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Dresdner Journal : 28.12.1859
- Erscheinungsdatum
- 1859-12-28
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-185912284
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18591228
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18591228
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1859
- Monat1859-12
- Tag1859-12-28
- Monat1859-12
- Jahr1859
- Titel
- Dresdner Journal : 28.12.1859
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.P 298. Mittwoch, dk» 28. Decembcr. 18SS , Äbonncmrntvxrrlsr: ärbrNek - - ^Illr. 10 Xx,-. iv >Lcd,,o. 1 „ 1(, ,, „ „ »Uniltll,«!, jn vr»«Z«n: 15 X^r. Xiuiimoiu: 1 Xxr. Im -n,!»»L» WIN ko«i uol 8»vmp«Iin- »eiilnx kinm. rnserateuprelse: VNr g< t> 8»»m einer e«-p»Itenoii 2o!1«: 1 lig^r. V»t«r ./k^iuxejnnat" äi,: 2ei!e: 2 Xxr. Erslyrintn: l'itxliet», mit Luukchme 6«r 8vnn- UN,! I'eiertn^e, äl-uoü» für a„u tvlxsinlüu Inx. z DrestmerIoumal. Verantwortlicher Redacteur: I. G. Hartmann. Iasrralrm>lliulh»» «uu»-r1o: !>ip,l^: 1». N»^>n>»r«rr,», 0ommi—ioo>t. ä«, I)r««In«r Oonrnnl»; ed«nä»»«Id»t: II. tlv»»,»; Un»r»ir«l» - Vc>oi.Li«; LsrUll! l1«orii.»'!ici>o llucbb., Unrenn; >r«m«n: >'. 8cnr.orr»; ^r«»^filrt ». N.: »cke UurkkLnälnux; Hin: Xvol.» ULo»«»»; knrt»: v. (28, ru« 6«» von« eofnQ»); krng: >'». Ln»i.icu'» Lucvbnncllun^. Herausgeber: König!. klipeäition äe» vreeänsr ^oarunl». vr«»ä«o, >lnrienstr»i>»s Xr. 7 Amtlicher Theil. Ansage. Sonntag, den 1. Januar 1860 finden wegen deS Neujahr-tagc- am Königlichen Hofe nachstehende Our- Stunden statt. Bei Sr. Majestät dem Könige und Ihrer Majestät der Königin: In den Parade- fälen der zweiten Etage deS König!. Schlosse-. Die Herren Gtaatsministrr, Nachmittag- 1 Uhr. — Die am Königlichen Hofe bereit- vorgrstelttcn einheimischen Herren vom Civil, sowie die Herren MilitairS a. D. Nachmit tag- Ar Uhr. Versammlung der Herren der 1. und 2. Classi der Hofrangordnung im Banket-Eaale, aller übrigen Herren im Ball-Saale. — Die Generalität und die Osfi- cirrS-Corp-, Nachmittag- 2 Uhr. Die Versammlung findet in den Bilder-Zimmern der ersten Etage deS König!. Schlosse st«». —Die Hof-und Hutritt--Damen in den Zimmern Ihrer , Majestät der Königin, zweite Etage deS Königl. Schlosse», Abends7Uhr. HieraufwerdenBeideKönigl.Majestäten, so wie die anwesenden Prinzen und Prinzessinnen de» Königl. Hause», Königliche Hoheiten, ^8 Uhr die genehmigten Vorstellungen der angemeldetcn Damen und Herren in der Präsentation--l!our im Thron-Saale anzunrhmen ge ruhen. Abends A8 Uhr ist ä^embtöv in den Parade sälen. Ihre Königlichen Hoheiten, die Prinzen und Prin zessinnen de» Königl. Hauses werden in der 4^emd!öe die allgemeine GlückwünschungS-Ooue entgegennehmen. — Die Damen erscheinen «n manloau, die Herren in Uniform (Oala) — jede Trauer wird für diesen Tag abgelegt. Dre-den, am 27. December 1859. Königl. Oberhofmarschaüaml. Bekanntmachung, die Kündigung sämmtlicher noch innestehender 4'^procentiger Handdarlehne betreffend. Nachdem in Folge der Bekanntmachung vom 21. No vember dS. J-. bereit- der größte Theil der -Hprocen- tigen Handdarlehne im Wege deS Rückkaufs zur Erle digung gelangt ist, hat mit Allerhöchster Grnchmigung da- Finanzministerium beschlossen, sämmtliche gegenwärtig noch instehenden 4'^proceutigen Handdarlehne aufzukün- digerr und solche