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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.12.1904
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-12-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19041202018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904120201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904120201
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- LDP: Zeitungen
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
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Leipziger Tageblatt. 2. Beilage Freitag, 2. Dezember 1904. Feuilleton. Neue Berliner Architektur. Von Dt. Heinrich Pudor (Berlin). Das neue Jahrhundert ist von der deutschen Archi tektur aut eingeleitet worden. Wenn man heute die neue deutsche Reichshauptstadt durchwandert, sieht man auf Schritt und Tritt Beispiele einer aufstrebenden grünst. Wie eine Wunderblume, die bei Nacht erblüht, ist in den letzten acht Jahren, nicht in Deutschland nur, auch in Dänemark und Sclnveden eine Architektur ent- standen, die wie eine neue Renaissance anmntet. Sie ist nicht höfisch wie die Architektur des Rokoko, sie ist nicht kirchlich wie die der Gothik, sondern sie ist biiracrlich und volkstümlich. In üenSchlössern, Kirchen und Regierungsgebäuden findet man auch heute noch wenia Befriedigendes, wenia Neues, wenia Gutes: sie find am grünen Tisch zu- sammenaearbeitet, sie geben Architektur-Geschichte: frisches persönliches, volkstümliches Empfinden fehlt. In den Gebäuden der Volksschulen, der Volksbadeanstalten, der Elektrizitätswerke, der Landhäuser, der Geschäfts häuser — da entwickelt sich das, was wir die neue Archi tektur nennen. Nicht, das; schon der lang gesuchte und ersehnte neue architektonische Stil da wäre, — das wäre unmöglich, denn ein Stil bildet sich in fünfzig, nicht in acht Jahren. Aber das architektonische Empfinden ist da. Wir haben gelernt- wieder architektonisch zu em pfinden und der Sinn für Raum und Massenverhältnisse stellt sich allmählich wieder ein. Dazu kommt, das; die Architekten wieder „Ideen" haben: Sie haben etwas zu sagen, etwas Eigenes, Persönliches, Originales. Der Individualismus hat auch hier seine Früchte gezeitigt. Man wird an die Zeiten der italienischen Früh- renaissance erinnert, wenn man dieses Sprossen und Lleimen, diesen Ideenreichtum, diese frischen, naiven Empfindungen, diesen gefunden, volkstümlichen Humor in der neuen Architektur blühen sieht. Natürlich ist bei weitem ncch nicht alles gut, natürlich gibt es noch manches Schiefe, manches Reaktionäre — aber schon wird es von dem Jungen und Neuen überblüht. Dabei macht es nicht soviel aus, das; offizielle Bauten, wie das neue Reichstagsgebäude, der neue Dom in Berlin, das Kaiser-Friedrich-Muscum, das neue Landgericht und andere, mit Aufwendung von in quantitativer Be ziehung ganz erstaunlichen Mitteln, eine historische, barockisierende, reaktionäre Architektur vertreten, für Sie cs charakteristisch ist, das; man nie weiß, wo der Stuck anfängt und der Marmor und Haustein aufhören. Diese Bauten bleiben dem Bclksempfindcn vollkommen gleichgültig, sie sind so „großartig", weil sic Geld kosten müssen, sie tun die Ohnmacht der alten barockisierenöen Architekturperiode dar, die hiermit gewissermaßen mit einem großen Feuerwerk abMießt. Die neue Berliner Architekturperiode kann man mit dem 1. Oktober 1896 beginnen lassen, als Ludwig Hoff mann seine «Stellung als Berliner Stadtbaurat antrat. Was er seit dieser Zeit geleistet hat, ist erstaunlich. Ein vortreffliches Bild dieser reichen Tätigkeit bot die im Sommer 1901 auf der großen Berliner Kunst ausstellung stattgehabte Architektur-Ausstellung der Stadt Berlin. Diese architektonische Ausstellung bildete an und für sich einen Markstein in der Entwickelung der Architektur zu einer Volkskunst. Bisher