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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.08.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-08-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010822017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901082201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901082201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-08
- Tag1901-08-22
- Monat1901-08
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Auzetgen-PretS die 6gespaltene Petitzeile L5 Reelamrn unter dem RedacnonSstrta» sä gespalten) 78 H, vor den Familien nach» richt« (S gespalten) KO Tabellarischer und gifsernfatz entsprechend Häher — Gebühren für Nachweisung« and Offertenannahme Sk («xel. Porto). Srtra-lveilagen (gefalzt), nur mit der Morg«.AllSgab«, ohne PoftbefSrderung ^» ÜO.-^, mit Postbesärdeiung 7V-—» Annalfmeschlvß für Anzeige«: Abend-Autgab«: vormittag» 10 Uhr. Morgen-Au-gabe: Rachmit»g» 4 Uhr. Bei de, Filiale» and Annahmestellen je ein« halbe Stunde früher. Artzeigen sind stet» an di« Vxpeditton zu richte«. Die Expedition ist Wochentag» ununterbrochen ge-ffnet von früh 8 bi» Abend» 7 Uhr. Druck end Verlag von E. Pol, i» Leipzip. 426. Donnerstag den 22. August 1901. 95. Jahrgang. Die prastdialvorlage. pbr. Nun sind bald vier Wochen verstrichen, seitdem -der Reichskanzler sich veranlaßt gesehen hat, den Entwurf eines Zolltarifs der Öffentlichkeit zu übergeben. Wer aber behaupten wollte, daß seit dieser Veröffentlichung die Verhältnisse irgend wie klarer geworden wären, müßte der Wahrheit ins Gesicht schlagen. Im Gegentheil. Größere Unklarheit, als sie zur Zeit herrscht, ist kaum zu denken. Vor allen Dingen ist vollständig in Frage gestellt, welchen staatsrechtlichen Werth der veröffent lichte Entwurf überhaupt hat. Er soll eine Präsidialvorlage sein. Bislang lebte man in der Meinung, auch eine solche Er läge müsse zweierlei zur Voraussetzung haben: erstens, daß der Kaiser seine Unterschrift gebeben und hiermit, wenigstens im Allgemeinen, auch seine Zustimmung in materieller Hinsicht er- theilt hätte; zum Zweiten, daß das preußische Staats ministerium dir Vorlage geprüft und im zustimmenden Sinne begutachtet hätte. Beides soll in diesem Falle nicht zutreffen. Ungewöhnlich geschäftige Federn sind bestrebt, zu Gunsten der Stellungnahme des Kaisers jeden Vorbehalt zu machen. So weit sei der Entwurf gar nicht ausgereift, daß auch der Kaiser schon materiell dazu hätte Stellung nehmen können. Einst weilen handle es sich nur um eine Ausarbeitung, die durch das Reichsschabamt, das Reichsamt des Innern, das Auswärtige Amt und durch das preußische landwirthschaftliche Ministerium gegangen sei. Wir verzeichnen wenigstens mit Genugthuung, daß nach dieser officiösen Auslastung das Auswärtige Amt sein Placct zum Entwürfe bereits gegeben hat. Dann wüsten jedenfalls Sondirungen stattgefunden und zu solchen Ergebnissen geführt haben, daß man erwarten darf, auch auf der Grund lage dieses neuen Entwurfs zu Handelsverträgen zu gelangen. Denn darüber im Wege der Sondirung Aufschluß zu verschaffen, dürfte die einzige Mitarbeit sein, welche das Auswärtige Amt bei der Vorbereitung eines autonomen Tarifs zu leisten hat. Aber so angenehm es ist, von dieser Mitwirkung des Aus wärtigen Amtes zu erfahren, so überraschend ist es dann wieder, daß das preußische Staatsministerium sein Gutachten zu dem Entwürfe noch nicht abgegeben haben soll. Dann kann selbst verständlich auch der Kaiser eine Stellung noch nicht genommen haben, denn als Kaiser ist er dazu überhaupt nicht in der Lage, — dort ist er an die Uebereinstimmung der gesetzgebenden Factoren, Bundesrath und Reichstag, gebunden. Einen activen Äntheil an der Reichsgesetzgebung kann er nur als