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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.09.1902
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-09-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020908019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902090801
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902090801
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-09
- Tag1902-09-08
- Monat1902-09
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Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend Häher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenaunahme LS H (excl. Porto). Ertra-Beilagen (gefalzt), n»r mit der Morgeu-AuSgabe, ohne Postbesörderung 60.—, mit Postbesärderuug 70.—» Ännahmeschluß sur Anzeigen: Abeud-Au-gabe: Vormittag- 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag- 4 Uhr. Anzeigen sind stet- an dw Expedition za richte». Die Expedition ist Wochentag- vvunterbrochen geöffnet von früh 3 bi- Abends 7 Uhr. Druck «ud Verlag von E. Polz i» Leipzig. 96. Jahrgang. Amtlicher Theil. Bekanntmachung. Der städtische Steuertarif nebst dem auf den II. Termin d. I. zu erhebenden Procentsatze wird hierunter veröffentlicht. Classe Einkommen Normal, steuersatz 70°/. des Normal steuersatzes .6 ! .6 1 über 500 bis zu 600 2 1 40 2 » 600 . - 700 - 3 — 2 10 3 « 700 » « 800 » 4 — 8 80 4 . 800 - - 950 - 6 4 20 5 . 950 - - 1100 - 8 — 5 60 6 - 1100 . . 1250 - 10 —- 7 — 7 . 1250 . . 1400 - 13 — 9 10 8 - 1400 - - 1600 - 16 — 11 20 9 . 1600 - - 4 900 - 21 — 14 70 10 - 1900 - - 2200 - 29 — 20 30 11 . 2 200 . . 2500 - 35 50 24 85 12 . 2 500 . . 2 800 - 42 — 29 40 13 . 2 800 . . 3100 - 49 50 34 65 14 . 3100 . - 3 400 - 57 50 40 25 15 - 3 400 . . 3700 . 65 50 45 85 16 . 3 700 - - 4000 - 73 50 51 45 17 - 4000 . . 4300 - , 83 — 58 10 18 . 4 300 . . 4800 - 94 — 65 80 19 . 4800 .. 5300 - 110 — 77 20 . 5300 . . 5800 . 129 — 90 30 21 . 5 800 .. 6 300 - 145 — 101 50 22 . 6 300 .. 6800 . 165 — 115 50 23 . 6 800 .. 7 300 - 184 — 128 80 24 . 7 300 .. 7800 . 200 — 140 25 . 7 800 . . 8300 . 220 — 154 — 26 . 8 300 . - 8800 - 240 — 168 27 . 8800 . . 9 400 - 261 — 182 70 28 . 9 400 . . 10000 - 286 — 2M 20 29 . 10000 . . 11000 - 314 — 219 80 30 . 11000 .j . 12000 . 352 — 246 40 31 . 12 000 . . 13 000 - 386 — 270 20 32 - 13000 . . 14000 - 420 — 294 33 . 14000 . . 15000 - 455 — 318 50 34 - 15000 . . 16000 . 489 — 342 30 35 . 16000 . . 17000 - 523 — 366 10 36 . 17000 . . 18000 - 557 — 389 90 37 - 18000 . . 19000 - 592 — 414 40 38 . 19000 . - 20000 - 628 — 439 60 Von da bis zu einem Einkommen von 100000 ./L steinen die Elasten weiter um 1000und bei Einkommen von über IM OM./L um je 2000 Die Normalsteuersätze steigen: in den Classen 39 bis mit 41 (20- -23 000) um je 35 . /L - - 42 . . 46 (23- -28000) . » 36 - - 47 . . 56 (28- -38 000) . . 37 - - 57 . . 60 (38- -42000) . - 38 . » 61 . . 64 (42- -46 000) . . 39 . . 65 . . 72 (46- -54 000) . - 40 . » 73 . » 75 (54- -57 000) - - 41 - - 76 . . 86 (57- -68 000) . . 42 - . 87 . . 93 (68- -75000) - . 43 . - 94 . . 99 (75- -81000) . - 44 . - IM - . 104 (8l- -86000) - - 45 - . 105 . . IM (86- -91000) - - 46 . . 110 - . 112 (91- -94 MO) - - 47 . . 113 . . 114 (94- -96 000) . . 