts sich abmühen. Rechts bewundert man dieselben publi- cistischen „Wichsiers" in dem Augenblick, wo sie infolge eines mit demselben Stiefel ihnen versetzten Tritte» sich überschlagen. Zu dieser hübschen Illustration liesert, wenigstens soweit die deutschen Preßverlreter bethciligt sind, das „Berliner Tageblatt" heute den Text. Es klagt über mannigfache Zurücksetzung der Deutschen bei einem von der russischen Presse den fremden Journalisten gegebenen Essen, über Bevor zugung der Franzosen, die sogar durch die amtliche Tele graphenagentur der Welt bekannt gegeben worden, sei u. dgl. m. Wer über diese Dinge erstaunt ist, verdient ebenfalls vom „Kladderadatsch" gewürdigt zu werden. Worüber man sich wundern durfte, daS war die byzantinische Redeweise, in der deutsche Chronisten über daS Kronungsfest, den Zaren und die Zarin berichtet haben. Es wird keinem vernünftigen Deutschen beifallen, sich verletzt zu fühlen, wenn bei einer Veranstaltung, wo ein Vertreter des „Berl. Börsen-Courier" den Wortführer der Deutschen macht, die Letzteren zu kurz ge kommen sind. Dagegen ist es bedauerlich, daß auch hier wieder ein Mangel am nationalem Tact hervorgelreten ist. Da man wissen mußte, daß die Franzosen bevorzugt werden würden, hätte man sich die Zurückhaltung auferlegen sollen, die mit einem der gutnachbarlichen deutschen Stimmung gegenüber Rußland entsprechenden Auftreten sehr wohl vereinbar war. Uebrigens, wir wiederholen es, Deutschlands Würde war nicht in die Hand der vom „Kladderadatsch" Gezeich neten gegeben und ihre Aufnahme, über die natürlich demnächst die beschwichtigendsten Aufklärungen erfolgen werden, ist keine nationale Ehrenangelegenbeit. Ungleich bedeutungs voller wäre ein von der „N. Fr. Pr." aus Moskau gemeldeter Vorfall, wenn er sich wirtlich erreignet hätte. Man tönnle ihn überschreiben: „Moskauer Bankclreden"; geschildert wird er folgendermaßen: An dem Banket, das die deutsche Colonie Moskaus gab, nahmen Prinz Heinrich von Preußen und die übrigen deutschen Prinzen Theil. Präsident Lamesasca brachte einen Toast auf den Prinzen Heinrich und alle Fürsten, die im Befolge diese» Vertreters des deutschen Kaisers in Moskau erschienen seien. Sofort erhob sich Prinz Ludwig von Bayern, um gegen den Aus druck „Gefolgt" Verwahrung einzulegen. Er sagte: „Wir sind nicht ein Gefolge, nicht Basallen, sondern Ver bündete des deutschen Kaiser». Als solche standen wir, wie Kaiser Wilhelm l. immer anerkannt hat, vor 25 Jahren an der Seit» de» Königs von Preußen, als solche werden wir wieder zusammenslehen, falls Deutschland wieder in Gefahr käme Dies mögen die Deutschen allerorten bedenken und neben dem großen Baterland auch die engere Heimath und die Anhänglichkeit an die angestammte Dynastie nicht vergessen." Wir können uns schlechterdings nicht denken, daß Herr Came- saöca die Taktlosigkeit begangen haben sollte, den bayerischen Thronfolger und die außer dem Prinzen Heinrich von Preußen noch anwesenden deutschen Prinzen al» „im Gefolge" deS Bruder« Kaiser Wilhelm'« befindlich zu bezeichnen. Und noch weniger vermögen wir zu glauben, daß der bayerische Thronfolger auf eine solche Taktlosigkeit anders als mit einer kurzen und scherzenden Abwehr geantwortet hätte. Bei der Aufklärung, die sicherlich nicht auSbleibt, wird sich wohl Herausstellen, daß die ganze Geschichte ihr Dasein einem der Herren Berichterstatter zu danken hat, der Vie Wichse, die er von der Polirarbeit an dem vom „Kladderadatsch" gezeichneten Stiefel übrig behalten hatte, statt der Tinte bei Abfassung feines Banketberichtes verwerthete. . Seitdem die Auslassungen der „Times" über daS Fernbleiben deS deutschen Kaiser« von der Regatta in ikowes im Wortlaut vorliegen, kann Niemand mehr im Zweifel darüber sein, daß die vergifteten Pfeile, die das Cityblatt über den Canal schickt, lediglich die Person des Kaisers zum Ziel