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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.06.1902
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-06-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020624024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902062402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902062402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-06
- Tag1902-06-24
- Monat1902-06
- Jahr1902
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politischer SÄ» religiöser Fratzen innerhalb des Ber» bandes unzulässig ist. Sin Antrag auf Streichung dieser Bestimmung wurde damit begründet, daß sich die politische Partei und die Gewerkschaften gegenseitig unterstützen müßten, und daß auch der Gewerkschastscongreß den Standpunkt vertreten habe, daß Gewerkschaften und Socialdemokratie nicht getrennt werden könnten. Dessen ungeachtet wurde der Antrag abgelehnt. Die Angriffe, die auf dem Gewerkschaftskongresse aus Anlaß der be kannten Buchdruckerangelegenheit gegen die Leipziger Arbeiter gerichtet worden sind, sollen in einer späteren Bersammlung energische Zurückweisung erfahren. In Sachsen ist bezüglich der Einführung von einheitlichen Lohntarifen eine lebhafte °Agitation entfaltet worden. Mit dieser Angelegenheit gedenkt sich auch der Verbandstag zu befassen. Die hiesigen Gehilfen wünschen, daß der nächste Verbandstag in Leipzig abgehalten wird. H Leipzig, 24. Juni. Vermißt wird seitdem 20. Juni der Bahnarbeiter Karl Heinrich Schreiber, geb. am 13. September 1864 in Leipzig, aus seiner in der St. Privatstraße zu Gohlis gelegenen Woh nung. Derselbe ist von kleiner, schmächtiger Gestalt, hat schwarzes Haar,-schwarzen Schnurrbart und gelbliche Ge sichtsfarbe. Bei seinem Weggange war er unter Anderem bekleidet Mit braunem Jacket, dunkelblauer Weste und Hose, sowie schwarzem, weichem Kilzhut. Schreiber ist nervenkrank, und es wird befürchtet, daß er sich ein Leid angethan hat oder planlos umherirrt. I Leipzig, 24. Juni. Auf dem Spielplätze am Scheiben parke erschoßsich gestern Abend ein 27jähriger hiesiger Schuhmacher wegen körperlicher Leiden. — Jenes unbe kannte Mädchen, das sich am vergangenen Sonntag von einem Zuge der Verbindungsbahn bei Sellerhausen hat ii Verfahren lassen, ist als ein 17jähriges Dienstmädchen aus Beucha recognoscirt worden. Das Motiv der That ist unbekannt. — Heute Vormittag stürzte sich eine 45jährige Markthelfersehefrau an der Schrcbcrstraße in selbstmörderischer Absicht in die Pleiße, wurde aber lebend wieder herausgezogen und ins Krankenhaus gebracht. Körperliche Leiden scheinen das Motiv der That zu sein. —* Freiwillig stellte sich der Polizei ein 30 Jahre alter Brunnenbauer aus Kaselwitz, der von der hiesigen Staats anwaltschaft wegen schweren Diebstahls steckbrief lich verfolgt wird. — Verhaftet wurde ein schon bestrafter 31 Jahre alter Handelsmann, der dringend verdächtig ist, gestern an Schaufenstern der inneren Stadt Taschen dieb st ä h l e verübt zu haben. — Aus einer Wohnung in der Färberstrabe entwendete ein 14 Jahre alter Laufbursche aus Häringen, während er eine Be sorgung auszuführen hatte, einen Geldbetrag von 100 V/. Der Dieb wurde zur Verantwortung gezogen und das Geld konnte wieder zur Stelle geschafft werden. — Durch Betrug setzte sich ein 18 Jahre alter Handlungs lehrling aus Schmiedeberg in den Besitz einer großen An zahl w e r t hv o l l e r B ü ch e r u n d K art e n. Er^vurde in Haft genommen. — Dasselbe Schicksal erreichte einen schon vielfach bestraften 41 Jahre alten Arbeiter aus Bel gershain, der seine Ehefrau, die in einer Sektkellerei be schäftigt war, zum Diebstahl von Sect anhielt. — Mittels Nachschlüssels wurde aus einer Wohnung in der Bergstraße zu Bolkmarsdorf ein Geldbetrag v o n 35 g e sto h le n. — Ein Rover, Marke „Rubin", mit hoher, gebogener Lenkstange, ist gestern am Hauptpost amt gestohlen worden. — Abhanden gekommen ist am Güterbahnhof des Dresdner Bahnhofes eine K i st e, enthaltend einen dunkelbraunen Jacketanzug und eine Partie Wäsche, als Bett- und Kopfkissenbezüge, Herren hemden und Kinderwäsche. —* In der Wnrzener Straße in Reudnitz wurde gestern Nachmittag ein dreijähriges Mädchen von einem Radfahrerumgerissen, kam aber zum Glück ohne Verletzungen davon. Das Kind war direkt in das Rad hineingelaufen. — Gestern Abend wurde in der Frank sirrter Straße ein Handarbeiter von einem Möbel wagen umgerissen und überfahren. Er brach den rechten Unterschenkel und-wurde ins Krankenhaus ge schafft. sif Leipzig, 24. Juni. Seinen' Verletzungen er leg e n ist im Stadtkrankenhause jener 19 Jahre alte, in einer Ziegelei in L.