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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.07.1904
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-07-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040705024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904070502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904070502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-07
- Tag1904-07-05
- Monat1904-07
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Bezugs-Preis i» der vauptexpedittou oder deren SuSgabv- stelle» avgeholt: vierteljährlich 3.—, bet zweimaliger täglicher Zastrlluag tu« Ha»S 8.75. Durch die Pos! bezog«, für Deutsch» land u. Oesterreich vierteljährlich 4.50, für die übrige» Länder laut ZettvngSprrlSlisle. Neduktton: Johanoisgaste v. Sprechstunde: 5—S Uhr Nachm. Fernsprecher: 153 Erpedttto«: JohuuncSgaffe 8. Fernsprecher: 222. Filtalexpedlktoueu r Alfred tzay,, Buchbaudlg^ UutverfitätSstr.S «Fernspr. Nr. 4043). L. Lösche. Latharinen» stratze 14 (Fernsprecher Nr 2935) u. König«- platz 7 (Ferusp kecher Nr. 7505). Haupt-AUtate Dresden: Martenstraße 34(Ferusprrcher Amt INr. 1713). Hanpt-Ftliale verlta: CarlDuuckrr, Herzgl.VayrHofbnchbandla- Lützowstraße lO(Fernspr«cherAmtV7 Nr.4603.) Abend-Ausgabe. KiWger TagMM Anzeiger. Ämtsökatt des HömgNchen Land- und des Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, des Rates nnd des Volneiamtes der Stadt Leipzig. Nr. 338. Dienstag den 5. Juli 1904. Anzeigen-PreiS die 6 gespaltene Petitzeile 25 Reklamen unter dem RedaktiouSstrich («gespalten) 75 >4, nach den Frmiliennach» richten <6 gespalten) 50 «j. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offcrtenannahme 25 Ertra-Veilagen (gesalzt), nur mit der Mvrgen»Ausgabe, ohne Postbeförderung 60.—, mit Postbesörderung 70.—. Annahmefchlug s»r Anzeigen: Ab end» Ausgabe: vormittag, 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: muhnttttagS 4 Uhr. Anzeigen sind stet- an die Expedition zu richten. Die Expeditton ist wochenmg» ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi- abend- 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz tu Leipzig (Inh. vr. V„ R. L W. AliukhardK 98. Jahrgang. Var MÄtigrte vsm rage. * Es ist in Aussicht genommen, den Vertreter- ta g des Rcichsverbandes der nationalliberalen Jugendvereine am 3. und 4. September inLeip - z i g stattfinden zu lassen. (S. Dtschs. Reich.) * Tie Liebestragödie im Jobannistal zu Leipzig hat nun ihr zweites Opfer gefordert: die Arbeiterin Hedwig K ö h l e r ist heute Nacht ihren Verletzungen c r - legen. (S. Leipz. Angel.) * Der Brauerausstand in Hamburg ist von neuem ausgebrochen. (S. Dtfch. Reich.) ' Kaiser Nikolaus richtete an den neuen General-Gouverneur von Finland, Fürsten Obo lenski, ein Handschreiben, die Staatsgewalt müsse sich den engsten Anschluss Finlands an Rußland unbeugsam angelegen sein lassen. (S. Rußland.) * Im Verlaufe der e n g l i s ch e n U n t c r hans- d e b a t t e über das Schankgesetz wurde der gegen Balfours Vorschlag gerichtete Untcrantrag A s a n i t h nrit 301 gegen 228 Stimmen abgclchnt und dann die Sitzung geschlossen. * Der vräsidiercnde Bürgermeister von Hamburg, vr. Hachmann, ist in vergangener Nacht ge storben. 2ur Unterseeboorrttage. hat unsere Marineverwaltung bisher bekanntlich eine ab- wartende Haltung eingenommen. Daß hierin fürs erste keine Aenderung eintreten wird, lehrt eine Abhandlung des neuesten „Nauticus" über den heutigen Stand der Unterseebootsfrage. Diese Abhandlung gelangt zu folgenden Ergebnissen: Tas bis jetzt praktisch erprobte Unterseeboot ist eine noch recht unvollkommene Waffe, die onrläuiia nur in Her Defensive mit beschränktem Wir ¬ kungskreise nnd sehr oft zufälligen Erfolgen fechten kann. Tas beweisen die französischen Manöver de? Fabre? 