an die betreffenden Gläubiger, denen hierüber noch besondere schriftliche Eröffnungen zuzehen »erden H».deL^»--UhLM 15. bj» mit den».H. December 1860, mit den bi- utlimo December 1860 davon fällig werden den Zinsen bei der Finanz-Hauptcasse gegen die quittirt dahin zurückzugebenden Schuldverschreibungen nebst voll zogenen ZinSquittungen zur Auszahlung bringen zu lassen. * Solche- wird hierdurch zur öffentlichen Kenntniß gebracht. Dresden, am 27. December 1859. Finanz - Ministerium. Frhr. von Friesen Geuder. Dresden, 17. December. Der ordentliche Honorar professor der Theologie, Hofrath ve. Lobegott Friedrich Constantin Tischendorf zu Leipzig ist zum ordent lichen Professor in der theologischen Facultäl für die biblische Paläographie ernannt worden. Dresden, 20. December. Seine Königliche Majestät haben allergnädigst zu genehmigen geruht, daß der Ad vöcat Franz Brunner in Leipzig das ihm von Seiner Majestät dem Kaiser von Oesterreich Verliehene goldene Verdicnstkreuz des Franz-Joseph-Ordens annehme und trage. Dresden, 24. December. Seine Majestät der König haben dem Königl. Brunnen- und Badearzte lw. Flechsig zu Elster den Charakter als Hofrath mit dem Range in der 5ten Classe der Hofrangordnung brizulezcir allcr- gnädigst geruht. Nichtamtlicher Theil. Nebrrstcht. Telegraphische Nachrichten. Zeituugtschau. (Weser-Zeitung. — Neue Hannoversche Zeitung. — National-Zeitung.) Tagetgrschichte. Wien: Einsetzung einer Staatsschul- dcncommission. Militärische-. — Pcsth: Gemeinde- gesetzberathung. — Verona: Neue Ordre-de-Bataillc. Mazzinistische Gewehrankäufe. — Berlin: Dorbrra- thung von Landtag-Vorlagen. Adresse an Arndt. — Bonn: Arndl'S Geburtstag. — Wiesbaden: Kein Concordat. — Koburg: Ein Geschenk de- König- Leopold. — Paris: Tagesbericht. — Brüssel: Die Debatte über dir Löwener Wahlen beendigt. — Turin: Jocteau zum Gesandten in Wien ernannt. — London: Bankausweis. — Stockholm: Die Congreßbevollmächtigten ernannt.—St. Petersburg: Vrrurtheilungen wegen Unterschleifen in der Krim- Armee. — Konstantinopel: Omer Pascha erwartet. Vermischtes aus der neuesten Post. — Belgrad: Conflict mit der Pforte. — Ostindien: Au» der neuesten Post. — Amerika: Die Präsidentenbotschast noch nicht bekannt. Werth der BaumwollauSsuhr. Ernennungen, Versetzung»» rc. im öffentl. Dienste. Dresdner Nachrichten. lprovinzialnachrichten. (Leipzig. Meißen. Meerane. Schneeberg. Löbau. Zittau. Großschönau.) Vermischtes. Statistik und Bolkswirthschaft. Telegraphische Nachrichten. Wien, Dienstag 27. December DaS heute erschienene ReichSgrsehblatt veröffentlicht die neue Gewerbeordnung. Der Kreis der freien Gewerbe und HandelSbeschäftiaungen wird durch dieselbe be deutend ausgedehnt. Das ZuständigkeitsverhLltniß bleibt unberührt, und betreffs der Ausländer ist der Grundsatz der Wechselseitigkeit ausgestellt. Paris, Dienstag, 27. December. Der „Mo- teur" meldet, daß Prinz Jörüme in den Zustand der Genesung «ingetreten seft Im „Journal deS DebatS" spricht sich George Lemoine günstig über die Broschüre „Der Papst und der Conqreß aus und sucht durch Eitate^l bewaisen, daß er immer so gedacht habe. Er ver langt, da- Italien Herr feines Schicksals bleche. Seiner Ansicht nach hätte der Congrcß keinerlei Initiative zu ergreifen, sondern wäre bloö dazu berufen, dem Ausdruck der Wünsche der Italiener