-Gohlis in Stellung befindliche Ge schirrführer, welcher am Sonntag Vormittag im Pferde stalle seines Arbeitgebers von einem Pferde gegen den Unterleib geschlagen worden war und hierbei schwere innere Verletzungen davongetragen hatte. — In der Frankfurter Straße wurde gestern Abend bei einer Earambolage zwischen einem Lastgeschirr und einem Motorwagen der elektrischen Straßenbahn ein von der Arbeit heimkehrender 43 Jahre alter Arbeiter aus der Gutsmuthsstratze in Lindenau erfaßt und zur Seite ge schleudert. Hierbei erlitt der Bedauernswerthe einen complicirten Unterschenkelbruch. Der Manu fand Aufnahme im Staütkrankenhause. — In einem Anfalle von Schwermuth suchte sich vergangene Nacht eine 32 Jahre alte Schlossersehefraü in der Biedermann straße in L.-Connewitz zu erhängen. Sie wurde jedoch noch rechtzeitig in ihrem Vorhaben überrascht und nach dem Stadtkrankenhaüse gebracht. — Wurzen, 22. Juni. Der massive Förderthürm des Braunkohlenwerkes „Flora-Schacht" in Ragewitz hat bei dem Brande sehr gelitten. Er hat sich gesenkt und nach dem Luftschachte zu geneigt. Um einen Einsturz zu vermeiden, sollen Pioniere das Bauwerk mittels Sprengung niederlegen. Die bisherige Einfahrsstelle wird nicht wieder benutzt und für den Neubau des Fvrderthurmes wird ein anderer Platz, gewählt werden. Wenn irgend möglich, wir- die neue Schachtanlage so gelegt, daß die vom Feuer verschont gebliebenen Gebäude, Maschinenhalle u. s. w. stehen bleiben können und dann die Maschinen nur gedreht zu werden brauchen. Immer hin ist der Schaden sehr beträchtlich lnach oberflächlicher Schätzung 50 000 bis 60 000 * Glauchau, 28. Juni. Der Rath hat beschlossen, das Vermögen der Wehrdigter Ktrchenbaü- casse nunmehr an den Wehrdigter Kirchen vorstand -»übertragen. Es beträgt zur Zeit 23 303,03 Nennwerth und 23 256,53 Courswerth. Ein Betrag von 300 wurde vor längerer Zeit von einem Herrn unter der Bedingung bei -er städtischen Hanptcafse als Stiftung für die zu bauende Wchr- digter Kirche hinterlegt, daß die Stadt Glauchau das Patronat der Kirche erhalte. Diese Voraussetzung ist jedoch nicht eingetroffen. Der Rach hat sich nun dahin erklärt, daß auch die Beträge, die ausdrücklich für eine Wehrdigter Kirche mit dem Patronat der Stadt gestiftet worden sind, bet der Wehrdigter Kirchenbaucasse zunächst verbleiben. Die von Herrn Stadtrach Rueff für die Wehrdigter Kirchenbaucasse gestifteten 5000 sind bereits von der Erbin des Stabtrathes Rueff ausbezahlt worden. Wie der Rath ferner beschlossen hat, soll der Wehrdigter Kirchenvorstand verpflichtet bleiben, den Bestand der Wehrdigter Kirchenbaucasse sannnt Zinsen und Zinses zinsen lediglich zum Baue einer Kirche auf dem Stadttheil Wehrdigt zu verwenden und jederzeit dem Stadtrath auf dessen Verlangen Rechnung zu legen. — Freiberg, 22. Juni. Der Senior des Professoren collegiums der königlichen Bergakademie und Ehren bürger der Stadt Freiberg, Geheimer Rath Professor vr. psiii. und vr. iug. E. H. Cl. Winkler hat aus Rück sicht auf seine in letzter Zeit schwankende Gesundheit u m seineEntlassungauS demAmtefürden 1. Sep tember nachgesuckt. Die Chemie, der er mit unermüd lichem Fleiße sein arbeitsreiches Leben widmete, hat ihm hochbcdeutende Förderungen zu verdanken. Erinnert sei nur an die Entdeckung des Elementes Germanium und an die Erfindung -er Contactmethode bei ber Schwefelsäure darstellung.' In Anerkennung seiner hervorragenden Stellung in der wissenschaftlichen Welt ernannten verschie- dene wissenschaftliche Gesellschaften ihn zum Ehrenmit glied«; erst vor Kurzem noch wurde er zmn Ehrenpräsi denten des 1903 in Berlin tagenden internationalen Chemikercongresses erwählt. — Freiberg, 22. Juni. Nicht wie sonst mit Sang,und Klang, sondern in aller Stille wurde in diesem Jahre aus Anlaß des Ablebens des Königs das Prüferfest be gangen. Der Stifter A. B. Prüfer, nach dessen Namen das Fest benannt ist, ein Freiberger Äergmannskind, hat in einem Vermächtniß die Bestimmung getroffen, daß die Zinsen alljährlich an die Kinder im Alter von 10 bis 14 Jahren -er Belegschaft des Freiberger Bergbaubetriebes dergestalt zur Verwendung gelangen, daß