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Dresdner Journal : 19.05.1861
- Erscheinungsdatum
- 1861-05-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-186105192
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18610519
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18610519
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1861
- Monat1861-05
- Tag1861-05-19
- Monat1861-05
- Jahr1861
- Titel
- Dresdner Journal : 19.05.1861
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»-II.«« IN V lis d« Dresdner Journals. Souutag, den 19. Mai 18kl. ProvinMnachrichten. jZ Ehemuitz, 16. Mai. Da dir hiesige Localar- menordnung vom Jahrr 1843 in vielrr Beziehung nicht mrhr alt zurrichrnd erschien, so ist riar nrue auf- grstellt worden. Dies« handelt vom ArmruversorgungS- amt, wrlchrm dir selbstständige Verwaltung drt Annen wesent in hiesigem Heimath-bezirke übertragen ist, vom Armenhaus und drfsen Verwaltung und vom Armenre- servrfond, und hat alt Anhänge noch die Hausordnung für das Armenhaus sowie eine Armenbegräbnißordnung. — Während der Monate Januar, Februar und März find 2519 Thlr. baarrt Almosen und 9590 Speisemarken L 12 Psennige vom Armenvrrsorgungtaml verheilt wor den. Die Zahl der AlmosenrmpsLnger betrug Ende März 1064 Köpfe, das find 38 mehr al» Ende 1860. — LeiSnig, 16. Mai. Nachdem unsre Gegend einige Zett lang mit Feuertdrünsten verschont geblieben war, haben vorige Nacht gleich zwei Brände statlgefunden. Ja der 2. Morgenstunde ist in dem Richter'schen Pferdegute zu Bockelwitz Feuer heraus gekommen, welches sämmt- liche GutSgebäudr nebst bedeutenden Getrridevorräthen vernichtet hat; auch haben 120 Schafe und einige andere Thiere den Tod in den Flammen gefunden. Das Feuer ist allem Vermuthrn nach böswillig angelegt. Außerdem ist in der 6. Morgenstunde rin HauS in Dürrwcitzschen niedergrbrannt. * Lunzenau, 14. Mai. Vorgestern ertrank in Oberelsdorf der 2H Jahr alte -nabe deS Korb macher- Lau in einem unbedeckten Wasserlache des vor der Llterlichen Wohnung liegenden Garten», während er sich einige Augenblicke allda ohne Aussicht befunden. Vermischtes. * Der neue Planet 66, welchen Herr Tuttle zu Cambridge in den Vereinigten Staaten am 9. April im südlichen Flügel der Jungfrau entdeckt hat, glich an Helligkeit einem Sterne 13. Größe und stand: April 9. 14" 36" 23' Eamb. m. Z. « 11" 59" 46' und S --- -f- 0" 9' 13". Er ging in Nectascension täglich 43' zu rück, veränderte hingegen die Declination nicht — Der Planet 67, von Luther im südlichen Fuße der Jung frau am 29. April entdeckt, ist 11. Glöße, hatte April 29. 13 Uhr 31 M. 2 S. m. Bilk. Z. in « 14" 9" 33' und ö — 11° 6' 15", bewegt sich täglich in « — 54" in ä -s- 2' 30" und erhielt den Namen „Lelo". — Mit Hindeutung auf einige neuere unclasstsche Namen der Planetoiden macht Luther den Astronomen den Vorschlag folgender Regel: „Clasfische Namen werden gebraucht, unclasstsche verworfen; für di« unclassischen Namen haben die Berechner das Recht, klassische Namen zu sub- stituiren " vr. A. Drechsler. * Da» Schraubendampfschiff Alexander II., Capt. Meckert, am 26. April von Stettin mit Passagieren, Güter« und lebenden Thieren nach St. Petersburg abgr- gangen, ist am 9. Mai bei Gommeroe vom Eise z-rdrückt und gesunken. Sowohl die Mannschaft als die 119 Passagiere sind sämmtlich gerettet, und durch ein von Kron stadt gesandtes Dampfschiff sind die