Anerkennung zu verleihen. Paris, Dienstag, 27 December. Der „Uni- verS ' hat wegen seines SonntagSartikrls über die Broschüre: „Der Papst und der Kongreß" eine zweite Verwarnung erhalten. In der Motivirung derselben wird gesagt: Wenn auch die Discusfion über die italienische Krage völlig frei sei, so könne man doch die Organisation einer politischen Agi tation unter religiösem Borwand nicht erlauben. Madrid, Montag, 26. December. Die Königin ist glücklich von einer Prinzessin entbunden worden. Dresden, 27 December Die Seekriegs rechts-Agitation, welche jüngst von Bremen ausging und die sich nicht nur durch alle größer» Handels- und Seestädte Deutschlands schnell fort gepflanzt und in der deutschen Presse allgemeinen An klang gefunden hat, sondern der auch in der fremden Presse manche Unterstützung geboten wurde, hat bekannt lich in den englischen Blättern anfangs die herbsten An griffe erfahren; indcß hat sich auch hierin in den letzten Tagen Manches geändert, und so richtig es auch ist, daß da- StartSintcresse Englands durch gänzliche Ab schaffung der Seccaperei sehr beeinträchtigt werden würde, da England einer der größten und dem Feinde verderb lichsten Wirkungen der Ucbrrlegrnheit seiner Kriegsflotte dadurch verlustig ginge, so gewiß ist r» auch, daß der englische Handelsstand selbst der völligen Sicherstellung de- Privatguts zur Ser nur geneigt sein kann, weil ihm in einem Kriege mit einer andern größern Seemacht, z. B. Frankreich, immer keine Sicherung seine» Gutes zur See geboten ist, und weil die Vereinigten Staaten nicht einmal der Pariser Declaration vom HO. März 1856 wegen Abschaffung der Privatcaprrei beigetrete» sind. Im Pariser Frieden vom 30. März 1856 wurden nämlich als allgemeine Grundlage für das Völkerseerecht folgende vier Punkte festgestcllt: 1)Die (Privat-)Caperri ist und bleibt abgcschafft. 2) Die neutrale Flagge deckt daS feindliche Gut mit Ausnahme der Kricgscontrebande. 3) Neutrales Gut unter feindlicher Flagge darf nicht mit Beschlag belegt werden, Kriegscontrebande aus genommen. 4) Blokadcn müssen, um rechtsverbindlich zu sein, wirksame (effektive) sein, d. h. sie müssen durch eine bewaffnete Macht aufrecht erhalten werden, welche hinreicht, den Zugang zur feindlichen Küste wirklich ab- zuwchrrn. Die bei der Seefahrt betheiligtrn kleinern Staaten sind der Aufforderung der Großmächte, den vier Punkten des Pariser Friedens vom 30. März 1856 bei zutreten, unbedingt nachgrkommcn. Die Vereinigten Staaten von Nordamerika stellten in einer Note vom 28. Juli 1856 den Verbesscrungsantrag, nicht nur die Capcrei, sondern jede Consiscation de- PrivateigenthumS zur See, also auch die durch Staatskriegschiffe aufzuheben. Auf blose Beseitigung der Caperei und Ausgabe des Caper- briefeS glaubte die Regierung der Vereinigten Staaten dagegen nicht cingehcn zu können, weil sie damit auf die Bewaffnung ihrer Handelsschiffe im Kriegsfälle verzich tete und also andern Mächten, welche größere stehende Kriegsflotten halten, als Nordamerika, einen bedeuten den, vielleicht unvrrhältnißmäßigen Vortheil rinräumte. Rußland stimmte dem DerbcsserungSvorschlage des nord amerikanischen Staatssekretärs Marcy zu. Da England aber ablehnte, haben die übrigen Mächte den Punkt nicht weiter in Erwägung gezogen. Die bestehende Anweisung seiner Marine auf die Prisengelder