haben. Die Parteigänger der RhodeS und Genossen bemühen sich, den Entschluß des Kaisers, Cowes in diesem Jahre nicht zu besuchen, als eine durch die Anti pathien des deutschen Volkes erzwungene darzustellcn und damit einen Gegensatz zwischen den Empfindungen deS Kaisers und des deutschen Volkes hervorzukehren, dem Rechnung zu tragen Kaiser Wilhelm angeblich durch ein lebhaftes Popularitätsbedürfniß gezwungen worden sei. Welch ordinäre Insinuation, welch' infame Lüge! Diese von uns sofort ausgesprochene Auffassung wird, wie wir mit Genug- tbuung conslatiren können, von der gesammten deutschen Presse getbeilt. Zur Sache schreibt unter Anderen der „Hamb. Corr.": Mit den Hintermännern der „Times" über die Gründe des Nichterscheinens des Kaisers in Cowes in Erörterungen rinzutreten, verlohnt sich nicht. Immerhin mag zur Orientirung deutscher Leser daran erinnert werden, daß vor wenigen Wochen in einer Milthei lung des Hosberichtes coustatirt worden ist, Kaiser Wilhelm habe die Absicht, auch in diesem Jahre nach CoweS zu gehen, schon deshalb nicht ausgeben können, weiter eine solche Absicht zu keiner Zeit gehegt habe. Diese Richtigstellung war, wenn wir nicht irren, lediglich durch Pariser und Londoner Zeitungsmeldungen über die angeblich beabsichtigte Reise des Kaisers nach Cowes und durch deren Commentare in der deutschen Presse hervorgerusen. Die Vermuthung, daß jene Aus streuungen ein Widerball des m englischen Kreisen gehegten Wunsches gewesen seien, die Reise des Kaisers nach Cowes im Interesse der englischen Politik auszunutzen, wird durch die abgeschmackten Be hauptungen der „Times" zum Mindesten nicht widerlegt. Im Gegcntheil, die Sprache dieses Blattes ist ganz dazu angcthan, den Eindruck Hervorzurusen, al» habe man es hier mit einem Ausdruck der Enttäuschung darüber zu thun, daß der Appell an „daS englische Blut in den Adern Kaiser Wilhelm'»" vergeblich geblieben ist und daß der deutsche Kaiser die durch das Verhalten Englands in den letzten Monaten geschaffene politische Lage in objektiver Weise beurtbcilt hat. Einen Gesichtspunkt möchten wir noch hervorbeben. Der immer und immer wieder in so unverbüllter Natürlichkeit zum Durchbruch kommende Aerger über die Zurückhaltung Deutschlands und seines Kaisers den egoistischen Wünschen Englands gegenüber zeigt deutlich, daß in England trotz alles Fischweibergekeife« auf dir undankbaren deutschen Vettern das Bedürfniß nie lebendiger gewesen ist, Deutschland möchte aus dieser Zurückhaltung herauStreten und aufbören, den Spröden zu spielen. Ueberall bat England angeklopst, um „Bundesgenossen" zu finden, überall ist es abgewiesen worden — lediglich mit Italien ist es in engere Beziehungen getreten, die sich aber schon wieder zu lockern beginnen — und so kommt man an der Tbcmse immer wieder auf Deutschland als letzte Rettung zurück. Wann wird man endlich einsrhen, daß alle derartige Bemühungen völlig vergeblich sind! In Spanien ist der anarchistische Schrecken wieder eingekehrt. Am Freitag wurden in der Nähe der Kathedrale in Barcelona zwei Orstnibomben gefunden, am Sonnabend erplodirken vor dem Hause de« Pfarrers in Orendain bei San Sebastian (Bezirk Tolosa) zwei Dynamitpatronen, welche großen Materialschaden anrichleten, und am Sonntag fand abermals in Barcelona in der Straße NuevoS Cambios ein Bombenanschlag auf eine nach der Kirche Santa Maria sich bewegende Procession statt, welchem zehn Personen zum Opfer fielen. Ueber daS letztere Attentat werden uns noch folgende Einzelheiten berichtet: * Barcelona, 8. Juni. Die Monstranz war gerade vorüber gekommen, als die Bombe explodirte. Sehr viele Personen knieten zur Zeit, fünf wurden sogleich getödtet. Die Polizei ließ das Hotel, welches in der Straße, wo die Explosion statt fand, sich befindet, schließen; Niemand durste dasselbe ver lassen. Der Civilgouverneur und der Bürgermeister