Suche löschen...
Dresdner Journal : 10.01.1887
- Erscheinungsdatum
- 1887-01-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188701105
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18870110
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18870110
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1887
- Monat1887-01
- Tag1887-01-10
- Monat1887-01
- Jahr1887
- Titel
- Dresdner Journal : 10.01.1887
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
1887. Montag, den 10. Januar, abends. O6 I, Hm»«» L«t«L«: iLllrliol»! .... 18 Xl»rlc )ü.l»rlicv: 4 K»rk bO Ikuwwsru: lO kk. L»«—rv«Idä«, ä»ut»et»eo keivlis« tritt ko»t- ru>ä 8t«ll,p»lru»ettI»A tdioru. LwLünälxvnxsxedükreil« kür ä«a 8»um s>L«r sss^mlteoeo 2«ils Usivsr Setirikt 20 ?k. Oor-r ,.Lir>^s-»nät" äi» 2sils bO kk. 8« 1»k«I1«o- a. 2iLsrL»»t» sotspr. Aak»ctil»z. * Lrvvkvtil«» r l^liei» mit Aunuüuiio ä«r 8oao- ru»<1 kei«rt»A« »dsoä». DreMlerIounml. Lvo»llwe iva Lu^vllätUvilss»» »uireRrt«» l^txilU: F> 8ran<i«trtt«^, OowwimiooLr äo Vrs«iosr lourii»!«; LTwdarH - >«rU» Vt«a - l^1x»lH L«»,I->5««1»»-7i-mic5»r« ». U: DaaisnKt«,» -t ^OAi«-, L«rl1»- Vt«»-L»wd«rE- ?r»» - l.«tp»>H - kriukkarl *. N. Hüo«L«». Ä»t4. L/o««, ?»ri, l-oockv» - >»rlt» - rr<u»Ktart » N - : Daud« <-<7o.,' L«rUs: /uvai»-ien<iant, Srim«»: L LcXtott«, >r««I»». D. Stan-rn « Durrau ^Lm»t ^adatH-, Svrllt«: Mütter » ^acd/olA«r,' S«»»or«r: (7. §«»i««t»i', u»u« ». ».: /. Larct <t 6o. ^ür die Gesamtleitung verantwortlich: Mtto ^anck, Professor der titteratur- und Rnnstgeschichte. 8er»i»x«d»r r Kvvisl. krpeäitioa 6e» Nrs,仫r Drosselt, L^io^oritra»»« Ho 20. Amtlicher Teil. Dresden, 10. Januar. Se. Königl. Hoheit der Prinz Georg Herzog zu Sachsen, und Ihre Königl. Hoheit die Prinzessin Mathilde sind gestern Abend 9 Uhr nach Wien gereist. Dresden, 30. Dezember. Se. Majestät der König haben dem Kirchschullehrer emer. Karl Wilhelm Schreiter aus Lauterbach, der Zeit in Loschwitz, das Albrechtskreuz Allergnädigst zu verleihen geruht. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß der Kaufmann Carl Schuster in Dresden das ihm von Sr Hoheit dem Herzoge von Sachsen-Altenburg verliehene Prädikat als Hof lieferant annehme und führe. Bekanntmachung, eine Anleihe der Stadt Leipzig betreffend. Die Ministerien des Innern und der Finanzen haben zu der von dem Stadtrathe zu Leipzig unter Zustimmung der dortigen Stadtverordneten beschlossenen Ausgabe von Schuldscheinen, welche auf den Inhaber lauten und feiten des letzteren unkündbar sind, zum Zwecke der Aufnahme einer, mit Drei und ein halb vom Hundert jährlich zu verzinsenden städtischen Anleihe von zunächst sechszehn Millionen Mark, wovon jedoch ein beträchtlicher Theil zur Tilgung, beziehentlich Konvertirung älterer, in gleicher Weise bewerkstelligter Anleihen verwendet werden soll, nach Maßgabe des vorgelegten Anleihe- und beziehentlich Tilgungsplanes die nach 8 1040 des Bürgerlichen Gesetzbuches erforderliche Genehmigung ertheilt, was andurch zur öffentlichen Kenntniß gebracht wird. Dresden, am 4. Januar 1887. Tie Ministerien des Innern und der Finanzen. von Rostitz Wallwitz. von Könnerih. Münckner. Nichtamtlicher Leit. Geographische Wachrichterr. Leipzig, kV. Januar. (Privat-Tel. d. Dresdn. Journ^ Se. Königl. Hoheit der Prinz Friedrich August traf mit dem Hauptmann v. Wagener heute vormittags hier rin. besichtigte unter Führung deS BörsenvorstandeS dir sämtlichen Räume de» neuen BörsevgebäudrS und nahm im Börsenrestaurant ein Frühstück ein. Um 12 Uhr reiste der Prinz »eiter nach Altenburg. EiSleben, S. Januar. (W. T. B.) Eine öffentliche Versammlung von Wählern