mag für England Nebensache gewesen sein. Hauptsächlich fürchtete dasselbe nicht mit Unrecht, daß die Ueberlegcnheit, welche ihm an der mächtigen Kriegsflotte erwächst, verloren gehe. Diese Flotte wird für hinreichend stark gehalten, oder man arbeitet daran, sie dahin zu bringen, jeder andern Flotte die Spitze zu bieten, gleichzeitig di« eigenen Handelsschiffe LP decken und dem Feinde, welchem man zu Lande nicht gewachsen sein möchte, durch den Rrmrfeln«- Ae- handels die zum Frieden zwingenden Verluste bcizubringen. Die von Bremen ausgehende SeerechtSagitation will nun den Sah zur Anerkennung bringen, daß mit Ausnahme der Kriegscontrebande die völlige Unverletzlichkeit des Eigenthums zur See, gleichwie sie zu Lande schon be steht, anerkannt werden soll. Von den deutschen Zei tungen, welche dieser Agitation energische Unterstützung geliehen haben, sind die „Weser-Zeitung", die „NeueHannoverscheZritung", „National-Zei tung" und Augsburger „Allgemeine Zeitung" hervorzuhcben. Es wird von ihnen namentlich der Wi derstand Englands ins Auge gefaßt. So führt die „Na tional-Zeitung aus, daß mit der Pariser Declaration von 1856 sich nur die kleinern Seemächte England gegen über Schranken aufcrlcgt, während Englands Interesse selbst dadurch gefördert sei. Um so mehr aber habe man nun auch von England im Geiste der Humanität ein Opfer zu verlangen. Sie sagt: „Frei Schiff, frei Gut", „die neutrale Flagge schützt die feindliche Waare, Kriegs- contrebandr ausgenommen." Die Anerkennung dieses Grundsatzes deckt Englands Scehandel, wenn es in be quemer Neutralität den kontinentalen Händeln zusicht, er deckt Englands Güter auf fremden Schiffen, wenn cS in einen Krieg verwickelt ist. Ein Volk, welches einen so großartigen Scehandel führt, wie England, kann die sem Grundsätze nur mit Freuden zustimmen, und eben so dem andern, daß „die neutrale Waare, Kriegscontre bande ausgenommen, unter feindlicher Flagge nicht mit F e uillet o n. Marokko. Reiseberichte von 1858—1859. Mitgetheilt von vr. N. Lalinich. lFortsttzung au« -kr.-Sk.> Habgier, Ungerechtigkeit, Erpressung und Diebstahl charakterisircn die marokkanischen Behörden von oben bis unten und sind autorisirt durch alte und gemeinsame Gewohnheit. Ein ehrlicher Pascha wäre dort ein rar« »vi»; aber eS giebt keinen solchen. Die erste Pflicht ist bei Allen, sich zu bereichern. Dem Pascha sind vom Kaiser jährlich 1(w,000 FrS. auferlezt als feste Abgabe ; dieser verdoppelt die Summe und empfängt von den ScheikS 200,000 FrS. Eben so verdoppeln die Scheck» wieder ihre Forderungen, und so bezahlt die Bevölkerung eine« PaschalikS anstatt 100,000 FrS. jährlich 230,000. Reklamationen gelangen nicht an den Kaiser, da unter den sämmtlichen Beamten gegen etwaige Kürzen eine Art von stillschweigendem Einverständniß besteht, sie zu unterdrücken. Und solche Erpressung wird fast nöthig durch die geringe Besoldung selbst der Höchstgcstcllten. Der Minister de- Auswärtigen z. B., welcher zu Tanger refidirt, erhält monatlich 75 FrS., der Pascha 50 FrS. fast so viel als daS Wasser für den Bedarf der Woche kostet. Eine reiche Quelle sind für den Pascha die Ab gaben in Naturalien, welche besonder» zu den vier großen muselmännischen Festen ringcliefert werden müssen und wovon er behält und giebt, waS er will; ferner die Geld strafen, die er willkürlich