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10 Alexander Friedmann. Es könnte nun allerdings diefes Schiff die Erfcheinung bieten, welche übrigens bei jedem Schraubenfchiffe vorkommt, dafs der Hintertheil des Schif fes viel weniger als der Vordertheil fchwingt, das käme aber daher, dafs die vier Schrauben rückwärts das Schiff im Waffer ähnlich wie in vier Schrauben muttern im Niveau zu halten ftreben, während der Vordertheil des Schiffes durch keinerlei Schraube geführt ifl und überdiefs einen gröfseren Andrang der Wellen zu beflehen hat. Würde man ein Schiff vorne und rückwärts mit je zwei Zwillingsfchrau- ben treiben, fo würde vielleicht auch der Vordertheil weniger fleigen und finken. Nichtsdefloweniger ifl die Grundidee des Dudgeon’fchen Canalfchiffes intereffant. Diefelbe fcheint die Schaffung eines Wafferballafles anzuftreben, welcher nicht im Schiffe von der See abgefchloffen, fondern durch diefe letztere quasi frei gebildet wird und zum Theile durch feine Trägheit, zum Theile durch die Reibung zwifchen dem Ballaflwaffer und der in der Nähe der Längenachfe des Schiffes creirten Schiffsoberfläche wie eine Art hydraulifcher Bremfe wirken und die Stabilität des Schiffes vergröfsern foll, ohne diefs zu unnachgiebig gegen die Wellenbewegungen zu geflalten. Die übrigen Vorfchläge, welche zur Vergröfserung der Stabilität gemacht wurden und von denen in der Ausflellung mehrere Specimen vorhanden waren, gelten lediglich fpeciellen, fpäter zu erörternden Zwecken, wie guten Rettungs booten u. dergl., find aber im Grofsen oder als allgemeines Verkehrsmittel zur See, vorläufig wenigflens, nicht ausführbar. Es fei damit nicht behauptet, dafs die jetzigen Formen der Schiffe das letzte Wort im Schiffsbau feien, aber jeden falls müfste erfl ein ganzer Complex von Fragen, betreffend das Motoren wefen, gelöfl, die Relation der Gefchwindigkeit des Schiffes zum nothwendigen Kraftaufwande überhaupt günfliger geflaltet, oder doch wenigflens durch einen noch zu erfindenden dauerhaften Anflrich die Reibung zwifchen dem Waffer und den Schiffswänden reducirt und das Anfetzen von Mufcheln und Gräfern an diefelben verhindert werden, bevor an eine radicale Aenderung der Schiffs formen im Allgemeinen, alfo auch für lange Fahrten mit Erfolg gefchritten werden kann. So lange felbfl bei einem fo grofsen und gut gebauten Schiffe, wie die in Tafel I veranfchaulichte „Frifia“ von über 4000 Tonnen, die Mafchinen-, Keffel-, und Kohlenräume mehr als ein Dritttheil des ganzen Schiffsraumes einnehmen, würden Aenderungen der Schiffsformen, welche, wie jede der bisher vorgefchla genen, gröfsere Mafchinen und fonach noch gröfsere Kohlenvorräthe zur noth wendigen Folge hätten, unannehmbar fein. So lange jede Vergröfserung der Gefchwindigkeit eines Schiffes eine vielfache Vergröfserung der nothwendigen Triebkraft und des Kohlenverbrauches zur Confequenz hat, und trotzdem zu Gunften der rafcheren Fahrt alle die erhöhten Koflen aufgewandt werden, kann eine neue Schiffsform, durch welche die vorhandene Gefchwindigkeit des Schiffes reducirt würde, für Schiffe langer Fahrt wenigflens, welche den riefigen Kohlen vorrath für die ganze Strecke an Bord nehmen müffen, nicht zur Anwendung gelangen. Freilich werden diefe Proportionen günfliger, je gröfser das Schiff über haupt ifl; der vor vielen Jahren mit dem Great Eaflern, dem gröfsten bislang gebauten Schiffe, gemachte Verfuch hat aber ergeben, dafs es für die Gröfse eines Schiffes Grenzen gibt. Ein gröfseres Schiff ifl nur infoferne günfliger, als mehr Waaren und Perfonen auf ein Mal befördert werden können und in folchem Falle die zur Beförderung der Einheit nothwendige Kraft geringer ifl. Ein Schiff aber, welches, wie in extremis der Great Eaflern, fo grofs ifl, dafs es jedes Mal viele Wochen nutzlos iin Hafen liegen mufs, bis es all’ die Waaren zufammen bekommt welche es auf ein Mal transportiren kann, ifl eben unpraktifch, und fährt es wieder nur mit der Ladung, welche ein kleines Schiff aufnimmt, dann ifl der Kraftaufwand