riethen dem General DeSpujols, den Belagerungszustand zu erklären. Zahlreiche Haussuchungen werden von der Polizei borgenommen. Der Polizeichef begab sich nach dem Local, wo der anarchistische Club der Fuhrleute sich befindet, fand dort aber Niemanden, während sonst alle Sonntage das Local voll Menschen ist. Der Anblick des UnglücksorteS war schrecklich. Gliedmaßen, Stücke von Schädeln lagen überfall umher. Man fürchtet, daß die Zahl der Verwundeten höher ist, als bisher bekannt; denn zahlreiche Verwundete wurden in die die Straße Nuevos Cambios um gehenden Häuser geschafft. Die Orsinibombe hatte mehr als 23 Kapseln. * Barcclona, 8. Juni. Unter den bei der Explosion in der Straße Nuevos Cambios verwundeten Personen befinden sich ein Journalist und mehrere Soldaten. Zwei Kinder und drei Arbeiter, welche bei der Explosion verwundet wurden, sind gestorben. Die zahlreichen ausländischen Anarchisten, welche namentlich in den Vorstädten wohnen, werden streng überwacht. * Madrid, 8. Juni. Ueber 40 Personen wurden verwundet, darunter auch ein Deutscher, Namens Wilhelm Aukler. Man glaubt, daß 12 bis 15 Personen ihren Wunden noch erliegen werden. Das Attentat war auf den General Capitain DespujolS, der bei der Procession die Hauptfahne trug, abgesehen; dieser blieb un versehrt. Verwundet wurden ein Eorporal und rin Gemeiner vom Regiment Almansa; deshalb wird der Proceß vor das Kriegs gericht kommen. Zahlreiche Personen sind unter dem Verdachte des Anarchismus verhaftet worden. * Madrid, 9. Juni. (Telegramm.) Zwei Anarchisten sind hier verhaftet worden. JnCatalonien wurden ebenfalls mehrere Verhaftungen vorgenommen. Der „Heraldo" sagt, die Behörden in Barcelona seien den Urhebern des Bombenanschlags auf der Spur. Der Ministerrath trat gestern zu einer außerordentlichen Sitzung zusammen und beschloß den Belagerungszustand über Barcclona zu verhängen. In der Deputirtenkammer er klärte der Finanzminister, die Regierung werde mit Energie gegen die Urheber deö Attentats in Barcelona vorgeben und die Kammer nahm einen Antrag an, in welchem der Empörung über die Urheber deS Attentat« und dem Mitgefühl mit den Opfern desselben Ausdruck gegeben wird. Die Empörung, aber auch der Schrecken ist wie in Spanien so speciell in Barcelona allgemein, um so mehr, al« es binnen weniger Jahre der dritte anarchistische Mordanschlag ist, von welchem die Stadt heimgesucht wird. Am 23. September 1893 verwundete bei einer Truppenschau die Bombe des Anarchisten Pallas den Marschall Martinez CampoS, und al» Rachethat für die Hinrichtung des Attentäter« war der furchtbare Mord im Liceolhrater zu betrachten, der 23 Personen bas Leben kostet«. Wie jener, so zeichnet sich auch der neueste Anschlag durch die ab gefeimte Grausamkeit aus, mit der harmlose Leute, die mit dem Anarchismus und seiner Bekämpfung nicht da» Mindeste zu thun haben, hingeschlachtrt wurden. Wenn gemeldet wird, das neueste Attentat sei lediglich gegen den Capitain De«- pujols gerichtet gewesen, so bleibt da» Ergebniß der gericht lichen Untersuchung abzuwarten. Da sämmtlichr Anschläge an drei aufeinanderfolgenden Tagen sich in unmittelbarster Nahe kirchlicher Gebäude abgespielt haben, liegt di« V«r- muthung nicht fern, daß der Anarchismus in Spanien sich anschickt, nunmehr auch dem zweiten Repräsentanten der Autorität, derKirche, den Krieg zu erklären. Uebrigen« scheint der Anarchismus augenblicklich international mobil zu macken; wie uns unlerm 8. Juni au« Brüssel gemeldet wirb, bob dir Polizei e>n neues Anarchistennest in Lüttich au«,wobei rin blutiges Handgemenge rnistand, bei welchem zwei Poli zisten durch Dolchstiche verwundet wurden und auch in Ruß land sängt r« an revolutionär zu gähren. So wird aus Petersburg. 