verhängt, die Ernennung und Entsetzung der ScheikS, wobei der Meistbietende allemal berücksichtigt wird. Die Kadis und Habels wieder han deln mit der Gerechtigkeit. Letztere führen kein« Register über die vorkommenden Rechtsfälle, sondern schreiben die Verhandlungen zwischen zwei Parteien auf Blätter, die von diesen selbst nie unterzeichnet werden, vor Gericht aber durch die Unterschrift zweier Hadels giltig sind. Solche Blätter werden oft der einen oder andern Partei verkauft, besonder- wenn es sich um ausgeliehcne Capi- talicn handelt und der AuSlciher gestorben ist. Da die Regierung keine ernste Eontrole über die Administration führt, so bleibt der Bevölkerung nur der Weg der Revolte übrig, wenn sie ihre Beschwerden bis zu den Füßen des Throne- bringen will. So entsteht öfters ein kleiner Krieg von einigen Tagen zwischen ihr und dem Pascha, nachher verständigt man sich und trifft ein Abkommen oder, wie es 1857 in Casa-Blanca war, man widersteht dem Pascha so lange, bis eine Depu tation zum Scherif gelangt und ein Wort der Gerechtig keit und deS Frieden- wi ederbringt. Nach diesen Bemerkungen über die innere Verwaltung deS Reiches dürfte es am Platze sein, Einiges über die Familie deS Sultans, den Hof und die interessantesten Persönlichkeiten hicrselbst zu sagen. Moulö-Abd-er-Rhaman, welcher von 1822 bis 1859 über Marokko herrschte und ein Alter von ungefähr 77 Jahren erreichte, war von seinen Oheim Monl«'- Soliman, am 28. November 1822 verstorben, zum Thron erben proclamirt worden, als er noch Pascha von Moza- Vor war. Don den Anhängern Soliman's und seines DaterS Hescham kräftig unterstützt, gelang cs ihm doch erst nach zehn Jahren, 1832, seinen Thron sich gegen seine Mitcompetenten zu sichern. Nachher wurde die Ruhe des Reiches nur hier und da durch kleinere Auf stände unterbrochen, welche durch die Erpressungen der Paschas und durch die bedeutenden Abgaben, die ihre Habsucht dem Lande aufcrlrgte, hcrvorgcrufcn wurden, wie im vorigen Jahre zu Mequinez. Ein unersättlicher Geiz und blinder Fanatismus werden ihn in der Ge schichte charakterisircn, aber Grausamkeit wird man ihm nicht vorwerfen. Er behielt sich das Recht, das Todes- urtheil zu fällen, für sich allein vor und übte cs im Vergleich zu seinen Vorgängern, die sich im Blute zu baden liebten, sehr mäßig. Er beraubte seine Unter- thanen, aber er tödtete sie nicht. Mehr durch eine schlaue Politik als durch militärische Eigenschaften ausgezeichnet, war er auch viel mehr erfahren in dem muselmännischen Gesetze, als in der Handhabung der Waffen. Soliman schätzte gerade diese Gaben in ihm und zog ihn daher seinen eignen Söhnen, die er von seinen Negerfrauen hatte, dem Moul-'-Ali, Moulst-Giaffar und Moule- Hassan, vor. Abd-er-Rhaman war nüchtern und einfach in seinem Privatleben, wie alle Geizigen. Er begnügte sich öfters Mittags mit einepl Gerstenbrode. Den Luru» in Kleidern und Waffen kannte er nicht. Aber sein Harem war reich bevölkert von Negerinnen und Mulattinnen. Er hatte nur eine weiße Fran, Moulö-Soliman'S Tochter, seine Cousine, obgleich Mehrere versichern, daß sein ältester Sohn, der gegenwärtige Kaiser Mohamed, eine Eng länderin, bekannt unter dem Namen Ramouna, zur Mutter gehabt habe. Man weiß nicht, wie viel Kinder er hat, doch leben ihm 60 Söhne, von denen der größte Theil keine Bedeutung