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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.12.1899
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1899-12-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18991222028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1899122202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1899122202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-12
- Tag1899-12-22
- Monat1899-12
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Extra-Veiläge» (gesalzt), nur mit der Morgen-Au-gabe, ohue Postbesürderung SO—, mit Postbeförderuug 70.—. Anzeiger. Amlsvlatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Mathes und Notizei-Amtes der Ltadt Leipzig. Anuahmeschluß fiir Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Marge a-AuSgabe: Nachmittag» 4Uhr. Lei den Filialen und Anuahmesrellru je eiue halbe Stunde früher. Anreigen sind stet« an dir Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig Freitag den 22. December 1899. 93. Jahrgang. PoMische Tagesschau. * Leipzig, 22. December. Die gestern erwähnte halbamtliche Auseinandersetzung „Kürst Hohenlohe m>P die konservative Partei" hat den Preßkampf um die Tage-fragen auf der ganzen Linie ent brennen lassen. Nur die conservativen Organe werden da durch nicht zu neuer Thätigkeit angesporot; denn einmal haben sie schon bisher keinen Augenblick ihre Angriff- auf den Reichskanzler ruhen lassen, zweitens enthält sich die „Kreuzztg." jeglicher sachlichen Beant wortung der mit vollem Recht unmittelbar auf den Fürsten Hohenlohe zurückgesührten Darlegungen der „Nordd. Allgem. Zig.". Das führende conservative Blatt begnügt sich, den ruhigen, vornehmen Ton in dem den Con servativen gemachten Vorhalten anzuerkennen; die Prüfung der Frage nach der logischen und thalsächlichen Berechtigung schenkt sich die „Kreuzztg." woblweislick. Die „DeutscheTageL- Ztg." fürchtet von der Ehrlichkeit, Richtigkeit und Friedfertig keit der ganz fälschlich so genannten „Selbstvertheldigung des Fürsten Hohenlohe" so sehr für die Gesinnungstüchtigkeit ihrer Leser, daß sie diesen den Artikel vorenthält und nur einige Sätze, auS dem Zusammenhänge gerissen, mittheilt. Der „ReickSbote" sagt sein alte- Sprüchlein, die Regierung möge die Maßregelungen der Beamten, die gegen den Canal gestimmt, znrücknehmen, und die Stumm'sche „Post" sagt auch, waS sie täglich vorbringt, nämlich daß die Aufhebung des BerbindungSverboteS für Vereine Staat und Gesellschaftsordnung mit schweren Gefahren bedrohe. Die freisinnige Presse, die für anständigen Ton kein Verständniß bat, findet, Fürst Hohenlohe biete den Con servativen seine Unterwerfung an, waS die „Nalionalztg." mit Recht für eine ganz verfehlte Auffassung erklärt. Wahr scheinlich mit der Kürze der Zeit, die ihr zur Ueberlezung vergönnt war, ist eö zu erklären, daß die „Nationalliberale Eorrespondenz" den sensationellen Zeitungsartikel als ein Symptom eines zwischen dem Fürsten Hohenlohe und Herrn v. Miquel bestehenden KampfzustandeS ansieht. Namen werden zwar nicht genannt, aber das Organ redet deutlich, wenn es schreibt: „Kein Ministerpräsident bedarf solcher Rechtfertigung vor einer einzelnen, mit allen Mitteln vorgehenden Partei, wenn nicht diese Partei dabei des Rückhalt- in den Stellen sich sicher fühlt, auf die der Reickskanzrr verfassungsmäßig angewiesen ist. Wenn da- prruhiscke Staat-Ministerium in sich geschlosien und damit eine sichere Stütze der preußischen Spitze im Reiche ist, dann bedarf «S solcher öffentlichen Rechtsertigongeu des leitenden