war die Archi- tektur daI Stiefkind unter den Künsten. Weder die Kunstzeitschriften noch die Kunstausstellungen befaßten sich mit ihr. Man konnte sehr gebildet sein und doch von Architektur nichts, gar nichts verstehen. Die Archi- tektur hatte vollständig die Verbindung mit der Volts seele und dem Volksempfinden verloren. Gemälde zu sehen, hatten wir gelernt, aber architektonische Bauten zu studieren, uns mit Liebe in ihren Anblick zu ver- senken, sie nachempsinden, daran dachten wir nicht ein mal. Wir müssen es eingestehen, die Berliner Archi tektur-Ausstellung ist von; allgemeinen Publikum immer noch stiefmütterlich behandelt worden. Aber sie selbst war eine hocherfreuliche Tatsache. Es wurden von den bedeutenden Gebäuden aus der Hcffmannschen Bauperiode nicht nur Baurisse und Photographien, sondern auch Modelle in V>° und sogar '/« der natür lichen Größe ausgestellt — ja, es fanden sich Modelle von Ftwadenteilen, Brückenteilen, Gesimsen, Skulp turen in natürlicher Größe wiedergegeben. Wenn frei- lich diese Art der Ausstellung das Publikum dazu ver führen sollte, nicht die Bauten selbst, sondern Modelle und Photographien zu studieren, wäre das sehr bedauer lich. Beabsichtigt ist jedenfalls, vermöge der Modelle dem Publikum Lust zu machen, auf das architektonische Bild der Stadt etwas Acht zu geben, an den Architek turen nicht vorüber zu laufen, sondern sie mit Liebe zu studieren. Das Hauptinteresse bei dieser Architektur-Aus stellung nahm der Entwurf des Märkischen Museums in Anspruch, und zwar nicht nur um der Architektur selbst willen, sondern weil hier zum ersten Male dem Prinzip, das Gebäude des Museums in Stil und Ausführung in Uebereinstimmung mit den Aus stellungserzeugnissen zu bringen, Geltung verschafft wurde. Eine Bemerkung im Katalog, die dieselbe Sache mehr nach der praktischen Seite betonte, lautet: „Soll eine Sammlung im wesentlichen zur Anregung weiterer Kreise dienen, so werden die verschiedenartigen Ausstellungsstücke am wirksamsten in einer ihrer Eigen art entsprechenden räumlichen Umgebung zur Er scheinung gebracht." Da nun das Märkische Museum die märkischen Sammlungen in sich aufnehmen soll, mußte der Bau im märkischen Stil entworfen werden. Und das ist geschehen. Zum mindesten ist die nord- deutsche Backsteingotik an diesem Entwurf vor herrschend. Aber leider hat sich der Architekt verleiten lassen, richtige Schlußfolgerungen fälfch anzuwenden. Er ging aus von dem Standpunkte: für jede Kultur- äußerung entsprechende Räume und eine entsprechende Architektur. „Eine charakteristische und dem Laien an schauliche Anordnung der Sammlungen würde sehr er- schwert oder gar unmöglich sein, wollte man sie in ein ein'heitlick>eS, Gebäude mit gleichen Stockwerkshöhei», gleichen Fensterachsen und gleichartigem Architektur system hineinzwingen," — so hieß es im Katalog mit vollstem Rechte. Da es sich nun darum handelte, für nicht zusammengehörige Sammlungen entsprechende Räume hcrzustellen, mußte man wohl oder übel ver- schiedene Gebäude mit verschiedenen Architektursystemen errichten, womöglich jedes in passender Umgebung, ab- gcscndert für sich, wenngleich alle zusammen durch den gemeinsamen Grundgedanken des märkischen Bebens verbunden. Das hätte man tun sollen. Man hat es nicht getan. Man hat vielmehr die verschiedenen Archi- tektursysteme m einem einzigen Gebäude untergebracht. Und hieraus ist dem Architekten Hoffmann ein Vor- Wurf zu machen. Er hat das oberste Kunstgesetz, das Gesetz der Einheit außer Acht gelassen. Der Bau dieses mäickischen Museums zeigt romanischen Stil, früh gotischen, Frührenaissanoe- und Spätrenaissance-Stil, zwar nickst in denselben Gebäudeteilen vermischt, aber an ein und demselben Bau. Da dieses Beispiel nicht ohne Nachfolge geblieben ist, muß beizeiten Ver- ivahrung eingelegt werden. Ein Kunstwerk ist