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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.05.1897
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-05-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970503012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897050301
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897050301
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-05
- Tag1897-05-03
- Monat1897-05
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Größere Schriften laut unserem Preis« verzeichuiß. Tabellarischer und Ziffernsatz nach höherem Tanz. Extra-Veilage« (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderiwa 60.—, mit Postbeförderuag 70.—. Iivnahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Lormütag» 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag» 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Auretgcn sind stet» an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von L. Polz t» Leipzig. ^ 222. i Städtebilder aus Sachsen. Aichdnick «erboten. I. Zittau. Nicht mit Unrecht bat man wiederbolt die Stadt Zittau als die „Perle der Oberlausitz" bezeichnet; die anmuthige Lage der Stadt berechtigt zu diesem schmückenden Beinamen; nicht minder aber auch ihre gesunde Bauart, sowie all die musterhaften städtischen Einrichtungen, die im Laufe der Jahrhunderte Zittau zu dem Muster einer deutschen Bürger stadl umgestalleten. Um die Berechtigung der obigen Behauptungen zu ver stehen, macht es sich nothwcndig, einen Blick auf die geographische Lage der Stadt Zittau und deren interessanten Geschichte zu tbuu. Der Reisende, der vom Norden herkommend, mit der Bahn oder zu Fuß Zittau zustrebt, empfängt, nachdem er das Flüßchen Mandau überschritten, einen überaus überraschenden Eindruck. Vor ihm breitet sich ein weiter bebauter Thalkessel aus, der vou dcu verschiedenen Ketten des prächtig bewaldeten Lausitzer Gebirges umsäumt wird. Scharfkantige Bergspitzen treten aus den Gebirgsketten hervor: im Osten erblickt man die 1l22 m hohe Taselfichte, im Süden den 1010 m hohen Jeschken bei Reichenberg und südwestlich den 752 w hohen Hochwald. In der Mitte dieses herrlichen Thalkessels liegt nun das wohlgebaute Zittau, das wiederum von einem Kranze gewerbtbäriger Dörfer umschlossen wird, an die sich in nächster Nähe mächtige Braunkohlenlager anschließen. Die Stadt selbst liegt 244 m (Marktplatz) über dem Spiegel der Ostsee, das Klima ist als ein günstiges zu bezeichnen, da die mittlere Jahrestemperatur 6,5» k. beträgt, die Windrichtung ist in der Hauptsache 88VV. Den Namen der Stadt leitete man früher von dem böhmischen Worte ,.2itc>", d. h. Getreide, her. Darüber ist man jetzt aber anderer Ansicht; man leitet Zittau, in älterer Zeit „Littav" geschrieben, vom böhmischen „ritt" --- klaffen, sich erweitern, sich ausbreitcn, ab. Es würde somit Zittau „das Thal hinter dem Gebirge" bedeuten, wodurch allerdings die Lage Zittaus kurz und treffend bezeichnet wird. Die Um gebung von Zittau gehörte ursprünglich zu Böhmen. Im 13. Jahrhundert besaßen sie die Herren von Leipa, auch Burggrafen von Zittau genannt, als böhmisches Erblehn. Im Jahre 1255 ward der Marktflecken Zittau durch den Böhmenkönig Ottokar II. zur Stadt erhoben, er be fahl den Bau der