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Dresdner Journal : 05.08.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-08-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188208056
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18820805
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18820805
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1882
- Monat1882-08
- Tag1882-08-05
- Monat1882-08
- Jahr1882
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- Dresdner Journal : 05.08.1882
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W180 Sonnabend, den 5. August. 1882. Ldo»i>emeot»pr»lir liLrtteb: . . . . l» ^jNkrUcd: 4 zl»rll LV kk. t^ummsro: I0kk Ne, ä«ut»ok«ll ksicUs» tritt?o»t- uvü 8t»mp«t»uicbt»^ Iu»er»teoprvts«: «l« 8»um «io«r ^e«p»Iteusn ?stitrsils 20 kk. v»t»r „Lio^«,»nät" äi« 2«ila bv 85 I«» uo<i 2iN8rQ»»tr bk) H Lriebvloeo r mit ^u»v»i>m« äsr 8ono- uoä keiertLK» XdvuU» Kr äso kol^soäeu DresdnerInurnal. lo«er»teu»lln»tim« »u8«Lrt»r t«!prts - H- Branstetter, OomminsioaLr äs» Dr««iusr ^ouru»!»; ll^wdarz LsrUn - Visa - I-<ip»izL»»«lvr«»I»arr»L^turt ». N.: 5aa»enÄein <0 ^OAier, L«rUQ-Vi,ll S»u>d»r^- kr»z - l.«jp»t^ - kr»i>tturt ». N. - Nünek»»: ii/Ee,» /nra/irierittan^, Srsmou: Lc/Nott«, vr»,I»u: D LtanAen's Itureau (D»nii L'a^at/t)rr<u»Ilkurt » U ; D. ^ae^er'eetis UuckUknclluvA; vvrlit»: tr. ^1n//er,' S»m»ovr: 6. §e/tü«»i«r, ?»rt» L«rUa-kr»»Lturr » N.- Stutll»rt: Daute et 6o., ULmdm^: Lteiner. Verantwortliche Redaction: Oberredactenr Rudolf Günther in Dresden. llvr»u»xvd«rr Lvui«I. Lrpeüitioa 6e» vrs,üoer ^ouruiN», Orssdvu, 2vioj;«r»tr»»»s Ho. 20. Nichtamtlicher Theil. Telegraphische Nachrichte». r^, Paris, Freitag, 4 August, Mittag». (Privat-Lei. d. DreSdn. Journ.) Da» Portefeuille de» Lutwärtigeu, welche» von den Botschaftern in Berlin und Konstantinopel, Baron Courcel und Herzog de NoailleS, abgelehnt worden ist, wurde dem Gesandten in Brüff l, Godard-Deerai», ange boren. Die Krist» dürfte sich bi» nächste Woche verlängern. (Bgl. unsere Pariser Eorrespondenz unter »TageSgeschichte-.) London, Donnerstag, 3. August, AbeudS. (W. T B.) In der heutigen Sitzung deS Unter hauses theilte Genrralpostmeister Fawcett dem Hause mit, im October d. I. würden Postkarten mit bezahlter Rückantwort zur Ausgabe gelangen, die im Verkehr mit den meisten Ländern deS Welt postvereins gebraucht werden könnten. Unterstaat-secretär Dilke antwortete im weitern Verlaufe der Sitzung auf eine Anfrage O'Donnell'», rin formeller Vorschlag wegen Zulassung Spanien» zur Lonferenz sei nicht gemacht worden; e» hätten aber vertrauliche Besprechungen darüber stattgesunden. — O'Donnell fragt «eiter, ob e» wahr sei, daß Deutschland Spanien zur Theilnahme an dem inter» nationalen Protektorat über den Suezcanal eingeladen und daß Spanien den bezüglichen Vorschlag angenom men habe. — Dilke erwidert, diese Nachricht sei voll ständig unbegründet. — Der Premier Gladstone er klärt aus eine Anfrage Lowther'», er habe die In» betrachtnahme der Amendement» de» Oberhause» zur PachtrückstandSbill bi» nächsten Dienstag verschoben, weil die Regierung einigen von diesen Amendement», au» denen ernste Folgen entstehen könnten, die größte Wichtigkeit beilege und weil e» nicht er- wünicht sei, daß do» Hau» übereilt inhaltsschwere Beschlüste faste. London, Freitag, 4. August. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Gin Telegramm deS Admirals Hewitt bestätigt, daß Suez am Mittwoch widerstandslos von den englischen Truppen besetzt worden ist. Die ägyptischen Truppen flohen. (Vgl. die Rubrik, Zur ägyptischen Frage-.) Die „Daily NewS" vernehmen, falls daS OberhanS di» Entscheidung de» Unterhauses be treffs der Amendement» de» Marqui» v. Sali»- bury zu der Pachtrückstaud»bill nicht aanrhme, »erde die Session sofort geschloffen werden und die neue Session bereit» am 1v. August beginnen. (Bgl. die»TageSgeschichte-.) Au» Alexandrien find hier Nachrichten ein- gegangen, denen zufolge Arabi Bey ein Manifest erlassen hat, in welchem er die englische Flotte beschuldigt, au» Rache darüber, daß dir Fort» Widerstand geleistet, da» arabische Viertel in Alexandrien beschossen zu haben. Der Khedive habe den englischen Truppen die Thore geöffnet; wegen dieser Berrätherei habe der Sultan ihn abgesetzt. Der Sultan werde jetzt Truppen sev- den, um den Feind zu vertreiben. Arabi werde zu geeigneter Zeit in Alexandrien einmarschiren nnd gemeinsam mit den Muselmanen au» Stam- bul nicht allein die Ungläubigen, sondern auch die eingeborenen Lavde»verräther züchtigen. Konstantinopel, Donnerstag, 3. August. Feuilleton. Redigier von Otto Bauet. Mr. Timsen der Speculant. Roman von Lonrad Fifcher-Sallstein. (Fortsetzung.) .Ich bin etwa» unruhig, Franz, Mr. Timsen scheint doch tief verstimmt zu sein; er ist verreist, und weißt Du wo er hinging? Er will sich da» Majorat Leuteritz ansehen. Ich gab ihm die nöthigen Infor mationen mit — er bat mich darum und versprach mir, in zwei Tagen wieder zurück zu sein* »Um so besser, werde ich ihn »wer Tage lang nicht zu sehen brauchen; wollte Gott, er ginge für immer. - »Aber Franz,- erwiderte Frau v. Leuteritz im Tone de» Vorwurf», »kannst Du ihm denn diesen kleinen Verstoß gegen Dein Zartgefühl nicht ver- zeihen?- »In zwei Tagen hoffe ich, e» ihm vergessen zu Haben- Frau v. Leuteritz schien damit beruhigt, nahm ihren Sohn mit mütterlicher Zärtlichkeit am Arm und bat ihn, mit ihr hinein in» Zimmer zu kom- men. da «in Besuch da sei, welcher ihn zu sprechen wünsche. Achte» Lapitel. E» ist ein wunderschöner Junimorgen. Eine weiche Lust streicht sanft durch da» zarte Grün, wie der Athem eine» träumenden Kinde». (Tel. der »Agence Hava»-.) Drei Transportschiffe mit Artilleriemunition gingen heute Abend nach Alexandrien ab. Unterwegs nehmen dieselben Truppen auf. In der gestrigen Sitzung der Conferevz be stätigte Said Pascha schriftlich die Erklärung der Pforte vom 38 vor. MtS., in welcher dieselbe die Intervention in Aegypten acceptirt. Der russische Vertreter, Onu, wie» darauf hin, e» erscheine billig, daß die Türkei zuerst versuche, die Oidnung in Aegypten wiederherzustellen, und erst, wenn die» nicht gelinge, die anderen Mochte hierzu schreiten. — Lord Duss er in erklärte, England wünsche die türkische Action unter der Bedingung, daß zuvor die Proklamation gegen Arabi Bey erlassen werde. — Said Pascha entgegnete, diese Proklamation sei jetzt unmöglich. Sobald die türkische Fahne auf ägyptischem Boden wehe, w-rde die Haltung Arabi Beys über die weiter zu ergreifenden Maßregeln entscheiden. — Bei den Verhandlungen über den italienischen Vorschlag wegen de» LollectivschutzeS de» Suezcanal» erklärte Lord Dufferin, keine Instructionen zu besitzen. — Der französische Botschafter, Herzog de Noaille», erklärte, er könne angesichts der französischen Minister krisis nur seine persönliche Meinung aussprechen. — Schließlich theilte Lord Dufferin die von ihm unterm 30. Juli an die Pforte gerichtete Note und die Ant wort der Pforte mit. Dem Vernehmen nach beabsichtigt der Sultan, auch eine Civilmisfion nach Aegypten zu entsen den. Der Premierminister gab gestern der Hoff nung Ausdruck, daß die Differenzen mit England beigelegt werden würden. Alexandrien, Donnerstag, 3. August. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Die englischen Truppen besetzten gestern daS Kort Mex. Eine Abtheilung Artil lerie wurde heute früh mit Marinetruppen gegen Mihalla vorgeschickt. Man fand die Eisenbahn auf einer Strecke von 200 m durch die Truppen Arabi'S zerstört. Man bemerkte Cavallerie Arabi Bey'S und etwa 200 Mann Infanterie vorrückrnd. Doch fanden keine Zusammenstöße Statt. Heute wurde eine größere RecognoScirung vorgenommen. DaS 38. und 60. Regiment rückten mit Artillerie- abtheilungen in 2 Colonneu gegen die Hauptvor- postenstellungen Arabi BeyS vor. Dieselben waren fast verlassen. Der Feind zeigte sich nicht. Nach kurzem Gewehrfeuer kehrten die englischen Truppen ohne Verluste nach Ramleh zurück. Dresden, 4. August. Nach außen hin hat die panslawistische Agi tation bis jetzt wenig Erfolge aufzuweisen; insbeson dere darf man nach dem Verlaufe deS RuthenenprocesseS mit Genugthuung da» Mißlingen der panslawistischen Agitation in Galizien constatiren; allein wenn auch die Versuche der Ruhestörer dort an der Widerstands kraft des polnischen Elements scheiterten, so äußert sich der panslawistische Fanatismus um so heftiger innerhalb deS Territoriums des russischen Reichs, wo er, wie wir früher bereits wiederholt betonten, vor zugsweise die deutsch-russische Bevölkerung ver dächtigt und mit leidenschaftlichen Angriffen verfolgt. Die Haltung der panslawistischen Presse den russischen Staatsangehörigen deutscher Abstammung gegenüber verdient fortdauernd eine aufmerksame Beobachtung und wir erwähnen heute als Beispiel der wachsenden deutsch feindlichen Stimmung einen, in dem verbreitetsten Blatte der russischen Hauptstadt, der »St. Petersburger Gaseta-, unter dem vielverheißenden Titel: »Der Sreg der Deutschen in den baltischen Provinzen- er- Dort unter den Eschen streitet ein Buchfink mit einem Blutfink um ein Nest, dann versöhnen sie sich und singen die Lieder von der diebischen Elster, von dem Wiesel und der Eule, die die Eier rauben, biS auf einmal eine Elster durchs Geäst streicht und sie sich flüchten. Dem seligen Gesang der Nachtigall höhnt ein Kuckuck nach. Bei den Fröschen im Sumpfe singt »ine Kiöte Solo, so daß die Drossel ihr Lied abbricht und schweigt. Verliebt girren die Turteltauben auf den Arsten der Ulmen, bi» ein Specht sein Zimmern beginnt und sie davonhuschen. Der Zaunkönig trinkt den Tau von dem gelben Teppich m den Kelchen der Margarethenblumen und neidisch summt ihm die Biene nach, denn da» Süße, da» gehört ihr. Betrunken taumelt der Segelfalter au» den wilden Rosen auf, um in dem Kelche einer Kuckucksblume auszuschlafen. Die Blumen scheinen sich zuzuflüstern, und der Kohlweißling, der Bläuling und die Biene tragen emsig den Blüthenstaub, die süßen Pfänder ihrer Freundschaft, ihrer Liebe von einem Blumenkelch zum andern. Dar ist ein verliebte» Singen und Sagen, ein verzückte» Geben und Nehmen, ein wollüstige» Sich- regen und Weben, in der liebctrunkenen, sich verjün genden Natur. Dort, wo der Habicht herausfordernd über deu Wipfel einer Eiche streicht, am Bache, wo die Krähe mit heiserem Geschrei — Vergißmeinnicht umtritt und mit dem schwarzen Schnabel Schlüsselblumen zer- blättert, um dann im Wasser de» Bache» nach einem am Liebe»weh verstorbenen Frosch zu schnappen — schienenen Artikel, der wohl kaum eine» CommentarS bedarf. »Wo leben wir?