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Dresdner Journal : 03.07.1880
- Erscheinungsdatum
- 1880-07-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188007038
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18800703
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18800703
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1880
- Monat1880-07
- Tag1880-07-03
- Monat1880-07
- Jahr1880
- Titel
- Dresdner Journal : 03.07.1880
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^152 Sonnabend, den 3 Juli. 1880 >koa» r I» r»o,« S»ot»ek„ L,i«k»: ^LKrUeU: . - >« »l»rk MrlicU: 4 ^txrlr 50 ?s. Lmrvlixi klllioioer»: lv?k L»««i-d»It> 6<>«6ent«!l,eo keick«-» tritt ko»t- uo6 SteillpvIiEUI»^ kimu. loserntenprelser 6«o k»"m «>o»r ^p^Itsaen ?etitrsils 20 Pf. Vater „kiLSv«oät" äi« Leils 50 ?t. DrcMerImmml. lürselielne» r l^lied mit Aanuckme 6er 8om>- on6 ?eiert»8e XVeoäs kür 6ea kolxenäeo lax. Verantwortliche Redaction: Oberredacteur Rudolf Günther in Dresden. l»«eratenannaUme »nsie-ets: L»tp»i^: /> /irant^tetter, vuiunii»!>lonitr 6e» Oresäller 6ouro^; L»i»durx LerlU» Vis» L»»»I - N?r»ok5irt ». » ! L . »«rlio Vi«»-N»mdai^- r-»U-L«ip»iU rr»»Iltart ». »I >lülleU«ir: A/t-E, Lerlia: L. X'orniÄt, /nrai<6e«6uni, Lrowiu: F' Schotte; Lr»»l»u: /,. Lta^Aen'» Uüre»u; vdsmait, Ff. ?o»At; kr»Llltart ». H.: F ^«rAer'ncke u. v'. Lerrinan«- »cUe !!u< >>Ium<IInn^i SvrUti: t? MÄ/ee; S»rmov«r: <7 k»rt» S«rliL-^r»Lllti»rt » H. Stottert: Daud« , SEdur^: F L7e«6Aen, ^16 Lie»»«'. H«r»usxvd«r: Nvniel. K»pe6itiov äs» vresäoer 6ourv»ti, I>rv«6en, ^vin^erntrasne Xo. 20. Amtlicher Theil. Dre-den, 2. Juli. Ihre Majestät die Königin ist gestern Abend 6 Uhr 15 Min. von Leipzig nach Krauchenwies abgereist. rlichtamttichtr LheU. Uebersicht. Telegraphische Nachrichten. Zeitung-schau. (TempS. National-Zeitung. Agence HavaS. UniverS. Figaro. Republique flanyaise.) TageSgeschichte. (Dresden. Berlin. Koburg. Wien. Prag. Paris. Brüssel. Bukarest. Konstantinopel.) Dresdner Nachrichten. Statistik und VolkSwirthschaft. Feuilleton. Kirch eunachrichten. Beilage. Provinzialnachrichten. (Leipzig. Stollberg. Frei- berg. Nossen. Meißen.) Vermischtes. Telegraphische Wittrrung-drricdte. BSrlennachrichten. Telegraphische Nachrichten. Brüssel, Freitag, 2. Juli. (Tel. d. Dresdn. Journ ) Der Erlaß deS Ministers deS Auswärti gen an den belgischen Gesandten beim Batican, betreffend den Abbruch der diplomatischen Be- ziehuugen zwischen Belgien und der Curie, besagt >m Wesentlichen Folgendes: Die Aufrechterhaltung der Gesandtschaft war mög lich, sogar nützlich, so lange der Papst den Kämpfen der bel gischen Bischöfe gegen die belgischen Gesetze und nationa len Institutionen fern blieb und die Feindseligkeiten zu mildern suchte. Die Aufrechterhaltung wurde unmög lich von dem Augenblicke an, wo der Papst zum Wider stande gegen die SiaatSgesetze ermuthigte. Obwohl er gesehen, wie excessiv und inopportun die Maßregeln der Bischöfe bezüglich deS Schulgesetzes waren, billigt der Papst jetzt infolge einer unbegreiflichen Aenderung seiner Haltung die Instructionen der Bischöfe. Unter diesen Umständen habe die Regierung geglaubt, die Gesandtschaft abberufen zu müsfen. London, Donnerstag, 1. Juli, NachtS. (W. T. B) In der heutigen Sitzung deS Unterhauses erfolgte zunächst die Beantwortung mehrerer In- terpellationen. In Antwort aus einige Anfragen erwiderte der UnterstaatSsecretär Dilke, die Berliner Conferenz habe einen einhelligen Beschluß gefaßt und sei über die vor- gefchlagene Grenzlinie übereingekommen. Ueber die Schritte, wie der Conferenzbeschluß zur Kenntniß der Pforte und Griechenlands gebracht werden solle, sei noch nicht