Stadtmauer und gab der neuen Stadt Zoll- und Steuerfreiheit und verschiedene andere Vorrechte. Auch Ottokar's Sohn, Wenzel II., war der Stadt freundlich gesinnt, er war ihr dankbar, weil er in Zittau drei Jahre lang von den Bürgern der Stadt erzogen worden war. Um 1319 gaben die Herren von Leipa Zittau an Böhmen zurück, König Johann verpfändete dasg ganze Gebiet dem Herzoge Heinrich von Jauer, der ßdie Stadt möglichst auöbeutete. In seinem Besitze blieb Zittau bis 1346. Trotz dieser Ausbeutung gelangte die Zittauer Bürger schaft doch schon um diese Zeit zu ansehnlichem Reichthume, der zunehmende Neichthum der Handelsherren, die an Auf wand und Pracht mit. den umwohnenden Rittern wetteiferten, weckte die Begehrlichkeit derselben. Oft wurden die Maaren züge der Kaufherren überfallen und nur gegen schweres Löse geld wieder freigegeben. In dieser Bedrängniß schlossen 1346 die Städte Bautzen, Görlitz, Zittau, Lauban, Kanienz und Löbau zu gemeinsamer Abwehr ihrer Feinde ein Schutz- und Trutzbülidniß, den sogenannten „Sechsstädtedund". Ge meinschaftlich ward nun manche harte Fehde durchfochlen und manche Raubburg siel und ward geschleift; doch so leicht ließen sich die benachbarten Rilter nicht abweisen, im Gegen Iheil, sie machten den Zittauern auch alte Gerechtsame streitig, so z. L. die Braugerechtsamkeit; doch wußten die Bürger dieses Gerechtsam nachdrücklich zu verlheidigen. Montag den 3. Mai 1897. Um da» berühmte Zittauer Bier kam es 1491 zwischen Görlitz und Zittau zu dem sogenannten „Bierstreit". Die Görlitzer wollten nämlich daö Zittauer Bier nicht in ihren Mauern dulden und ließen die eingeführten Fässer auS- laufen. Rasch entschlossen sandten die Zittauer einen Fehde brief und erklärten: „Sie wollten ihre Feinde sein, wo sie wüßten, könnten und möchten, bei Nacht und Tag, an Leib und Gut Schaden zufügen", und singen den Görlitzer« das Vieh weg. Die Reformation fand schon um 1521 durch Lorenz Heidenreich in Zittau Einführung; auch fanden böhmische Exulanten bei den Zittauern Schutz und Aufnahme. Die übrigen fünf Städte des „SechsstädtebundeS" hatten gleich falls der neuen Lehre Eingang gewährt, worüber König Ferdinand erzürnte und Gelegenheit suchte, sich an den Städten zu rächen. Im schmalkaldischen Kriege sollten die Sechsstädte ihm Hilfstruppen stellen, was erst nach längerem Zögern geschah, und als diese nach zweimonatigem Dienste etwas vorschnell nach Hause zurückkehrten, da hatte Ferdinand die gewünschte Ursache gefunden, die Sechsstädte zu züchtigen. Zur Strafe mußten sie auf alle ihre Vorrechte und Freiheiten verzichten, alle ihre Stadt- und Landgüter, Geschütze und Kirchenkleinodien herausgeben, Zittau mußte allein 20 000 Gulden Strafe zahlen und außerdem eine Biersteuer an den König entrichten. Dieser Pön- oder Slraffall schädigte Zittau sehr in seinem Wohlstände; noch lange blieb ihren Bürgern daS Wort „Pön" in schrecklicher Erinnerung. Vielfach wurde Zittau durch KriegSdrangsale heim gesucht ; drei Mal stürmten es die Hussiten, doch die tapferen Bürger wehrten die Angriffe ab. Während des dreißig jährigen Krieges ward eS zwei Mal von sächsischen Truppen beschossen und bei der zweiten Belagerung erstürmt, 164t belagerten die Schweden Zittau und im folgenden Jahre die Kaiserlichen. Die