aller Par teien der beiden ManSfelder Kreise beschloß nach Ansprachen der Abgeordneten Leuchber und Arendt den Reichstag um sofortige, unveränderte Annahme der Militärvorlage zu ersuchen. (Nach Schluß der Redaktion eingegangene Telegramme s. S 32.) Dresden, 10. Januar. Chinas Schlaf und sein Erwachen. Der durch seine staatsmännische Begabung in Europa zu so großem Ansehen gelangte frühere chine sische Botschafter in Berlin und London, Marquis Tseng, legte, als er auf der Heimreise begriffen, auf dem Meere schwamm, sein Urteil über Chinas Be ziehungen zu Europa in einer Denkschrift nieder, welche über Chinas Gegenwart und Zukunft sich ausspricht. Da Marquis Tseng als eines der Mitglieder des Tsung-li-Uamen einen größeren Einfluß auf die aus ¬ wärtige Politik erlangte, besitzt diese in der „Asiatic Quaterly Review" veröffentlichte Denkschrift ein be sonderes Interesse. Wir geben ihren wesentlichen In halt wieder. „Es giebt Zeiten im Leben der Nationen, führt Marquis Tseng aus, in welchen ihre Lebenskraft ab nimmt und ihre Thätigkeit sich verlangsamt: Unter solchem Rückgang schien vor kurzem China zu leiden. Indem man auf seine versandeten Kanäle, seine Bruch stücke vergessener Künste, fermr auf die Ungleichheit zwischen seiner anscheinenden Schwäche und der Er innerung an seine einstige Größe hinwies, glaubte man, daß die Lust des 19. Jahrhunderts für feine alten Lungen zu kräftig sei. Ein hervorragender Diplomat (Sir Thomas Wade) schrieb über China im Jahre 1849 folgendes: „«Trotz anscheinender Sicherheit gegen auswärtige Eingriffe und innere Ausstände darf man doch sagen, daß das Reich langsam seinem Ver fall entgcgengcht."" „Das war die Ansicht eines Schriftstellers, dessen Kenntnis Chinas und der chinesischen Litteratur viel leicht beispiellos dasteht; und er stand mit dieser Meinung nicht allein. Aber die Ereignisse haben diese Meinung Lügen gestraft. China schlief; es starb nicht. Vielleicht hatte es seinen Weg verfehlt oder nicht eingesehen, daß die alten liebgewonnenen Pfade nicht zum Ziele führten. Vielleicht auch glaubte es, genug geleistet zu haben, und verfiel bei der Betrach tung feiner einstigen Größe — eine sehr gefährliche Betrachtung — in Schlaf. Das war kein Wunder, führt der Marquis weiter aus, denn die auswärtigen Botschafter fpendeten der chinesischen Regierung Weih rauch und alles stimmte zusammen, um die Vernach lässigung des früher Bestandenen zu erleichtern. Marquis Tseng schildert die in der Periode von 1842 bis 1860 eingetretene Ohnmacht Chinas; eine Zeit, in welcher japanische Freibeuter den chinesischen Handel gefährdeten, auswärtige, weiße Händler Un ruhen erregten, in der China durch den Vertrag von Nanking (1842) dem Ausland vier neue Thore neben Kanton öffnen mußte, Amoy, Futscheu, Ning-Po und Shanghai. Im Jahre 1d60 wurde China von den Franzofen verheert und der unbegreifliche Schätze be herbergende kaiserliche Sommerpalast in Peking wurde, während die Russen von Kulischa aus in das Reich eindrangen, ausgeplündert und in Brand gesteckt. Diese Zeit war der Schlaf Chinas. Nunmehr be gann fein Erwachen. „Wie wird das enden? Wird nicht das Erwachen von 300 Millionen ihrer Stärke sich bewußter Menschen für die Dauer den freundlichen Beziehungen mit dem Westen gefährlich sein? Wird nicht die Erinnerung der Niederlagen sie angriffslustig machen? Niemals. Die Chinesen waren nie eine an greifende Raffe. In der Geschichte treten sie stets als ein friedliches Volk auf, und so wird es auch in Zukunft sein. China besitzt nicht den Landhunger anderer Nationen, die Gier nach Land, das sie nicht benutzen