im Staate hat, nur daß sie von Seiten der Bevölkerung einer abergläubischen Verehrung gewürdigt werden; noch weniger wichtig sind die weib- lichen Nachkommen schon wegen der allgemeinen Unter ordnung dieses Geschlechts bei den Muhamedanern. Abd «r-Nhaman'S Urgroßvater, Moulö-J-macl >>., hatte übri gens 8000 Frauen und hinterließ 900 Söhne und 300 Töchter. Diese Zahl ist constatirt durch das Abgaben register der Juden, welche bei der Geburt jedeS kaiser lichen Kinde- eine Geldsumme entrichten mußten. Man ersieht darau», wie zahlreich dir Nachkommen Beschlag belegt werden kann." „Um obligatorisch zu sein, muß der Blokadezustand wirklich vorhanden sein" — diesen Grundsatz der Declaration vom 16. April 1856 anzuerkennen, ist leicht für eine Macht, die eine hin reichende Flotte besitzt, um jeden Blokadezustand, den sie ausspricht, zu einem „wirklich vorhandenen" zu machen. Eine Beschränkung enthält derselbe nur für die Völ ker, welche ein« so kolossale Flotte nicht besitzen. „Da- Caperunwesen ist abgeschafft". Diesen Satz an- zurrkenneu, ist leicht für eine Seemacht, welche, wie Eng land, »ine große Flotte besitzt, die die Caperei besorgt und dem Staate die Prisengclder einbringt. Für alle diejenigen Völker aber, welche eine große Flotte nicht be sitzen, bildet die Privatcaprrei einen im Kriege der Han delsflotte entnommenen Zuwachs ihrer Seemacht, eine Waffe, mit welcher sie dem Handel der großen Seemächte denselben Schaden zuzusügcn suchen, den diese ihnen schon mit den Kriegsschiffen zusügen können. Wenn da her die meisten Staaten Europa» diesem Grundsatz« zu stimmen, so begeben sie sich in aufrichtiger Selbstverläug- nung einer Waffe gegen Englands u. Frankreich» Ueber- macht, und wenn England auch den Vereinigten Staa ten den Verzicht auf die Privatcaprrei zumuthete, so war die» in seinem Munde ein hinterlistiger Rath; denn Nordamerika bietet, sobald der Seeraub ein Privileg der Kriegsschiffe bildet, mit scinerHandelSmarinevon5,200,000 Tonnen, der englischen Kriegsmarine von 16,000 Kano nen eine breite Zielscheibe, während es mit seiner Kriegs marine von nur 2000 Kanonen dir eigene Handelsma rine nicht zu schützen, geschweige denn der englische« Handelsmarine von 4,500,000 Tonnen großen Schaden zufügen kann. In einer England ähnlichen Lag« ist Frankreich, dessen Handelsmarine von 1,000,000 Tonnen in einer Kriegsflotte von 14,000 Kanonen einen über mäßige» Schutz genießt und welche» in seiner große» Flotte eine so großartige Waffe zum Seeraube besitzt, daß eS der Privatcaprrei cntrathen kann. Daß die conti- nentale» Mächte die Privatcaprrei abschaffte» und ihre Handelsmarine für den Fall eine- Kriege- schutzlos der Seeräuberei der englischen und französischen Flotte prei» gaben, ist eine Gutmüthigkeit ohne Gleichen, die zu einem politischen Fehler werden würde, wenn sie nicht al- Rechtstitel zu der weitern Forderung benutzt würde, daß die großen Seemächte auch auf den privilrgirte« Seeraub von Seiten ihrer Kriegsschiffe verzichten." — Die „Weser-Zeitung" weist die Angriffe der eng lischen Blätter, namentlich der „Time-", gegen die Bremer Vorschläge energisch zurück. Sie schreibt: „Erster Gegen« gründ '. -V««in<» ist «in» «os»^Madt, fvkgltch-Hst D»», «va- seine Bürger meinen, Unsinn. Daß, außer den Bremern, noch Tausende und Millionen anderer Erdrndewohnrr