48 - - - 115 . . 117 (96- in der Classe 118 (99- -99000) . -100 000) um . 49 50 Bei allen weiteren Steuerklassen beträgt die Steuer vier vom Hundert de-ienigen Einkommens, mit welchem die vorausgehende Classe endet. Leipzig, am 6. September 1902. Der Rath der Sradt Leipzig. vr. Trönvliu. Koch. Rauchwaaren-Auction. Donnerstag, de» 11. September 1SV2 Bormittaas 11 Uhr sollen im Lagerhause der Firma 0. 0. Lvutsost hier, Brühl Nr. 13, 219 Sluck zubcmtclc Slhwancnsclle öffentlich versteigert werden. STsrtlo, Lokalrichter. Großzschocher im Mittelalter. Von Möbius, Großzschocher. Es ist um das Jahr 1300. Im Geiste stellen wir unS auf die Anhöhe im Norden von Großzschocher und be trachten das Thal, das vor uns liegt. Da bietet sich unseren Blicken folgendes Bilh, Eine schöne und anmuthlge Lage ist es, in der das Dorf liegt. Auf der einen Leite gegen Abend zu eine herrliche Fläche und fruchtbarer Boden zu Feld- und Ackerbau, auf der anderen Seite gegen Morgen, etwas in der Tiefe, eine schöne Aue mit den vortrefflichsten Wiesen und einem sehr starken Holze, worin meistentheils Eichen und Aspen wachsen. So liegt das Thal vor uns. Hart an dem Dorfe fließt die Elster vorbei, deren Wasser zum Theil durch den Mühlgraben geht. Neber beide Wasser führen zwei Brücken, die etwas kleinere und an der Ziegelscheune die große Streugebrücke. Durch das Grvßzschochersche Holz fließt auch ein Arm der Pleiße, auf dem das Holz nach Leipzig geflößt wird. Dieses Wasser, die schwarze Batzschkc, dient zugleich als Grcnzscheide; denn hüben über dem Flusse ist eitel Großzschvchersch^s Holz, drüben aber E. Hoch-Edlen und Hochw. Rats zu Leipzig Ge biete von wegen des Eonnewitzcr Holzes. Bon Leipzig aus kommt man auf zwei Wegen heraus. Der ordent liche Fußweg und gerade Landstraße geht über Lindenau zum Ranstädtcr Thore hinein, der andere Weg durch's Holz, den besonders die Marktleute und Fußgänger gehen, führt durch das Petersthor in die Stadt. Eigentlich sind es zwei Dörfer, die eine Ansiedelung bilden, nämlich das vordere Dorf Großzschocher und das Hintere Torf Windorf. Beide sind aber, da sie nur eine Gasse trennt, stets als zusammengehörig betrachtet und mit dem einen Worte Großzschocher genannt worden. Auf alten Karten ist nur dieser Name angegeben und damit auch Windorf gemeint. Ten Namen Windorf sucht man auf veralteten Karten vergeblich. Am Ufer der Elster dehnt sich der Herrenhof von Grvßzschvchcr aus. Um ihn herum liegen die Gärten, die zum Rittergut gehören. Weiter südlich klappern am Mühlgraben die Näder der Mühle, die nach Mittag zu an den Herrenhof in Windorf grenzt. Um diese Gebäude gruppircn sich im Halbkreise die einzelnen Häuser des Dorfes, die freilich in ihrer Mehrzahl nur Hütten sind. In der Mitte dieses Ringes erglänzt in den Strahlen der Sonne das Wasser der beiden Dorfteiche. An seinen Ufern grünt die altehrwürdige Torflindc, an der Abends Jung und Alt zusammenkvmint zu Tanz und Spiel, aber auch zu ernster Berathung über Wohl und Wehe der Ge meinde. Vom Kirchlein, das daneben steht, klingt hell das Glvcklcin, das die Lebenden znm Gottesdienste ruft. Tie Todtcn, die auf dem Friedhöfe an dem Gotteshause dem Auferstchun^smorgen entgcgcnschlafeu, hat es einst zur letzten