beschlossen; die Unterhandlungen darüber seien noch im Gange. — Das Parlamentsmitglied O'Donoghue kündigte sür morgen eine Anfrage da rüber an, ob die Regierung gegen die Ausweifung der Jesuiten auS Frankreich als eine Verletzung der bür gerlichen und religiösen Freiheit zu remonstriren ge denke. — Der Preimer Gladstone erklärte im wei tern Verlaufe der Sitzung eine Rückkehr der exilirten oder teportrrten Fenier nach England für inopportun und antwortete auf eine Anfrage Bartlett's, er habe weder die Macht, noch die Absicht, ein PlebiScit in den an Griechenland abzutretenden türkischen Provinzen Feuilleton. Redigirt von Otto Banck. Ueber Morphiumsucht. (Fortsetzung und Schluß zu Nr. ibi.) Ueber die durch einen längeren Morphiummißbrauch bedingten Krankheitserscheinungen können wir hier nur summarisch berichten. Wie bei der Trunksucht, mit welcher die Morphiumsucht mehrfache Aehnlichkeit hat, muß man auch bei letzterer zwei verschiedene Krank heitsbilder unterscheiden, nämlich die eigentliche chro nische Morphiumverglstung und dann diejenigen Er scheinungen, welche sich entwickeln, sobald dem Mor phiumsüchtigen sein gewöhnliches Quantum Morphium ganz oder theilweise entzogen wird (Morphiuminamtion-. Die ersteren Erscheinungen sind bei den verschiedenen Morphiumsüchtigen auch sehr verschieden und wechselnd; allen Kranken gemeinsam ist nur daS stärkste Verlangen nach Morphium, ohne welche- sie nicht mehr leben mögen. Sie wollen lieber zu Grunde gehen, als dem Mittel entsagen, dessen Dosis, wenn solche noch wirken soll, leider rasch und in unheimlichen Proportionen wächst. Bald kommt der Kranke aus dem Punkte an, wo er Morphiumlösung und Spritze zum sofortigen Gebrauch fortwährend bei sich trägt. An erster Stelle leidet bei den sogenannten Morphiumspritzern da- Seelenleben in moralischer und geistiger Hinsicht, namentlich geht die aeistige Productivität immer mehr zurück, nur mit Hilfe der Morphiumspritze können sie den Anforderungen ihre- Berus» einigermaßeu genügen. anzuregen. Die Wünsche der Einwohner seien von den Mächten möglichst berücksichtigt worden. Hierauf beantragte der Premier Gladstone die bereits angekündigte Resolution, wonach jedes Parlamentsmitglied, welche- dies beansprucht, un geachtet der in der Sitzung vom 22. vor. MtS. angenom menen Resolution, an Stelle deS EideS eine ge- setzmäßige Erklärung an EideSstatt künftig ab geben darf. Gladstone bemerkt, die Resolution sei nothwendig, um die Würde deS Hause- zu wahren und ähnlichen unpassenden Auftritten vorzubeugen, wie sie vorgekom men seien. Auch bestreite er da- Recht deS Hause-, nach dem Glauben eines legal erwählten Mitgliedes zu fragen. — Northcote stellt daraus das ebenfalls bereit- angekündigte Amendement, daß da- Hau- den Gladstone'schen Antrag nicht annehmen könne, weil durch denselben die am 22. vor. Mts. vom Hause an genommene Resolution thatsächlich ausgehoben werde. Northcote tadelt das Verfahren der Regierung und erklärt, daß das Haus sich durch die Drohung von Wiederholung der im Hause vorgekommenen Auftritte nicht schrecken lasse. DaS Amendement Northcote wurde schließlich mit 303 gegen 249 Stimmen abgelehnt. Sullivan beantragt hierauf ein Amendement, welches die Resolution Gladstone's zu einer prospectiven, an statt retrospektiven macht. Auch dieses Amende- dement wurde mit 214 gegen 236 Stimmen abge- lehnt und die Resolution Gladstone's darauf ohne Abstimmung angenommen. Belgrad, Donnerstag, 1. Juli, AbendS. (Agence HavaS.) Hassan Pascha in Novi-Bazar, welcher einen Zusammenstoß zwischen Christen und Türken verhindern wollte, ist von Anhängern der albanesischen Liga getvdtet worden. Der Tele graphenverkehr ist unterbrochen. (Anderweite Be stätigung sehlt, fügt „W. T. B." dieser Meldung hinzu, welche übrigens auch das Wiener Corr.-Bureau weiter verbreitet.) Dresden, 2. Juli. Der letzte Tag de- Juni hat zwei schwere An griffe zu verzeichnen, welche die Eurie in zwei, der Mehrheit ihrer Bevölkerung nach entschieden katho lischen Ländern erfuhr: die osficielle Bestätigung der Abberufung der belgischen Gesandtschaft beim Vatican und in Frankreich den Beginn der Aus führung der gegen die Congregationen gerichteten De crete. Die Vorgänge in Belgien liegen noch nicht völlig klar vor unseren Augen. Belgien ist ein durch die Vermengung kirchlicher und politischer Fragen aus's Tiefste aufgewühltes Land, »n welchem die Partei leidenschast auch die extremsten Mittel nicht verschmäht, und m welchem die Sprache, in der diejenigen Fragen, bei denen sich da- kirchliche und daS staatliche Gebiet berühren, behandelt werden, der Würde und des An stande- nur zu oft entbehrt. Es muß alle Diejenigen, welche gerade bei religiösen Dingen aus Ruhe und Objektivität doppelten Werth legen, mit Indignation erfüllen, wenn P. van Humbeeck, der Minister des öffentlichen Unterrichts, von dem „Cadaver des Katho- liciSmus" spricht, „der endlich eingejargt werden muß", und wenn die Liberalen den vom Papste seiner Juris diction entkleideten Bischof Dumont von Tournay, welchen die gejammte liberale Presfe vor einem Jahre für verrückt erklärte, jetzt aber für vollständig vernünftig hält, als willkommenen Bundesgenossen gegen die clericalen Gegner benutzen. DaS positive historische Material, welches die Zeitungen über jene Vorgänge bisher zu Tage gefördert, ist dagegen noch nicht von der jenigen Bedeutung und Tragweite, welche »erstatteten, eine Viele ziehen sich immer mehr von der Gesellschaft zu rück und taumeln mit der Morphiumspritze aus einem Rausch in den andern hinein, bei vielen, besonders noch jugendlichen Individuen, kommt es zu tiefen Ge- müthsdepressionen und melancholischen Zuständen. Manches Familienglück wird auf diese Weise vollstän dig zerstört. Weitere ziemlich constante Erscheinungen sind Schlaflosigkeit und schlafjüchtige Zustände, Sinnes täuschungen, Angstzustände, Beklemmungen, besonders de-Nachts, GesühlSüberreizungen, Nervenschmerzen der verschiedensten Art, dann als vorübergehendes Symptom MuSkelunruhe und Zittern, ferner bleibende Ataxie und MuSkellähmungen, Störungen de- Sehvermögens, der Herzthätigkeit und des ganzen Blutkreislaufs; sehr gewöhnlich kommen örtliche und allgemeine Schweiße vor, sowie krankhafte Thätigkett der Verdauungsorgane. In manchen Fällen von chronischer Morphiumver giftung werden Zucker und Eiweiß ausgeschieden rc. Im Allgemeinen fallen die Kranken auf durch ihr bleiches Gesicht, durch ihre schlaffe, sahle, zuweilen bleigraue, meist feuchte, oft stark schwitzende Haut, durch glänzende Augen mit engen Pupillen, durch ein un ruhiges, unstäte-, erregtes Benehmen. Zu erwähnen sind schließlich noch die entzündlichen Vorgänge auf der Haut, al-directe Folge der daselbst vorgenommenen Einspritzungen, wobei e- nicht selten zu bedeutender Geschwür-- und Narbenbildung kommt. Fast noch trauriger gestaltet sich daS Krankheits bild in dem Zeitraum, wo dem Morphiumspritze! die gewohnte Portion Morphium mehr oder weni ger vollständig entzogen wird und der belebende Morphiumrausch schwindet. Da- lebhafteste, angstvollste Verlangen nach dem gewohnten Gifte spricht sich möglichst unparteiische und correcte Darstellung zu liefern. ES kann jedoch sowohl den Ereignissen in Belgien, wie in Frankreich gegenüber nicht unbemerkt bleiben, daß auch seiten der Eurie Manche- versäumt wurde, den extremen Maßregeln der belgischen und der französischen Regierung vorzubeugen. Papst Leo XIII. scheint, trotz seiner milden, beinahe modern zu nennenden Welt anschauung, unter dem Einflüsse seiner Umgebung zu stehen. Die Curie wird den ihr hingeworfenen Hand schuh aufheben und mit der an ihr bekannten Zähigkeit an den Rechten, welche sie beansprucht, festhalten. — In Frankreich hat am 30. Juni der langwierige Kamps begonnen, welchen die Ausführung der Märzdecrete nach sich führen wird. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß die Congregationen der staat lichen Gewalt gegenüber allerwärtS weichen müssen und weichen werden. Hierin liegt anscheinend nichts Be denkliches. Allein die Gefahr, welche die französische Regierung bedroht, liegt in der Quelle immer wieder kehrender Aufregungen, welche die Schließung der Ordenshäuser, die nicht an Einem Tage erfolgen kann, darbietet. BloS mit der Ausführung der Polizei maßregeln wird die französische Regierung noch Wochen und Monate zu thun haben, und es läßt sich unschwer vorausjehen, daß das Geschrei und der Tumult, wel chen die Schließung des Jesuitenklosters in der Rue- de-SevreS zu Paris verursachte, sich immer wieder er neuert. Die französische Regierung hat aber alle Ur sache, derartige Volksaufregungen zu fürchten. Ihr Be nehmen den Communards gegenüber bietet uns hierfür einen Maßstab. Um den immer wiederkehrenden Demon strationen der Radikalen ein Ziel zu setzen und sie zu Bun desgenossen gegen die gefürchteten Clericalen heranzuziehen, wurde die Einbringung des Amnestiedecrets beschlossen. ES dürfte, wenn der Kampf gegen die Congregationen einige Zeit an dem Marke des Landes gezehrt haben wird, die Wirkung desselben bald ersichtlich werden. Uns Deutschen bietet er die beruhigende Aussicht, daß Frankreich mit der von dem Minister de Freycinet verkündigten Wiederaufnahme seiner „historischen Rolle" für einige Zeit noch sehr behutsam zu Werte gehen muß. Die Taktik der angegriffenen Congregationen wird eine solche sein, daß sich der Kampf immer und immer wieder erneuert. „Die klugen Leiter der Ge sellschaft Jesu", sagt die „Norddeutsche Allge meine Zeitung", „haben den Streit in den Ge- richtSsaal verlegt. Dafür, daß die Jesuiten im Richter- stande auf eine große Zahl ergebener Elemente rechnen können, haben noch die letzten Tage mannichfache Be weise geliefert. Unzweifelhaft wird es vor den Ge- richtsschranken zu interessanten, principiellen juristischen Erörterungen kommen." Die „Nordd. Allg. Ztg." beruft sich zum Beleg hierfür, auf ein Gespräch des französischen Botschafters beim Vatican, Desprez, welches dieser mit zwei Cardinälen hatte und das von dem belgischen Journal „la Croix" veröffent licht wurde. Als der Botschafter sich zur Rechtfer tigung der Maßregeln gegen die Congregationen aus die Decrete berief, erwiderte einer der Cardinäle: „Die Decrete. Welchen Werth haben sie? Sind sie legitim? Sind sie nicht den Gesetzen zuwider? Wenn die Regierung sie sür legitim hielte, so würde sie un verzüglich an die Gerichte gehen, statt im Verwaltungs wege zu verfahren." Der Botschafter: „Warum aber nach Alledem dieser offene Widerstand aller Congre gationen? Warum das ängstliche Umgehen der Prü fung? Warum die Zurückhaltung der Statuten?" Der Cardinal: „Wäre es vor allen Dingen wohl klug, die Statuten der Kammer zu unterbreiten? Bietet diefe Kammer, deren Gesinnungen männiglich bekannt sind, den religiösen Genossenschaften Bürgschaften der Un parteilichkeit? Ist es ferner den Geistlichen, ja den Christen überhaupt, gestattet, einer feindlich gesinnten Kammer Statuten zur Genehmigung zu unterbreiten, bald in Unruhe, Toben und Schreien, bald in tiefster Erschlaffung und stiller Resignation des in seinem körperlichen und geistigen Wesen ganz verän derten Kranken aus, ja es entwickelt sich nicht selten in den ersten 12 Stunden der Entsagung ein acutes Delirium tremens, wie Lewinsteln es nennt, welches sich u. A. dadurch charakterisirt, daß eS selten länger als 48 Stunden dauert und durch genügende Mor phiumdarreichung rasch und sicher zu beseitigen ist. Wofern der Kranke die vollständige Ausschließung des Morphiums überhaupt erträgt, stellt sich erst nach 8 bl« 11 Tagen ein allmähliges Zurücktreten der qual vollsten Angst- und Schmerzensanfälle, der Sinnes täuschungen, der Wahnvorstellungen, der tobsüchtigen und krampfartigen Zustände rc. ein. Häufig kommt es zu Ohnmächten, von denen die leichteren gefahrlos sind, die schwerer» aber durch CollapS in den Tod übergehen können. Einen solchen traurigen AuSgang hat man besonders bei einer plötzlichen und totalen Entziehung des Morphiums beobachtet. Wie lange und in welcher Stärke Jemand Morphiumeinspritzungen ungestraft gebrauchen kann, läßt sich nicht im Allge meinen feststellen; bei manchen Personen bedarf eS dazu vieler Jahre, bei anderen nur einiger Monate. Die Kranken, wenn sie sich selbst überlassen bleiben, versahen allmählich in ein Siechthum, welchem bei ab wechselndem Besser- und Schlimmerwerden endlich der Tod ein Ziel setzt, gewöhnlich infolge krankhafter Ver änderungen im Herzen und im ganzen BlutkreiSlause. Marche Kranke enden durch Selbstmord, andere durch Trunksucht, noch andere im Jrrenhause. Welche Aussicht vermag nun die ärztliche Kunst und Wissenschaft den Morphiumsüchtigen zu eröffnen? welche von Rom gebilligt und durch Jahrhunderte bekräftigt worden sind; sich zu Erörterungen herzugeben, worin der Beweis geführt werden foll, daß der heilige Stuhl Constitutionen billigen konnte, welche den ge sellschaftlichen, ja selbst den moralischen Satzungen zu wider laufen? Ist das zulässig?" — Man wird nicht verkennen, daß derartige Argumente einer gewissen Be rechtigung nicht entbehren; wenigstens wersen sie ein interessantes Schlaglicht auf die VertheidigungStaktik, welche von den Jesuiten voraussichtlich vor den Ge richtsschranken adoptirt werden dürfte, und mögen einem bewanderten Juristen mancherlei Handhaben bieten, „den formalen Rechtsboden der Märzdecrete in be denkliches Schwanken zu bringen." So groß die Zahl der Gerichtsverhandlungen ist, so groß wird die Zahl der Auflegungen sein, welche, um den Ausdruck der „Nordd. Allg. Ztg." zu wiederholen, „den formalen RechtS- boden der Dccrete in bedenkliches Schwanken bringen." Und die Zahl der Proteste wird groß sein, denn der „Temps" glaubt zu wissen, daß die Ausführung der Decrete gegen die übrigen nichtautonsirten Longrega- tionen, welche sich sämmtlich auf den Standpunkt deS gemeinen Rechts stellten und sich weigerten, die staat liche Autorisation nachzusuchen, fortgesetzt werde. Da- Blatt meint, die Congregationen müßten entweder sich unterwerfen, oder sich auflösen. Damit ist, wie auch die „National-Zeitung" nicht verkennt, „ein Ele ment heftiger Gährung in das politische Leben Frank reichs geworfen worden. Die Wirkung eines solchen Element- aus die Gesammtentwickelung zu berechnen, ist eine schwierige Aufgabe. Die ultraradicalen Kräfte werden rn der nächsten Zeit durch die Amnestie der eigentlichen Häupter der Commune an sich eine Stär kung erfahren, und diese Stärkung trifft zusammen mit einem besonders erregten Zustande einer immerhin in Frankreich noch sehr mächtigen Partei. Die Gefahr in Frankreich liegt darin, daß die Extremen von bei den Seiten in irgend einer Weife Fühlung gewinnen, eine