ärgste Verwüstung brachte der sieben jährige Krieg der Stadt; nach der für Friedrich den Großen unglücklichen Schlacht bei Kollin zog sich ein Theil des preußischen Heeres nach Sachsen zurück und besetzte Zittau. Hier befand sich ein großes Mehlmagazin, welche» die Preußen nicht so ohne Weiteres an die Oesterreicher übergeben wollten. Der österreichische Oberst v. Waldenau forderte den preußischen Commandanten Oberst v. Diericke auf, ibm die Stadt zu übergeben, doch dieser durfte da» nicht, denn er hatte Befehl, Zittau bi» auf den letzten Mann zu halten. So begann denn am 23. Juli 1757 die Beschießung der friedlichen, wohlhabenden Stadt mit glühenden Kugeln, binnen einer Viertelstunde brannte es an neun Orten; eine Straße nach der anderen ward von den Flammen ergriffen. Die schönsten Gebäude fielen unter dem Geprassel der Flammen zusammen; besonders war es die schöne Johanniskirche, deren Thürme eine Zierde für Zittau bildeten, die an diesem Tage in Trümmer sank. Mit ihr die herrliche Orgel, ein Meisterwerk Silber mann'S und daS neue prachtvolle Ge läute. Am Abende dieses TageS lagen drei Viertheile der Stadt in Trümmern und Tausende von Einwohnern waren um Hab und Gut gekommen und irrten obdachlos in den Brandruinen umher; ca. 90 Einwohner hatten bei der Be schießung und dem Brande den Tod gefunden; der Gesammt- verlust an diesemTage wurde auf 10 Millionen Thaler geschätzt. Wunderbar rasch erholte sich die Stadt von diesem schweren Schlage, aber nach dreißigjähriger Ruhe ward sie wieder durch die Oesterreicher aebrandschatzt, die sie 1778 im einjährigen Kriege mit einer Kontribution von 200 000 ff belegten; 1809 mußte sie an den Herzog von Braunschweig abermals 6000 Thaler Contribution zahlen. Die Kriegsjahre von 1806—1813 gingen auch nicht spurlo« an Zittau vorüber und das Jahr 1866 brachte massenhaft Einquartierungen, Truppendurchmärsche und Requisitionen aller Art. Durch große Brände ist von dem alten Zittau nicht viel g--i- B-Ät- b-d--Z"--» S-br- fanden statt "22, 1473, Malzbäuser, brannten 153 Wohnhäuser, oh Viertbeile der Stadt nieder, am 7. Juni 1608 g'ng-« dre, B -rthe.ie L' rLLkÄL- .» d.. Flammen auf. - Z^tau nach und nach Die Folg- dieser Brand war datz 2-"auch ward ,-üb<- °,I di- rnchfl- S,»d> Sachs-»« lm Forsten- in sächsische Acker umgerechnet enthalt der Grundbesitz Zittaus 11 113,12 Acker. Eine bedeutende Vergrößerung deS städtischen Grundbesitzes erfolgte 1892 durch die Erwerbung deS 1138 ks. großen böhmischen Forstaveals Lud- w.gsbau^ früher zur Herrschaft Gabel gehörte. D-rBuch- werth des gesammten städtischen Vermögens betrug 189.- 7 798 259,44 der wirtliche Werth ist selbstverständlich wesentlich höher. Der aus diesem Grundbesitz sich ergebende Ueberschuß beziffert sich alljährlich auf circa 300 000^, mit dem Grundbesitz ist aber auch noch das ui,» die Kirchen zu Oybin mit Lückendorf, Jonsvorf, Waltersdorf, Großschönau, Herwigsdorf, Elbau, Niederoderwitz, Attgers- dorf, EberSbach, Oberfriedersdorf, Wittgendorf, Hirschfelde, DittelSdors, Türchau, BertSdorf und Kleinschonau verknüpft. Die Erwerbung deS umfänglichen Grundbesitze» geschah in der Hauptsache ,m 16. Jahrhundert, durch umsichtige Ver waltung desselben und durch Erschließung gewerblicher E,u- labmequellen war er stet» nutzbringend für vas st^.Nscye Gemeinwesen. So betreibt die Stadt Zittau bei Jo<.