- beginnt der Autor. ,Wo leben wir: in Rußland oder in Deutschland? Haben nicht die Deutschen etwa gar die baltischen Provinzen er obert, ohne daß wir e» wissen? Wenigstens spricht Alle- dafür, daß, wenn dort russische Macht noch vor handen ist, sie jedenfalls in Unthätigkeit verharrt! Haben doch die baltischen Deutschen russische Offiziere geprügelt und — außer einem endlosen Proceß — ist dabei weiter nichts herausgekommen; haben sie doch auch politische Processe inscenirt und als Aufrührer solche Personen vor Gericht gestellt, die zu Rußland hielten; haben sie doch endlich russischen Glauben und russische Sprache versolgt und Alles da- — straflos! Hierdurch ermuthigt, haben sie ihren Heldenthaten da mit die Krone aufgesetzt, daß sie das Gericht-gebäude in Wenden demolirten, wo 10 Studenten am 11. Juni, nach mannichfachen Skandalen, die Fenster deS Gericht-, gebäude« einwarfen und 2 Barone da- Reichswappen abrissen und angesichts der Polizei, die unthätig dem Treiben de- lärmenden Haufens zusah, auf die Straße warfen. Wa» ist das? In ihrer dreisten Selbstver blendung und in den Vertrauensseligkeiten, daß sie Herren in Rußland sind, werden die Deutschen noch unsere Fahnen antasten, die in ihren Augen wohl nichts weiter sind, als ein Lappen, wie da- russische Reich-woppen — ein Stück Holz! Deutsche Frechheit und Dreistigkeit kennen ja keine Grenzen. Fürst Bis marck beleidigt unsre nationale Würde; schadenfroh und höhnisch begrüßt die deutsche Presse den Tod Skobelew'r, und dir baltischen Verehrer deS deutschen Reichskanzlers beleidigen russische Osfiziere und tasten gar das ReichSwappen an. Und die Polizei sah dem ruhig zu, und nicht ein einziger Mann fand sich, der die tobende Menge zu zügeln gesucht hat und eventuell auf dem Platze liegen geblieben wäre bei der Verthei- digung deS Emblems deS russischen StaateS. Aber vielleicht hält man uns entgegen, daß diese Ritter deutscher Intelligenz betrunken gewesen sind? Nun, wie kommt's denn, daß die Obrigkeit solche Sitten sich einbürgern läßt, wie epidemische Trunksucht? Jurjew ist eine russische Stadt, und den deutschen UniversitätS- zuständen daselbst muß ein Ende gemacht werden. Ueberhaupt wäre eS Zeit, mit den albernen Traditionen mittelalterlichen StudentenlcbenS zu brechen. Leute, die den CursuS mittlerer Lehranstalten beendet haben und eine höhere Bildung erhalten wollen, müßten ein gutes Beispiel geben und die Rechte Anderer achten, nicht aber toben; sie müssen eingedenk sein, daß in solchem Alter Beamten schon wichtige Aufträge zu Theil und Offiziere mit CommandoS betraut werden. Wir verlangen von der Jugend kein Klosterleben; aber auch daS Vergnügen hat seine Grenzen, über die man nicht hinaus gehen darf. WaS bezweckt denn der Ein fluß der Kameraden und Informatoren, wenn nicht Zügelung und Zähmung? „In vino vsritas" heißt eS ja, und so verdient daS skandalöse Betragen der Dor- pater Studenten nur als ein neuer Beweis für die feindliche Gesinnung deS deutschen Elements in den baltischen Provinzen uns gegenüber: eS harmonirt mit den fortwährend zu Tage tretenden feudalen Be strebungen der Ostseedeutfchen; eS spricht dafür, daß auch die junge Generation ihre Blicke auf Berlin richtet, und daß ihr alles Russische veiächtlich ist. Ist eS nicht Zeit, dem endlich ein Ziel zu setzen und Maß regeln zu ergreifen zur Befreiung der unterdrückten Let ten und Esthen? Jst'S nicht Zeit, der Dorpat'schen Uni versität eine gleiche Organisation