Ministers gegenüber einer Partei nicht, deren ganzes Auftreten keinen All- lpruch aus solche Honneurs hat. Das ist der wunde Punct, der durch solch« Erklärungen bloßgelegt wird; und im preußischen Land tag ist der Ort, darauf Len Finger zu legen und das preußische DtaatSministerium auf das unbedingt erforderliche, jetzt offenbar nicht vorhandene Solidaritätsgrfühl zu prüfen." Diese Auffassung steht vereinzelt da. Sehr viel anders ver hält sich die „Germania", mit der wir ausnahmsweise üderrinstimmen. Die conservativen Blätter schreiben jeden Tag mindestens einen Artikel, der für die höchste Stelle berechnet ist und in dem sie sich als die einzigen nutz baren Flotteufreunde recommandirt halten und dem Kaiser vorrecknen, wie sehr ihm — dem Monarchen — Fürst Hohenlohe durch Vie Maßregelung der Beamten in- Fleisch geschnitten habe. Darauf sagt nun die „Germania" gerade heraus, was Jedermann weiß, waS aber bisher nicht gesagt worden ist. Nämlich: „Ist rS den Conservativen wirklich Ernst, ohne Ansehen der Person und nur der „konservativen" Grundsätze halber Len Kampf gegen die Regierung zu führen, dann darf man auck wohl erwarten, daß dieser Kampf mit offenem Bifir und mit dem wirklichen Gegner ausgesochten wird. Fühlt die conservative Partei sich durch die Maßregelung ihrer Mitglieder, welche zu den politischen Beamten gehören und infolge besten jeden Augenblick zur Disposition gestellt werden können, gekränkt, so mag sie ihre parteivolitische Kränkung, aber auch den Ausdruck ihrer Rache an diejenige Stelle richten, bei der sie dir eigent liche Urheberschaft der Bcamtenmoßregrlung, über die sie selbst kaum im Zweifel sein dürste, zu suchen und zu finden hat. Wozu denn diese Falschheit und diese Heuchelei bei der heutigen conservativen Partei? Sind denn die Führer der Eonjervativen oder etwa die Führer des Bundes der Landwirthe nach der Dortmunder Kaijerrcde auch nur einen Augenblick in Zweifel gewesen, daß die Beamtenmaßregelung nicht etwa der Initiative und dem Willen des Kaisers zuzuschreiben ist? Ist denn das ehrliche Art und conjervativer Sinn, daß man den ersten Vertrauensmann des Kaisers, den Reichskanzler und Ministerpräsidenten, mit An griffen und Verdächtigungen verfolgt, statt offen und ehrlich die noch höhere Stelle als Zielpunkt der Angriffe zu bezeichnen? Hat die conservative Partei die Fronde gegen die Regierung zu ihrem Programm werden lasten, so sollte sie auch vor dem Muth der Wahrheit nicht zurückjchrecken, Richtung und Ziel ihrer Fronde zu erkennen zu geben, statt unter einer heuchlerischen Maske zu verbergen. Den ehrlichen Kampf braucht die Reichsregirrung uud wohl auch die preußische Regierung nicht zu scheuen, namentlich nicht der conservativen Partei gegenüber. Unehrliche Gegner ober, die mit Fälschungen arbeiten, wie dies zuletzt noch bei der Etatsdebatle geschehen ist, besonders den Aeußerungen des Staats sekretärs Grasen Pofadowsky gegenüber, werden damit gewiß nicht ihr Ziel erreichen. Die conservative Partei unter dem Obercommando des Bundes der Landwirthe ist auf dem besten Wege, mit dem Jntriguenspiel ihrer gegenwärtigen „Taktik" die kommende Flotten vorlage zu Falle zu bringen. Ihre in ungewöhnlicher Weise zur Schau getragene Begeisterung für die Flotteuvergrößerung kann in dieser Beziehung nur Diejenigen täuschen, welche nicht täglich Gelegenheit haben, den Lauf der Fäden, so verworren sie auch mitunter scheinen mögen, näher zu beobachten. Im Gesühl ihrer vermeintlichen Unentbehrlichkeit und Herr schaft, mit welchem die Conservativen gerade die Besetzung der