Ruhe begleitet. Ein kleines Gehöfte in der Nähe der Kirche ist dem Priester als Pfarre übergeben worden. Das Bcrathnngshans der Gemeinde daneben, eine alte Scheune, dient dem Küster als Wohnung, der nebenbei Schneider ist und außerdem die allernvthdürftigsten Arbeiten des Lehrers verrichtet. Eine Landstraße, die von Leipzig nach Thüringen führt und später Hauptstraße genannt wird, theilt das Torf in zwei Thcile. Ein Hügel des nördlichen Höhenzuges tritt nahe an den Weg heran und engt so die Straße zu einem Hohlweg ein. Von diesem Hügel aus warnten schon von Weitem die Naben, die den Galgen umflatterten, den Wanderer vor übler, böser That. Thcibs an dieser Hauptstraße, theils an den Dorfgassen liegen die Gehöfte neben einander. Zwischen den einzelnen Grundstücken verlaufen trennende Fuß steige. Um die Gehöfte herum liegen die Obstgärten, tu denen zur Zeit der Obsternte Erwachsene und Kinder die saftigen Aepfcl, Birnen, Pflaumen und Kirschen pflücken. Zäune, die aus Knüppel» oder Pfählen in Brusthöhe er richtet sind, begrenzen die Gärten. Mit der Obstzucht gab sich damals der Landmann sehr viel Mühe, denn gutes Obst wurde thcucr bezahlt. Der Pfarrer hatte sich von Mönchen Pfropfreiser geben lassen, die diese aus dem Süden hcrzugetragcn hatten, und mancher Bauer wußte mit der Veredelung der Wildlinge Bescheid. Wer Pfropf reiser abbrach oder überhaupt Obstbänmc beschädigte, zahlte hohes Wchrgeld. An den geschützten südlichen Abhängen der Windorfer Hügel hatte der Schloßherr sogar Weinreben angepflanzt. In Erinnerung an die Rebenhügel des Rheines wurden diese Weingärten auch Weinberge genannt. Ein Knecht vom Hofe, der unfreie Winzer, hatte den Wein in Pflege. Um das Dorf herum liegen die Aeckcr, die nach Hufen gezählt werden. Zu einer Hufe gehörten in damaliger Zeil 24 Acker. Auf einen Acker wurde ein Dresdner Scheffel ausgcsät. Sorg fältig verstcint sind die Felder oder gar mit lebenden Hecken umschlossen. Den einfachen Hakenpflug ziehe» Pferde oder Ochsen. Mit Geld gestraft wird, wer ab ackert oder über Land einen verbotenen Fußsteig geht. Schon damals wird es alte Sitte genannt, dieses Verbot durch eine wippende Ruthe oder ein aufgestecktes Stroh bündel zu bezeichnen. Der Boden der Felder ist überaus fruchtbar, nur einzelne Stellen sind sandig und steinig. Vornehmlich wird Korn und Hafer erbaut, Weizen und Gerste sehr wenig, Hirse und Lein gar nicht. Diese vier Getrcrdeartcn des deutschen Himmels werden in der alten Dreifclderwirthschaft gesät und geerntet. Tic Haupt nahrung der Landleutc ist aber nicht der Ackerbau, sondern Viehzucht und Wieswachs. Zwischen den Feldern liegen die Weiden für das Vieh. Außerdem giebt es an den Ufern der Elster eine besondere Gcmeindewcide, auf der der Gcmciudehirt das ihm anvertraute Vieh weidet. Die Viehzucht gab damals dem Landwirth noch die besten Er träge. Obenan stand die Schweinezucht. Der Sauhirt mit seinen tollen Knaben ist der wildeste Geselle des Torfes. Während der langen Sommerzeit haust er unter seiner Heerde, die er durch Hund und Horn bändigt, im Eichen- nnd Buchenwalde. Dort baut er sich und feiner Heerde Hütten aus Baumrinde zum Schutz gegen heftiges Unwetter. Und er und seine Hunde haben gar harte Kämpfe