1902, wo die Unterseeboote außerhalb dieser Sphäre wenig oder nichts leisteten: das zeigen auch die ersten englischen Ver suche: das »ist endlich die Ansicht der amerikanischen Fach leute nach^Beendignng der Probefahrten zweier ameri kanischer Unterseeboote. Die wenig befriedigenden Resultate der bisherig.'n Manöverersahrungen nnd Erprobungen würden im Kriege durch die Strapazierung von Personal und Material noch mehr hcrabgemindcrt. Damit ioll dem Unterseeboote innerhalb des estgen Bereiches seiner Ver wendungsmöglichkeit nicht jeder Erfolg von vornherein avflsprocbcn werden. Tenn die französischen Manöver haben gezeigt, daß innerhalb dieser Grenzen Erfolge er rungen werden können, nnd daß mit der Anwesenheit von Unterseebooten hauptsächlich als moralischem Faktor schon gerechnet werden darf. Außerdem ist zuzugcbcn, daß die empfohlenen Schutzmittel gegen Unterseeboote — hohe Fahrt nnd schlechte? Wetter — eine an feindlicher Küste stehende Flotte unter Umständen in der Freiheit ihres Handelns beschränken können. Aber weder eine Um wälzung der modernen Seekriegführnng wird das heutige Untersecbot herbeifübren, noch wird es die endgültige Ent scheidung in einem Kriege wesentlich beeinflussen können. So mannigfaltig die technischen Fortschritte sind, nvlchc die Entwickelung des Unterseebootes in den letzten zwei Jahren gebracht bat, die drei vornehmsten militärischen Forderungen, welche den Unterseebooten den Stempel der brauchbaren Seekriegswaffe aufdrücken würden, sind un erfüllt geblieben, nämlich Sehvermögen, Geschwindigkeit und Aktionsradius, Seetüchtigkeit. Vielleicht werden die Boote größeren Tonncngchaltcs Besseres leisten. Auch nur eine geringe Sicherheit hierfür ist jedoch zur Zeit noch nicht vorhanden. Bis zur Lösung mindestens eines der eben erwähnten drei Probleme wird man daher gut tun, in der Unterseebootsfrage nach dem Grundsätze zu ver fahren: I'e-Nina lenw! vrr tursizch-iapaniscbe Krieg. Mel-Niia General Ssacl^arows. Wie General Ssacharow dem Generalstab vom 3. Juli meldet, wurde am 2. Juli in der Umgebung von Kaitschon festgestcllt, daß die Vorpostenabtei lungen des Gegners sich nach Süden zurückzogen und eine 14 Werst lange Linie im Nordosten von Sseniutschen besetzten. Tie Station Sseniutschen wird von einer japanischen Infanterie-Abteilung besetzt gehalten nnd in der Umgebung der Stadt Sseniutschen haben die Japaner mindestens eine Tivision zusammengezogen. Wie ge meldet wird, stehen in der Umgegend Ssinjans gegen 50 000 Japaner Beim Dalinvaß hat der Feind die bis herige Stellung inne und rückt nicht weiter nach Haitscheng vor. Zerfahrenheit in -er russischen Heere-Iertnna. Dem Londoner „Standard" . schreibt unter dem 2ö. Juni ein Berichterstatter ans Kiew: Bon einem weben aus Pelers- bnrg znrückgekehrten hiesigen Stabsoffizier köre ich, daß im KriegSministcrium die größte Verwirrung wallet. Es herrschen stark hervortretendc Meinungsverschiedenheiten zwischen mehreren angesehenen Mitgliedern des .Kriegsrats selbst, zwischen dieser Körperschaft und einigen ter höheren Offiziere des Gencralstabs und zwischen letzterem und dem Vorstand der Intendantur. Mein Berichterstatter versicherte, es unterliege nicht dem geringsten Zweifel, daß Kuropatkins besseres Urteil von Petersburg aus zu- rückgedräugt worden sei, als er Generalleutnant Stackclberg mit lDivisionen zum Entsatz von Port Arthur entsandte, nnd daß Stackclberg selbst ohne