zu geben, wie den übrigen russischen Universitäten, oder aber sie in eine rein russische Stadt überzuführen? Gleichzeitig ist's nothwendig, die Polizei zu reorganisiren und ihr eine vom baltischen Adel unabhängige Stellung zu geben. ES steht außer Zweifel, daß jede Reorganisation in gehen drei Herren in blitzenden Uniformen, der vierte im schwarzen Lostume deS Raben gedankenvoll hintennach. Die Krähen scheinen sie zu kennen; sie schreien auf, als sie sie sehen, al» wollten sie ihre Namen in die Landschaft Hineinrufen, und der Habicht oben in der Luft sagt sich, da» wären welche von seinen Leuten. »Lieutenant Stamm, Oberlieutenant Krosewitz, Lieu tenant Muralt und Franz v. Leuteritz- rufen die Raben in die Landschaft hinein. Der Bataillonsarzt hatte sich nicht zu rechter Zeit eingefunden und der ungeduldige Krosewitz hatte keine Geduld zum Warten. Muralt trägt einen kleinen, hübsch polirten Kasten, welcher nach Pulver und Blei riecht, und er trügt ihn so stolz, wie ein Kind eine Blume. Die Raben hocken um ihn herum, fliegen ihm mit klatschendem Flügelschlage nach, bi» zu den Trauer, weiden am Bache, deren herabhängende Zweige etwa» mit der Fluth zu plaudern haben und bewundern ihn und seinen Kasten. Betrübt und still, al» schmerze ihn da» lachende Geplauder der Kameraden, ging ihnen Franz v Leu teritz dem Bache entlang nach. Die Raben mustern sein bleiches Gesicht und meinen, der sei e», welcher gehängt wird — im schwarzen Kasten ist die Schnur. Muralt blieb nun keuchend stehen und ließ den Kosten in» Gra» fallen. »Meine Herren, hier wären wir am Platze. - Al» ob der junge Offizier einen Witz gemacht hätte, der zum Krankschießen sei, lachte Oberlieutenant Krosewitz und ließ sich neben dem Kasten in» Gra» nieder. den Ostseeprovinzen auf starten Widerstand feiten der mit den einflußreichen Sphären eng liirtrn Barone und feiten Deutschland» stoßen wird — welchem die gegenwärtige Organisation diese» Gebiete» gerade paßt, weil sie zur Verdeutschung de» seit undenkbaren Zeiten russischen LandeStheilS und zur Abschwächung de» Ein flüsse» der Regierung führt — denn die Interessen der indigenen, Rußland ergebenen Bevölkerung werden dort der kleinen Anzahl deutscher Colonisten (der Ab kömmlinge deutscher Ritter) zum Opfer gebracht. Diese schändliche Wirthschast wird, genau genommen, dadurch hecvorgerusen, daß wir nicht aushören, der Politik deS Berliner TractatS zu folgen, indem wir uns fürchten, dei Unzufriedenheit des mächtigen kaiserlichen Kanzler» zu erregen, gerade, als ob Rußland eine Reihe von Niederlagen erlitten hätte und ihm die Rettung ver- dankt. . . . Diese freiwillige Demüthigung schafft aber aus der einen Seite Unzusriedenheit und Muthlosig- keit im Volk und erweckt andererseits räuberische Jn- stincte und erhöht die Frechheit und den Eigendünkel der Deutschen, welche behaupten, Rußland stehe so sehr unterm Einfluß BiSmarck'S, daß die Entlassung Jgna- tiew'S auf seine Vorstelluug hm erfolgt seil Unserer nlchtrussischen Diplomatie ist da» natürlich einerlei, Rußland hat aber außer den Diplomaten auch noch sein Volk; dieses Volk ist sich seiner Macht bewußt und will, daß seine nationale Ehre, sür die »S in Zeiten der Noth und schwerer Prüfungen energisch eingetreten ist, die schuldige Achtung gezollt w«rd.- Jn gleich heftiger Weise richtet sich der Zorn der panslawistischen Presse gegen Oesterreich-Ungarn und gegen die Gerichtsbehörden, welche gegen die angekiag- ten Ruthenen die Untersuchung führten; insbesondere ist eS die »Neue Zeit-, welche in dieser Beziehung Großes leistet. Einstweilen haben diese Kundgebungen für unS noch keine weitere Bedeutung als diejenige anderer Stimmungsartikel. Man darf zur Stunde auch noch hoffen, daß in der Angelegenheit der Verfassung-^ reform der Ostseeprovinzen die Stimme der Mäßigung bei der russischen Regierung Gehör finde« wird, wenn man auch nicht ohne ernste Besorgniß da- zunehmend leidenschaftlichere Auftreten der panslawistischen Be wegung, die sich zwischen das deutsch-russische Bünd- niß zu stellen droht, zu erwähnen Veranlassung hat. TageSgeschichte. * Berlin, 3. August. Se. Majestät der Kaiser begrüßte heute auf der Promenade in Gastein den daselbst eingetroffenen Feldmarschall Grafen v. Moltke. — Bei Besprechung der LandeSverrathSangelegen- heit de- ObersteuermannS Meiling sind in man chen Zeitungen ganz unglaubliche Summen genannt worden, welche Meiling für seinen Verrath erhal ten haben soll, so z. B. die Summe von 450 OM Rubeln. ES scheint angezeigt, bemerkt die »N. Pr. Ztg.-, aus die Ungereimtheit derartiger Angaben noch einmal Hinzuwelsen, und zwar schon auS dem Grunde, weil die Nennung solcher Summen zur Folge haben könnte, daß daS in Frage stehende schwere Verbrechen einen gewissen verführerischen Reiz erhält und sich Menschen finden könnten, welche um eine- solchen Preise- willen geneigt wären, denselben Weg zu be schreiten. WaS die Sache selbst anlangt, so ist eS ohne Weitere» ersichtlich, daß keine Regierung eine Summe von 1H Millionen Mark einem Manne wie Meiling, der dem Unterosfizierstande angehört, für Nachrichten bezahlen wird, die derselbe nicht einmal beurtheilen kann, ja die nicht einmal in seinen Hän den sein können, da derselbe ja nur al» Ucberfetzer russischer hydrographischer Nachrichten und bei der Be arbeitung der letzteren im hydrographischen Amte, also nicht einmal im Hause der Admiralität angestellt war. Wer wird überhaupt einen Verräthe: so hoch »Muralt, Sie sind ein Kenner. Giebt e» einen idyllischern Platz zum Halsbrechen, al» diesen hier?- Zu dieser geistreichen Diction des Oberlieutenants, klatschten die Raben mit den Flügeln den Beifall. Und in der That, der Ort war zum Todtschießen wie geschaffen, weise Rosen an den dornigen Hecken, im Grafe Vergißmeinnicht, dazu die frisch gewetzten Schnäbel der Krähen. »Wie gefällt Ihnen der Ort, Leuteritz?- rief Krose witz diesem zu. »Gut!- gab dieser zurück, ohne sich im Kreise um zusehen. »Meine Herren,- begann nun Lieutenant Stamm, »e» ist meine Pflicht, Sie noch in der letzten Minute auszufordern, vom Zweikampfe abzulassen und sich zu versöhnen. In Anbetracht de» blühenden Lenze», de» Grase» — der Vögel —-. »In Anbetracht de» Frühling», meine Herren, wo Rosen blühen und die Sonne wärmer scheint, bitte ich Sie, die vierjährige, versalzene Suppe auszuschütten. - Muralt begann laut zu lachen und war geneigt, seinen Kameraden Stamm für einen entlaufenen Dorf- schulmeister zu halten, indessen ihn Krosewitz mit un geheurer Rührung bat, doch nicht predigen zu wollen. Franz befand sich eigentlich gar nicht bei der Sache, seine Gedanken weilten wo ganz ander», auch blickte er mit einer solchen Sehnsucht zu den Raben auf, al» erwarte er von ihren Schnäbeln sein Heil. Erst dann, al» dir Kameraden die Distance abgemessen und Stamm ihm die Pistole in die Hand gedrückt hatte, blickte er zu seinem Gegner hinüber, al» wollte er ihn fragen — wirst Du Glück bringen und eine sichere Kugel führen?
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