mit den Wölfen zn bestehen. Monatelang kommt er mit keinem Menschen zusammen. So ist cs erklärlich, daß er mit der Zeit selbst das wird, was er hütet. Jeder Dorfbewohner fürchtet sich, mit ihm in Streit zu ge- rathen. Die größte Freude des Landmannes ist die Zucht seiner edlen Rosse. In sehr hohem Preise stehen die Hengste, die zum Kriegsdienste tauglich sind. Sie weiden, die Füße an Leinen gekoppelt, auf den besten Stellen der Hutwicse. Schwer büßt, wer sie von der Weide stiehlt. Allem Vieh, das auf der Dorfweidc vom Gcmeindelnrten gehütet wird, binden die Bauern in dieser Zeit Schellen um den Hals, auch den Schweinen im Laubwald. Zahl reicher als heutzutage flatterte damals das Geflügel in den Höfen, auf den Gassen und Wiesen. In höchstem Ansehen steht der Haushahn mit seinen Hennen, der durch besonderes Wchrgeld gesühnt wird. Als strenger Ge bieter schreitet auf dem großen Hühnerhofe des Ritter gutes der Kranich stolz einher. An dem Taubenhause ist ein besonderes Falkcuhans angebracht, denn Jagdfalken sind auf den Jagden der ritterlichen Schlotzherren sehr beliebt. Ter vornehmste und vermögendste Bauer hatte sich sogar Bienenstöcke, die damals noch sehr theuer waren, gekauft. Wer einen Bienenstock stahl, mußte dieselbe Strafe zahlen wie für eine Kuh mit dem Kalbe. In einem so freundlichen Dorfe mit so fruchtbaren Feldern, die ohne große Mühe reiche Ernten brachten, hätte ein überaus glückliches Völkchen wohnen können, wenn die Zcitverhältnisse nicht gar so mißlich gewesen wäre». Aehulich wie später der französische Sonnenkönig sich rühmte, konnte im Mittelalter ein deutscher Groß grundbesitzer in seinem Orte sagen: Das Dorf bin ich. Alle Felder, Flüsse, Wiesen, Wälder, Straßen, Gärten, Häuser, Ochsen, Schweine, Pferde, ja bis zum gewissen Grade sogar die Menschen, gehörten ihm. Das war so gekommen. In der kaiscrlosen, der schrecklichen Zeit des Fanstrechts, war Niemand seiner Habe und seines Lebens sicher vor dem gewaltigeren Nachbarn. Der größten Faust gebührte damals das größte Recht. Da hatten sich die Schwächeren, das waren die ärmeren Leute, in den Schutz des Stärkeren begeben, der sic gegen alle Feinde schützte. Sic gingen zur Lehn bei einem mächtigen Ritter. Der Lehnhcrr der meisten Einwohner von Großzschocher war der Schloßherr'. Nur Wenige waren cs, die beim Bischof zu Merseburg zur Lehn gingen. Tic Entschädigungs summen, die die Bauern für diesen Schutz dem Lehns herrn zahlten, waren sehr verschieden. Manche hatten, um wenigstens ungestört ackern und ernten zu können, dem Herrn ihre Felder geschenkt, und aus seiner Hand zur Bestellung wieder entgegengenvmmen. Andere brachten ihm zu Ostern, Fastnacht, Jakobi oder andere» bestimmten Tagen die schönsten Thiere der Heerde, Hühner, Ochsen, Schafe oder Pferde. Wieder andere entrichteten zu Walpurgds ihre Zinsen in baarem Geldc. Zur Zen der Aussaat und der Ernte mußten alle Einwohner dem Rittergutsherrn helfen, mußten ihm Hand- oder Pferde frondienste thutt. Dabei geschah es oft, daß an schwülen Erntetagen die Nachbarn zuerst das Getreide ihres Lehnsherrn in Sicherheit zu bringen harten, während sie zusehcn mußten, wie ihre eigene Ernte vom Wetter ver nichtet ward. Tas erbitterte dann die