können. Und China hat außerdem kein Be dürfnis, einen Ausfluß für seinen Bevölkerungsüber fluß zu suchen. Große Scharen von Chinesen mußten zu verschiedenen Zeiten ihr Land verlassen und ihr Glück in Cuba, Peru, den Vereinigten Staaten und den britischen Kolonien suchen; aber das war nur die Folge der Armut durch die Taiping- und mohame- danischen Aufstände. In Chinas weitem Gebiet ist hinlänglich Raum für seine aussprossende Bevölkerung. China bedarf nicht der Auswanderung, sondern der bessern Ordnung zur Verteilung seiner Bevölkerung. In China selbst, besonders in den Sitzen des Taiping- aufstandes liegt eine Menge Landes unbebaut dar nieder, während in der Mandschurei, Mongolien und dem chinesischen Turkestan unendliche Strecken bestehen, die niemals die Hand des Pflügers gefühlt." „Der Anbau dieser Striche ist nicht allein auS volkswirtschaftlichen, sondern auch aus militärischen Gründen unumgänglich notwendig. Daher hat die Kaiser!. Regierung jüngst eine zentrifugale Bewegung der dichtest bevölkerteu Landstriche eingeleitet. Daneben werden Fabriken, Minen und Eisenbahnen eingerichtet werden. Die Zahl der dadurch beschäftigten Hände kann nur ermessen werden, wenn wir uns erinnern, daß sie bis jetzt nichts zum Fortschritt des Landes beitrugen. Diese Betrachtung wird die Gleichgiltigkeit erklären, mit welcher die chinesische Regierung zu ver schiedenen Zeiten die Anerbietungen auswärtiger Mächte behufs Beförderung der Auswanderung und Lieferung von Arbeitskräften entgegennahm. Außerdem hat die grausame Behandlung, welche chinesische Unterthanen erlitten haben und in verschiedenen Ländern noch er leiden, die Kaiser!. Regierung unwillig gemacht, das Volk zur Auswanderung in Gebiete zu ermutigen, wo die Gesetzgebung für dasselbe nur eine Geißel ist und wo Gerechtigkeit und internationale Höflichkeit für Jeden, Freien und Unfreien, besteht, nur nicht für die Chinesen. In jenen Ländern sollte man sonst nach der Ausübung der Gerechtigkeit annehmen, das tausendjährige Reich des Glückes sei gekommen; denn es handelt sich nicht mehr um Auge um Auge, Zahn um Zahn, ausgenom men, wenn der unglückliche Verbrecher zur Rasse mit dem Mandelauge gehört" Marquis Tseng führt, nachdem er nochmals die Fried fertigkeit Chinas betont, weiter aus, wie die chinesische Di plomatie alles auswenden müsse, um den Chinesen cm Aus land den gebührenden Schutz zu sichern. Er weist sodann darauf hin, wie zur Zeit des jüngsten chinesisch-fran zösischen Krieges, wo China Frankreich verlachte, die Zurückgabe der besetzten Landstriche verlangte und Frieden in der Stunde des Siegs geschlossen habe, China nicht übermütig geworden sei: „Jawohl über mütig vor gerechtem Stolze. Aber änderte das sein versöhnliches Verhalten gegen äußere Mächte? Nein. Niemals seit seinem Verkehr mit dem Westen waren seine Beziehungen zu den Vertragsmächten und be sonders zu England so aufrichtig freundlich. Niemals wurden die europäischen Forderungen mit mehr Rücksicht ausgenommen und mit redlicherem Wunsche nach einem Vergleiche untersucht. China wird die Politik der Mäßi gung und Versöhnlichkeit, welche zu diesem glücklichen Ergebnisse führte, fortsetzen. Das Andenken an seine Schicksalsschläge wird es nicht zum Abgehen davon verleiten; denn es gehört nicht zu den Mächten, welche ihr Unglück nicht ohne Schmollen ertragen können. Welche Nation hat nicht ihr Cannä gehabt? Man denke an Sadowa, Lissa, Sedan. China hat das seinige gehabt, aber es glaubt nicht, daß der Flecken des Blutes sich nur mit Blut auswaschen lasse. Der Flecken der Niederlage liegt in der Schwäche und den Mißgriffen, welche jene herbeiführten. Sind die Miß griffe berichtigt uud ist die Unverwundbarkeit der Nation anerkannt, sv hat die Nation schon dadurch ihren Wappenschild wieder aufgeputzt und vergoldet." „China mag noch nicht eine völlig sichere Stellung erreicht haben, aber es ist nahe daran. Große An strengungen werden gemacht, um seine Küste zu ver teidigen und eine starke wirklich kräftige Flotte herzu stellen. Für China ist eine starke Flotte unentbehrlich. 