Hoffnung ans Erfolg seinen Zug nach dem Süden antrat. Kuropatki» fühlt natürlich, daß sein Rnf durch die vernichtende Niederlage seines Untergebenen bei Wafangou ohne Nutzen empfindlich geschädigt worden ist, und er hat es nicht unterlassen, seinen, Unwillen, wenn auch in vorsichtiger Form, Aus druck zu geben. „Hätte General Dragomirow", so fügte der Stabsoffizier binzn, „das Oberkommando gehabt, er würde es sicher abgelelmt haben, den von Kuropatkin be folgten Befehl auszufükrcn, selbst auf die Gefahr sofortiger Absetzung hin. Daö Schlimmste in der gegenwärtigen trau rigen Lage ist, daß für den Fall, daß Kuropatkin oder Skrydlow etwas zustiebe, keine wirklich fähigen Offiziere vor handen sind, um an ihre Stelle zu treten. Unsere besten Führer aus dem letzten türkischen Kriege find entweder tot oder alte, nicht mehr im Dienste stehende Männer. Aorten von« Ariegrschauplatze. Tas rühmlichst bekannte kartographische I n - stitut Dietrich Reiner (Ernst Vohsen) in Berlin hat von seinen Kricgskarten die dritte: PortArthur- Mukden (Preis 1 .6) veröffentlicht. Diese Karte ist nach russischen Quellen bearbeitet und ist durch die sorg fältige Eintragung aller in Betracht kommenden Namen und durch übersichtliche Darstellung des Geländes ein gutes Hülfsmittcl für den, der die Truppenbewegungen im fernen Osten genau verfolgen will. Tas gleicstc Urteil verdient eine von dem Wiener Ver lage Artar"ia L Co. herausgcgebene Uebersichts - karte von Ostasicn, entworfen und bearbeitet von Dr. Karl Peucker. Einen besonderen Vorzug bilden die 14 Beikarten in großen Maßstäben und die historischen und statistischen Tabellen. Ter Preis beträgt 1,40 .4(. Ferner ist die Kartographische Abteilung der preußischen Landesaufnahme seit dem Jahr 1902 mit der Herausgabe einer großen Karte von Ostchina im Maßstab von 1 : 1 000 000 beschäftigt, die durch ihre Vollständigkeit und treffliche Ausführung leb hafte Anerkennung gefunden hat. Die zuletzt veröffent lichten Blätter werden das Interesse in noch höheren, Maße in Anspruch nehmen, weil sie ein außerordentlich plastisches, ausgedehntes und mit vielen Einzelheiten aus gestattetes Bild von den, gesamten Gebiet des Kriegs schauplatzes geben. Von den früher erschienenen Blät tern ist das Blatt Mukden hinzuzunehmen, da? die ganze Kwantnng-Halbinsel. das Mündungsgebiet des Liau- Flnsies und den Grenzbezirk zwischen der Mantschnrei und der chinesischen Provinz Tichili umfaßt.' Daran schließt sich östlich das soeben ^veröffentlichte Blatc Ptzön- vang, das nach der größten Stadt des nördlichen Korea benannt ist. Dreier Teil der Karte ist in, Hinblick ans die kriegerischen Ereignisse der Gegenwart wohl der wich tigste. weil er den ganzen Unterlauf des ?)aln Flusses und des nördlichen Korea in sich begreift. Die nördliche Fort setzung bildet das Blatt Kirin, das in der Hauptsache das Flußgebiet de? Snngari und seines großen Nebenflusses, des Flusses von Niugnka, nordwärts bis zum Ist. Breiten kreise eiuschließt. Nach Osten hin folgt da? Blatt Wladi wostok. da? freilich große noch ganz unerforschte Abschnitte auiweist. Tas fünfte in Betracht kommende Blatt bringt das südliche Korea in einer sehr eingehenden Darstellung. Die Karte gibt außer den Städten und Dörfern und den sehr klar ausgebreiteten Grenzen folgende topographische Einzelheiten wieder: die Hauptstraßen, die gewöhnlichen Wege (unterschieden nach genau bekannter oder unsicherer Lage), die in Betrieb oder im Bau befindlichen, sowie die geplanten Eisenbahnen, die Telegraphenleitnngen, be stehende nnd aufgegebene Befestigungen, europäische Post ämter, größere