diese, Knaben und Mädchen, Kleidungsstücke und andere nützliche Gegen stände erhalten und einen Tag bewirthet werden. Da der sonst übliche Festzug unterbleiben mußte, so wurden die Mn-er, ungefähr 800 an der Zahl, in den Räumen des Restaurants Tivoli und Bürgergarten mit Speise und Trank bewirthet und durch Spiele und dergleichen bis zum Nachmittag unterhalten. * Freiberg, 22. Juni. Während des Geläutes auf dem hiesigen Petrithurm löste sich gestern der 1 Centner schwere Klöppel einer Glocke und durchschlug den Glockenboden. * Zwickau, 23. Juni. Auf dem Forstschachte des Ober-' hohndorfer Steinkohlenbauvereins ist heute früh der 20 Jahre alte Fördermann Rudolf Döhler aus Vorder neudörfel tödtlich verunglückt, indem ihm durch hereinbrechende Kohle die linke Brustseite völlig einge drückt und dadurch sein sofortiger Tod herbcigeführt wurde. H- Falkenstein, 23. Juni. Eine der ältesten Ein wohnerinnen unseres Vvgtlandes, sowie die älteste Einwohnerin unserer Stadt, Frau Mtlsik- dircctor Brigitta Hofrichter, - ist gestern Abend im 91. Lebensjahre verstorben. — Eibenstock, 22. Juni. Die städtischen-Collegicn be schloßen den Ankauf der einer Actien-Gesellschaft ge hörigen Gasanstalt für die Stadt. Der Gasabsatz hat sich in den letzten 10 Jahren vervierfacht, so daß für die Jahre 1899 bis 4901 je 9 Procent Dividende gezahlt werden konnten. * Zittau, 23. Juni. In der O b c r l a u s i tz e r Ge» werbe-undJndustrie-Ausstellung in Zittau wurden am vergangenen Sonntage etwa 1100 Tageskarten zu 50 Pfg. und 260 Abendkarten zu 30 Pfg. verkauft. Der Verkauf der Dauerkarten an diesem Tage brachte 2400 und am Sonnabend, dem Eröffnungstage, 3800 ein. Im Ganzen sind bisher für etwas mehr als 18 000 Dauer- karten verkauft worden — gewiß ein großartiges, un erwartetes Ergebnis. Am Eröffnungstage der Aus stellung wurden am Denkmal König Albert's fünf große Lorbeerkränze mit schwarzen Schleifen niedergelegt. Der Kranz vorn zu Füßen der Statue trägt die Inschrift: „Dem unvergeßlichen Protektor zum dankbaren Ge dächtnis". — Nossen, 22. Juni. InKatzenberg bei Krögis starb am vorigen Mittwoch der frühere Gastwirth Privat- männ Wilhelm Schade, ein Veteran der Kriege von 1866 und 1870/71. Eine eigenartige Fügung ist es, daß dieser Veteran nicht nur am Geburtstage des Königs Albert, 23. April 1828, geboren ist, sondern auch unter dem Befehl König Albert's gekümpftchat und nun auch fast an demselben Tage wie der König gestorben ist. Schade war im Besitz des Eisernen Kreuzes, das ihm König Albert selbst an die Brust geheftet hat. — Dresden, 23. Juni. Die Theilnahme, welche die Bevölkerung aus der Provinz an den Tranerfeierlichkeiten zeigte, blieb nicht ohne fühlbare Einwirkung auf den Ver kehr nnsercrEisen bahnen. Alle hier einlaufen den Schnell- und Personenzüge hatten Verstärkungen an Wagen uöthig und trafen vollbesetzt ein. Besonders aber war der Verkehr mit den Vororten während, der letzten Tage ein außergewöhnlich reger. Hier mußten zur Be wältigung des Andranges zahlreiche Sonderzüge eiuge- schoben werden. Durch sie wickelte sich denn auch der Ver kehr in glattester Weise ab. Am Sonnabend allein wurden 17 Sonderzüge eingerichtet, von denen 9 von und nach Freiberg-Tharandt, 6 von und nach Cossebaude und je einer auf die Bodenbacher und die schlesischen Linien ent fielen. Am Sonntag war der Zuzug von auswärts ein noch bedeutenderer. An diesem Tage wurden insgesanrmt 26 Sonderzüge abgefertigt, und zwar 10 von und nach Schandau-Pirna, 7 von und nach Freiberg-Tharsindt, 6 von und nach Cossebaude und 3 von und nach Bautzen. Viel Publicum aus der Provinz kam auch gestern nach Dresden aus Anlaß des Eintreffens zahlreicher Fürstlich keiten. — In Folge der im oberen Elbthale und weit nach Böhmen hinein stattfindenden anhaltenden Regen wetter ist der bereits angcschwollene Elbstrom im abermaligen Steigen begriffen und dürfte bei weiterem Regenwetter so hoch steigen, daß sowohl die Schifffahrt, als auch die Flößerei eine Unterbrechung erfahren. Die Elb- dämme und niederen Elbwiesen, sowie Elbpfade stehen unter Wasser; besonders gilt es, die Flößerei festzumachen, damit diese nicht abgeführt wird. Der Schifffahrtsverkchr gestaltete sich vorige Woche noch ziemlich lebhaft; bis Sonn tag Abend sind in diesem Jahre 3119 Schiffe und 662 Flöße nach Deutschland eingefahren. — Der große Löweim Zoologischen Garten ist vor einigen