Sache, sür die es viele Beispiele in der Ge schichte giebt. Es ist möglich, daß die ruhigen Tage der französischen Republik vorüber sind und jener Auf lauf in der Rue - de - S^vreS eine neue Epoche in der Geschichte der jetzigen Staatseinrichtungen bezeichnet." In der That constatiren die Pariser Nachrichten jetzt bereits eine tiefe Erregung der Gemüther, namentlich auf dem Lande, und fallen hierin die amtlichen Be richte aller Präfecten übereinstimmen. Der Minister des Innern, Constans, erhielt ein Bildniß des Herzens Jesu zugesandt, welches von einem Dolche durchstochen war; außerdem einen Brief von Todesdrohungen, wenn er nicht aufhöre, die Geistlichkeit zu verfolgen. — Die „Agence Havas" hat den Pariser Blättern eine Note zugeschickt, worin sie resumirt, was vorgestern gegen die Jesuiten geschehen ist, und auseinandersetzt, daß die Regierung keineswegs durch die Märzdecrete sich ge bunden hatte, sofort gegen die anderen ReligionSge- selljchaften eimuschreiten, daß es ihr vielmehr freisteht, ihren Zeitpunkt zu wählen, und daß sie mit Festigkeit, aber ohne Ueberstürzung und Heftigkeit verfahren werde. — Die clericale Presfe veröffentlicht leiden schaftliche Artikel, in welchen sie zum offenen Kampfe gegen die Republik auffordert. Der „UniverS" ins besondere verfehlt nicht, daraus aufmerksam zu machen, daß nach der Bulle „^postolioae ssäis" Jeder, der an der Ausführung der Märzdecrete Theil nimmt, d-r großen Excommunication verfällt. — Auch die Skandal presse beutet die vorgestrigen Ruhestörungen in der Rue-de-Sevres, welche sich gestern wiederholt haben (vergl. die „Tagesgeschichte" unter Paris), nach Kräften aus. Der „Figaro", welcher seit drei Monaten mit großem Eifer sür die Congregationen Propaganda macht, hat sogar von der Rue-de-Li-vres eine Reliquie heim gebracht und erklärt, daß er in seiner Redaction einen Splitter des Thürschlosses, welches die Polizeicom- Nach Burkart haben die Aerzte über dieselben uner freulichen Refultate zu berichten, wie bei den Gewohn heitstrinkern. „Es gelingt einer geschickt eingeleiteten Behandlungsmethode säst sicher, die Kranken momentan von ihrec Sucht zu befreien; nachdem aber die Ent- ziehungscur glücklich beendet ist und die körperlich ge kräftigten Patienten die Anstalt unter den heiligsten Versprechungen verlassen haben, nie mehr eine Mor phiumspritze in die Hand zu nehmen, gerathen leider die meisten von ihnen wieder in den früheren Zustand hinein." Das Wesentliche bei der Behandlung der Morphiumsucht ist natürlich die Entziehung deS Mor phiums. Um solches ohne Gefahr und mit Erfolg durchzuführen, ist eS nach Burkart unbedingt nothwen dig, daß eineStheil» die Entziehung des langgewohnten Giftes nicht plötzlich geschieht, und anderntheilS, daß die Cur selbst m einer geschlossenen Krankenanstalt vorgenommen wird, wo allein die strengste Ueber» wachung und schärfste Lontrole zu ermöglichen ist. Burkart führt in feiner Wasserheilanstalt die gleich mäßige, langsame und allmähliche Entwöhnung in der Art aus, daß er an Stelle des unter die Haut ge spritzten Morphiums feinen Kranken innerlich TageS- dosen von 1 bis 3 Decigramm Opium methodisch ver abreicht. Der Verlauf der Entwöhnungscuren soll dadurch viel leichter und erträglicher werden, die schwerern Erscheinungen der Morphiumentsagung kom men dabei fast gar nicht oder nur vorübergehend zur Beobachtung. Al« weiteres wichtige- Hilfsmittel zur Linderung der Befchwerden und zur Hebung und Er haltung de- Kräftezustanbe» bei Behandlung der Mor phiumsüchtigen dienen ihm Bäder von verschiedener Temperatur, kalte Uebergltßungen und Abreibungen u.
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