höchsten Stellungen im Reich und in Preußen als eine Art unveräußerlichen uud unveränderlichen Privilegiums be- trachten, glauben sie auch das Regiment im deutschen Reiche wie in Preußen nach ihrem Wunsch und Willen bestimmen zu können. Daß auf andere Parteien als lediglich auf die conservative Partei — allenfalls würde auch Vie freiconservative Partei noch zur Con- eurrenz zugelassen werden — irgendwelche Rück.i^i geul'.nmen werde, muß nach deu Ansichten der heutigen bundeS^onjervativen Parteialsaus- geschlosten gelten. Die gejetzgebendeu Faktoren haben aber nun einmal, ob es gleich unangenehm nach der einen wie nach der anderen Seite sein mag, mit den gegebenen Faktoren in der Zu- sammensetzung der parlamentarischen Körperschaften zu rechnen, und daß gerade die konservativ - händlerischen Anschauungen überall zur Geltung kommen müßten, gleichviel, ob die Regierung oder die Mehrheit der Parlamente sich dagegen erklärt, ist rin durchaus un berechtigtes, geradezu absurdes Verlangen." DaS ist Alles richtig, leider auch in dem Punkte, der von der Fälschung einer Acußerung des Grafen Pofadowsky bandelt, und in der Behauptung, Laß die Taktik der Leitung des Bundes der Landwirthe, die z. Z. auch die Leitung der conservativen Partei ist, die Flottensache aufs Schwerste gefährdet. Mit der Einberufung des Plenums des wirthscha st ücken Ausschusses auf den 17. Januar tritt die Vor bereitung der neuen Handelsverträge in ein neues Stadium. Mit Bestimmtheit darf man annehmen, daß bis Ende des Jahres daS Schema de- neuenZolltarifS, das, im RrickSschatzamt ausgearbeitet, den verbündeten Regierungen zugezanzen war, aus Grund der von diesen vorgenommenen Nachprüfung revidirt, bereits am !. Januar den Mitgliedern des wirtbschaftlicken Ausschusses zngeht, so daß daS Plenum deS Ausschusses sich i>ei seinem ersten Zusammentritte mit dieser wichtigen Aufgabe beschäftigen kann. Außerdem ist inzwischen die Productious- erhebung vollständig zum Abschlüsse gelangt: von mehr al- 80 000 Firmen ist auf Grund eingehender Fragebogen weit gehende Auskunft erlangt worden, so daß zur Prüfung der wirthsckastlichen Bedürfnisse des Reiches ein bis inS Einzelne gesichtetes Material vorliegt, wie es kein zweiter Staat besitzt. Auch dieses Material wird dem Ausschüsse vertraulich unterbreitet werden, vertraulich darum, weil auf Grund dieses Materials die eventuellen künftigen Handelsvertragsverhandlungen geführt werden sollen. Nur die deutschen Gewerbetreibenden sollen später in geeigneter Form vertrauliche Mittheilungen darüber erhalten. Damit ist der Zeitpunkt gekommen, einen kurzen Rückblick aus die Arbeiten zu werfen, die seit dem 15. No vember 1897 im Dienste des wirthschaftlichen Friedens be wältigt worden sind, seit dem Tage, an dem zum ersten Male der wirtbschaftliche Ausschuß im ReichSamle des Innern zusammentrat und nack kurzer Berathung bereits über die ihm obliegenden Aufgaben sich einig zeigte. Vom Reichsamte des Innern ist ein vollständiger und authenti scher Neudruck der seit 1872 abgeschlossenen deutschen Handels- und SchifffahrtSverträqe in dieser Zeit veranstaltet worden, die zwei starke Bände füllen. In einem dritten Bande sind die Handels- und Schiffsahrtsverträge beigefügt, die vor der Gründung des Reiches zwischen einzelnen deutschen Staaten mit Dänemark, Schweden und Norwegen und den Bereinigten Staaten von Amerika abgeschlossen worden sind und jetzt eine wesentliche Grundlage der handels politischen Beziehungen dieser Staaten zum deutschen Reiche bilden. In 24 Heften ist der auswärtige Handel deö