Tagen ver endet. Er war ungefähr 15 Jahre alt, das schönste Exem plar dieser Thiergattung, welches der Garten besaß, und ist von Künstlern zu wiederholten Malen gezeichnet und gemalt worden. Der Cadaver wurde an die königliche Thierärztliche Hochschule abgegeben, dort in Stellung ge bracht und von verschiedenen Seiten photographirt. Auch wurde von ihm ein Gipsabguß genommen, ehe die Auf- theilung zu Studienzwecken erfolgte. * Dresden, 24. Juni. Das „Berl. Tagebl." läßt sich von hier melden: Es verlautet, daß km Ministerium ein Erlaß einer allgemeinen Amnestie des neuen Königs ausgearbeitet wird. Die Bekanntgebung derselben soll erst nach Ablauf der Landestrauer erfolgen. König Albert setzte letztwillig etwa anderthalb Millionen Mark Legate für Wohlthätig- .keits- und religiöse Zwecke aus. — Nach einer Meldung des „Loc.-Anz." betrug die Gesammtzahl der schweren Unfälle während der drei Trauertage 137, darunter dreiTodte. Dit Mittheilung bedarf der Be stätigung. Gerichtsverhandlungen. Königliches Schwurgericht. Der Leipziger Bankproeeß. Siebenter Berhandlungstag. 6. Leipzig, 24. Juni. Nachdem heute der Vorsitzende Herr Landgerichtsoirector I)r. Müller die am Sonnabend Nachmittag vertagte Verhandlung wieder ausgenommen batte, gab er bekannt, daß ihm von dem als Zeugen geladenen Herrn Robert Rotbe- Hamburg ein Schreiben zugegangen sei, nach welchem er infolge Erkrankung an Ischias am Erscheinen zur Hauptverhandlung ver hindert sei. Auf Antrag des VertheidigerS Justizrath l)r. von Gordon wurde die commissarische Abhörung dieses Zeugen be schlossen. Einen weiteren Zeugen vr. AuSpitzer-Wiea hat die Abbestellung nicht erreichen können, derselbe ist erschienen und soll heute abgehört werden. Es wird dann in der Besprechung der Aussichtsrathssitzung der Leipziger Bank sortgesabren, in welcher es sich darum bandelte, den Credit der Casseler TrebrrtrocknunaSgrsevschaft auf 10 Millionen zu erhöhen. Nach Ansicht de- Vorsitzenden Vr. Müller besteht kein Unterschied, ob damit ein Blanco-Credit oder ein Credit aus Conto- Corrent gemeint sei. Es könne ober hier nur rin Blancocredit in Frage kommen, da für eine Erhöhung des gedeckten CreditS die Zu stimmung deS AassichtsrakhS nicht «Sthig gewesen-sek. Der An geklagte Exuer girbt zu, daß es zum Theil wohl als Blancocredit angesehen werden könne, denn die vorhandene Deckung habe nicht in Consols oder Reichsanleihe, sondern nur in Tochteractien bestehen können. Es komme auch nicht ein neuer Credit von lOOOOOM^l in Frage, sondern nur eine Erhöhung LeS bisherigen von 8000000 Mark auf 10000000 Rechtsanwalt vr. Ze Hine weist darauf hin, daß der Credit in der That zum Theil gedeckt gewesen sei, es sei eine Deckung in Höhe von 5 100 000 ./L vorhanden gewesen, auch seien nach dem Wortlaut des Protokolls bei Erhöhung des Credits ans 40 000 000 -/i die Directoren angewiesen wordeu, sür weitere Sicherheiten Sorge zu tragen. Nach Angabe Exner's waren die Mitglieder des Aufsichtsraths sich überhaupt nicht darüber klar, was zum Conto der Treber- Gesellschaft zu rechnen gewesen sei oder nicht, da einzelne — wie die Schweinfurter — Unternehmungen so selbstständig gewesen seien, daß man sie auch unterstützt haben würde, wenn die Verbindung mit der Casseler Gesellschaft gelöst worden wäre. Die Mitglieder des Aufsichtsraths bestätigen, daß in der That Meinungsverschieden heiten darüber geherrscht hätten, was Alles dem Conto der Casseler Gesellschaft zuzurechnen sei. Die Bücher seien in der Sitzung des Aufsichtsraths nicht vorgelegt worden, sondern nur eine Ausstellung, nach welcher bei einer Sicherheit von circa 5 100000 ein Credtt von 7 600 000 gewährt worden war. In dieser Aufsichtsrathssitzung ist beschlossen worden, daß die Leipziger Bank sich bemühen sollte, Laß auswärtige Banken den Tochtergesellschaften Credit gewährten. Nach Angaben Exner's ist dies auch insoweit geschehen, als man die Commerzialbank in Pest bewog, der Holzdestillatiousgescllschaft in Kasza einen Credit von 300000 Fl. zu gewähren, für die man die Bürgschaft übernahm. Die Casseler Trebergesellschast leistete Rückbürgschaft. Der Vorsitzende weist darauf hin, daß die letztere Bürg schaft doch gänzlich werthlos gewesen sei, denn die Casseler Trebergesellschast sef doch damals eine so faule Schuldnerin gewesen, daß sie selbst anderweitig keinen Credit fand und man ihren Tochtergesellschaften mit