Passagiere nebst vier Heizern bereit» in St. Prtertburg eingetroffen. Eapitän und Mannschaft sind nach Friedrichs Hamm gegangen. * Au» Soldin bringt da- amtliche Kreitblatt über einen unweit von dort vor einigen Tagen verübten sechs fachen Raubmord folgende Mittheilung: „Der Mühlen besitzer Baumgart zu Kursdorf bei Lippehne ist in der Nacht vom 10. zum 11. Mai mit seiner Frau, 3 Kin dern und dem Dienstmädchen ermordet worden. Sämmt- lichen 6 Personen ist, wahrscheinlich mit Hilfe eine stumpfen eisernen Instrument-, der Hirnschädel eingeschla gen worden, nur dem Manne sind außerdem noch eine Schnittwunde am Halse und mehrere Stiche in die Brust beigebracht. Die Verbrecher haben ihre Opfer jedenfalls im Schlafe überrascht, denn sämmtliche Leichen sind in ihren Betten gefunden worden, mit Ausnahme der zwölf jährigen Tochter, welche in der einen Stube in der Nähe der Thür lag. Die Ermordeten haben in drei anetnan- derstoßenden Localen geschlafen. Zwei der Kinder, ein achtjähriger Knabe und das zwölfjährige Mädchen, sind am Morgen noch röchelnd vorgrsunden worden, aber bald darauf verschieden. Das dritte ermordete Kind war ein fünfjähriger Knabe. Es ist also kein lebendes Wesen dort, welche- über die Thäter irgend «ine Andeutung geben könnte. Die gräßliche That scheint, nach den von den nackten Füßen herrührenden Fußspuren zu urthrtlrn, von zwei Personen verübt zu sein. Die Thäter sind von hinten über den Zaun gestiegen, haben sich dann durch gewaltsame- Fortbrechen der eisernen Stäbe eine- Kellerfensters Eingang in den Keller verschafft und find so, da die Kellerthür und die andern Thüren unverschlos sen waren, ungehindert in die Wohnstube gelangt. Sie haben daselbst sämmtliche Schränke, Commoden und Ka sten erbrochen, aber nur baares Geld mit fortgenommen; Wäsche, Kleidungsstücke und andere Sachen sind bloS durchwühlt, aber nicht gestohlen. Nur haben die Mörder drei Ziehgeldbeutel mitgenommen. Sämmtliche Schränke und Kasten haben die Mörder beim Erbrechen und Durch wühlen mit ihren blutigen Händen besudelt. In einem andern Zimmer sind aber noch zwischen 400—500 Thlr. baares Geld unversehrt gefunden worden, dort sind die Mörder nicht hingegangen. Da» HauS, welches massiv und gut eingerichtet ist, liegt isolirt eine Strecke von Kursdorf entfernt, und drei bissige Hunde befinden sich zum Schutz auf dem Hofe. Bei Alledem bleibt e» un erklärlich, wie eine so schauderhafte That ungehindert hat vollführt werden können. Die königl. Regierung hat auf die Entdeckung der Verbrecher eine Belohnung von 300 Thlr. au-gesetzt/^' Eingrsandtes. Zur Abwehr. Di« „Entgegnung," mit welcher Herr I. in Nr. 111 des Dresdner Journal- den in Nr. 94 diese- Matte erschienenen Aufsatz: „Der Titel vom Frachtgeschäft im Entwurf de- deutschen Handelsgesetzbuch- III. Lesung" zu widerlegen und abzufrrtigen unter« nahm, macht zwar nach Form und Ton den Eindruck, maßgebend sein zu wollen. Mindesten» hat e» der in erster Person sprechende Herr 1. nicht an scharfen Worten fehlen lassen, welche die „Mißverständ nisse," die „unmotivirten Bemerkungen" de» „Herrn 6." geißeln sollen, der — meint Herr— „jedenfalls dem Handeltstande angrhört." Nun, diese Voraussetzung ist wenigstens nach der eigenthümlichen Nechtspräsumiton im vorletzten Absatz de« Art. 424 IN. Lesung eine unzu- lässige nicht zu nennen. Welchem Stande iadrß auch immer Herr 1°. angehören möge — und die