König von Preußen nehmen, doch muß da wiederum eine Berathung und Beschlußfassung im Staatsministerium vorausgegangen sein. Wir haben allerdings geglaubt, sicher zu wissen, daß der aus den Reichsämtern hervorgegangene und vom preußischen Land- wirthschaftsminister bereits zustimmend begutachtete Entwurf im Juni auf der Tagesordnung der Sitzungen des Staats ministeriums gestanden habe und daß in Erledigung dieser Tagesordnung Beschlüsse gefaßt worden seien. Anscheinend ist aber die Berathung nicht bis zu Ende geführt worden. Man wird nicht erfahren können, welche Theile des Entwurfs bereits erledigt sind und welche noch nicht. Immerhin darf man an nehmen, daß das preußische Staatsministerium den Entwurf nicht von hinten herein, sondern vom ersten Paragraphen ab in Berathung genommen hat, daß also jedenfalls über den kritischen Z I, der die Mindestzölle für Getreide enthält, ein Beschluß vorliegt. Ist dies der Fall, dann ist es wenigstens ausgeschlossen, daß der König von Preußen von seinem Ministerium gegen den § I des Entwurfs berathen werden wird, wenn es auch noch lange nicht feststcht, wie der Monarch demnächst auf die Vor stellungen seines Ministeriums reagirt. Wäre es nicht der Fall, daß Graf Bülow wenigstens das preußische Staatsministerium hinsichtlich des 8 1 hinter sich hat, wäre dieser 8 1 nach der staatsrechtlichen, volkswirthschaft- lichen und handelsvertragspolitischen Seite hin ein in der Luft schwebendes Stückchen Papier, dann wäre auch die Veröffent lichung des Entwurfs ein unverzeihlicher Fehler. Was hätte eS schaden können, wenn in Stuttgart oder in London ein Entwurf veröffentlicht worden wäre, der gar kein Entwurf ist, auch keiner sein soll und in dieser Form schwerlich Entwurf werden wird? Dann hätte der Kanzler besser getban, es auf die Jndiscretionen der Verschachern eines entwendeten Exem plars ankommen zu lassen und achselzuckend zu bedauern, daß die indiscreten Leute mehr wüßten, als er selbst. Wenn aber wenigstens irgend ein Hintergrund zu dem Entwurf vorhanden ist, so daß er halbwegs die Bedeutung einer Präsidialvorlage hat, so verstehen wir nicht, warum die offenbar aus dem Reichskanzleramt inspirirten Federn nicht nur zu Gunsten des Kaisers und des preußischen StaatSmini- sicriums, sondern sogar zu Gunsten des Reichskanzlers jeden erdenklichen Vorbehalt macken. Eine Person im weiten deutschen Reiche muß doch schließlich bereit sein, das veröffent lichte Schriftstück zu vertreten. Wenn die extremen agrarischen Richtungen jetzt herzhaft mehr verlangen, nachdem wochenlang die Extremen auf der anderen Seite daS Wort gehabt haben, um womöglich unter die Kornzollsähe Kes Vertragstarifs von 1891 hinunter zu kommen, so muß es doch irgend einen festen Punct in der Fluckt der Erscheinungen geben. So wenig die Antikornzollagitation den Verantwortlichen Staatsmann im Reich« berechtigte, sich den extremen Agrariern in die Arme zu werfen, so wenig darf er jetzt den Letzteren erklären: Wenn Ihr so unverschämt fordert, flüchte ich mich ins Laaer der Antikorn zollliga. Thatsächlich liest man aber eine solche Ankündigung der Flucht vor den Hochschutzzöllnern in Preßartikeln, über deren Herkunft Zweifel nicht bestehen. Und daS ist eS, waS die Situation so sehr verwirrt. Niemand weiß mehr, wen er morgen noch zum Freunde hat. Ob die Regieruna eS bis Ende November mit ansehen will, wie solchermaßen Alles in Disso nanzen sich auflöst? Der französisch-türkische Consiict. Wir tbeilten bereit» al» Extrablatt und in einem Theile der gestrigen Abendausgabe folgende- Telegramm mit: * «onftantinoprl, 81. August, (..