Grabstätten, Tempel, Pagoden, Grenz posten, beseitigte Lager, Kirchen und Missionsanstalton, Kriegshäfen, Frcihandelshäfen nnd deutsche Konsulate. Tie Zeichnung der Karte ist in jeder Beziehung muster gültig zu nennen. Die Gebirge treten greifbar hervor, die Flüsse sind mit blauer, die Grenzen mit grüner Farbe deutlich bervorgeboben, die Straßen mit raten Linien eingezeichnet. Besonder? zu loben ist die folgerichtige Schreibart der Namen, für die im wesentlichen die durch unseren größten Gelehrten der Geographie von China. Frciherrn von Richthofen, ausgestellten Grundsätze an gewandt worden sind. Hatten die Deutschen schon wäh rend des Feldzuges in China die vollständigsten und zu verlässigsten Karten des fraglichen Gebietes, w dürfte auch diesen neuen Blättern der „Karte von Ostchina" die Anerkennung zu Teil werden, daß sie einen hohen Rang, wenn nicht die erste Stelle unter den jetzt vor handenen Karten des Kriegsschauplatzes einnehmen' nur Russen und Japaner dürften ein vollständigeres Material besitzen, als in dieser deutschen Veröffentlichnna vcr wertet worden ist. Ter billige Preis (1,50 .4^ für das Blatt) wird jedem, der an den Ereignissen in Ostasien lebhaften Anteil nimmt, die Anschaffung der Karten oder einzelner Teile ermöglichen. politisch« lagrrschau. * Leipzig, 5. Juli. Mirbach und kein Ende. Was prophezeit wurde, ist eingetroffen. Ter Versuch, die Oberhofmeister-Angelegenheit im Sande verlaufen zu lassen, ist selllgeschlagen. Jeder Tag bringt neues und natürlich unerquickliches, Wahrheit und Dichtung in pikantem Gemisch. Eine Meldung des „Kl. Journals", die fortgesetzten Angriffe gegen den Oberhofmeister hatten auf dessen Gesundheitszustand so ungünstig eingeivirkt, daß er die Absicht habe, die Enthebung von seinem Amte zu erbitten, und in Hofkreisen sei man der Ansicht, daß diesem Rücktrittsgesuche unter den obwaltenden Verhältnissen statt gegeben werden dürfte, ist wohl weiter nichts als ein Ver suchsballon. Freilich will die „Frts. Ztg." ähnliches erfahren haben über die Stimmung in Kreisen, die dem Oberhofmeister nahe stehen. Aber was beißt das im Grunde alles? Daß Herr v. Mirbach in diesen kritischen Tagen auch schon daran gedacht haben wird, ob es nicht besser sei, den Ab schied zn nehmen, kann fick jeder selbst sagen. Und daß „ihm nahestehende Kreise" ähnliches denken, ist auch nicht schwer zu konstruieren. Aber nicht darauf kommt es an, was Herr v. Mirbach denkt, nickt einmal darauf, was er tun wird, sondern darauf, was mit ihm geschieht. Denn die Person ist hier nichts — das System alles. Die „Kreuzztg." frei lich, dieser weiße Rabe, tut noch immer so, als sehe sie nichts Auffälliges. Zwar sieht sie sich zu der Mitteilung genötigt, cs sei ihr „von manchen treuen Lesern ver dacht worden," raß sie sich des Oberhofmeifters freundlich angenommen habe, und sie hätte Zuschriften erkalten, in denen rem Unbehagen rarüber „sehr deutlich" Ausdruck ge geben sei. Infolge dieser — nach unserer Acrffafsuug ebenso bemerkenswerten wie erfreulichen — Kritik ans dem eigenen Lager bekennt die „ Kreuzztg." wenigsten- im allgemeinen, ras Sammelverfahren des Freiherrn von Mirbach nicht in sämtlichen Erscheinungsformen zu billigen. Nach solchem kleinen Zugeständnis an ihre kritischen Gesinnungsgenossen erneuert leider das kon servative Hauptorgan die Stimmungsmache für den Frhru. v. Mirbach. Abgesehen davon nämlich, daß die „Kreuzztg." die Verdienste des Frhrn. v. Mirbach als Kircheuerbauers und die Reinheit seiner Motive mit dem größten Lobe bedenkt, kommt sie auf die Zeugenaussage des Oberhofmeifters im Pommernbankprozcß zu dem Zwecke