Unterstützung auswärtiger Banken zu Hilfe kommen wollte. Exner will das nicht Wort haben und weist darauf hin, daß durch Uebernahme der Bürgschaft der Leipziger Bank erspart wurde, sür die Ungarische Holz- verwerthungs-Actiengesellschaft in Kasza baare Mittel in gleicher Höhe zu schassen. Der Sachverständige Bankier Plaut-Cassel fragt an, wo die Bürgschaft von 510000 welche die Leipziger Bank übernommen hatte, stehe, in dem mitgetheilten Auszug sei dieselbe jedenfalls nicht enthalten, wenigstens gehe cs nicht daraus hervor. Exner erklärt, daß die 510000 ./i! entweder in dem mitgetheilten Obligo oder in dem letzten Posten Wechsel, für welchen keine Summe angegeben war, enthalten gewesen. Nach Angabe Exner's bat die Leipziger Bank bei diesem Geschäft nichts eingebüßt, sie sei zwar sür die Bürgschaft von 510000 in Anspruch genommen worden, sie habe aber Las Geld vorher erhalten. Ueber die Art der Buchung spricht sich der Sachverständige Commerzienrath Sieskind- Sieskind abfällig aus, es hätte nach seiner Meinung sich nicht um eine Garantie für Kasza, sondern um eine Bürgschaft für die Leipziger Bank gehandelt. Hierauf wird vr. Gentzsch befragt, warum er trotz der, wie er selbst angeführt hat, von ihm geltend gemachten Bedenken bei der Höhe Les Casseler Obligos von 25 000000^! für die Erhöhung Les Credits gestimmt habe. vr. Geutzsch erwidert, es sei dies ge schehen, weil er von den Mitgliedern des Aussichtsraths darüber beruhigt worden sei. Die Bedenken, die er ihnen gegenüber geäußert habe, seien nicht in der Aufsichtsrathssitzung selbst, sondern privatim von ihm geltend gemacht worden, so daß sich naturgemäß keine Auszeichnung darüber im Protokoll vorfinden könne. Der Vorsitzende Herr Landgerichtsdirector vr. Müller forderte hieraus die Sachverständigen zu einem Gutachten darüber auf, wie Ende 1898 die Lage der Leipziger Bank sich gestaltet habe. Commerzienrath Sieskind erklärte zu Ansang seiner Ausführungen, daß seiner Meinung nach Vorstand und Aufsichtsralb der Leipziger Bank ain 5. December 1898 sich der gefährlichen Situation voll bewußt gewesen seien. Rechtsanwalt vr. Felix Zehme ersucht hierauf den Vorsitzenden, den Herrn Sachverständigen darauf auf merksam zu machen, daß er sich nur an die Thatsachen zu halten habe. Landgerichtsdirector vr. Müller entspricht diesem Wunsche, betont aber, daß der Sachverständige wohl auch den Eindruck, den er vom Gange der Beweisaufnahme gewonnen habe, wiederzugebeu berechtigt sei. Commerzicn- rath Sieskind entgegnet hierauf, daß er sich so objektiv als möglich halten werde. Er gab dann an, daß die Creditgewährung von November 1897 an für beide Theile schon verhängnißvoll gewesen sei und daß, wenn der Credit der Casseler Gesellschaft bei der Leipziger Bank nicht vergrößert worden wäre, die Casseler Gesellschaft aus solidere Bahnen hätte geleitet werden müssen, da Cassel von anderer Seite irgend welchen erheblichen Credit nicht erhalten hätte. 1898 habe es ja nur noch Credit gewährt bekommen unter Garantie der Leipziger Bank. Die Letztere habe sich auch am 5. December 1898 zurückzuziehen versucht. Erst am Schlüsse der an jenem Tage abgehaltenen Aufsichtsrathssitzung wurde beschlossen, daß man die Casseler Trebertrocknungsgesellschaft nicht im Stiche lassen wolle und ihren Tochtergesellschaften bei auswärtigen Banken unter Garantie der Leipziger Bank Credit verschaffen wolle. Dieser Beschluß ist sür die Leipziger Bank verhängnißvoll geworden. Es ist gleich, ob man bei der bewilligten Erhöhung des Credits von 8000000 aus 10000 000 gedeckten oder Blancocredit annimmt, der Auf sichtsrath hat den Credit als gedeckt angesehen, zweifellos hätte er sich aber fragen müssen: „Wie hoch sind die Obligos?" Nach Meinung des Sachverständigen hätte der Aussichtsrath den Credit der Casseler Trebertrocknungsgesellschaft nicht erhöht, wenn derselbe gewußt hätte, daß das Obligo sich auf 27 Millionen belief. Selbst wenn von diesem die verschie denen guten Tochtergesellschaften gewährten Credite in Höhe von mehreren Millionen gestrichen wurden, wäre die Lage im Hinblick aus die geringe Deckung, die vorhanden war, eine überaus gefährliche, es habe ober an Muth gefehlt, die Bank zu sanften; dann hätten die Gläubiger keinen Pfennig eingebüßt, die Actiouäre hätten zwar durch das nothweudig werdende Zusammenlegen der Actien einen Theil ihres Capitols verloren, die Bank selbst aber