«gence Hava«".) Trotz der formellen Bersickerungen de» Minister» de» Auswärtigen und trotz d<» dem französischen Botschafter Lonstan» in der Audienz vom Donnerstag gegebenen Worte» hat de« Sultan feine Versprechung« und sein Wort wegen de» Ouai-Rückkaufe» und der Liquidation der strittigen Schuldsorderungen zurück gezogen. Wegen diese» Wortbruche» hat der französisch« Bot schafter Lonstan» dem ersten Sekretär d»S Sultan» die Er- klärung abgegeben, daß er alle Beziehungen zu der otto- manischen Regierung obbreche und davon seiner Negierung Mittbeilung gemacht habe. Da» sieht fast au» wie ein Kriegsfall, doch ist eS hoffentlich nicht so tragisch zu nehmen. Die Beziehungen haben schon manchmal einige Botschafter in Konstantinopel abbrechen wollen, den Record bat in dieser Beziehung wohl Baron Ealice, der Vertreter Oesterreich-UngarnS, erreicht. Immerhin erscheint die Lage am Bosporus gespannt, auch wenn man auf eine Meldung auS Galay, daß die im Donauhafen von Ismail (Bessarabien) liegenden russischen Torpedoboote auf 20 vermehrt wurden und die Anwesenheit mehrerer russischer Avisodampfrr im Kiliaarme, sowie große russische Truppenbewegungen längs der Pruth- grenze festzustellen seien, kein Gewicht legt. Die ganz« Frage der Quaiangelegenheit ist eine reine Finanzfrage auf französischer Seile und ihre Aufrollung tollt sich zu einem gewissen Tbeile als die Aufbauschung gewisser Forderungen bar. Constans, der frühere thätigc und erfolgreiche sranzösische Minister des Acußern, hat einen großen Thätivkeilsdrang und die Quaifrage scheint ihm recht gekommen zu sein, um mit der Pforte und persön lich mit dem Sultan, bei dem er persona grata war, ein Hühnchen zu pflücken. Er hat deshalb in der Audienz im Juli nicht nur von der Quaigesellschaft ge- prochen, sondern verschiedene andere Puncle mit er wähnt. Es handelt sich im Wesentlichen um Fol gendes: Mit ungefähr 35 Millionen bat eine fran zösische Gesellschaft Quaianlazen in Konstantinopel her gestellt und der Sultan beabsichtigt, diese Anlagen von der Gesellschaft zu kaufen, wahrscheinlich damit die Türkei eine bessere Controle über die verkehrenden Schiffe erhält. Es liegt also für die Türkei ein politischer Grund vor. Die Ouaiverwaltung verlangte vom Sultan 45 Millionen, 41 Millionen gestand ihr der Sultan zu. Nun geht aber bekanntlich ein Geschäft in der Türkei nicht allzu schnell und da der Gesellschaft der Abschluß zu lange dauerte, begann sie auf Grund einer alten Concessio» neue Anlagen zu errichten. Darob großer Unwille beim Groß herrn und der Bau wurde untersagt. Jetzt nahm CoustauS da» französische Capital in Schutz und brachte neben der Quai geschichte noch die Angelegenheit eines französischen Groß grundbesitzers in Albanien zur Sprache, der angeblich von den türkischen Behörden nicht in seinen Rechten geschützt wurde. Diese Frage soll unterdessen erledigt sein. Da aber ConstanS einmal beim Aufwaschen alter Wäsche war, so machte er auch eine Forderung französischer Bankiers geltend, Vie vor Iabren dem Sultan Murad Geld geliehen hatten und deren geforderte Summen sich allmählich mit ZinS auf 50 Millionen erhöht hatten. Diese Forderung hat dann Constans nach und nach auf 1l und 9 Millionen ermäßigt. Auch diese letzteren zu bezahlen, weigerte sich der Sultan. Nun ist es gegangen, wie eS immer in der Türkei zu gehen pflegt. Es wurden Commissionen zur Prüfung ein gesetzt, eS wurden Gutachten abgegeben und schließlich wich der Sultan dem Drängen und sagte zu, zu bezahlen. Dann, daS ist nichts Neues, wurde er wieder wankel- müthig und zog sein-Zusage zurück, und so ging daS Spiel, daS inzwischen von Paris mit Hochdruck gefördert wurde, weiter. Da der Sultan sich recht zurückhaltend zeigte, wurde die zweite Division des MittelmeergeschwaderS mobil gemacht und sie hält sich jetzt in Villafranche zur Verfügung des Marineministers auf. So liegen die Dinge. Wenn man Wolken sehen will, so