>>-doil eine Mühlstrinfabrik, die alljährlich circa 10 000 Ueber schuß bringt, ebenso bringen die Steinbrüche und Sandgruben ansehnliche Erträge. Diesen und noch verschiedenen anderen Ein nahmen aus städtischen und gewerblichen Unternehmungen danken es die Einwohner Zittaus, wenn sie bei einer mit über emer Million Mark in Ausgabe und Einnahme abschließenden Höhe deS städtischen Haushaltes im Jahre 1892 den geringen Theil von 140 000 also im Durchschnitt 68 Proc. der Staatseinkommeosteuer an Gemeindeabgaben zu entrichten hatten. Wie günstig Zittau in dieser Beziehung dastebt, erkennt man am besten, wenn man nachstehende vergleichende Ueber- sicht ins Auge faßt. Nach Fr. I. Neumann'S Schrift „Zur Gemeindesteuer- reform in Deutschland rc.", Tübingen 1895, zahlte man 1892 in Zittau bei einer staatlichen Einkommensteuer von 100 ^ Annaberg Pirna Glauchau Wurzen . Leipzig . . . 90.5 Großenhain. . . . 153,0 . . 94,7 » Freiberg . . . . 164,3 - . . 101,7 - Crimmitschau . . . 168,2 - . . 111,6 - Limbach . . . . . 170,5 - . . 120,9 - Frankenberg . . 175,5 - . . 127,4 - Mitlweida . . . . 177,8 - . . 131,9 - Meißen . . . . . 190,1 - . . 135,0 - Meerane. . . . . 19l,4 - . . 139,5 » Werdau . . . . . 191,5 - . . 140,2 - Plauen . . . . . 198,5 - St. Jahrgang. Grundsteuer beträgt jährlich insgesammt circa 16 000^ Die Stadtverwaltung besorgt dafür unentgeltlich die Müll- und Ascheabfuhr, sowie gegen sehr niedrige Gebühren die pneu matische Entleerung der Latrinen. Alle Einkommen unter 400 sind frei von städtischen Steuern. Die Wohlhabenheit Zittaus macht sich in allen seinen Einrichtungen und Bauten bemerkbar. An den wohlgepstegtcn Straßen und Plätzen erblickt man stattliche öffentliche und Privatgebäude; einen besonderen Schmuck bilden die Brunnen, weshalb man Zittau auch die „Brunnenstadt" genannt hat. Der schönste unter allen ist der „Herkulesbrunnen" gegenüber dem städtischen Marstall, einem siebenstöckigen Bau werke aus dem Anfänge deS 16.Jahrhunderts. Der „Tiedge- brunnen" vor dem Rathhause, diesen krönt die große in Bronze gegossene Figur der „Zittavia" in der erhobenen Linken Aehren haltend. Die seitlichen Figuren versinnbildlichen den Handel, die Industrie, die Stadtvertheidigung und die Gärtnerei. In der Nähe des Amtsgerichts befindet sich der kunstvolle 1585 errichtete, 1891 erneuerte „Roland brunnen" und an der Johauniskirche der „Hygieia- brunnen". Zu den ansehnlichsten öffentlichen Gebäuden gehört daS in den Jahren 1840—1845 nach den Plänen von Gärtner in München in romanischem Style erbaute RathhauS, es gleicht einem mittelalterlichen Schlöffe, die damalige Bau summe betrug 160 000 Thaler. Am Portale sind die Bild säulen der Gerechtigkeit und Weisheit aufgestellt. Im Innern deS Hauses befindet sich der prächtige, mit Statuen und herrlichen Glasgemälden gezierte Bürgersaal. Die Versorgung der Stadt mit ausgezeichnetem Ouell- wasser geschieht durch die Trinkwasserleitung, welche im November 1864 eröffnet ward; erbaut ward dieselbe von den Engländern I. und A. Aird, erweitert ward sie 1876. Die Kosten dieser Wasserleitung mit ihrer über 60 000 m langen Hauptrohrleitung und den beiden an der Bahnhof- stratze stehenden