zurück, die Behauptung aufzustellen: keine auch mir taktlose Handlung könne dem Oberhofmeister zum Vorwürfe gemacht werden, er fei lediglich einer Täuschung zum Opfer gefallen, wie sie auch dem Vorsichtigsten unterlaufe. Die „Kreurztg." benützt ferner die Hof stellung des Frl. v. Mirbach zur Stimmungsmache für Feuilleton. - Die Entgleisten. Roman von Caroline Deutsch. Nachdruck verbolen. „Darf Sie morgen oder übermorgen mein Förster ab holen, damit Sic den Platz selber vorher in Augenschein nehmen?" Ter junge Graf erklärte sich mit allen ihren Anord- nnngcn einverstanden. Frau Clsarlottc erhob sich zum Abschied; aber sie zögerte doch noch einen Augenblick. Gestatten Sie mir eine Frage, Herr Graf!" sagte sic dann nach kurzem Entschlüsse. „Es spricht sich hier herum, naß Sie iu Turdova bleiben nnd Ihr Gut bewirtschaften wollen. Verstehen Sic etwas von der Landwirtschaft? Kann ich Ihnen mit meinem Rat an die Hand gehen?" Bcthlcn wurde verlegen. Nein, er l)attc gar keine praktischen Kenntnisse. Er verstand famos zu reiten und wußte gut mit Pferden umzugchcn, das war alles. Er batte aber in den letzten Wochen einige? in Büchern über Landwirtschaft gelesen. Ob die Herrschaften glaubten, daß er für's erste damit auskommen würde? Nun mußten sic wieder beide lächeln und der geistliche Herr meinte be lustigt und mit Eifer zugleich: „Nein. Herr Graf, so leicht geht das doch nicht! Bücher tun hier das wenigste Tic Theorie ist auch hier grau oder besser gesagt, sie ist hier noch grauer als anderswo . . . Hier heißt es mit eigenen Augen sehen, selber zugreiscn, Erfahrungen sammeln, und Hauptsache ist Neigung dabei." „Für den Anfang reicht Fleiß und guter Wille auch aus", berichtigte Frau vou Tornia iu etlvas die Aus- fübruugeu des Pfarrers. „Neigung pflegt daun niit dem Erfolg sich einzustellen. Wenn mau sieht, wie aus solch unscheinbaren Samcnkörnchcn ein blühendes Feld wird, wie sich aus starren Strohhalmen ein hundertfacher Segen ergießt, dann ist das Interesse auch da und wächst und vertieft sich nut den Jahren" Sie sprach aufmunterud und eine gewisse Herzlichkeit lag in ihrer Stimme. Der erste Eindruck war verwischt; er gefiel ihr immer besser, dieser schöne, große, blonde Mensch, der so zutraulich und aufrichtig sich gab. Leicht- sinnig mochte er gewesen sein, aber unverdorben schien er und wahrhaftigen Gemütes, was in ihren Augen ein hoher Vorzug war. Sic wiederholte noch einmal die Einladung zu Sonn tag und indem sie ihm die Hand reichte, fügte sic hinzu: „Sic werden meine Kinder kennen lernen. Mein Sohn Andreas ist auch erst seit kurzeni hier ... Es wird mich freuen, wenn sic gegenseitig Gefallen aneinander finden." — Nur Pfarrer Petrow wußte die leise Bewegung zu deuten, die m ihrer Stimme lag X. Bcthlcn 'chritt den Weg zum Schlosse hinaus. So lächerlich dies auch scheinen mochte, er, der das gesell schaftliche Leben im großen Stile kannte, es vor nicht gar zu langer Zeit in vollem Maße genossen, sah diesem Sonn tag niit einer gewisten Spannung nnd Erwartung cnl gegen. Ter junge Manu hatte den Feldweg hinter dem Städtchen gewählt, um nicht den Ort passieren zu müssen, da er weder über ein Reitpferd, noch ein anständiges Gc fährt verfügte, und gezwungen war, zu Fuß zu gehen. Es war ein klarer, sonnenheller Tag. Märzwinde fuhren über's Land und der Schnee auf Bergen und Tälern sank immer mehr in sich zusammen. Der Strom des neuerwachteu Lebens ging unsichtbar durch die Welt und pochte in Bäumen und Sträuchern, an denen sich die ersten braunen Blätterkelciic zu bilden begannen. . . . Als Bethlen die Anhöhe erreicht hatte, blieb er einen