Mufikalifche Inftrumente. 85 fchaft und ein werthvolles Surrogat für die Mufikliebhaber. welche ihrer Ver- liältniffe wegen Quartettvorträge entbehren müffen. Ein folches Inftrument ift bereits aus der Ausftellung in Wien eingeriickt und befindet fich im Clavier- falon von Bernherd Kohn. Ein Piano Quatuor mit Geigen, Clavier- und Cymbal conftru<5lion fand fich auch von Barutto in Lyon vor. Mit dem angeführten Melo-Piano von Caldera & Broffi in Turin hat es infofern eine ähnliche Bewandtnifs wie mit dem Piano-Quatuor, als auch dort und zwar in einem noch höheren Grade als hier das Piano die Bafis des Mechanismus bildet. Derfelbe greift nicht gewaltfam wie jenes in das Con* ftruclionsfyftem des Piano ein, er befteht nur in einer Vorrichtung, welche an dem Clavier angebracht wird, zu dem Zwecke, die Natur desfelben zu erwei tern; allein diefe Erweiterung gefchieht auf Köllen der Eigenart des Inftru- mentes, das Clavier als Melo-Piano fucht fich des Gefanges zu bemächtigen, wie fich das Piano-Quatuor des Streichorchefters bemächtigt hat. Der Mechanis mus ift folgender. An einem runden Meffingftabe find kleine Blechhämmerchen mittels feiner Uhrfedern befeftigt, welche, wenn der Stab in Vibration gefetzt ift. in fchnellfter Bewegung beim Niederdruck der Taften auf die Saiten fchlagen und ein dauerndes Tonen derfelben erzeugen. Jener Meffingftab wird durch ein auf dem Boden des Inftrumentes angefetztes Triebwerk nach dem Willen des Spielers vermitteln eines Pedaltrittes in ftärkere und geringere Bewegung gebracht, wodurch man zugleich ein merkliches Crescendo und Decrescendo erzeugen kann. Das complicirte Triebwerk wirkt nach Aufziehen einer Feder ungefähr eine Viertelftunde lang. Das Triebwerk wird endlich durch einKnieregifter beliebig in den Gang und aufser Gang gebracht. Es können vermitteln diefer Vorrichtung Accorde wie Einzeltöne in fanfter Schwebung ausgehalten werden. Der Effe<5t hat etwas von dem des Tremolo beim Gefang. Ein Vorzug diefer übrigens achtungswerthen Erfindung befteht darin, dafs man mit diefer Vorrich tung auch das Piano als gewöhnliches Piano benützen kann; als Melo-Piano wird das Clavier feinem eigenen Charakter entfremdet und geftaltet fich zu einem anomalen Inftrumente. Wahrhaft künftlerifche Elemente trägt diefe Erfindung durchaus nicht in fich. Mufikalifche Spielwerke. Wir wählen diefen Namen für die grofse Gruppe jener Inftrumente, welche ern von aller künftlerifchen Miffion nur als Erzeugnifie des in dem Menfchen allmächtig waltenden Spieltriebes anzufehen find. Sie haben im Weiteren noch die Beftimmung, demBedürfnifle nach mufikalifcher Unterhaltung in jenen Kreifen Genüge zu thun, in denen die nöthige Vorbildung für den höheren Kunftgenufs fehlt. Vom Standpunkte der Kunft können folche Inftrumente nicht in Betracht kommen, fie haben nur eine induftrielle Bedeutung als ein ergiebiger Handels artikel. Obenan in diefer Gruppe ftehen wegen ihrer befonders künftlichen Con ftrudlion die automatifchen und mechanifchen Spielwerke, das heifst folche, bei denen die Thätigkeit des Spielers durch den Mechanismus eines Uhrwerkes erfetzt, oder, wie bei den letzteren auf eine rein mechanifche Manipulation, wie das Drehen einer Kurbel, befchränkt ift. Zu den Erfteren gehören die Orcheftrions, fo genannt, weil fie eine Nach ahmung des Orchefters bilden. Die Ausftellung führte deren nicht weniger als fünf vor, ein Beweis, wie fehr diefe Inftrumente an Beliebtheit gewonnen haben. Das Befte in diefem Zweige hatte unftreitig J. H. Heller in Bern geliefert. Von ihm waren zwei Orcheftrions ausgeftellt, bei denen an Wohlklang und Charak- teriftik der verfchiedenen Inftrumente Alles erreicht ift, was nur auf folchem Wege zu erreichen ift. Das eine, das gröfsere von beiden enthält 40 Regifter und 633 Stimmen mit 12 W T alzen; das zweite 9 Regifter und gegen 400 Stimmen; das