wäre vor dem Zusammenbruch gerettet worden. Der 5. December 1898 war der Wendepunkt, damals wäre vielleicht Cassel bei der sich noth- wendig machenden Liquidation in der Lage gewesen, 20 —30 Proc. zu gewähren, da die gefährlichen Unternehmungen erst nach dieser Zeit gegründet worden feien, es würde sich der Verlust der Leipziger Bank bei der Casseler Trebertrocknungsgesellschaft schätzungsweise vielleicht auf etwa 15 Millionen Mark belaufen haben. Bei einem Actiencapital von 48 Millionen und einem Reservefonds von 16 Millionen wäre der Verlust unter Aufopferung des Letzteren zu ertragen gewesen, es bätte sich nur zur Beschaffung des nöthigen Betriebskapitals eine Zusammenlegung der Aktien nöthig gemacht. Exner habe damals sehr richtig beabsichtigt, sich vertrauensvoll an Bleichröder zu wenden. Ohne Zusammenlegung der Actien wäre man aber aus der Verbindung mit der Trebertrocknungsgesellschaft nicht heraus gekommen. Man hätte aber die Hoffnung gehabt, daß die stolze Leipziger Bank bei einer soliden Leitung wieder zu Ansehen ge langen werde und die Course, die vielleicht aus 50—60 herunter gegangen wären, würden sich wieder auf 100 und darüber ge- hoben haben. Von Seiten des Vorsitzenden wurde der Sachverständige darauf hingewiesen, daß Exner, wenn er eine Sanirung habe herbeisühren wollen, dies lediglich hätte seiner eigenen Erklärung nach sür die Casseler Trebertrocknung zu thun beabsichtigt und daß Exuer selbst erklärt habe, nicht die Casseler Trebertrocknung sei in Concurs ge- ratben, sondern die Leipziger Bank habe ihre Zahlungen an die Ge- sellschaft sistiren müssen, weil sie nicht weitere Mittel habe gewähren können. Demgegenüber erklärte der Sachverständige, Exner irrt sich darin sehr, wenn er dies behauptet, oder er ist vertrauensselig, denn cs hätte sich kein Mensch gefunden, der bereit gewesen wäre, die Casseler Trebertrocknungsgesellschaft zu unterstützen, während man der alten angesehenen Leipziger Bank ausreichende Hilfsmittel da- mal- noch gern zur Verfügung gestellt hätte. Justizrath vr. von Gordon macht hiermit darauf aufmerksam, daß es sich 1897 nicht um eine Rcducirung des der Leipziger Bank gewährten CrrditS gehandelt habe, sondern nur darum, mit dem Credtt sür neue Unternehmungen zurückzuhalten. Es fei daher keine Inkonsequenz, wenn man im Februar 1898, nachdem man sich von der Rentabilität der Unternehmungen überzeugt hatte, den Credit erhöhte. Der Vorsitzende fragte an, welches denn die Beweise für die Rentabilität ge wesen seien, worauf vr. von Gordon antwortete, daß doch die günstigen Gutachten verschiedener hervorragender Sachverständiger vorgelegen hätten. Justizrath vr. von Gordon richtete dann an den Sachverständigen Commerzienrath Sieskind die Frage, ob er sich al» Leipziger, der durch den Zusammenbruch der Leipziger Bank doch jedenfalls sehr alterirt sei, auch unbefangen genug fühle, um sein Gutachten hier abgeben zu können, er habe ja selbst in seinem Schreiben vom 6. August 1901 an den Untersuchungsrichter sich als besangen bezeichnet. Dem gegenüber erwidert Commerzienrath Sieskind-Sieskind, er habe nur mit dem größten Widerwillen das Amt eine» Sachverständigen im gegen wärtige« Processe angenommen, e: habe damals eben erst eine schwere Operation durchgemacht gehabt und sei körperlich noch sehr fchwach gewesen. Er habe deshalb alles ihm Erlaubte angewcndet, um von diejem Amte sich zu befreien. Aus diesem Grunde habe er auch den erwähnten Bries vom 6. August 1901 geschrieben, in welchem er erklärt habe, er sühle sich indignirt über das Verhalten des Vorstands und Aufsichtsraths der Leipziger Bank und die Art und Weise, wie diese mit dem Gelde gewirthschastet hätte und fei des halb wohl nicht vollständig unbefangen. Er könne aber heute hier angeben, daß für ihn durchaus keine Voreingenommenheit existire, daß er sich vollständig unbefangen fühle und daß er seine Aus sagen jämmtlich durchaus objectiv gehalten habc. Auf Antrag des VertheidigerS Justizrath vr. von Gordon wurde noch der Bries des Commerzienraths Sieskind-Sieskind vom 6. August 1901 zur Verlesung gebracht, durch welchen die Angaben des Sachverständigen vollinhaltlich bestätigt werden. In seinem Gutachten nahm Professor und Handelshoch schuldirector Lambert-Frankfurt am Main mit Sieskind- Sieskind an, daß in dem Obligo von 25 Millionen Mark, welches die Trebertrocknung Ende 1898 bei der Leipziger