Leute. Manche von diesen unfreien oder hörigen Leuten waren sogar mit ihrem Leib und ihrer ganzen Familie dem Herrn dienstbar. Dies waren die Leibeigenen. Mit ihnen konnte der Lehnsherr thun, was ihm beliebte. Ohne die lchnsherrliche Erlaubniß durfte der Leibeigene nicht aus dem Dorfe ziehen, seine Söhne einem anderen Herrn dienen oder seine Töchter heiralhen. Rücksichtslose Aus übung dieser aülichen Vorrechte machte oft böses Blut, und Arbeitslust und Arbeitskraft wurden gehemmt. So lebten fast alle Einwohner in verschiedenen Graden der Unfreiheit. Später änderte es sich etwas. Gegen Ende des Mittelalters geriethen auch die ritterlichen Schloß herren in Noth. Oft war dann Schmalhans auch bet ihnen Küchenmeister. Ehe sie in diesen schweren Zeiten bis zum Aeußersten gingen und Haus umd Hof ihrer Vater Anderen überließen, verkauften sie ihre Rechte über ihre unfreien Hinterleute für vieles Geld. Allerdir^s thatcn sie es nur ungern und immer mit dem Vorbehalte eines späteren Rückkaufs. Mancher unfreie Bauer kaufte sich in dieser Zeit für seine ersparten Thaler seinen Lehns- brief zurück und wurde frei. Besonders günstig war die Gelegenheit, wenn die Besitzer des Schlosses wechselten. Der frühere Besitzer kümmerte sich wenig darum, wer ihm noch lehnöpflichtig war. Seitdem die freien Bauern nun wußten, daß sie für sich arbeiteten, daß ihr Korn in ihre Scheuern kam, bekamen sie auch Arbeitslust und Arbeitstrieb. Allerdings waren die meisten Nachbarn immer noch, wenn auch nicht unfrei, so doch abhängig vom Grundherrn, besonders die, die auf seinem Gambe wohnten und kein Feld hatten; das waren die-Hand werker. In den ältesten Zeiten war jeder Nachbar sein eigener Schmied, Schuster, Schlosser, Bäcker und Metzger gewesen. Im Laufe der Jahre erkannten die BauerrrUKe Vorthcile der Arbeitstheilung, die den Städtern so un endlich viel geholfen hatte. Jetzt gab es im Dorfe schon Wagner, Schreiner, Schmiede und Zimmerleute, ja sogar auch Goldschmiede, Schwerdfeger und Lederarbeiter. Sie klopften und hämmerten in den Dorfhäusern mit Weib und Kind für den Schloßherrn und daneben um Lohn für Alle, die bei ihnen arbeiten ließen. Auch der Müller in der Wassermühle, der Schmied in der Dorfschmiede am Gemeindebrunnen und der Gastwirth im Dorfgasthofe am Dvppeldorftciche blieben noch lange im gewissen Sinne abhängig vom Besitzer deS Rittergutes. Die meisten Nachbarn aber waren freie deutsche Bauern geworden. Neben dieser erwachenden Freiheit fing am Ende des Mittelalters auch in Großzschocher an, frisches, aufstreben des Gemcindclebcn sich zn regen. Nicht die Schloßherren, sondern Gemcinsrnn und Arbeitskraft der Nachbarn, die sich zn einer thatkräftigcn Gemeinde zusammenschlosien, brachten cs dahin, daß Großzschocher das größte Dorf im Westen Sachsens wurde und es Jahrhunderte hin durch auch blieb. Bon den weit über 100 Dörfern in Leipzigs engerer und weiterer Umgebung war keins größer, wichtiger, „nahrhafter" und ansehnlicher als Großzschocher. Deutscher Patrioienbund. Für das Völkcrschlacht-National-Tenkmal bei Leipzig gingen vom 8. August bis 5. September d. I. weiter fol gende Beiträge ein: Durch die Stadt: Mannheim 100 D u r ch G e m einden : Rauschwaldc 3 .F; Berg 2 Durch Gesang-Vereine: M.