deutschen Zollgebiets in den Jahren von 1880—1896 nach HerkunflS- und Bestimmungsländern bis inö Einzelne specialisirt und dabei übersichtlich jedes Land für sich bearbeitet. Weiter sind bisher in fünf stattlichen Bänden systematisch für die einzelnen HaupterwerbSzweige die sämmtlichen Zolltarife deS In- und Auslandes zusammenzestellt, die eine bequeme Vergleichung der Zollsätze in den einzelnen Ländern ermöglichen und, soweit eS irgendwie nothwendig ist, ein gehende Hinweise auf diejenigen inneren Steuern enthalten, die in Verbindung mit irgend einem Zoll erhoben werden. Im Wetteifer mit dem wirthsckastlichen Ausschüsse, der parallel mit diesen Arbeiten die Riesenaufgabe bewältigte, die gewerb- treibenden Kreise für die Aufnahme einer Statistik der in- länrischenProductionunddieFeslsteÜungdergesammtcnErwerbS- bedingungkn erst zu interessiren, und die genauen Fragebogen für die gewerblichen Ausnahmen zu entwerfen und zusammen stellen zu lassen, haben sich zugleich private Interessentenkreise, wie die Centralslelle zur Vorbereitung der Handelsverträge, bemüht, die öffentliche Meinung über die wirthschaftlichen Zukunftsaufzaben des deutschen Reiches sachlich aufzuklären. Minder erfreulich ist die Kehrseite der Medaille. Diese Vor bereitung der künftigen Wirtbschaslspolitik deö Reiches belebte die Hoffnung, daß dieses offen zu Tage liegende, redliche Be streben, den Bedürfnissen und gerechtfertigten Ansprüchen aller Erwerbsstände gerecht zu werden, jene Agitatoren, die ledig lich ihre perjönlichkn und StandeSinteressen berücksichtigt sehen wollten und mit den schnödesten Verdächtigungen alle diesem Begehre» entgegenlrelenden Staatsmänner und politischen Parteien überhäuften, endlich zum Schweigen bringen werde. Aber das Gegeatbeil ist eingetreten. Erbitterter und ge hässiger al- je wird der Kampf um wirthschaftliche Sonder interessen geführt und legt die Besorgniß nahe, daß da« red liche Streben der amtlichen und der Vertrauensmänner der gewerblichen Kreise wenu nicht fruchtlos bleibt, so doch wenigstens den besten Thril seine- Erfolge- einbüßt. Nach einer amtlichen Mittbeilung deS Vicekvuig- von Indien, die wir dieser Tage veröffentlichten, hat die HeengerS uottz dort schon einen bedenklich hohen Grad erreicht; bereits 2 226 000 Menschen sind unterstützungsbedürftig. Bei dieser Sachlage gewinnt der folgende vom 1. December datirte Brief unseres ständigen Herrn Mitarbeiters in Bombay an Interesse: Die außergewöhnliche Hitze der letzten Wochen hat die Aussichten für die Erute im Großen und Ganzen noch verschlechtert, während nur in wenigen Distrikten infolge erfolgten Niederschlages eine Verbesserung zu verzeichnen ist. Es ist ein große- Glück, daß die Ernten in der großen und bevölkerten Proviiiz Bengal und in über der Hälfte der umfangreichen Nord-West-Provinz, die ebenfalls dicht be völkert ist, gute sind. Ferner trifft dies für Burmah, die Madras-Provinz und den Staat Mysore zu. Weniger günstig, wenn auch noch nickt zu Besorgniß Anlaß gebend, stehen die Ernten in dem südlichen Theile deS Mahratta- Lande« und des Deccan und in dem größten Theile des Nizam-RcicheS; ferner in dem größeren Theile der Central- Provinz und der westlichen Hälfte der Nordwest-Provinz Die letzte Gruppe enthält diejenigen Theile deS Landes, die schwer geschädigt sind und in denen HuugerS- noth eintreten wird. DaS Areal für da- ganze zu dieser Gruppe gehörige Gebiet beträgt 21452 deutsche Quadratmeilen des englischen Territoriums mit einer Einwohnerzahl von ca. 15 000 000 Menschen und 53 630 deutsche Quradlmeilrn