Hochreservoiren betrugen insgesammt 840 000 Mark; die Leitung führt Wasser in so reichen Mengen zu, daß selbst in dem trockenen Sommer von 1893 kein Wasser mangel sich bemerklich machte. Ein imponirender Bau ist da» in den Jabreu 1871 bi» 1875 errichtete Stadtbad, da- in ähnlichem Umfange in keiner anderen Stadt Sachsens wohl gefunden werden dürft«. Die Bausumme betrug 260 000 das Bad enthält zwei große Schwimmbassins, die auch im Winter benutzt werden können, ein prächtig eingerichtetes irisch-röuiischeS und russisches Dampfbad, kohlensaure Bäder, Dampfdouche und Wannen bäder. Die Preise sind sehr niedrig gehalten, so daß Jeder mann für billiges Geld sich ein erfrischendes Bad gönnen kann. Schüler haben ermäßigte Preise, Unbemittelte erhalten Freibäder, und arme Volksschüler können unentgeltlich an dem Schwimmunterricht theilnehinen. Wie rege die Be nutzung des Bades ist, ersieht man aus der Steigerung des jährlichen Uebersckuffes; derselbe betrug 1885 167 -6, 1895 aber 6075,19 ^ Inmitten eines großen parkartigen Gartens erhebt sich das stattliche StadtkrankenhauS, welches 1883 seiner Bestimmung übergeben ward, seine Erbauung erfolgte mit einem Kostenauswande von 294 000 welche der Stiftung deS Senators Just, des größten Wohlthäters Zittaus, ent nommen wurden, 100 000 Capital aus der gleichen Stiftung dienen zu seiner Unterhaltung. Armen Augenkranken von nah und fern bietet die mit der vr. Rückert'schen, vormals vr. Just'schen Augenheilanstalt verbundene Senator Just'sche Angenheilanstalt unentgeltliche Hilfe. Die schon um 1564 erwäbnle Stadtbiblio thek gehört zu den bedeutendsten Bibliotheken Sachsens, sie enthält gegen 40 000 Bände. Besonders reichhaltig ist sie aus dem Gebiete der Geschickte, hauptsächlich der Geschichte der Lausitz und auf dem Gebiete der Literatur des 16. Jahrhunderts. Mit der Bibliothek innig verwachsen und allmählich aus derselben FeniHaton. Der Patent-Präsident. Amerikanische Humoreske von W. L. Alben. (LiachLruck verboten.) Als ich Mr. Hobson zum ersten Male sah, saß er unweit von mir auf der Veranda eines Hotels und ließ die Beine über das Gitter hängen. Wir befanden uns in der Haupt stadt der südamerikanischen Republik Orizaba. In diesem Augenblick ließ sich Pferdegetrappel und das eranrollen eines Wagens hören, und gleich darauf fuhr die quipage des Präsidenten, begleitet von einer berittenen EScorte, am Hotel vorüber. Der einzige Insasse de» Wagens, rin Mann in militärischer Trackt, saß aufrecht im Fond und verbeugte sich mechanisch abwechselnd nach rechts und nach links. Einige Leute in der Straße schrieen: „Viva ei ?resiäoute," die meisten begnügten sick, schweigend die Hüte zu ziehen. Als der Wagen um die Ecke bog, körte ich einen Schuß knallen, und sah eine leichte Rauchsäule gen Himmel steigen. „Da schießen sie schon wieder nach ihm", bemerkte Hobson mit vergnügtem Läckeln. „Na, ihm schadet es nicht, und ihnen macht's Vergnügen." „Schießen sie hier oft nach dem Präsidenten?" fragte ich einigermaßen verwundert. „Ach ja. Bei jeder seiner Ausfahrten mindestens ein Mal, aber bis jetzt hat eS ihm noch nicht- geschadet. Merkwürdig schlechte Schützen, diese Südamerikaner!" Hobson schwieg einen Augenblick, dann fragte er: „Wie gefällt ihnen unser Präsident, mein Herr. Finden Sie ihn zn steif? ES giebt viele Leute, denen das an ihm mißfällt." Ich entgegnete, daß allerdings etwa- Hölzerne« in der mechanischen Art und Weise läge, mit der der Präsident sich verbeugte. „Holzern ist Wohl nicht daS richtige Wort", gab Hobson mit eigenthümlichem Lächeln zurück. „Es ist sogar herzlich wenig Hölzernes an ihm. Sein steifes Wesen kommt von dem militairischen Drill, den er sein Leben lang geübt hat." „Sie kennen ihn näher?" fragte ich. „O ja, so ziemlich. Ich wohne im Schloß und sehe ihn häufig. Mein Name ist Hobson, ich bin aus den Vereinigten Staaten. Sie sind vermuthlich Engländer?" Ich bestätigte diese Annahme, worauf Hobson von mir zu erfahren wünschte, wie oft man auf die Königin Victoria und die Prinzen zu schießen pflege. Er schien enttäuscht, als ich ibm versickerte, daß das Schießen auf Könige und Prinzen bisher in England noch nicht gebräuchlich sei. „Hm, — 'S scheint kein Unternehmungsgeist in den Engländern zu stecken", bemerkte er in bedauerndem Tone, dann verabschiedete er sich und ging in den Palast hinüber. Drei Monate später führte mich mein Weg nach Val paraiso und dort erblickte ich, genau in derselben Stellung, in der ich ihn zuerst gesehen batte: Hobson auf der Hotel- Veranda. Er erkannte mich sofort, begrüßte mich sehr freund schaftlich, und obgleich ich eigentlich so gut wie nichts von dem Manne wußte, war ich koch ganz froh, ihn zu treffen, da er da- einzige Englisch sprechende Individuum in dem ganzen Hotel war. Wir speisten zusammen und im Laufe de» Gesprächs bemerkte mein Gegenüber, daß eS ihm soeben mit knapper Noth und Mühe gelungen sei, aus Orizaba zu entkommen. „Was ist denn passirt? fragte ich, „ich glaubte. Sie seien bei der Regierung angestellt?" „War ich auch", nickte Hobson, „daS war ja gerade der Haken bei der Geschickte. Denn vor einem Monat ungefähr ging eine Revolution bei unS loS, und dabei wurde Jeder, der bei der letzten Regierung angestellt war, gegen eine Mauer gestellt und niedergeschofsen." „Ich hätte gar nicht geglaubt", sagte ich, „daß eine Revolution in Süd-Amerika so ernst verlaufen könnte." „Hm, gewöhnlich ist da- auch nicht der Fall, aber bei dieser Revolution spielten ganz besondere Umstände mit. Wenn Sie nicht» dagegen haben, will ich Ihnen die Geschichte erzählen und ich wette, daß Sie sich wundern werden." „Erinnern Sie sich noch", fuhr er fort, „daß ich Sie an jenem Tage in Orizaba fragte, wie Ihnen der Präsident ge fiele und daß Sie ihn etwas hölzern fanden?" Ich bejahte. Hobson lachte. ,,Jch sagte Ihnen aber, daß gar nichts Hölzernes an ihm sei, und daS war die reine Wahrheit, denn der Präsident, den Sie im Wagen vorbei- abren saben, war ganz von Stahl und Eisen und sein Ge- icht von Wachs. Ich muß eS wissen, denn er war von mir abricirt." „Wollen Sie damit behaupten, daß der Mann, den ick sah, nur eine automatische Figur war?" rief ich im größten Staunen. ,,,Ganz recht. Es war einer von „Hobson'» echten Patent- Präsidenten" und der einzige, der e» in Orizaba auf eine Regierung von 8»/, Monaten brachte." Hobson zündete sich die Cigarre von Neuem an und fuhr dann in seiner Erzählung fort: „Wie Sie wissen, dauert die RegierungSzeit eine» Präsi denten in Süd-Amerika allerhöchstenS zwei Jahre. Fall» er nicht vor