-G.-V., Rheine i. Wests-, 22,40 Brdbg. Männer-G.-V., Brandenburg Fanilletsn. Signalsprache zur See. Eine Studie zu de« diesjährigen Flottenmanövern. Von Graf E. Reventlow (Preetz). Nachdruck »erdeten. Es war vor reichlich einem Jahrzehnt, als in einem der Fjorde der norwegischen Küste die „Hohenzollern" mit Kaiser Wilhelm an Bord das Panzcrgeschwadcr verließ, das bis dahin die .Kaiseryacht begleitet hatte und ihr ge folgt war. Nachdem der letzte Katscrsalut verhallt war nnd die weißen Wolken des Pulverdampses sich verzogen hatten, sah man an Bord des Admiraljchifses, der „Baden", mehrere Reihen bunter Signalflaggen znm Topp des Mastes cmporglcitcn und das Heften einer Adresse, die durch Unterschcidungswimpcl angedeutet zu werden pflegt, ließ erkennen, daß das Signal an den Allerhöchsten Kriegsherrn selbst von Seiten des Admirals gerichtet war. Zum allgemeinen Erstaunen wurde auf der „Hohen- zollcrn" als Antwort ein Winrpel gehißt, dessen Be deutung war: „Ich habe Ihr Signal wohl gesehen, aber nicht verstanden". Nun schlug man auch auf allen an deren Schiffen des Geschwaders im Signalbnch die Be deutung der räthsclhaftcn Flaggcnzusammcnstcllung nach und fand mit lebhafter Schadenfreude den folgenden Sinn: „Ter Admiral wünscht Ew. Majestät allcruntcrthünigst frisches Rindfleisch!" „So was kann auch nur auf dem Flaggschiffe passiven", meinten höhnisch die sogenannten Signalgäste auf den anderen Schiffen des Geschwaders, und die Freude über diesen Lapsus des sonst unfehl baren Flaggschiffes war groß und rein, ja, sic wurde noch größer, als ein Theil der Flaggen beschämt wieder hinab kroch und anstatt des frischen Rindfleisches allerunter- thänigst „glückliche Reise" gewünscht wurde. Nun, so waü kann passiren, und das Mißverständniß that auch weiter keinen Schaden, höchstens einigen Mitgliedern des Signalpersvnals, die während der nächsten 24 Stunden in einem kleinen, eigens hierfür vorgesehenen Raum des Schiffes über ihre Sünden Nachdenken durften. Unter Umständen kann allerdings die Verwechselung einer Signalflagge bedenkliche Folgen haben, wie zum Beispiel die Collision zweier Schiffe bet einem durch das falsche Signal befohlenen gefährlichen Manöver, und in einem solchen Augenblick können Diseiplin und Verstand in einen harten Kampf miteinander gerathen. Deswegen ist man mich dauernd bestrebt, das Signalsystem zu ver einfachen und damit wie mich durch die sorgfältigste Aus bildung und beständige Schulung des Personals Mißver ständnisse möglichst auszuschlicßcn. Noch vor wenigen Jahren bildeten die Signalflaggen bei Tage das einzige Mittel, um sich vom Schiff zu ver ständigen, und für den Geschwaderchcf, rasch seine Be fehle den Eommandanten der Schiffe zu übermitteln, und auch jetzt noch können sie, wenn auch nicht als der einzige, so doch als der Hanptvcrkchrstrüger angesehen werden. Tas System beruht auf Folgendem: Jeder Buchstabe und jede Zahl wird durch eine bestimmte Flagge dargcstellt. Nach der Regel der Eombinationcn und Variationen kann man darnach eine sehr große Zahl von lauter unterein ander verschiedenen Grnppen bilden; deren jede immer in dem gedruckten System vnd Nachschlagewerk, dem Signalbuch, lexikalisch geordnet