ein heimischen Gebiets mit der gleichen Einwohnerzahl von 15 Millionen. — Es erstreckt sich über die Central-Provinz, Berar, den nördlicken Theil deS Deccan und Guzerat, sowie auf einen großen Theil deS Punjab. Ferner sind die in der Mitte Vorderindiens gelegenen kleinen Staaten unter ein heimischen Fürsten darin begriffen. Ohne Zweifel genügt der Getreidevorrath Indien- für die Versorgung des Reiche-, aber bei den ungeheuren Preisen kann der arme Man» natürlich nickt daran denken, davon für sich und sein Vieh zu kaufen. Bei den im August cr. begonnenen Arbeiten zur Unterstützung der armen Bevölkerung werden zur Zeit schon 250000 Mcnscheu in Britisch Indien beschäftigt gegen 50 000 in 1896/97. Der große Unterschied bat seinen Grund einmal darin, daß da» Elend dieses Jahr früher eingesetzt bat, aber daß ferner die Re gierung auch rechtzeitiger Schritte zur Unterstützung gethan hat. In Folge deS schlechten Standes der Baumwoll-Ernte und der damit verbundenen rapiden Preissteigerung für das Rohmaterial eineSthrils und der Ueberproduction von Garnen und der Anhäufung dieses Artikels in Shanghai während der letzten Saison andererseits sind die hiesigen Spinnereien, deren Zahl 82 ist, der Frage einer Verkürzung der Arbeits zeit auf vier Tage in der Woche nähergetrelen, um dadurch einer schweren Krisis für die löbliche Textilindustrie vorzubeuzen. Allerdings wird diese Maßregel von der Mehrheit der Spinnereien nur dann angenommen werden, wenn diejenigen Ahmedabads, CalcuttaS und Japan» sich der Vereinigung ansckließen. Da aber di« Annahme durch die letzteren ausgeschlossen ist, so wird eS Wohl nur bei dem Vorschläge bleiben. Von anderer Seite wird ein Export zoll auf da? Rohmaterial proponirt, um di« gefährdete Line NorLlandgeschichte. Don v. Paul Kaiser. c-taLdcuck verböte».) „Du mußt sie nehmen, Nils, sonst bin ich Dir ewig gram und ziehe noch heute davon." „Du hast noch Eins nicht in Betracht gezogen, Falko. Wie Du wissen mußt, bin ich der Meinung, daß nur umherziehend« Lappen Rennthiere halten sollten." „Dummheiten! Siehst Du nicht, daß Bauern, welche Renn- thiere halten, besser gestellt sind als die Anderen? Unser wildes Berg land Härjedalen ist mehr für das Rennthier als für das Rittd. Und kann ich nicht mit unserer Herde als Dein Knecht uncherziehen?" „Jakko, Du solltest mein Knecht sein? Du, mein Freund, mein HertzenSbruder, mein Wohltlhäter?" „Wir Lappen müssen die Knechte und Rennthierhirten der Bauern werden. So wird aller Streit verschwinden, der jetzt zwischen ihnen besteht. Der Lapp« läßt dann die Thiere nicht mehr auf fremdes Eigrttthwn gehen, und der Bauer wird die Rennthiere ificht mehr niederschirßen oder von den Lappen Schadenersatz eintreiben." „Das ist ein merkwürdiger Friedensschluß, den Du zwischen beiden machen willst!" „Einen anderen Friedensschluß giebt eS nicht, auch nicht zwischen uu-, al» daß Du die Thiere übernimmst und ich Dein Knecht werde. Sonst würde doch meine Herde Dir Schaden au- richten auf Deinem Gut, und daS würde unsere Freundschaft sofort stören!" „So soll ich wirklich «inen Sftg und Frieden mit solcher Niederlage abschliehen?" „Ich werde aus diesem Frieden nur Bortheile Ziehen, Nil-, und vor mancher gefährlichen Versuchung bewahrt bleiben. Pastor Fjällböck sagte stets, wir Lappen seien von demselben Stamm wie die Lhinvser^ welche dir volkreichsten Länder der Erde haben. Was jedoch di« Lappe« so vermindere, sei, daß fle mehr und mehr in diese umvirthlichen Gegenden hinaus gedrängt worden wären und so großer Kälte und unsäglicher Mühsal