den privilegirtcn Seeraub für einen Schandfleck unsrer Civilisation halten, ist zwar für die Wahrheit deS Sätze selbst ganz gleichgiltig, aber doch wichtig für Schädel von der Construction der „Times"-Scribenten, welche die Güte einer Sache nach der Zahl ihrer Wortführer abschätzen. Zweiter Gegengrund: Wenn die Bremer Recht behielten, so würde ein Krieg mit England für viele Po litiker deS Continents an Schrecken verlieren. Frankreich (d. h. mit andern Worten, der einzige europäische Staat, von welchem England einen Angriffskrieg zu besorgen hat) ist noch niemals durch die Furcht vor der Zerstörung seiner Handelsmarine abgehaltcn worden, blutige und langwierige Kämpfe gegen England zu bestehen. Wohl kann aber die Furcht vor Capcrn, nicht vor englischen, sondern vor französischen Capern, möglicherweise die deut schen Staaten dermaleinst abhalten, die Bundesgenossen Englands zu werden. Dritter Gegengrund. Jeder Krieg ist unmoralisch. Man kann den Krieg nicht abschaffen. Auch der Seeraub ist unmoralich. Man kann folglich auch den Seeraub nicht abschaffen. Zugegeben, daß jeder Krieg unmoralisch sei, was wir doch, bei aller Friedens liebe, noch einigermaßen bezweifeln — folgt daraus, daß alles Unsittliche in dieser Welt ebenso behandelt werden muß wie der Krieg? Vierter Gegengrund: Der Krieg ist ein so schauderhaftes Unglück und eine so gleißende Sünde, daß man sich ernstlich besinnen muß, ob eS angeht, für deS Propheten in Marokko sind, wegen ihrer Anmaßung besonders den Juden und Christen gegenüber eine wahre Plage. Indessen fangen die Consuln an, ihren Präten tionen ein Ziel zu setzen, und im vorigen Jahr« sollte rin Scherif angesichts deS spanischen Eonsulat» mit der Bastonnade bestraft werden, als Herr Blanco della Dalle ihm noch großmüthig verzieh. Abd-er-Rhaman suchte mit Europa Frieden und daneben so wenig als möglich Be ziehungen zu haben; er mochte der europäischen Civili sation durchaus keine Eoncessioncn machen. Wenn er die Consuln nach Tanger verbannte; wenn er Monopole er richtete und die Ein- oder Ausfuhr gewisser Handels artikel verbot; wenn er den Tarif der Douanen fort während steigerte; wenn er seine Marine hat in Verfall gerathcn lassen; wenn er den Reisenden keine Sicherheit garantirte, die Ausübung der christlichen Religion nieder hielt, sich selbst mit seinem Hofe ins Innere de» Reiches zurückzog, alle Mittel aufbot, um den Abschluß wichtiger Verträge zu verzögern ; wenn er schne Häfen der Dämme und Landungsplätze beraubte, so geschah dies Alles nur, um sein Land den Europäern möglichst unzugänglich zu machen, diese fern zu halten und ihnen den Handel mit Marokko zu verleiden. Moul>> Mohamed, sein ältester Sohn und gegenwär tiger Sultan, ist jetzt 54 Jahr alt. Er war der Ein zige von seinen Söhnen, von dem man sprach, der Ein zige, der rin große- Commando hatte. Er ist berühmt durch die Niederlage, welche der General Bugeaud ihm bribrackte am Oued-J-ly den 14. August 1844. Trotz dem gilt er bei den Arabern für «inen guten General. Auch hat er ungeheure Summen verschwendet, um seine Armee nach dem Muster der französischen Armee und nach dem der regulären Truppen Abd-el-Kader'» zu organistrcn. Er erwählte zu diesem Zwecke die Kinder au» den besten Familien und gab ihnen Uniformen,
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