1860 merkte es das zuerst und begann deren Schaffung. Man rief den Beistand Englands an und erlangte den Kern einer Flotte, welche unter der Lei tung des Admirals Sir S. Osborn China längst gegen jeden Angriff, mit Ausnahme des einer See macht ersten Ranges, gesichert hätte, wenn dieselbe nicht Dank den Umtrieben anderer aufgelöst worden wäre. Zweimal seit 1860 hat China das als ein National unglück zu bedauern gehabt, denn zweimal mußte es sich den Gebietsbesetzungen fügen, welchen die Ent wickelung jener Flotte vorgebeugt hätte." „China wird mit seinen Küstenverteidigungen und der Entwickelung seiner Land- und Seemacht sortfahren, ohne sich vorläufig um die Einführung von Eisen bahnen oder um andere Gegenstände innerer Volks wirtschaft zu kümmern. Unter anderen Zeitverhält nisfen wird auch das notwendig sein und China fühlt das, denn es wird nicht gleich der Türkei in den Fehler fallen, zu denken, daß, wenn es einige Schiffe erlangt und einige Soldaten zurechtgelenkt, es alles gethan habe, um seine Stellung in der Welt zu wah ren. Die Stärke liegt nicht in der Zahl der Soldaten, die es bewaffnen kann, sondern in den arbeitenden Millionen, in der wirtschaftlichen Stärke des Landes, welche es zum Krieg fähig macht. Die Soldaten sind nur die äußere Kruste, der Panzer einer Nation, während daS Volk das belebende Herz bildet. Die Türkei sah das nicht; aber es entging nicht dem indischen Fürsten, welcher auf die kleine britische Armee schaute und ausrief: „„Nicht die Soldaten vor mir fürchte ich, sondern das Volk dahinter, die Myriaden, die auf der andern Seite der schwarzen Wassers spinnen und weben."" „Es ist nicht die Aufgabe dieses Artikels, die Re formen in der inneren Verwaltung Chinas anzudeuten. Die Veränderungen in Chinas Hause selbst können erst dann erörtert werden, wenn es fühlt, daß die Bolzen und Stangen an feiner Thür zuverlässig sind. Anders ist es mit feiner äußern Politik. Die Stürme der politischen Welt kann eine Nation ebensowenig meistern wie die physikalischen Stürme am Horizont. Ereignisse sind zu behandeln, so wie sie auftreten und glücklich die Nation, die immer darauf vorbereitet ist. Die allgemeine Richtung der chinesischen äußeren Po litik liegt klar vor uns. Sie sucht die Beziehungen zu den Vertragsmächten auszudehnen und zu verbessern, die Lage der chinesischen Unterthanen in anderen Ländern zu heben, das Verhältnis der chinesischen Lehnsvölker auf eine weniger zweideutige Grundlaste zu setzen und die Verträge mit anderen Mächten in Übereinstimmung mit Chinas Stellung als einer großen asiatischen Macht zu bringen. Die Gewalt- thätigkeiten gegen chinesische Unterthanen in anderen Ländern waren ebenso schmachvoll für die Regierung, in deren Gebiet sie stattfanden, wie für die heimische Regierung, deren Gleichgiltigkeit andere dazu ermutigte. Jüngst ward ein Ausschuß ernannt, welcher darüber zu berichten hat, und hoffentlich ist das em Beweis, daß die chinesische Regierung ein großes Interesse daran hat, ihren außer Landes weilenden Unterthanen diejenige Behandlung zu verschaffen, welche nach den Landesgesetzen und denen der Menschlichkeit den