Augenblick stehen. Wie in Sonnenlicht gebadet lag das schöne, stolze Schloß vor ihni, und unten dehnte sich das weite Tal mit den endlosen Holzlagern. Heute breitete sich tiefe, sonntägliche Stille über den Platz, auf dem sonst solch reges Leben herrschte; nur aus dem Schlot der Sägemühle wirbelte dünner Ranch, der in der sonnigen Luft zerflattcrtc. An der Freitreppe empfing Bethlen ein bürgerlich gekleideter Diener, und noch schärfer trat ihm zu Bewußt sein, welch elendes Leben er all die Monate gelebt, als er durch das schöne Vestibül in ein mit vornehmstem Ge schmack ausgestattetcs Empfangszimmer geführt wurde. Marischka befand sich allein im Salon. Daß sitz den jungen Grafen so bald schon nnd in ihrem eigenen Hause kennen lernen sollte, war ihr zuerst wie ein Wunder erschienen. Sic hatte die ganze Woche Zeit gehabt, sich auf dies erste große Ereignis in ihrem Leben vorznbercitcn. Und doch, als der Diener, die Tür öffnend, den Offizier meldete, verlor sic einen Moment die Fassung und stand glutübergossen da. Auch der junge Manu war überrascht. Er hatte schon größere Schönheiten, glänzendere Erscheinungen gesehen, eine solch' balde Anmut, ciue solch' lieblich erblühte Jugeud noch nicht. Macischta trug eiue blaue Tnchbliise mit weißem Ein- satz und breitem, weißem Marinekragen; der Rock aus demselben Stoff war mit weißen Livcn besetzt; der einzige Schmuck war eine balbcrblühte dnnkelrote Canielie, die im Gürtel steckte. Die junge Tarne überwand ihre Ver wirrung mid begrüßte den Gast, dann sagte sie, die Mutter würde bald erscheinen. Sic sei mit Herrn Doktor Farkas im Arbeitszimmer. Ter Graf möchte eutschul digen und nnterdeß mit ibrer Gesellschaft vorlieb nehmen. Bethlen ließ sich auf den angewiesenen Platz nieder und legte den Czako neben sich. „Gnädiges Fräulein werden cs nicht als Schmeichelei ausfassen, wenn ich versichere, daß ich dies für's erste nicht bedaure", sagte er, und ein bewundernder Blick begleitete seine Worte. Nun hatte Marischka sich ganz gefunden. „Mit solchen Voraussetzungen muß mau vorsichtig sein, Herr Graf. Sic können ja nicht wissen, ob ich nickt langwellig bin." Tic Schelmengrübchen vertieften sich in den Wangen. „Jetzt zweifle ich keinen Augenblick, daß Sic cs nicht sind, mein gnädiges Fräulein! .... Und dann . . . . wenn Sic auch geschwiegen hätten!" .... Wieder ein bewundernder Blick in ihr Gesicht. „Tic blühende Natur um uns spricht auch nicht mit Worten und ist nichts weniger als langweilig." TaS junge Mädchen errötete. „Sie kleiden Ihre Schmeichelei in ein poetisches Gewand. Herr Graf, und das ist noch schlimmer, -überhaupt für ein Landmädchen viel zu hoch. Tann niit liebenswürdiger Offenheit hin zufügend: „Eigentlich bin ich schuld daran nnd muß Sie uni Entschuldigung bitten." „Woran schuld, mein gnädiges Fräulein?" „In meiner Bemerkung bat eine versteckte Aufforde rung zu einem Kompliment gelegen. Ich bade mir nicht? dabei gedacht, aber Ihnen, Herr Gras, isi nichts anderes übrig geblieben." Wie frisch und natürlich das klang! Und welch' Herz- ergnickendcs Lachen sie batte! „Sic ist einfach entzückend!" dachte der junge Mann. „Und jevt wiederbole ist) nochmals und ohne alle Ver stecktheiten. Mutter kommt jeden Augenblick: sic läßt nur vom Herrn Doktor ein Schriftstück aufsetzen." „Ter Herr Doktor bat einen weiteren Weg und ist mir znvorgekommen", meinte Bethlen. „Tas pflegt manchmal vorzukommcn", versetzte Marischka, die ihm gegenüber am Fenster Platz ge nommen lsatte. „Solche Beobachtungen kann man häufig machen. So wird man zum Beispiel an Tagen,
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