nämlichen Gründ« die ihn bewogen, seinen Namen zu verschweigen, hätten ihm auch gebieten sollen, die Präsumtion über den Stand seines Gegners zu unterdrücken — wie sehr auch Herr 1. in der Lage sein mag, die Schlußoerhand. lunger» der Nürnberger Gesetzzebunzscvmmission und deren Protokolle zu kennen: — so viel steht, miudesten» für den Einsender des angefochtenen Aufsatzes, hoffent lich auch für jeden „aufmerksamen und unbefangenen Leser" fest, daß die „zuversichtliche Haltung" der „Ent gegnung" de- Herrn 1. die der „Krrlrt" nicht wider legt, noch abgeschwächt hat. ES war der Zweck deS angegriffenen Aussätze-, dar- zulegen, daß im letzten Stadium der EntwursSderathung eine dem HandelSstand und dem Publikum nachtheiltge Abänderung deS HandelSgrsrtzeirtwurfs zweiter Lesung er folgt ist, daß die Bestrebungen der Eisendahnmächte, die sich bald in die Firma kaufmännischer Notabilitäten, bald in den Titel hoher Beamter hüllen, schließlich doch noch obgesirgt haben und daß alle- Mühen der deutschen Han- del-welt, der deutschen Presse, des deutschen Juristen tage»: die Beschlüsse zweiter Lesung aufrechtzuerhallen, vollständig vergeblich gewesen ist. Dieser Nachweis ist theilS an dem Inhalt, theil» an der Form deS in dritter Lesung neueingrschobrnen Abschnittes „von den Eisen bahnen insbesondere" in dem, von Herrn I. angefoch tenen Aufsatze geführt worden. Die brsondre Toalegung auf den incorrrcten, vieldeutigen und darum oft nichts sagenden Styl der eingeschobenrn Artikel sollte zum Be weise dienen, daß hier momentane, flüchtig hingeworfene Bestimmungen Eingang gefunden in da» monumentale Werk. Herr '1. hat nun das diesseitige Bcweisthema nicht nur nicht angefochten, sondern gradezu anerkannt, indem er in seiner „Entgegnung" zugiebt, daß die deutschen Eisenbahnverwaltungen den Entwurf zweiter Lesung, namentlich besten wichtigsten Artikel 376 angegriffen und daß infolge dieser Gegenschritte die preußische Regierung bemüht gewesen ist, „die Autonomie der Eiscnbahnver- waltungen auf angemessene Grenzen zurückzuführrn" — d. h. im Verhältniß zu Art. 376, der die Autonomie auSschloß: sie zu erweitern. Es ist bekannt, daß in Preußen unter der Aegide de» Handelsministers H. v. b. Heydt die Interessen der Ei senbahnen und der hohen Finanz für identisch gelten mit denen des Handels und daß von dorther die Eisenbahn mächte den nachhaltigsten Schutz für ihre Reglement-, wie für ihre Bestrebungen gegen den Entwurf zweiter Lesung zu finden meinten- Nicht minder bekannt ist, daß dre Regierungen von Preußen, Oesterreich und Bayern es waren, welche durch gemeinschaftliches Auftreten die schnelle Erledigung de» Handelsgesetz-Entwurfs erzielten und e» erwirkten, daß zur dritten Lesung alle übrigen deutschen Regierungen von weiteren Anträgen und Ab änderungsvorschlägen absahcn. Auch die königlich säch sische Regierung, welche von Beginn der EommissionS- berathungen an, dem Gesetzentwurf und dessen Zustande kommen in höchst danken-werthrr Weise ihre rege Be» thciligung zugewendet und dieS ebensowohl durch Ent sendung einer, auf dem Gebiete des Handelsrecht- ausge zeichneten Capaertit, al» durch eine den HanbclSinteresten günstige Instruction derselben, und noch in letzter Zeit durch eine Reihe wichtiger Erinnerungen und Anträge bekundet hatte: — auch die sächsische Regierung ließ auf Instanz Preußen-, Oesterreichs und Bayerns zur dritten Lesung alle