8. Juni, der „Franks. Ztg." gemeldet: Aus allen größeren Städten wird über theilweis« reckt ernste S traßen-Unordnungen während der Krönungs tage berichtet. Ja Petersburg sind, besonders im Arbeiter viertel, revolutionäre Proklamationen in großen Mengen vertbeilt worden. Ueberall im Lande herrscht hoch gradige Entrüstung über die skandalösen Vor gänge in Moskau. Die Verrottung de« russischen Be- amtenthumS, welche« die Katastrophe auf dem Cbodynskifelde auss Grellste beleuchtet hat, läßt allerdings daS Wiederaus leben de« mit dem Anarchismus verwandten Nihilismus be fürchten, um so mehr, al« die weitgehenden Erwartungen, welche in Liesen Kreisen auf da« Krönungsmaniseft deS Zaren gesetzt worden, gänzlich enttäusckt worden sind. Die Tochter Les Millionärs. 32s Roman au« dem Englischen von L. Bernfeld. (Nachdruck »erboten.) „Ich sehe in der Tbat nicht ein, was ich ander- thun könnte, denn mir scheint, als ob Trixie die Zügel jetzt selbst in die Hand genommen hat, und ich glaube fast, daß sie ihren Willen auf alle Fälle durchsetzen wird, ob ich meine Erlaubniß gebe oder nicht. Nicht wahr, Trixie? Nun, nun, laß' nur, ich meine e« nicht böse, wir haben alle Ursache, dankbar zu sein, daß Du mit einem Male so froh und glücklich in die Welt blickst, Du bist seit heute Morgen eine ganz Andere geworden. Ich glaube wirklich, wir können jetzt vr. Bruce und die Wärterin fortschicken, wir werden ihrer kaum noch bedürfen — nicht wahr?" „Kaum, Papa! Ich fühle mich in diesem Augenblick bei nahe gesund, ich glaube fast, daß ich im Stande w„re, einige Schritte zu gehen!" " „Keine Ueberstürzung, mein verehrtes Fräulein," sagte Victor lachend, und fuhr die Kranke mit großer Sorgsam keit nach dem Hotel zurück. „Die größte Vorsicht ist immer noch geboten, ich muß jetzt dafür sorgen, daß unsere Kranke noch sehr geschont wird, nicht wahr, MrS. Hopley?" „Ja gewiß, Sir Victor. Ich habe nur den Wunsch," sagte die gute Dame, al« sie mit ihrem Gatten dem glück lichen Paare folgte, „daß die Hochzeit so bald wie möglich stattfindet, nm allen Aufregungen ein Ende zu machen." „Dem stimme ich von ganzem Herzen bei, MrS. Hopley," rief Victor herzlich, „ich verlange nichts Bessere-! Sobald chsi Trixie wohl genug fühlt, werde ich selbst darum bitten, die Hochzeit unverzüglich stattfinden zu lassen. WaS sagt «ein« lieb« Trixie dazu?" „Ich will Alles thun, WaS Du wünschest, Victor, und Du und Mama, Ihr mögt ganz nach Eurem Belieben be- timmen. Nur eine Bitte möchte ich aussprechen! Die Hoch zeit soll eine ganz ruhige sein. Keine großartige Feier, ganz still wünsche ich mir den Tagl Mit Dir und meinen theurrn Eltern allein möchte ich ihn verleben!" setzte sie mit einem Blick voller Liebe und Vertrauen hinzu. Und so kam e«, daß ungefähr vier Wochen nach jenem denkwürdigen Tage sich eines Morgen« in der Engiisäen Capelle in Mentone eine kleine Hochzeitsgesellschaft ver sammelte. Keine anderen Zeugen waren bei der Hochzeit gegenwärtig, al- Lady Greville und Mr. und MrS. Ralph Vyner, welche zu diesem Zweck aus England gekommen waren, sowie die Eltern der Braut. Boll inniger Liebe und festen Vertrauens zu einander standen Victor und Beatrix vor dem einfachen Altar und der Priester sprach seinen Segen über sie. Beatrix, welche freilich noch sehr schwach und zart war, sah in dem einfachen weißen Geidenkleide, welches sie rrug, wunderbar lieblich auS — sie war da« Ideal einer Braut — dabei freudig erregt und doch mit einem ernsten Ausdruck auf ihrem Antlitz. Victor fühlt« sich unaussprechlich glücklich; der Traum seines Leben- war erfüllt, das Weib, welchr« schon beim ersten Anblick sein Herz gewonnen hatte, ist nun in der Tbat sein Eigen geworden. DaS Leben lag im herr lichsten Sonnenschein vor ihm, und hoffnungsvoll blickte er in die Zukunft. Die LeidenSzeit, die Beatrix durchgemacht hatte, machte sie dem Herzen Victor« nur um so theurer und er nahm sich vor, sie für Alle«, was sie gelitten, durch seine innige Liebe und Zuneigung zu entschädigen. Sie glück