sind sie, wie schon neulich erwähnt, am orientalischen Horizont reichlich vorhanden. Es ist jedoch immer noch gute Hoffnung, daß es den vereinten Mächten und dem guten Willen der Betbeiligten gelingt, sie zu verscheuchen. Deutsches Reich. Berit«, 21. August. (Ein neues — deutsches — System für automatische F e r n s p r e ch Ver mittelung.) Nachdem in Berlin vor wenig mehr als einem Jahre die erste automatisch betriebene Fernsprech-Centralc Deutschlands — bekanntlich eine Einrichtung amerikanischen Ursprungs — eröffnet wurde, ist es neuerdings einem deutschen Erfinder, Ingenieur Friedrich Merk in München, ge lungen, dieses amerikanische System in ganz ungeahnter Weise zu übertreffen. Wie uns von fachmännischer Seite berichtet werd, hat Ingenieur Merk auf Grund mehrjähriger, an dauernder Specialstudien ein Project für eine automatische Fernsprech-Centrale mit 10 000 Anschlüssen auSgearbeitet. Diese neue Centrale des Herrn Merk soll sich nicht nur durch eine außerordentliche Einfachheit der Einrichtungen auSzeichnen, sondern eS ist auch, was für die Gebührenfrage besonders in» Gewicht fällt, der Gesammtaufwand an technischen Hilfsmitteln äußerst gering. Er ist etwa 80 Procent geringer al» bei dem in Berlin einaeführten System Strowger, das bisher als da» beste aller Systeme gegolten hat. Die Gebrauchsweise der Apparate bei den Sprechstellen ist die denkbar einfachste und wird unS wie folgt beschrieben: Um eine Verbindung herzu stellen, braucht der anrufende Theilnehmer nur zwei Hand griff« auSzuführen, nämlich erstens an einem kleinen Zählwerk die Rufnummer de» gewünschten Theilnehmer» einzustellen und zweiten» den Fernhörer vom Aufhängehaken abzunehmen. Für den angerufenen Theilnehmer genügt der zweite Handgriff allein. Zur vollständigen Auflösung einer bestehenden Der- binduna genügt e», wenn einer der beiden Theilnehmer oder auch beide den Fernhörer wieder am Aufhängehaken anhängen. Sin besondere» Schlußzeichen ist somit nicht nöthig. Auch sonst ist allen Anforderungen der Sicherheit und Bequemlichkeit de» Betriebe» vorzüglich Rechnung getragen. Zwei mit einander in Verbindung siebende Tbeilnebmer lönnen von dritter Seite weder belauscht noch irgendwie gestört werden. Hat ein Theilnehmer einen Theilnehmer 8 in der vorhin bezeichneten Weise an- gerufen, so ertönt bei 8, fall» er frei ist, selbstthätig und in periodischen Unterbrechungen ein Weckzeichen so lange, bi» ent weder 8 durch Abnehmen de» Fernhörer» dem Anruf Folge leistet oder bi» durch Mederanhängen de» Fernhörer» die Verbindung auflöst, um den Theilnehmer vom Erfolge seine» Anrufe» auf der Stelle ,u unterricht«, ist dafür ge- sorgt, daß in dem Fall, wo 8 frei ist, der Fernhörer des einen lauten Ton vernehmen läßt, der so lange andauert, bi» 8 sich meldet oder X die Verbindung aufhebt. Ertönt der Fernhörer des nicht, so gilt dies als Zeichen, daß 8 zur Zeit nicht angerufen werden kann. Läßt in diesem Fall seinen Fernhörer so lange abgenommen, bis 8 zugänglich wird, so wird ohne den Anruf wiederholen zu müssen, sofort mit 8 verbunden. Haben mehrere Theilnehmer, ^., . . . . gleichzeitig oder kurz hinter einander einen Anruf an 8 ge richtet, so werden, sobald 8 jeweils frei wird, . der Reihe nach und ohne weiteres Zuthun mit 8 verbunden. WaS endlich die Zahl der Leitungen betrifft, so ist jede Sprech stelle mit der Centrale durch zwei metallische Leiter verbunden. Dieselben werden für die Sprechzwecke zu einer in sich ge schlossenen Schleife vereinigt, in welcher außer den üblichen Fernsprechapparaten keine weiteren Einschaltungen vorhanden sinv.