diese Erinnerungen und Anträge fallen und dürste demzufolge ihren Bevollmächtigten, »leich den meisten Eonfrrenzgenosten, dahin instruirt haben, den Ent wurf zweiter Lesung ohne neue Zusätze anzunehmen. Lerder aber haben andre Conferenzstaaten die Enthaltsamkeit, welche Preußen von den übrigen Conferenzgliedern forderte, nicht selbst beobachtet und sind weit über den hierbei gestellten Vorbehalt hinauSgegangen- An dem Einschub drit ter Lesung zu Gunsten der Ersenbahnen hat die sächsische Regierung keinen Theil. Ihr Bevollmächtigter hat dem Vernehmen nach von ihr keine Instruction hierzu erhal ten. Die Protokolle, auf welche Herr I. wiederholt fußt, geben leider keine Namen an; au- ihnen läßt sich also auch nicht Nachweisen, wie der sächsische Bevollmächtigte gestimmt hat. Jedenfalls gehört aber die sächsische Regierung nicht zu jenen „anderen deutschen Regierungen," welche einen solchen Einschub beabsichtigten. Die- im Voraus zur Feststellung deS Standpunkts und zur Widerlegung der Ansicht, die auS der „Jch"- Fonn, in welche dre „Entgegnung" deS Herrn I. sich kleidet, etwa eine osficielle Stimme herleiten möchte. Nach dem Zugeständnisse: daß die Eisenbahnmächte auf die dritte Lesung eingewirkt — kommt Herr 1'. zu der Behauptung: daß der Einschub trotzdem zu Gunsten der Handel-welk erfolgt sei. Und warum? Weil nach dem Entwürfe zweiter Lesung wohl seststand, daß die Eisrnbahnverwaltungen keine beschränkenden Bestimmun gen über die Haftverbindlichkeit sich bedingen dürfen, nicht aber auch gleichzeitig ihnen die Verpflichtung aus erlegt war, jeden Gütertransport anzunehmen! In der That behauptet Herr '1., sei in den Eonferenzprotokoüen S. 5037 ff. zu lesen, daß in dieser Versammlung deut scher HandelSgesctzgcber widerspruchslos die Frage aufge worfen worden ist: ob nicht den Eisenbahnverwaltungen d«S Recht zustehe, den Gütertransport anzunehmen oder abzulchnen. An ein solches Recht freilich hatte bei der ersten und zweiten Lesung wohl Niemand gedacht. Die Eisen bahnen sind öffentliche Anstalten, sie beruhen auf einem nothwrndigrn Eingriff deS öffentlichen Recht- in da private, auf der Expropriation; sie sind faktisch, meist auch gesetzlich im Besitze eine» Privilegs, da- alle Mitbewer bung auSschlirßt. Sie dürfen Niemandem den Transport verweigern. Selbst in der von Herrn 1. oft, und al- angebliche Grundlage jene- Einschub», angezogenen Schrift: „die deutsche HandelSgcsetzgebung und die Eisen bahnen" heißt e» S. 4 ausdrücklich: „Die allgemeine Verpflichtung der Eisenbahnen tritt in einzelnen Aus flüßen so evident hervor, daß dieselbe sich auch ohne Präcisirung durch einen brsondrrn Rechtsfatz realisirrn läßt: so z. B. würde die, lediglich auf da» Belieben gestellte Weigerung einer Bahnverwaltung, eine bestimmte Sache zu transportiren, ar» rechtlich unzu lässig erscheinen und der Einzelne würde da» betref fende Recht ohne Weitere- im R cht-wegr verfolgen, alfo z. B. ein» Schäbenklage anstellen können." Diesen „gründlichen Nachweis" der von ihm selbst citirlen Schrift „zu widerlegen", hat Herr I. „nicht einmal den Versuch gemacht," obwohl er ihm näher lag, al- seinem Gegner, dem Hr. I. gleichwohl einen Vorwurf daraus zu machen beliebt, daß er eine andere Ausführung jener von Herrn 1. benutzten Quelle nicht zu widerlegen unternommen habe! E» ist mit nichten im Interest« de- Handel-stande», wenn im Art. 422 gesagt wird: „Eine Eisenbahn u. s. w. kann di« bei ihr nachgesuchte Eingehung eine- Frachtgeschäft» nicht verweigern." Stände da- nicht da. so gälte eS nicht minder für Rccht. Und ebensowenig ist Arr. 422 um dieser EialeitungSworle willen ausgenom men. Nein, e» galt vielmehr den, mit „insofern" ein geleiteten drei beschränkenden Klauseln. Der theil» schwülstige, theil» dictatorrsche Styl, in Welchen jene selbstverständliche Regel ringeleitet ist, fand weder „un richtigen" noch „unerheblichen" Tadel. Wenn Herr 7*. vrrstcheit, die Conferenz sei au» guten Gründen in die poetische Licenz und logische Fehlerhaftigkeit de- abstrao- lu,» pro oonoreio der „Eisenbahn" statt „Verwaltung" verfallen: so läßt sich, da die Gründe nicht mit angege ben sind, dagegen auch nichts erwidern. E» müssen aber sehr gewichtige Gründe sein, die den Gesetzgeber nölhigen, mit Vorbedacht statt de» richtigen, ein andere- Wort zu zu Wählen. — llailxv»^ usod lor tlle tturpo^e« ot pukliv 'Iraltie — Eisenbahn, die zum allgemeinen Gütertrans port bestimmt (benutzt) ist" — mit diesen Worten kann man doch keine „dem Publikum noch nicht eröff nete Eisenbahn" bezeichnen! Oder meint etwa Herr 1., der selbst diese Kleinigkeit zu widerlegen den Versuch ge macht hat, meint er etwa, daß die englische „Kailrv»^ »ncl t!i»nal IriUko ^oi" für projectirte und im Bau be griffene Bahnen geschrieben sei? Daß ein guter Gesetz geber möglichst klar schreibt und das abstrakte „An sich" zu der concreten „Verpackung" nicht wohl paßt, wird nochmals behauptet. Ebensowenig wie diese stylistischc Ausstellung, sind die übrigen von Herrn 1'. widerlegt worden. Die schlimmste Widerlegung ist die Bezugnahme aus die Protokolle und den Richter. Weder jene noch dieser sind in dem Falle praktischen Bedürfnisse» sofort zur Hand. Da» Einschreiten de» letztem setzt erst einen Prozeß Vorau». Also dahin muß es erst kommen, wenn man klar sehen will, wa» Rechten-? Die Gesetze sind d»ch hoffentlich da, um Prozesse zu vermeiden, nicht um sie hervorzurufen! Die gerügte Unklarheit z. B. der Worte „Einrichtungen" und „Benutzung-weise" (Art. 422) hat Herr 7'. wider Willen selbst, durch seinen eignen Erklärungsversuch zugeben müssen. Denn Herr 1. meint: „Wenn eine Bahn lediglich dazu bestimmt ist, Kohlen rc. zu tran-portiren, so besteht die Benutzung-weise dieser Bahn in dem Transport von Kohlen und die Einrich tungen derselben werden nur auf diesen Transport be rechnet sein." Bei diesem „einfachen Beispiel" hat Herr 7'. übersehen, daß nach den Eingangsworten zu Art. 422 hier die Rede ist von „einer Eisenbahn, welche dem Publikum — also nicht blo» den Kohlenabnehmrrn — zur Benutzung für den Gütertransport — nicht nur den Kohlentransport — eröffnet ist!" Nicht minder ge wagt ist da» zweite Beispiel deS Herrn 7'., wonach die Bestimmung, wie feuergefährliche Gegenstände zu ver packen seien, keine allgemeine, für Alle geltende Anord nung enthalten soll — weil sie nur für Diejenigen gelte, welche dergleichen aufgeben. Mit demselben Fug kann man bestrerten, daß wir allgemeine Militärpflicht haben — weil Greise, Untüchtige u. s. w. ausgeschlossen sind! WaS unter gleichen Verhältnissen für Alle gilt, da- eben ist eine allgemeine Vorschrift. Ferner hat es sich nicht — wie Herr 7'. meint — um eine Abänderung des Wor te- „Fracht" in „Frachtlohn" gehandelt; wie Art. 369° 386° der zweiten, im Vergleich mit Art. 392, 414 der dritten Lesung darthun, verhält sich vielmehr die Sache umgekehrt: „Frachtlohn" ward in „Fracht" abgeändert. Wenn der drittletzte Absatz in Art. 422 d>e Annahme der Güter nicht eher zur Pflicht macht, als bis die Be förderung geschehen kann — so ist bei solcher Fassung und beim Mangel einer Annahmefrist wohl da- dies seitige „zu spät!" gerechtfertigt, nicht aber das jenseitige „nicht zu früh!" Denn es handelt sich um „Güter zum Transport". Im Mai für den August aufgegebene Güter sind aber keine Transport- sondern Lagergüter! Nach Ansicht des Herrn 1. wäre „die Befürchtung, daß die Eisrnbahnverwaltungen gewisse Güter willkührlich vom Transport ausschließen, oder unnöthige Belästigun gen wegen der Verpackungen vorschreiben könnten, völlig unbegründet und durch die Erfahrung wider legt" Woher weiß das Herr I.? Und wenn er selbst „dem Handelsstande angehörte" — könnte da seine negative Einzelcrfahrung sich mit den positiven Erleb nissen Anderer messen? Weiß Herr 7'. nicht, daß z. B. das „Vereinsreglement für den Güterverkehr gültig vom 1. Dec-mber 1856 ab" im 8 14 die Bestimmung ent hält: „(Die Eisendahnverwaltung) behält sich vor, vom Absender oder Empfänger Ersah für alle Beschädigungen zu verlangen, welche durch dergleichen (ätzende oder ge fährliche) Substanzen an den TranSportsahrzeugen oder andern Gegenständen entstanden sind"? Weiß Herr 1. nicht, daß die von ihm so oft angezogene Schrift 8- 24 just diese Bestimmung „exorbitant" nennt? Herr hätte in den von ihm so vielfach angezogrnen Protokol len der Nürnberger Eonferenz (z. B. S. 5019) auch grade für diesen Punkt dre auffällige Wahrnehmung machen können, daß die zur dritten Lesung versammelten Con- ferenzgenossen außerordentlich gut über die Anschauun gen und Anforderungen der Bahnverwaltungen unter richtet gewesen sind» daß sie eine Kenntniß der angeblich gefährlichen Maaren und eine Furcht vor denselben ent wickelten, wie sie auch dem routinirtesten, reglementiren- den Bahndirectorium nicht besser beiwohncn könnten. So wird in den Conferenzprotokollen a. a. O. behauptet: eS gäbe so starke Säuren, durch welche nach und nach da» GlaS, in welchem sie aufbrwahrt würden, aufgelöst und so dessen leichtere» Zerbrechen vorbereitet werde. Und mit dieser Begründung verschaffte man dem Absatz 4 in Art. 424 eine so exorbitant weite Fassung! Und worauf be ruht da» ? Weil eS in dem großen Bereich der Säuren eine einzige giebt, die Flußspatsäure, welcher jene scharfe Eigenschaft beiwohnt. Aber diese eine Ausnahme kommt nicht in den Handel, wird nur in ganz geringen Quantitäten, nur von Chemikern in Laboratorien ver braucht, wird nicht in Glas, sondern in Gutta-Percha verwahrt; sie verhält sich zu den dem Handel angehöri gen Säuren wie 1 zu 10,000,000! Und dennoch hat da» Beispiel in dem, selbstverständlich von HauS auS die ser Maaren unkundigen Kreise der Conferenzmiiglirder gewirkt. Natürlich haben Handel und Verkehr den Wohlfahrt- - und sicherhcitSpolizeilichen Bestimmungen der Staatsbehörden wegen Packung und Aufgabe besonde rer Güterarten stet» Folge zu leisten. Willkührliche und einseitige Bestimmungen der Eisrnbahnverwaltungen kön nen aber aus solche unbedingte Gemeingrltung keinen Anspruch machen. Herr l'. meint: „schon der eigne Vortheil der Eisen bahnen gewähre au-rrichende Garantien gegen Bedrückung de» Publikum»", und deshalb „bedarf es keiner Anordnung zum Schutze de» letzteren!" In der That, e» gehört wenig Umblick und Phanta sie dazu, um die Erfahrung zu machen, die Vorstellung zu gewinnen, wir jetzt und in Zukunft di« Eisenbahn verwaltungen Da» ausbruttn, wa- „bedungen wer den kann!" Liegt eS nicht etwa in ihrem Inter esse, diejenige Art der Verpackung, oder besser Nichlver- Packung, anzuempfehlen, welche ihre Haftpflicht auSschlirßt? Sie verlocken den leichtsinnigen Kaufmann, durch billigere, bequemere Transportgelegenbeit, ihnen die Waaien schlecht oder nicht verpackt gegen Verzicht auf die Haft pflicht zu überged-n — da- ist ihr Interesse. Und zu wessen Schaden? Zu dem der reellen Kaufleute und deS Publikums, da» schlechte, unsolide, auf dem Transport beschädigte Maare erhält! Und läge e» selbst nicht im Bahnintrressr, dem Publikum drückende Bestimmungen vorzuschreiben — es geschähe doch. Erfreuen sich doch die — von Herrn I'. selbst beklag ten — Frachtdisparttäten, die Begünstigungen der fernen Plätze auf Kosten der nahen, noch immer der Huld der Ersenbahnmächte, obschon sie die tiefrrliegenden, der Agiotage freilich verborgenen Interessen der Aktio näre und de» Staat» gewaltig gefährden, da sie in Rück sicht auf momentanen Gewinn die nachhaltigeren Ein nahmequellen verderben. Die im vorletzten Absatz deS Art. 425 aufgestellte RechtSvermuthung, — daß, wenn ein Schaden durch eine von der Eisenbahnverwaltung nicht übernommene Gefahr entstehen konnte: er auch durch sie entstanden ist — diese Umkehr alUr BeweiSiheorie, die in Wi derspruch steht mit der im Art. 408 — auch für einen AuSnahmefall, — vrrthcilten Beweispflicht, hält Herri', für vollständig gerechtfertigt, weil sie in der oftangrzoge- nen Schrift „gründlich" nachgewresen und diese nicht widerlegt sei? Allein in dieser Schrift S. 28 ff. ist zu nächst nur der Grund angeführt, daß „bei den angeführ ten TranSportmodificativnen der Mwei», daß die Be schädigung durch eine vertragsmäßig nicht zu verlretende Thalsache veranlaßt worden, der Natur der Sache nach äußerst schwierig zu erbringen ist." Noch viel schwerer aber ist der im Art. 408 dem Frachtempfänger auferlegte Beweis, daß die bei der Ablieferung äußerlich nicht er kennbar gewesene Beschädigung in die Zwischenzeit von Empfangnahme bis Ablieferung gefallen. Al» weiteren Grund führt jene Schrift den an, daß in Fällen unbe deckten Transport-, leichter Verpackung u. s. w. (Art. 425 i—») die Bahnverwaltung nicht zur Aufsicht ver bunden ist. Da- ist im Allgemeinen unrichtig. Eie ist dann nur zu der Aufsicht nicht verbunden, die mit der betreffenden Abweichung zusammenfällt. Also bei Trans port in unbedeckten Wagen nicht zur Aufsicht in bedeck ten Wagen, wohl aber zur Aufsicht im übrigen hin sichtlich der Verpackung u. s. w. Die Folgerung vom möglichen Falle auf den wirklichen, ist und bleibt immer- eine falsche. Selbst da- wird zweifelhaft, ob in Fällen dieser Art die Eisrnbahnverwaltungen für den Diebstahl zu haften haben! DaS Reisegepäck, da- der Passagier bei sch führt, ist Zubehör zu Diesem, und wenn Herr 7'. hiergegen auf Art. 390 verweist, so widerlegt daS nicht-. Denn dort heißt e»: „Frachtführer ist drrjnige, weleber gewerbe mäßig den Transport von Gütern rc. ausführt." Der Mantelsack, den der Reisende neben sich im Wagen liegen hat, ist juristisch von derselben Bedeutung, wie der Plaid und der Fußsack, die er um und unter sich, ja wie der Rock, den er angezogen hat. Auch bei dem Vorwurf der Bogelfreihrit von aufaegebencm, und in bestimmter Frist nicht abgefordertem Reisegepäck wird verharrt, bis die Gesetzesstelle nachgewiesen wird, welche da» Klagrecht ge währen soll. Wenn diesseits der Wegfall der beiden Abschnitte vom Frachtgeschäft dritter Lesung gewünscht wurde, so geschah eS selbstverständlich, zur Wiederherstellung de- Abschnitte» zweiter Lesung, ganz besonder- unter Wiederaufnahme deS, seinen sächsischen Verfasser ehrenden Art. 376, wel cher die entgegenstrhenden, die Haftpflicht der Eisenbahnen und anderer öffentlichen T.anSportanstalten beschränken den Vertrage für wirkungslos erklärt. Sachsen, sollte man meinen, hätte ganz besonderes Interesse an der Fest haltung dieser Bestimmung. Sie ist nicht nur wegen der Eisenbahnen, sondern auch wegen anderer öffentlicher Transportanstalten, namentlich der Flußdampfschiffe, von Wichtigkeit. Diese sind bei der dritten Lesung ganz über sehen und vergessen worden, sind somit nicht der Haft pflicht der Eisenbahnen unterworfen. Man sorgte eben nur für die Eisenbahnen. Die Frachtzuschläge bei höherem Werth, al- der Nor malsatz feststcllt, lassen sich in dieser Form und Allge meinheit nicht rechtfertigen, am allerwenigsten mit dem Beispiel England» belegen; denn die von Herrn 1. nrch der oft erwähnten Schrift S. 40 not. * aus der engli schen Parlamenttakte angeführte Stelle bezieht sich nur auf Thiere. (Vgl. die Gegenschrift: „Das Frachtge schäft der Eisenbahnen" S. 80. 82). In den Bestim mungen de» Art. 427 liegt aber eine um so größere Härte, al» die Bahnvcrwaltung wohl den Minderbeirag unter, nie aber den Mehrbetrag über den Normalsatz zu gewähren hat. ES dürfte in dem Bisherigen wohl vollständig nach gewiesen sein, daß, wenn in dieser Angelegenheit von Mißverständnissen die Rede, solche nicht dem Verfasser 6. de» ersten Aufsätze», sondern dem der „Entgegnung" Herrn 1. zur Last fallen. ES muß überraschen, daß der selbe bei dem Interesse, da- auch er an dieser Sache nimmt, nicht gleichzeitig auch den vom HandelSstand zu Dresden kürzlich veröffentlichten „Antrag auf ein allgemeines deutsche- Eisenbahngefetz und offenen Protest u. s. w." in den Be reich seiner Widerlegung-Versuche gezogen hat. Auch in dieser Schrift ist nachgewiesen, wie der Einschub dritter Lesung — zum Theil da- Ergrbniß einer Mehrheit von 7 gegen 6 Stimmen! — (Conf.-Prot. S- 5027) den deutschen Fabrik- und HandelSstand, und mit ihm da» öffentliche Wohl, gefährdet. Die Geschichte der dritten Lesung de» Entwurfs eines deutschen Handelsgesetzbuchs, zum Theil noch wenig ge kannt, ist eine nicht sehr erfreuliche. An den deutschen Volksvertretungen läge e» nun, durch Ausscheidung jenes eingeschobenen Abschnittes „von den Eisenbahnen ins besondere", und durch Wiederaufnahme deS Art. 376 zwei ter Lesung, noch in letzter Stunde das Uebel zu beseitigen, wenn Aussicht auf allgemeinen Erfolg wäre. Da dies leider nicht zu erwarten, so wird nichts übrig bleibe«, al- den Entwurf dritter Lesung anzunehmen und soforr auf Revision des Titels vom Frachtgeschäft im Interesse der Handel-wett und deS Publikum» zu dringen. Besser freilich wär« eS gewesen, wenn durch Annahme de» Ent wurf» zweiter Lesung dem großen nationalen Werke von Hau» au» der Beifall und die Zufriedenheit aller Bethei- ltgten, der grsammten Nation, errungen und gesichert wor den wäre. 6.
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