Bank hatte, etwa 5 Millionen verwerlhbare Tochteractien der Casseler Gesellschaft sein konnten, sowie daß von der Hauptgesellschaft Cafjel selbst etwa 30 Proc. Hütten bei einer Liquidation eingehen können, es Hütte daher ein Fehlbetrag von 14.Millionen gedeckt werden müssen, wozu der Reservefonds vollständig ausgeretcht hätte, so daß sich seiner Meinung nach nicht einmal eine Zusammenlegung von Actien nöthig gemacht hätte. Der Sachverständige Bankier Plaut-Cassel ist der Meinung, daß mit Rücksicht auf die hohen Bezüge des Casseler Unternehmens und seiner Tochtergesellschaften und bei dem Fehlen aller und jeder Erträgnisse das Mißtrauen hätte kommen müssen. Dfteetor Exner sei sich auch der Gefahr wohl bewußt gewesen, « habe die Sanirung aber nicht für die Casseler Gesellschaft, sondern sür die Leipziger Bank vornehme» wolle«. Bei »einem Obligo in Höhe von 27 700000 seien die Deckungen ganz un- zureichend gewesen, die Wechsel hätten wenig abgeworsen und die Treberactien seien werthlos gewesen. Er bezweifele sehr, daß die besseren Tochtergesellschaften 5 Millionen abgeworfen hätten, sowie daß bei einer Liquidation der Casseler Gesellschaft sich eine Divi dende von 30 Proc. ergeben haben würde. Immerhin konnte man sich bei einem Engagement von 27 Mill, bei einem Actiencapital von 48 Mill, und 17 Mill. Reserve noch ziemlich gut herausziehe», gleich- giltig könne cs sein, ob sich eine Zusammenlegung der Actien der Leipziger Bank nöthig gemacht haben würde oder nicht. Ec für seine Person glaube nicht. Laß cs ausgereicht hätte, wenn nur der Reservefonds geopfert worden wäre. Zweifellos sei aber Ende 1898 der Moment gekommen gewesen, wo man hätte aufhören müssen. Der Angeklagte Dodel machte dagegen geltend. Laß mau die heutigen Eindrücke und die von damals auseinander halten müsse. Aus dem Obligo Hütten nach seiner Meinung mindestens 8—10 Millionen Mark auszuscheiden, für welche in wenigstens damals aus reichend sicher erscheinenden Papieren Deckung vorhanden gewesen wäre. Es wären also nach seiner Neberzeugung nur 5 Millionen Mark ungedeckt gewesen, was bei einer Gesellschaft mit einem Reservefonds von 14 bis 16 Millionen, die kürzlich erst.ihr Actien capital von 6 auf 12 Millionen erhöht habe, keineswegs zu hoch ge wesen wäre. Nach seiner Meinung seien damals weder die Leipziger Bank noch die Casseler Trebertrocknungsgesellschaft gefährdet gewesen. Der Sachverständige Bankier Plaut-Cassel fuhr hierauf fort, daß er selbstverständlich auch die gegenwärtigen Anschauungen über die Trebergesellschast und deren Tochtergesellschaften von denen im Jahre 1898 auseinanderhalte. Er müsse aber darauf Hinweisen, Laß im selben Momente, in dem die Casseler Gesellschaft zusammenbrach — und der Zusammenbruch habe kommen müssen—auch dieTochtergejellschaften hätten salliren müssen, Laß dann somit auch deren Aktie» werthlos wurden. Nichtig sei es, daß die Mitglieder des Ausfichtsrathes und Les Vorstandes die Lage damals nicht so scharf zu beur- theilen vermochten, wie wir es heute können. Es war aber schon eine große Schwäche der Leipziger Bank, daß sie, um 300000 Fl., welche ihr die Holzverwerlhungsgejelljchast in Kasza schuldete, zu bekommen, bei einer Budapester Bank die Bürgschaft sür ein Darlchn in gleicher Höhe übernahm, es müsse ihr doch daran gelegen gewesen sein, damals baar Geld zu be kommen. Er könne daher nur wiederholen. Laß 1898 der letzte Moment gekommen gewesen sei, wo die Leipziger Bank, ohne größeren und ernstlichen Schaden zu nehmen, ihre Verbindungen mit der Casseler Trebertrocknungsgesellschaft hätte lösen und sich noch zurück ziehen können. Auch Bankdirector Herrmann-Dresden ist der Meinung, daß der 5. December 1898 einen Wendepunkt in der Verbindung der Leipziger Bank mit der Casseler Gesellschaft bilde, insbesondere aber sür die Letztere von der größten Wichtigkeit gewesen sei. Man habe in der Leipziger Bank damals gewußt, daß trotz der 12 Millionen Mark, welche die Casseler Gesellschaft durch Ausgabe von 6 Millionen Mark neuer Actien zum Course von 200 erlangt hatte und zur Ab stoßung eines Theils der Schuld bei der Leipziger Bank, wie zur Unterstützung von Tochtergesellschaften verwendet werden sollten, auch nicht ein Pfennig in die Casse der Leipziger Bank geflossen sei. Im Gegentheil hätten sich die Bedürfnisse Cassels im Lause des Jahres nur noch gesteigert. Da durfte man denn Loch sich nicht mehr mit den Vertröstungen Schmidt's begnügen, La hätte man energi- scher anfasscn sollen. Durch den Emissionscredit, welchen die Leipziger Vankder Casseler Gesellschaft gewährt hatte.wurde auch ihrRufengagirt, sie war nicht nur an ihrem Geldbeutel, sondern auch moralisch ge fährdet. Der Vorstand war nach Ansicht des Sachverständigen nicht energisch genug, obwohl er oft an Beklemmungen gelitten haben mag, eS müssen, wenn dies auch nicht festaestellt werden kann, auch die Aussichtsrathsmitglieder häufige Aussprache gehalten haben. Schmidt's Einfluß war aber wohl fascinirend, auch giebt es wohl wenige Herren, welche bei so großen Engagements sich, mit den schriftlichen Versicherungen des Generaldirektors begnügen. Wenn der Angeklagte Dodel angegeben habe, daß er die Engagements mit Schweinfurt und Frankfurt a. M. beispielsweise nicht als zu dem Casseler Treberobligo gehörig betrachtet habe, so sei das wohl zu glauben, damals habe man im Aussichtsrath wohl annehmen könuen, daß verschiedene Tochtergesellschaften selbstständige Betriebe seien. Dem Vorstand aber mußte es wohl bekannt sein, daß Schmidt's Wille nicht nur in Cassel, sondern auch in Schwein furt und Frankfurt der maß- und ausschlaggebende gewesen sei. Exner aber war in die Hände eines Schwindlers gefallen, denn dieser habe Actien der Trebergesellschast mit dem Gelde der Berliner Bank in Berlin auskaufen lassen, um den LurS zu halte«. Der Vorstand mußte entschieden in alle Details über die Casseler Trebertrocknungsgesellschaft und ihre Tochtergesellschaften eingeweiht gewesen sein und hätte sich noch Ende 1898 ganz gut zurückziehen können; beim Zusammenbruch der Casseler Gesellschaft, der daun unbedingt hätte erfolgen müssen, wäre zwar der Reservefonds der Leipziger Bank verloren gegangen, der gute Name derselben . aber erhalten geblieben. Auf die Frage des Rechtsanwalts Broda, ob die Mitglieder dcs Aufsichtsraths durch die Obligocommisfion auch aufgeklärt worden seien, meinte der Sachverständige, daß die Obligo commission zwar eine werthvolle Einrichtung für ein Bankgeschäft sei, sie müsse aber auch, um gut fuuctioniireu zu könne», völlig orten tirt sein, was bei der Leipziger Bank nicht immer der Fall gewesen wäre. Anschließend an die Aeußerung des Sachverständigen, daß ein solider, aufmerksamer Kaufmann Ende 1898 bei der gegebenen Sach- läge sich hätte sagen müssen: „Stopp!" kuüpste Justizrath Gordon die Frage, ob der Sachverständige meine, daß diese Ueberschreitung auch zugleich eine bewußte, frevelhafte und schädigende gewesen sein müsse. Die Beantwortung der Frage in dieser präcifen Form wird von Sachverständigen abgelehnt. Die weitere Frage Vr. von Gordon's, ob aus der Thatsache, daß von der Leipziger Bank im Jahre 1898 über 600 Treberactien trotz des hohen Cours standes verkauft worden seien, die Angeklagten einen günstigen Schluß auf die Trebergesellschast hätten ziehen können, beantwortet der Sachverständige mit der Gegenfrage, ob der Berthcidiger ihm sagen könne» ob die 600 Actien nicht von Schmidt selbst gekauft worden seien, um die Treberactien im Course zu halten. Der Vorsitzende giebt sodann Exner gegenüber seiner Verwun derung Ausdruck, daß er nicht ein einziges Mal Mißtrauen gegen Schmidt gefaßt habe. Exner erwidert, er habe Schmidt auf die Durchführung seines Planes fest vertraut und er (Exner) habe keinen Anlaß zum Mißtrauen gehabt. Vorsitzender: Auch dann nicht, als beispielsweise eine Tochter« gesellschaft, noch ehe sie den Betrieb eröffnet hatte, bereit» 8 Proc. Dividende zahlte? Exner: Auch dann nicht. Der Sachverständige Herrmann erklärt noch, daß, wenn man aus seinen Ausführungen schließen würde, daß er Aufsichtsrach und Vorstand ein gleiches Maß von Ver antwortlichkeit zuschreibe, dies unrichtig sei, der Vorstand sei in erhöhtem Maße verantwortlich zu machen. Der Sachverständige Kaufmann Schlieper macht darauf aufmerksam, daß die Trebertrocknungs - Gesellschaft 1896 38, 1897 50 und 1898 40 Procent Dividende gezahlt habe. Da hätten sich die Angeklagten doch wohl fragen müssen, woraus bestehen denn die Gewinne der Casseler Gesellschaft. Sie bestanden nur auS dem Erlös aus den Pateuten, welche den Tochter- gefellschasten überlassen, und de» Maschinen, welche denselben zu hohen Preisen angerechnet wurden. Die Tochtergesellschaft war sie aber
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