— Soweit die Mittheilungen unseres fachmännischen Ge währsmannes. Diese wenigen Angaben berechtigen jedenfalls zu dem Schlüsse, daß die neue Erfindung einen außerordent lichen Fortschritt auf dem Gebiete des automatischen Fernsprech wesens bedeutet. Denn der Hauptmangel der bisherigen Systeme, der allzu große Aufwand an Einrichtungen, scheint hier wirksam beseitigt zu sein. Damit würden sich denn auch die Aussichten auf eine allgemeinere Einführung des auto matischen Fernsprechbetriebes und die damit bezweckte Er mäßigung der Fernsprechgebühren wesentlich bessern. Vielleicht wird daS System Merk bald seiner praktischen Erprobung zugeführt, um zu beweisen, daß eS eine wirkliche und bedeutende Verbesserung und Verbilligung gegenüber dem amerikanischen System bedeutet. --- Berlin, 21. August. (Ein wichtiger Beitrag zur Schulpolitik.) Ein wichtiger Beitrag zur Schulpolitik ist in einem Aufsatz« der kleri kalen „Köln. Volkszeitung" über die Los-von-Rom- Bewegung enthalten. Als wirksames Mittel gegen letztere empfiehlt das rheinische Centrumsorgan guten Religions unterricht, der in Oesterreich fehle. „Man klagt", schreibt die „Köln. Volksztg." wörtlich, „schon in Deutschland manchmal, daß die schulentlassenen katholischen Kinder gegen Angriffe auf ihren Glauben nicht hinreichend gewappnet seien, aber in Oester reich ist «S jedenfalls weit schlimmer. Die der Schule ent wachsene Jugend versteht vom katholischen Glauben oft nicht viel mehr, als untergeordnete Aeußerlichkeiten. Auch in Berlin, wo Schaaren junger katholischer Oesterreicher leben. .. Nicht viel besser fanden wir die «Kenntniß dessen, worauf es hauptsächlich ankommt, in manchen Gegenden Böhmens; über das Kirchweihfest wußte man erheblich besser Bescheid, als über die wesentlichsten Glaubenssätze des Katechismus." — Um die politische Bedeutung dieses vernichtenden Urtheils richtig wür digen zu können, muß man sich Folgendes vor Augen halten. Die Ziele des Religionsunterrichtes werden in Oesterreich von der Kirche festgesetzt. MS R e l<i g i o n S l e l^rle r fungirt in Oesterreich gewöhnlich der O r t s g e i st l i ch c; wo ein solcher nicht vorhanden ist, kann der Religionsunterricht mit Zustimmung der Kirchenbehörde dem Lehrer übertragen werden. Daß „liberale" Lehrer nur in Ausnahmefällcn von der Kirchenbehörde mit dem Religionsunterricht werden betraut werden, darf als sicher gelten. Die Kritik der klerikalen „Köln. Volkszeitung" fällt also in der Hauptsache auf die katholischen Geistlichen Oesterreichs und die klerikale Lehrerschaft zurück. Wenn aber etwa «ingewendet werden sollte, daß in den österreichischen Schulen nichtkatholische Einflüsse sich geltend machten, so thut die Statistik die Haltlosigkeit derartiger Behauptungen dar. An den 17177 Volksschulen Oesterreichs wirkten im Jahre 1890, ohne die Fachlehrer, 32 591 männlich« Lehrkräfte, und zwar 32 383 weltliche, 208 geistliche. Davon waren 30179 römisch- katholisch, 1413 griechisch-katholisch, 429 evangelisch, 226 jüdisch. Weibliche Lehrkräfte für theoretische Gegenstände wurden: 7187 gezählt, außer 365 Nonnen. Daß der Procentsatz der katho lischen Lehrerinnen mindestens ebenso groß ist, wie der der katho lischen Lehrer darf mit Sicherheit angenommen werden. Aus den vorstehenden Zahlen erhellt die Bedeutungslosigkeit des nicht katholischen Einflusses in den österreichischen Volksschulen. An daS vernichtende Urtheil deS rheinischen Centrumsblattes über den katholischen Religionsunterricht in Oesterreich wird eventuell bei Schuldebatten im preußischen Abgeordnetenhause und ander wärts erinnert werden müssen! L. Berlin, 21. August. (DerAufklärung bedürf tig.) InRastatt hat sich ein G e f r e i t e r d e s Musik corps vom Infanterie-Regiment Nr. 111, der als Freiwilliger eingetreten war, um die Laufbahn als Militärmusiker einzu schlagen, erschossen, weil er wegen Ausbleibens über Ur laub mit 10 Tagen strengem Arrest und Versetzung