ausgesetzt find. Aber ich meine, was sie besonders ver mindert, ist, daß man ihnen in schändlicher Gewinnsucht und Betrügerei den Branntwein zugeführt hat." „Ich glaube", antwortete Nils, „daß Du von Pastor Fjällbäck jedenfalls Eins sehr gut gelernt hast, nämlich das Predigen." Nils ergab sich nun und schloß den aufgedrungenrn Frieden. Er sprach feinen Dank aus, aber als Antworr umarmte ihn Jakko aufs Heftigste. Er hob ihn stürmisch hock, und schwenkte ihn herum, als ob sie noch Schulknaben wären. Stuhl und Bank wurden dabei umgeworfsn. Tante Lena, die Haushälterin, war überaus verwundert, als sie solchen Lärm nebenan hörte. Hatten sich die beiden Freunde entzweit beim Wiedersehen und waren gar handgemein? Sir tonnte sich das nicht als möglich Vorsteven. Aber wieder hörte sie den verdächtigen Lärm. Da öffnete sie die Thür, um zu sehen, was es denn gebe. Als sie aber fröhliche Laute hörte und durch den Thiirspalt Jakto's Füße bald an der Decke sah, bald umgekehrt, Nils die selbe Luftfahrt machen sah, war sie beruhigt und kehrte lachend zurück. Etwas erstaunt war Tante Lena aber doch, da sie um Nils' schwere Sorgen wußte. Nach einigen Augenblicken kam Nils herein. Jetzt leuchtete und flammte eS auf seinem Gesicht wie strahlendes Nordlicht über der Nacht. Es lag auch eine seltene Frische in seiner Stimme. Helles Silber, nicht mehr die tiefen Töne. Es war, als käme wirklich eine andere Zeit zurück, eine ltebe, schöne, ver klungene. Mit seiner neuen, schönen Stimme sagte NilS: „Nun, Tante Lena, koche uns schnell Kaffee! Jakko und ich haben ein so gutes Geschäft gemacht, daß wir diesen Tag ge hörig feiern müssen. Wir werden auch jetzt wieder zusammen bleiben." Nils' Vater saß am Ofen und schnitzte an einem Holzlöffel. Er hörte nun, daß Nils Jakko's Herde erhandelt habe. Als Nils das sagte, war er besonder« aufgeräumt. Der Alte aber sah in seiner düsteren Stimmung sehr er staunt aus und sagte: „Hast Du denn Geld, um einzukaufen? Hast Du aufs Neue Schulden gemacht?" „Damit hat es nichts aus sich, Bater. Bald kann ich meine Schulden bezahlen", antwortete Nils. Der Alte lächelte. ES war daS Lächeln des Zweifels, daS er um seine Mundwinkel spielen ließ. Dann beugte er sich wieder über seine Schnitzarbeit. Tante Lena hatte dagegen ein ganz anderes Temperament. Sie war mehr sanguinischer Art. Nachdem einmal ihr für die Lebensfreude und Heiterkeit empfängliche- Herz einige zündende Funken in sich ausgenommen hatte, da jubelte sie, sprang und hüpfte um das Herdfeuer, und in einigen Minuten war der Kaffee fertig. „Herzeniiakto, Niela, jetzt kommt!" Damit setzte sie einen Tisch dicht an den Allen heran, damit er nicht aufzustehen brauchte. Dann fing der Extrakaffee an, auch sein gedrücktes, zweifelndes Gemüth etwas zu erfrischen. Er wurde gesprächiger, und Jakko mußt« ihm über die fünf Trennungsjahrc berichten. Die beiden jungen Leute aber neckten sich, wie zwei über- müthige Schulknaben. Diese Kinder der Natur tragen ihre Freude auch auswendig. Am aufgeräumtesten aber schien doch Jakko. Ihm war so wonnig uno warm ums Herz. Geben ist noch seliger als Nehmen. Wie die Kinder des Nordlandes am Jul- fest scherzen, springen und tanzen unter der Jul- oder Weih nachtstanne, so äußert« sich dir Freud« der beiden Freunde in Mienen und Scherzen, in Armen und Beinen. Am Herde stand ein eiserner, großer Ofen, aus Ljusnedals Eisen- und Hüttenwerk vor Zeiten erstanden. Man pflegte ihn nur im Winter zu benutzen, wenn es sehr kalt war. Ein solcher Nothhelfer war er viele Jahre schon gewesen. Di« Fabrikmarke stellt« einen