lich zu machen, sollte der Zweck seine- Lebens sein. xxvm. Zwei Jahre sind vergangen. Greville Court ist wieder von seinen rechtmäßigen Besitzern bewohnt. Die Gärten sind neu geschmückt worden, ein ganzes Regiment von Gärtnern hat die Wildniß, die man vorgefunden, in ein wahre» Paro die- umgewandelt. Eine ebenso große Veränderung ist im Innern des alten HauseS vorgegangen, da« mit allem LuxuS und allen erdenklicken Bequemlichkeiten auSgeslattrt worden war, denn an Geld fehlte e» ja jetzt nicht. Die Gläubiger sind bezahlt worden und Greville Court blüht von Neuem auf, so daß Sir Victor von der ganzen Nachbarschaft be neidet wird. Sein Schwiegervater hat ihn außerdem zum Mitinhaber der großen Manchester Seifenfabrik „Sapavo" gemacht. Ja und er war in mehr al« einer Beziehung glücklich, denn seine Gattin war ihm nicht nur iu Liebe er geben, sondern auch die Tochter eines MillionairS und gleichzeitig die beste und beliebteste aller Frauen in der Um gegend. Beatrix befand sich augenblicklich im Garten. Sie wandelte auf und nieder und dir Sonne, die durch die Zweige schimmerte, streifte ein kleines süßes Geschöpfchen, welches, in weißen Muslin uno-Spitzen vollständig cingebüllt, von der jungen Mutter liebevoll an die Brust gedrückt wurde. Beatrix ricktete die zärtlichsten Schmeichelnamen an daS in ihren Armen ruhende kleine Wesen, ihre Augen leuchteten voller Glückseligkeit, wenn sie sich zu demselben niederbeugte und ein Helles Lachen ertönte von ihren Lippen, wenn es ihr gelungen war, ein Lächeln auf dem Antlitz des KindeS hervorrurufen. Sie wurde gar nicht müde, mit dem Kinde zu schäkern und zu plaudern und erfand immer neue Schmeichelnamen für dasselbe. Ein Paar muntere Dachs hunde sprangen um sie her und stimmten in das jeweilige Lachen mit lautem Gebell ein. In geringer Entfernung war unter dem Schatten einer großen Buche ein Theetisch arrangirt worden, an welchem Helene Vyner saß, welche noch ebenso schön wie früher war und den Thee zuberritete, während ihr gegenüber Sir Ralph Vyner sich in da- Studium der heutigen Morgenzeitunzen vertieft hatte. Einige Male richtete Helene ihren Blick auf die schlanke Gestalt ihrer Schwägerin und seufzte leise. Ein Zug von Trauer lag um die schönen Lippen! Wie sehr beneidete sie Beatrix um das Baby in ihren Armen. Es war für Helene fast eine Qual, da« Mutterglück, welche« ihr nicht bestimmt zu sein schien, mit anzusehrn, denn Helene war kinderlos. „Willst Du nicht Herkommen und eine Taffe Thee trinken, Trixie?" sagte Helene jetzt. Die junge Lady Greville rief ihrer Schwägerin fröhlich zu: „Bald, bald, sobald e« meinem Sobn und Erben gefallen wird, mein Haar loszulassen und Jane hier sein wird. Sie hat mir versprochen, zum Th«e herüberzukommen, um d«n Grafen zu begrüßen, wie müssen jeden Augenblick hier sein, Victor wollte de» Grafen von der Bahn abholen. Ab siehe da — unsere Jane! Ich sehe sie schon durch den Park kommen!" Eine altere schwarz gekleidete Dame schritt »inen schmalen Fußweg entlang, der sich durch üppige-Grün wand. Beatrix beeilte sich, ihr entgegenzugrhrn, und bei dem Anblick der jungen lieblichen Frau mit dem Kind auf ihren Armen nahm da- traurige bleiche Gesicht der Wittwe Philipp Srudamore'S rinen froheren Ausdruck an. „Sie kommen noch zeitig genug, um deu Grafen bei seiner Ankunft begrüßen zu können", rief Beatrix ihr ent gegen, al« sie ihr die Gitterthür öffnete. „Wie liebenswürdig Sie sind, mrine theur« Beatrix!" sagte Jane dankend. „Welche treuen Freunde habe ich doch an Ihnen und Sir Victor! Nicht allein, daß Sie mir da« schönste HäuScken auf Ihrem ganzen Besitzthum eingeräumt haben, nein, Sie ziehen mich auch immer in den Krew Ihre« glücklichen Familienleben- und lassen mich vergessen, daß ich eine Fremde bin." „Dal ist doch natürlich, Jane! Gehören Sie denn «ich
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