ein (tzanzes und muß einheitlich sein. Kaum bei einem Weltausstellungsgebäude wäre eine derartige Ver kuppelung der verschißenen Stile gerechtfertigt ge- wesen. Bei einem Volksmuseuni, das auf Generationen bildend wirken soll, ist es scküechtweg zu verurteilen. Das; sich im übrigen reizvolle Details an diesem Bau finden, das; die Raumvenvcndung und Platzverwertung eine sehr glückliche ist, das; die Gesamtanlage, wenn man von deni Stilragout absieht, malerisch wirkt, scll nicht geleugnet werden. Aber man darf niemals über Nebendinge die Hauptsache vergessen. Und die Haupt sache bei einem Kunstiverk ist und bleibt die Einheitlich keit der Gesamtanlage. In dieser Beziehung, der Verwendung der ver schiedenen Stile und Systeme, dürfte sich noch manches klären in der Schaffensweise Hoffmanns. Hast scheint es nämlich, als ob er den Barock- und Rokokostil ebenso gern anwende, als den gotischen und Renaissancestil. Nun Hütten wir gegen die Verwendung barocker Stil formen, sofern der Architekt bestrebt ist, nicht nur zu kopieren, sondern vor allen; auf Grund der Überlieferton Formen selbständig weiter zu bauen, so wenig ettvas ein zuwenden, als gegen die Verwendung gotisck>er oder Re- uaissanceformen, wenn es nicht ausgemacht wäre, daß der Barockstil als Stil einer verfallenen Kunsiperiode allen strengeren architektonischen Gesetzen ins Gesicht schlägt. Und deshalb verlangen wir auch von Hoff mann: reinliche Scheidung. Daß er genug gelernt hat, um auch in; Barockstil bauen zu können, glauben wir ihm gern. Aber man kann nicht zwei Herren auf einnial dienen. Wenn ihm der Stil nicht bloß ein Hemd zum Wechseln, nicht bloß eine Horm, sondern auch ein Em- pfindungsausdruck, ja womöglich ein Charakter ist, dann muß er sich entscheiden, welcher seiner Persönlichkeiten am nächsten liegt. Um es noch schärfer auszudrücken: Stil ist Persönlichkeit. Man kann nicht mehrere Per- sönlichkeiten in einer Person haben. Wir würden diesen Punkt vielleicht nicht so stark be tonen, wenn man sich nicht mit dem Plane trüge, das neue Berliner Rathaus im — Barockstil zu bauen. Das wäre nun freilich ein bedauerlicher Rück schritt. Wir gestatten uns für diesen Hall zu prophezeien, daß man dann einst noch das alt« Berliner Rathaus dem neuen vorziehen wird. Es ist in der Tat sehr ver wunderlich, wie schwer es Berlin wird, den Barockstil in der Architektur aufzugeben. Ist etwa Berlin eine katholische Stadt? Oder ist der Barockstil etwa nicht wesentlich ein Ausfluß katholischen Empfindens? Eine ganze Reihe Hoffmannscher Bauten werden im Barock- und Rokokostil zur Ausführung kommen, vor allem das IV. städtische Krankenhaus im Norden Ber lins. Bei dem letzteren finden wir das unorganische barockg Prinzip der mehrere Stockwerke durchschnciden- den Pilaster, wir finden Konsolen, also stützende Glieder, als Bekrönungen verwendet, und wir finden die ge spaltenen Giebel, die Kartuschen und andere zum Stuck bau in engster Beziehung stehende Detailformen. Gehen wir nun über zu den im italienischen Palazzo- stil entworfenen Gebäuden Hoffmanns. Vor allem ist da die V o l k s b a d e an sta l t in der Bärwaldstraße zn nennen. Wenn man diese Hassade ansieht, fühlt man sich in die Zeit der italienischen Renaissance versetzt. Und zudem findet sich hier manches Originale. Bei der Seite «. Nr. NlZ. Mornen-Ausgabr. Schilderung wollen wir ausgehen von dem weit vor springenden Dach. Um darauf vorzubereiten, springen die Henstergesimse und Giebelgesimse des oberen Stock- Werkes ebenfalls weit vor nnd desgleichen das Mittel- gesinis, welches den in gewaltigen Rnsticaqnadern ge haltenen Unterbau nach oben abschließt. Durch diese vorspringenden Simse wurde nun natürlich die Hori zontale außerordentlich stark betont — endlich einmal ein moderner Bau, bei dem nicht die Vertikale zu stark betont ist —; dem wirkt