Lappen vor, der in seinem niedrigen Schlitten saß und ein mächtig ausschrcitendes Rennthier lenkte, Nils und Jakko hatten als Kickdrr so oft dieses Bild betrachtet, aber heut« war es wie neu vor ihren Augen. „DaS ist «in Lappmann, den dieses Bild vorstellt, sagte Nils, indem er sich an dem eisernen Ofen ein Streichholz an zündete und sein« Tabakspfeife anbrannte. „Sieh, der Lapp mann macht, daß es vorwärts geht." „Nein", sagte Jakko, „da- ist nicht der Lappmann, der die Fahrt macht, sondern das Rennthier." „Ich hätte kein Rennthier, wenn nicht mein Lappmann wäre." „Der Lappmann weiß dem Bauer Dank, daß er ihn anncchm in seinen Dienst." Jetzt gingen die beiden Freund« hinaus. Da kam Nils noch ein Gedanke. „Aber Jakko, wenn Du einmal heirathen solltest!" Mit diesen Worten hakt« NilS «ine wund« Stell« im Herzen deS Freundes getroffen. Jakko erschrak innerlich, aber er ließ sich das nicht merken. Freilich, so beredt er vorher auch ge- ivesen war, jetzt brachte er nur halblaut das Wort hervor: „Ich verheirathe mich wohl nicht." Es entstand «ine klein« Pause, worauf Jakko, der sich jetzt schnell gefaßt hatte, sagt«: „Aber wenn Du einmal heirathest, Nils, dann kann ich viel- l«icht nicht mehr bei Dir wohnen?" ,-2«i darum unbesorgt!" „Ich hätte doch zu unser«! Abmachung einen Zusatz machen müssen", sagte Jakko mit scherzhaftem Lächeln. „Ich werde einmal einen Zusatz machen, wenn et nöthia wird", erwiderte Nils. „Wenn Du des Kirchenvogts Töchterlein nimmst, so ist ein Zusatz unnöthig. Denn der Kirchenvogt hat viel« Rennthiere Alle rennthierdesitzenden Schweden sind freundlich grgen uns Lappen." Nils Ersson hatte zu di«ser Parti« wenig Aussicht. Er hatte ein stilles, eingeschränktes Leben geführt. Es waren jetzt ganz andere junge Leute nach Härjedalen ge kommen, die bei den entstehenden Berg- und Hüttenwerken be schäftigt waren und beim Ktrck-nvogt ein- und au-gtngen. „Nein, Jakko", sprach Nils, „ich sagte: Wenn Du einmal heirathen solltest! — uns Du drehst di« Sache um. Der Lapp mann hier hat mich lieb, ob ich gleich ein Bauer und kein Lappe bin. Denn er ist mit mir in einem Nestlein ausgewachsen, wir ein leibhastrrlicher Bruder. Aber ob mich auch einmal Deine Lappin wird leiden uiw lieben können, wenn sic auf unseren Hof kommt, der doch Dein ist, Dein?" , Wieder fehlte Jakko hier Beredtsamkeit und Schlagfertig leit, uttd stockend und halblaut sagte er: „Herzlirbrr NilS, Drin Hof ist Dein. — Ich werde auf Deinen Hof nie ein Weid führen. — Ich werde mich nicht verheirathen." VIII. Es giebt noch Länder, in denen es ähnlich ist, wie im Anfang der Zeiten. Vieh ist da« Geld ver Menschen. Zwischen Knechr und Herrn, Magd und Frau ist kein großer Unterschied, in der Kleidung nicht, in der Nahrung nicht, in der Sprache nicht. Sie essen an demselben Herdfeuer. Unter den Lappen ist «S so. Da, wo die Bauern wohnen, ist es ander». Auch unter den Lappen kann e- Ausnahmen gaben. Hochmuth findet sich b«i allerlei Volk, er kann auch ün Nordlackd der Lappen au-nahm-- w^ise gedeihen. Wenn des Großlappen Einar Rennthierherden in einer jener Gegenden sich aufhielten, konnte man die weite öde Schnretrift bevölkert nennen. Diele Herden von je tausend Drück nannte er sein Eigenthum. Wie ein dichter Wald von Geweihen kamen die Thiere auf der Wanderung angezogen. Bon Eivar'S Reichthum sprach man viel. Hatte er doch neben feinem Herden reichthum mindesten- füntkzigtausend Kronen aus einer Bank in Oestersund. Einar hatte viel Knechte und Mägde nöthig. Schon di»sr
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