enthalten ist. In diesem schlägt mau für eine Mitthcilung, die man signalisiren will, die Flaggcnzusammcnstellung auf, und für ein Flaggensignal, das man entziffern will, den Sinn. Um also überhaupt signalisiren zu können, ist es nur erfor derlich» die Bedeutung der einzelnen Flaggen zu kennen; nm gut, d. h. schnell und zuverlässig zu signalisiren, ist außerdem genaue Kcnntuiß des Signalbuches und seiner inneren Einthcilung, und dann ständige praktische Ucbung Bedingung. ES bedarf keiner Erläuterung, wie eminent wichtig für den Signalverkehr im Geschwader gerade die Schnel ligkeit ist; von ihr hängt die Promptheit der Ausführung eines durch das Signal gegebenen Befehls ab, und von dieser wiederum die Brauchbarkeit und Leistungsfähigkeit eines t^eschwadcrs, als einheitlicher Waffe in der Hand des Führers. Ein Beispiel: bei nicht sehr klarem Wetter tvmmt während des Marsches der Flotten plötzlich der Feind in Sicht, und zwar in solcher Nähe, daß cs höchste Zeit ist, die li)cfcchtssvrmation einznnehmcn. Ter Ad miral befiehlt, das betreffende Flaggensignal zu hissen, was auch prompt geschieht. Es wird viel davon abhäugen, in wie kurzer Zeit sämmtliche anderen Schiffe, die vielleicht den Feind noch nicht haben bemerken können, das Signal sehen, verstehen und dem Flaggschiff durch eine Ant- wortflaggc dies anzcigen, denn vorher kann die For- mationsändcrung nicht stattfinden, ohne daß gänzliche Un ordnung, sowie Evllisioucn zn befürchten wären. Nun sind allerdings gerade solche wichtige Signale einerseits möglichst kurz und einfach, andererseits in Folge ihrer häufigen Anwendung dem Personal so bekannt, daß ein zeitraubendes Nachschlagen im Signalbnch nicht nöthig iü, es bleibt also nur noch schärfste, beständige Aufmerksamkeit auf jedes Signal des Flaggschiffs erforderlich. Auch diese kann, besonders ans die Tauer, bei bestem Willen und durch größte Ucbung, Schulung und Praxis erlernt werden. So nimmt denn anch daS Signalisiren einen weiten Raum in der Ausbildung der jungen Offieicre, Fähnriche, Untcrofsieicrc und Mannschaften ein, soweit cs ilire Tienst- stellungcn bedingen Von jedem Offieicr wird natur gemäß gründliche Kcnntuiß des Sigualwcsens verlangt, während dies für Untcrofsieicrc und Mannschaften nicht auf alle ausgedehnt werden kann, sondern eine Spceial- lanfbahn bildet. Tasjenige, was am ^schwersten zu erreichen ist, ist die unbedingte Ruhe und Stille des Per svnals beim Signalisiren, und wer einmal an Bord eines unserer Kriegsschiffe kommen sollte, wird sich wundern, wie der doch immerhin cvm"licirte Betrieb ohne das leiseste Wort, nur durch Winke nnd Zeichen, sich abspiclt. Tast dies absolut nöthig ist, leuchtet ein, wenn man bedenkt, daß im unbeschreiblichen Getöse einer modernen Seeschlacht alles Signalisiren überhaupt nnmöglich wäre, wenn die schwache menschliche Stimme zu einem glatten Fnnetionircn erforderlich wäre. Nun dunen anS Gründen der Schnelligkeit und Hand lichkeit die einzelnen Flaggen eine gewisse Größe nicht überschreiten, sind in Folge dessen also über eine bestimmte, je nach der Sichtigkcit des Wetters wechselnde Anzahl von Meilen hinaus nicht mehr erkennbar. Von dieser Grenze
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