in die Com pagnie bestraft worden war. Ein im „Vorwärts" veröffent lichter Brief deS Gefreiten an seine Eltern läßt über dieses Motiv keinen Zweifel zu. Da schon die Bestrafung mit 10 Tagen Arrest für ein Ausbleiben über Urlaub ein« empfindliche Strafe ist, muß angenommen werden, daß die noch viel schwerere Strafe der Versetzung in die Compagnie — eine Strafe, die mit der Vernichtung der Carriöre des Betroffenen ziemlich gleichbedeutend ist — nicht verhängt worden wäre, «wenn der Gefreite sich nichl früher schon wiederholt dasselbe Vergehen hätte zu Schulden kommen lassen. Hierüber eine authentische Aufklärung zu er halten, darauf hat die Öffentlichkeit ein Recht, "weil die An nahme, daß im Heere drakonische Strafen in Disciplinarver- fahren verhängt werden könnten, die weitesten Volkskreise mit Beunruhigung erfüllen muß. Die Öffentlichkeit hat ferner das Recht, auch darüber Aufklärung zu verlangen, ob die Benach richtigung der Eltern vom Selbstmorde ihres SohneS, entsprechend einer Angabe de» „Vorwärts", lediglich durch daS Telegramm erfolgt ist: „Sohn todt, Beerdigung Donnerstag, 111. Regiment." — Wir halten eS für au»geschlossen, daß den Eltern keinerlei sonstige Mittheilung, sei e» vom Regiment, sei e» von der Compagnie, zugegangen sei. Bei Todesfällen von Soldaten pflegt der Compagniechef, wie wieder holt auch in der Presse bekannt wurde, den Angehörigen, auch wenn e» di« einfachsten Leute sind, sein Beileid in Formen auS- zusprech«, die der ritterlichen Gesinnung de» deutschen Officier- corp» entsprechen. Daß beim Infanterie-Regiment Nr. 111 ander» verfahren sein sollt«, erscheint nicht glaublich. Di« authen tisch« Aufklärung über diesen Punct liegt zunächst im Interesse de» genannten Regiment», sodann aber auch im Interesse deS gesammtrn Heere», gegen welche» der Verdacht, al» ob eine» seiner Glieder bei b«klagenswerth«n Vorkommnissen einer unritter lichen Handlungsweise fähig wäre, in bekannter Manier ausge spielt werden würde. (l. 8. Berlin, 21. August. (Privattelegramm.) Laut kaiserlicher Anordnung ist den TbrUnchmern der ikhtna- rrpeditton bei ihrer Pensionirung ein Jahr Dienstzeit an- zurechnen, wenn sie wenigstens einen Monat Theilnehmer gewesen, 2 Jahre sind anzurechnen, wenn sie mindestens neu» Monate als Theilnehmer außerhalb der Reichögrenze und der heimischen Gewässer zugebracht haben. — Ucber die Gründe zu dem Entschlüsse des Fürsten Wilbelm von Wted, seine Stellung al» Präsident de» deutschen FwtteiivereinS niederzulegen und gleichzeitig au» dem Gesamnilvorstande auszuscheiden, verlautet vorläufig noch nichts, doch wird man nicht fehlgehen, wenn man ibn mit der bekannten, in der Anlage verfchllen und demgemäß auch verunglückten ostasiatischen Nachrichtenexpedition des FloltenvereiuS in Verbindung bringt. Diese Expedition hat ungeheure Kosten verursacht, obne etwas zu leisten. ES wird dabei hervorgehoben, daß Niemand dem Fürsten andere als rein patriotische Beweggründe zntraut. Nachdem der Name ces Fürste» aber einmal mit dieser Angelegenheit verquickt war, ist es wohl begreiflich, daß die erlittene Enttäuschung ihn zu einem Verzicht auf seine Ehrenämter im Flotten verein bewogen hat. — Die Auskunft eines „hoben Beamten" über das Schicksal deS Zolltarifs, eines Beamten, der die Zoll- tarifvorlaze bearbeiten half, gegenüber dem Redakteur der „Neuen Bayerischen LandeSzeitung", Anton Memminger, lautet: „Wenn der Reichstag an dem Zolltarife viel herum- doctorirt, wird der Bundesrath die Handelsverträge einsach nicht kündigen, sondern alles beim Alten belassen." — Graf von der Osten-Sacken, der hiesige russische Bot schafter, hat sich in Begleitung seiner Gemahlin Von München aus zu einem Curaufenthalt nach Ragatz begeben. * Nordhausktt, 20. August. Heute Abend