entgegen die keilförmige An ordnung der Bosselqnadern, welche die Hensterum- ralnnung bilden. Auch die Giebel der Henster der oberen Stockwerke dienen dem aleichen Zwecke. Tie Mauer- fläche dieses oberen Stockwerkes ist in Putzstein gehalten — gewissermaßen in Erinnerung an die Bosselqnadern des unteren Stockwerkes sind dagegen die Fensterscheiben der oberen Stockwerke rusticiert. — Strenggenommen kommen in der Fassade nur Stockwerke zum Ausdruck, denn das niedrige für die Badezellen dienende Mittel geschoß ist als solches in der Fassade nicht zum Aus druck gebracht, vielmehr sind die kleinen quadratischen Fenster desselben in den Aufriß des Erdgeschosses ein bezogen: das strengere Ange vermißt hier einen durch gehenden Sims als Abschluß nach unten, um nicht dar über Hinwegtäuschen zu lassen, das; man es mit drei Stockn»erken. nicht nur mit zwei zu tun hat. Tie Decke des Erdgeschosses beginnt nämlich unmittelbar über den Fenstern, »nährend die Keilsteine der Hensterumrahmung einen halben Meter höher hinaufreicheu. Das Ver hältnis der Stockwerke, das Naumverhältnis, ist mithin in der Hassade nicht zum Ausdruck gebracht, letztere null dekorativ, nicht architektonisck)-konstriiktiv wirken. Aber das geübte Auge empfindet die Turchschneidung der Räume durch Simse peinlich und verlangt, daß die Simse den Dielen und Decken korrespondieren. Es soll znxrr nicht geleugnet werden, daß sich dies Mißverhältnis zwischen der Hassaden-Hlächengliederung und der Raum- gliederung des Gebäuoeinnern schon in der italienischen Nenaissancezeit findet — selbst an dem von B. da Ma- jano in; Jahre 1489 begonnenen Palazzo Strozzi — aber da wir das Irrtümliche und Unbefriedigende ein sehen. müssen wir es zu vermeiden suchen. Eines der allergelungensten Gebäude ist die F e u e r - wache ander Fischerbrücke. Der Charakter des Gebäudes ist im Einklang zu seiner Bestimmung kräftig, trotzig. Im Erdgeschoß zeigt die Fassade durchgängig rohe Dasaltsteine, in den oberen Stockwerken sind die Fenster durch roh belassene Mauersteine eingefaßt. Uebec der Mitte des Gebäudes erhebt sich ein breiter Giebel, korrespondierend zu den beiden rundbogig abschließenden Portalen. Tie Giebelschrägen sind mit Delphinen in sehr glücklicher Weise verziert. Auf den Seitenteilen des zweiten Stockwerkes zeigt die Fassade fein behauene Steine und Pilaster — ebenfalls sehr günstig wirkend Je bescheideneren Zwecken die Gebäude dienen, desto glücklicher ist der Architekt Hoffmann in seinen Ent würfen. So macht das Straßenreinigungs- dep/>t im Köllnischen Park einen äußerst befriedigen den Eindruck. Es wirkt erfrischend und erwärmend, so wohl durch die Farbe, als durch den Stil (norddeutsche Backsteingotik). „Beim Terrakottenbau", hieß es im Katalog der Ausstellung, „läßt sich mit Verwendung weniger Modelle durch vielfache Wiederholung derselben bei sehr geringen Kosten eine interessante Wirkung er zielen." Gegen diese vielfache Verwendung desselben Modells läßt sich in der Tat kaum etwas einwenden, vorausgesetzt, daß das betreffende Modell überall in den OsssIIsetiÄltsklsidsr Xopk-Lsiavvls, LaMüedkl' 's käoksr, kompLÄours -H- Lall-llkmäsvkuks. - Lall8toüs in ^VoIIs LallstoKs in 8sids Koben IM und 8sidsnx1a,n2-Lati8t — Kobs 16—17 Nir lan^klsidsr, KMKlsidsr ^Vsibnaokt8- ^U88tsl1nn§ dielst dis vollkommenste Ilsbersiodt der ksukvitvn tüi» unä Kessllseliatt. LaekÜ8etl8eiäs (<lLP0N) 60 otm. breit, Ulster 1, 1,75 ^lapon ombns (kessenboxvoarti§ sodattiervnd) 60 etm. breit, Ulster 2.25 Ul688allNS OVviokliiossencles Vevkvbv) 50 etm. breit, Ulster 3, 3,50 Oröpov Llvxavt. v/ell. Oesede m. 8vldsnvirvetsn 100 otm. breit, Aster 3,— Lolismw 8odmiexsamor, koinKsripptsr 8to1k 100 otm. breit, Ulster 3,25 Ltamins Duktiler, Luxondlivdsr 8toik 100 otm. breit, Ulster 1.80, 2
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