bei gesitteten Völkern sich aufhaltenden Fremden gebührt." „Da die Regierungsmaßnahmen betreffs der LehnS- staaten, die bis zur Einführung der Dampfer und der Telegraphen ausreichten, bei verschiedenen Anlässen der letzten Zeit zu Mißverständnissen zwischen China und den auswärtigen Mächten und zum Verlust wichtiger Besitzungen geführt haben, fo hat sich China ent schlossen, behufs Wahrung dessen, was ihm übrig bleibt, eine wirksamere Aufsicht über die Handlungen seiner Lehnsfürsten auszuüben und eine größere Ver antwortlichkeit für sie, als bisher, zu übernehmen. Der Pfleger der Marken (tb? IVaräen ok tb« klLeobss) reist jetzt in Chinas Grenzprovinzen umher — in Korea, Tibet und dem chinesischen Turkestan. Hinfür wird jeder feindlichen Bemestung gegen diese Länder oder Einmischung in deren Angelegenheiten in Peking wie eine Erklärung aufgefaßt werden, daß die be treffende Macht ihre freundlichen Beziehungen mit der chinesischen Regierung nicht fortsetzen will." „Es ist leichter, eine Niederlage zu vergessen, als die daraus entspringenden Folgen; leichter, den Schlag, als das beständige Reiben des Sattelgurtes zu über sehen. China hat jene Wunde aus den Ereignissen von 1860 als längst geheilt vergessen, aber anders ist FeniUcton. K. Hostheater. — Neustadt. Am 9. Januar: „Olivier Cromwell" oder „Die Flucht Karl StuartS II. von England." Schauspiel in 4 Akten von Raupach. (Neu einftudiert. Hr Friedr. Haase, als Gast.) Der Schluß dieses Gastspiels zeichnete sich bei gefülltem Haufe durch eine gar warme Anteilnahme an den Künstler aus. Man unterschied sehr richtig das Interesse für die Darstellung von dem für den dramatischen Stoff. Dieser liegt ja allerdings ver altet hinter uns und gehört außerdem zu den schwäche ren Arbeiten Raupachs. In Tagen wie den unsrigen, welche es in letzter Frage auf gesetzlich gesicherte menschliche Gleichberechtigung abgesehen haben, ist die poetische Auffassung eines mit allen Mitteln kämpfen den politischen Parteifanatismus nur wenig zu gänglich. Den Raupachschen „Royalisten" steht noch außer dem entgegen, daß dieses Schauspiel der Teil einer Trilogie ist, bei welcher auf ein Zusammenwirken in der Dramatisierung wie im politischen Verlauf gerech net wird. Endlich hat der praktiscy fo bühnengeübte Dichter den Fehler begangen, den Haupthelden Crom well nicht historisch zu zeichnen, wenigstens nicht in seinem Empfinden und Denken. Denn dieser Protek tor, damals 48 Jahre alt, hatte nichts von den Ver zerrungen eines gewissenskranken Greises Er verband mit der vollendeten diplomatischen Berechnung und Heuchelei ihr seltene« Gegenstück: die ebenso vollendete mannhafte Kraft eines einheitlichen Charakters; er war keineswegs wie seine blutgierigen Quäker in Nüch ternheit betrunken und indem ihm deren biblische, ge- mißbrauchte Tendenzphrasen gerade so widerlich wie uns waren, benutzte er diese Menschen nur als Werk zeug und verschob das Grillenfangen noch auf 6 Jahre bis kurz vor seinem friedlichen Ende, das allerdings durch den Tod seiner royalistisch gesinnten Tochter, durch die gleiche Anschauung der Offiziere der Armee und durch die Weigerung des Adels, in sein neue- Oberhaus einzutreten, verdüstert wurde. War doch dieser Republikaner wie deren viele innerlich der ent schiedenste Royalist, denn er wollte — König von England werden. Es ist Raupach im vorliegenden Teil seiner Trilogie nicht gelungen, uns für seine wesentlichen Nebenpersonen zu erwärmen. Die meisten derselben geraten mit unseren menschlichen und christlichen Sym pathien in Konflikt. Unsere Tage sind friedlicher ge stimmt, aber sie sind