zwischen kV, und 7 Ubr haben die ausständigen Tabaksarbeiter gegen 25 GvrSbachcr Arbeiterinnen der Tabaksfabrik von Salfeldt L Stein in der Rautenstraße, der Haupt verkehrsstraße von Nordbausen, tumultartig« Auftritte herbei geführt, nachdem ähnliche Scenen sich schon früher abgespielt batten. Die zur Verstärkung der hiesigen Polizeimannschaft auS der Umgegend berbeigerufene Gendarmerie hat die Tumultuanten mit blanker Waffe auseinander- und zurückgetrieben und verschiedene Verhaftungen von Wider- spänstigen und Ruhestörern vorgenommen. Zur Vertreibung der Menschenmenge wurde auch die Wasserleitung an gewendet. Unter der Bürgerschaft herrscht, der „Magdeb. Zkg." zufolge, große Erregung gegen die Ausständigen. (-) Wilhclmshöhe, 21. August. (Telegramm.) Gestern Nachmittag unternahm das Kaiser paar mit Gefolge einen Ritt auf den Essigberg, wo auch das Souper eingenommen wurde. Heule Vormittag unternahm das Kaiserpaar einen Ritt durch den Habichtswald. Später hörte der Kaiser den Vortrag des Chefs des CivilcabinetS, der heute hier ein getroffen ist. -i- Altenburg, 21. August. Als Candidat für die bevor stehende Landtags-Ersatzwahl im vierten Wahlbezirke ist Pfarrer Mälzer in Zürchau in Aussicht genommen Worden. Da der betreffende Bezirk zweimal von den Social demokraten behauptet wurde, während bei der im Juni vor genommenen Neuwahl die vereinigten Ordnungsparteien einen glänzenden Siez errangen, so steht ein recht lebhafter Wahl kampf zu erwarten. >V. Meiningen, 21. August. (Privattelegramm.) Der Rechnungsausschuß deS Landtags ist zum 29.August einberufen. Die Einberufung des Landtages selbst wird im nächsten Monat erwartet. D München, 21. August. (Telegramm.) Der 17. DeutsweLandwirtbschaftlickeGenossenschafts- tag ist beute Vormittag im alte» NathbauSsaale durch den Vcrbanvsauwalt Geheimrath Haas eröffnet worden. Prinz Ludwig von Bayern übernahm auf Einladung den Ehrenvorsitz mit einer längeren Ansprache, in der er be tonte, daß neben allen sonstigen notbwcndigen Maßnahmen zur Hebung derLandwirlbschaft auch derLa ndwirth selb stthatig vorwärts streben und sich dabei mit anderen zusamme li sch li eßen müsse,um seine Produkte richtig auf den Markt bringen und zu einem entsprechenden Preise verkaufen zu können. Hierfür seien die Genossenschaften eines der beiten Mittel. Der Prinz verbreitete sich alSdann über die verschiedenen Arten der laiidwirthsckafklicken Genossenschaften, die Einkaufs-, Credit- und Verkaufsgenoffenschaften und andere, nnc hob dabei bervor, wer sich einer Genossenschaft anschließe, gebe zwar einen Tbeil der eigenen Selbstständigkeit auf, der Vortheil, der daraus entspringe, komme jedoch nicht nur ihm selbst, sondern auch der Allgemeinheit zu Gute. Auf die Rede des Prinzen, die mit lebhaftem Beifall auigeiiommen wurde, folgten Begrüßungs ansprachen der Vertreter deS bayerischen Ministeriums deS Innern, der Stadt München, des preußischen Landwirlhschafts- MinisteriumS und der österreichischen Genossenschaften. An den Kaiser und den Prinz-Regenten gingen Huldi gungstelegramme ab. Hierauf hielt ReickSrath Frhr. v. Soden einen Vortrag über die geschichtliche Entwickelung deS lanbwirlhschaftlichen Genossenschaftswesen» in Bayern. Frankreich. * Pari»,21.August. Tie außerordentliche marokkanische Gesandtschaft hat heute Vormittag Paris verlassen und sich nach Toulon begeben, wo sie sich am Freitag nach Tanzu cinschifft. Italien. * Livorno, 21. August. Die Straßenbahn-Be diensteten haben die Arbeit wieder ausgenommen. Großbritannien. Ter drutsche «ronprin». * Etzinburg, 21. August. Der deutsche Kronprinz ist heute Vormittag hier eingetrofsen und hat sich später nach Delmeny zum Besuche Lord Rosebery'» begeben.
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