Ablauf dieser Zeit erschossen wird, brennt er mit dem Staatsschatz durch und zwar nach Paris. Ich habe mir erzählen lasten, daß gerade jetzt Pari« von entlaufenen Prä,identen wimmelt, die alle den Staatsschatz mitgenommen haben. .Nun sind aber die Republiken scheußlich arm, und wenn ein Präsident eS möglich machte, vier oder sünf Jahre am Ruder zu ble.ben ohne todtgrschossen zu werden, dann konnte er einen doppelt oder dreifach so großen Staatsschatz be.m Durchgehen m-lnehm-n al» e« gewöhnlich der Fall ist, <>. - - -. Nun. hierüber dachte ich eines ^ nur plötzlich .infiel, daß eigentlich nur d-a " T'öur, d,e den Präsidenten stet« außerhalb . °A"ten konnte, nöthig sei, um daS Problem R'g-n»tnschaft zu lösen. Ich ging also an'S w"Utn „Patent-Präsiventen", eine Figur aus mit höchst sinnreichen Uhrwerken, wegt^wurden durch Elektricität be- N --?>>" 'ch weine Erfindung vorführte, war der ^"driguez von Orizaba. rin sehr verständiger Mann, der ganz entzückt davon war. Er hatte sich damals gerade „-.-.stimmig" zum Präsidenten gewählt und wurde nun foNwäbrcnd von der Opposition angeschoffen. Der Staaisschatz war noch beinahe leer, so daß die Idee, nach Paris zu reisen, gar nicht angebracht war, aber daS Schießen liebte Rodrigue; auch nicht sonderlich. So schloß er denn einen Conlracl mit mir ab, demzufolge ich ihm eine Figur zu machen batte, deren Wachskopf seine Züge tragen sollte. Ich selbst sollte im Schlosse wohnen und das Ding in Ordnung halten. In kurzer Zeit war Rodriguez II. fertig. Nur zwei Menschen außer Rodriguez I. uud mir tbeilten das GehAm- niß; der Eine war der Erzbischof von Cboluma, der Bruder des Präsidenten, ein ganz famoser alter Herr, der Andere der Privatsecretair des Präsidenten, Don Antonio von Soundso, — seinen vollständigen Namen habe ich vergessen. Jeden Tag fuhr mein Patent-Präsident aus, um sich dem getreuen Volke zu zeigen; gewöhnlich saß der Secretair an jeiner Seite, um ihn, falls ein hoher General, Admiral oder auswärtiger Gesandter vorbeikam, durch den Druck auf eine» elektrischen Knopf zu einem militärischen Gruße zu veranlassen. Hatte der Secretair keine Zeit, mitzufahren, ,o fuhr mein Patent-Präsident allein au-, nur von einer berittenen Escorte begleitet, und dann verbeugte er sich einfach abwechselnd nach recht» und links, wie Sie eS da mals saben. Zu jener Zeit ging die Schießerei lustiqerdenn je, denn der Vicepräsident, der ein ehrgeiziger, rücksichtsloser Mensch war, wollte Rodriguez absetzeo und selber Präsident werden. Nachdem man aber ein bis zwei Monate lang geschossen patte, ohne meinen Patent-Präsidenten zu verletzen, ging da» Gerücht in» Volke, daß der Erzbischof seinen Bruder durch irgend einen heiligen Knocken kugelfest gemacht habe, und seirdein sparten die braven Bürger ihr Pulver. Nur ab und ZU feuerte nochmal Einer auS alter Gewohnheit, und eines Tage- traf eine unglückliche Kugel meinen Präsidenten mitten in raS Gesicht, in das sie, da e» von Wach» war, sofort eindrang. Glücklicherweise war au viesem Tage der Secretair dabei, der die Geistesgegenwart besaß, meinen Patent-Präsidenten sofort platt auf den Boden de» Wagens zu legen und nach dem Schlöffe zu jage«, s» schnell die Pserde laufen konnmn.
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