doch wenn's not thut höher ge mutet. DaS was sie verlangen von jedem kampf fähigen Mann: Den Einsatz des Lebens auf dem Schlachtfelde fürs Vaterland und Treue im Amte bis zur Aufopferung eigener Jnteresfen ist der höchste und schönste Opfersatz für alle Zeiten. Hr. Haafe hielt sich mit Strenge an die Vor zeichnung des Verfassers, indem er die wirkungsvollen Scenen und die Mängel der Charakteristik in dieser Cromwellrolle in gleicher Weise treu zur Darstellung brachte. Gerade in dieser Aufgabe findet und benutzt der Künstler Gelegenheit für feine erstaunliche Be fähigung, die eigene Persönlichkeit, ja Individualität scheinbar gänzlich zu verwandeln. Nach dieser Seite hin trat seine Gestaltungskraft so erfreulich hervor, wie in den meisterhaften Betonungen der Rede. Es war eine lebens- und kraftvolle Leistung, die außer dem den Reiz hatte, eine gewisse historische Atmosphäre mitzubrinaen und um sich zu verbreiten. Der Künstler wurde von den hiesigen Schauspie lern wacker unterstützt und zwar am besten und wahr sten im Kolorit von Frl. Berg und Hrn. Walther als Lady und Lord Windham. O. B. In der Fremde. Novelle von tz. Keller-Jordan. (Fortsetzung.) Heute zum ersten male hatte sich ein kaum merk licher Mißton in die sonst so vollkommene Harmonie dieser Menschen geschlichen, heute zum ersten male hatte die volltönende Stimme Leontinens, als sie mit den Kindern im Schulzimmer beschäftigt war, einen beinahe dumpfen Klang gehabt und John Peters, desfen Gehör ja durch das mangelnde Augenlicht bis zur Virtuosität geschärft war, hatte sein Ohr verschiedene male an die Thür gelegt und das Gefühl gehabt, als sefiihre Seele bis zum Rande mit Thränen geschwellt. Als endlich die Schule geschlossen war und auch die lästige Abendmahlzeit, die ihm heute gar nicht schmecken wollte, beendet war, fand er wieder etwas Ruhe und lauschte pochenden Herzens dem Schritt, der heute gar nicht nahen wollte. Missis Peters hatte ihren Kopf auf die Hand gestützt und schien eifrig in einem Band Logik zu lesen, dem genauen Beobachter konnte eS aber nicht entgehen, daß sie das Blatt noch nicht ein einzige« Mal umgewandt hatte Endlich er ¬ hob sie den Kopf, nahm die Brille von der Nase und, indem sie dieselbe krampfhaft zwischen ihren Fingern drehte, sah sie wehmütig auf ihres Sohnes bleiche- Gesicht. John saß still in der Sofaecke, die Lider lagen auf den armen geistlosen Augen und in seinem Ant litz war jener Ausdruck fast ausschließlichen geistigen Lebens, der ihm in dieser Stellung etwas Ideales gab. Auch er mußte in Gedanken vertieft sein, denn er schien es nicht einmal zu bemerken, daß seine Mutter noch immer nicht mit der allabendlichen Lektüre be ginnen wollte. „Leontine Rosen ist doch ein eigenthümlicheS Mäd chen", unterbrach diese endlich das Schweigen. Der junge Mann fuhr aus feinen Gedanken er schreckt in die Höhe, vergrub seine Hand in sein dich tes blondes Haar und sagte mit einer merkwürdig weichen, wohltönenden Stimme: „Wie meinst Du das, Mama?" „Du weißt doch, John, daß wir beide nie ander- angenommen, als daß Leontine Mister Schlosser lieben müsse und daß sie, falls dieser, dessen Stellung doch so bedeutend besser ist als die ihre, ihr einen ernst lichen Antrag machen würde, auf dem Gipfel ihre- Glückes sein müßte." „Nun? Glaubst Du, daß Maximiano Schlosser sie nicht genug liebt, um sie zu seiner Lebensgefährtin zu erwählen?" „Im Gegenteil, John, im Gegenteil, Don Maxi miano hat chr einen ganz gediegenen Heiratsantrag gemacht und — sie —- ich glaube nicht, daß sie ihn annehmen wird "
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite