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Dresdner Journal : 07.10.1889
- Erscheinungsdatum
- 1889-10-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188910071
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18891007
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18891007
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1889
- Monat1889-10
- Tag1889-10-07
- Monat1889-10
- Jahr1889
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- Dresdner Journal : 07.10.1889
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^S234 Montag, den 7. Oktober, abends. 1889. v«,ux»pr«l» l kür vr««ck«» viettossLLrttoN » St S0 ?k., d«i ü«» N»L»erl. 6««ttct»en viertel- jNbrUoü > H.; »a»«rti»td Ns» ä«uttev«o keiode» tritt kost- ooä 8t«wp«!»»»ot»1»8 Mo»». n»»»«al»«»r»n»banr«», ^ür a« L»aiL «wer ls«ep»Itev«» L«il« Biewer SoNritt »Ü?L Vater äi« Lell« L0 kt. Lei l'adellea- aaä LrL«ra»»t» eattpr. FaL«U»K. Lr»«b»w«»» lallet» mit /iaiaatua« äsr 8oaa- aack i> «i»rt»^« »beall^ ?«rnipn»ot> -^aiottla»«: Ur. ILSK. DreMerIaumal. Für di« Gesamtleitung verantwortlich: Hofrat cytto Banck, ssrofeffor der Litteratur- und Kunstgeschichte. ^oo»Umv rva ^okvnälxaasea »aeMkrt»; : H. Lrancktetter, vowwii«ioaLr <1«i Lreeäaer ^oaraal»; »»»dar, -L«rU» - Vt«> - L»ip«lG - >»»«1 LrvI»». er»»««« «. ».: F ^l>A^r,- IerUL-Vl«l-L»»d»r^ rr»,-r»t»«t, »raadlart «. «..»«aedea: L—i üto««, kart»-L«»<o» lerUa kraattart «. H.-»t«UU»rt: «» Oo.,- »erU»! U:.- SSrUt»! S NkiMer, »eaaovr: 6 LeSü«i«v, N«U« «. a.i » So. N *ra»,,»d«r« NSai^I. Lrpeüitioa 6«, vro«<ta«r ^oaraal». Vr««äev, Lvmzsritrasis LV. k»r»»pr««d ^»»vtlla»,r Ur. tNVN. Amtlicher Teil. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß der RegieruugSrath vr. pbil. Otto Posse dal ihm von Sr. Hoheit dem Herzog Ernst von Sachsen-Coburg und Gotha verliebene Comthurkreuz zweiter Klasse de» Herzoglich Sachseu- Ernestinischen HauSorden» annehme und anlege. Nichtamtlicher Teil. Telegraphische Wach richten. Pari«, 6. Oktober, abends 8 Uhr 15 Miu. (W. T. B.) Felgende Resultate der Stichwahlen find bekannt: I. Pariser Arrondissement: der Mi nister der öffentlichen Arbeiten DveS Guyot (Re publikaner) mit 6l13 Stimmen aegen Turquet (Boulang,st) gewählt, welcher nur 5417 Stimmen erhielt. IX. Arrondissement, 2. Wahlkreis: Ber ger (Republikaner) mit 6136 Stimmen gewählt, Andrieux (Revisionist) erhielt 4867 Stimmen. XI. Arrondissement: Kloqurt (Republikaner) gewählt mit 5284 Stimmen, Nicot (Boulangist) erhielt 3268 Stimmen. XVUl. Arrondissement: Laisant (Boulangist) gewählt mit 3606 Stimme«. Lafont (radikal) erhielt 3214 Stimmen. — Im Departe ment der Gironde find die Boulangisten Chichs und Aaimelafille gewählt. — AbeudS S Uhr. ES werden die weiteren Er gebnisse der Stichwahlen bekannt: II. Arrondisse ment: Mesureur (Republikaner); IV. Arrondissement, 1. Wahlkreis: Barodet (Republikaner); 2. Wahl kreis: Cbaffaing (Republikaner); V. Arrondissement: Naquet (Boulaagist); VI. Arrondissement: DesprsS (Republikaner); VUl. Arrondissement: MarivS Martin (Boulangist); IX. Arrondissement, 1. Wahl kreis: Emile Ferry (Republikaner) gewählt. Kerner im Departement du Nord, 1. Wahlkreis von Lille: Werquin (Republikaner), im Departement Gironde, 3. Wahlkreis: Jourde(Boulangist); im Departement Rhone, 5. Lyoner Wahlkreis: Couturier (Sozialist), 6. Wahlkreis: Guillaumou (Republikaner), 7. Wahl kreis: Bsrard (Republikaner). Ju Belleville wurde der Sozialist Dumay mit 5584 Stimmen gegen Rochefort gewählt, der nur 4654 Stimmen erhielt. — In Paris bewegte sich auf den Boulevards eme zahlreiche, lebhaft erregte Menschenmenge, welche verschiedene Rufe laut werden ließ. Die berittene republikanische Garde hielt jedoch den Verkehr ohne besondere Mühe offen. — AbendS 16 Uhr 36 Min. In Paris wur- den ferner gewählt die Republikaner DreyfuS, ChautempS, JaqueS, Mathe, Richon, Laneffau, Lockroy, Maujan, Hovelaque, Marmottan, die Boulangisten Laur, Lesenne, Mery, Ernest Roche. — Ja Toulouse ist ConstanS mit 8394 Stimmen gegen Sufini gewählt, welcher 6883 Stimmen er hielt. Von 51 bisher bekannten Wahlergebnissen find 37 republikanisch und 14 oppositionell aus gefallen. In Fanbourg St. Germain wurden Mer- meix (Boulangist) mit 566l Stimmen gegen Cochia Konservativ), welcher 4828 Stimmen, und Arebault (Republikaner), welcher 4679 Stimmen erhielt, ge wählt. In Vincennes wurde Richard (Boulangist), In Cbarenton Boulard (Republikaner), in Var RaSpail (Republikaner), in Nantes Srbille (Re publikaner) gewählt. Paris, 7. Oktober. (Tel. d. DreSdn. Journ) Nach den Angaben deS Ministeriums deS Innern find bei den gestrigen Stichwahlen bisher 124 Re publikaner und 45 Oppositionelle gewählt. Die Feuilleton. Eröffnungsrede deS Geh.-RatS Häpe bei der Jubelfeier deS stenographischen Instituts im Fest saal deS König!. Polytechnikum.* Fünfzig Jahre sind für das Bestehen eines Staate» und einer staatlichen Einrichtung eine kurze Spanne Zeit. Die» werden ohne weitere» diejenigen einräu men, welche Zeugen g-wesen sind der vor wenigen Monaten in dieser Stadt glänzend begangenen acht- hundertjährigen Jubelfeier. Dennoch dürfte e» sich rechtfertigen lassen, datz dem erst fünfzigjährigen Be stehen de» König!, stenographischen Institut» zu DreS- den eine besondere Erinnerung»seier gewidmet wird. Denn wenn inmitten der weltgeschichtlichen Begeben heiten und grundstürzenden Ümwaudelungen öffent licher Einrichtungen, die sich gerade während der letz ten fünfzig Jahre vor unsern Augen vollzogen haben, da» unerschütterte Fortbestehen einer öffentlichen An stalt schon an sich unseie Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen darf, so erscheint die immer glänzendere Ent faltung einer solchen Anstalt und der von ihr gepfleg ten Kunst in so wechselvoller Zeit auch deshalb al» bedeutsam, weil unsere Anstalt leider noch immer die einzige ihrer Art geblieben ist im ganzen Bereiche der Berfassungistaaten, weil ferner die von ihr gepflegte Kunst -e» Begründung der Anstalt selbst noch eine junge, erst in der Entwickelung begriffene «ar, weil H wk komme« durch die!« ESiedergaS« Nu Wortlaut llll- ferm versprechen tu der letzt« Nummer nach. ueue Kammer wird 362 Republikaner, darunter 236 Gemäßigte und 126 Radikale, 265 Oppo sitionelle, darunter 166 Royalisten, 58 Bonapar- Listen und 47 Boulangisten, enthalten. St. Petersburg, 7. Oktober. (Tel.d.DreSdn. Journ.) Der HauSminister Graf Woronzow- Daschkow, der Kommandierende deS kaiserlichen Hauptquartiers, General Richter, der Chef der kaiserlichen Kanzlei, Graf Olssufjew und dessen Mitarbeiter Baron Budberg find heute nach Berlin abgrreist. Rom, 6. Oktober. (W. TB) Die Provinz Cagliari ist gestern von einem heftigen Orkan hrimgrsucht worden, welcher großen Schaden au- gerichtet hat. In d«r Stadt Quarto wurden mehr als 266 Häuser zerstört, auS denen biS jetzt 16 Leichen herauSgezogen find. Man befürchtet, daß unter den Trümmern noch mehrere Personen begraben sind. Ju Quartuccio find 30 Häuser eingestürzt. Dresden, 7. Oktober. Wirtschaftliche Zustände in Rußland. Die Notlage, unter welcher die bäuerliche Be völkerung in Rußland seufzt, beginnt neuerdings die öffentliche Aufmerkiamkeit m verstärktem Maße auf sich zu lenken. Die Verarmung und Auswanderung der kleinen ländlichen Grundbesitzer haben in geradezu erschreckender Weise überhand genommen und lassen für die Zukunft de» Zarenreich» das schlimmste be fürchten. In einem vor kurzem von Hermann Ro»- koschny unter dem Titel „das arme Rußland" heraus- gegebenen Buche wird unter Hervorhebung einer Reihe von Thatsachen auf diesen Umstand und auf die schweren inneren Schäden, an denen Rußland krankt, hingewiesen. Ohne sich von irgend welchen politischen Beweggründen leiten zu lassen, deckt der Verfasser den schreienden Gegensatz auf, der zwischen Rußland» innerer Lage und seinen Machtansprüchen besteht und fördert auf Grund der wichtigsten neueren Schriften und Dokumente Dinge zu Tage, welche die allgemeinste Beachtung verdienen. Wie sehr er mit seinen Aus führungen die wundeste Stelle am russischen StaatS- körper berührt, geht aus der Ausnahme hervor, welche dieselben in den volitifchen Kreisen Rußland» selbst finden. So knüpft die „St. Petersburger Zig." an da» RoSkoschnysche Werk eine Besprechung, welche be deutsam genug erscheint, um hier eine Stelle zu fin den. Das Blatt sagt: ES tlingt befremdlich, Rußland al» arm zu be zeichnen. Im allgemeinen verbinden wir mit dem ge- walt'gen Reich, dessen Umfang nur von England über troffen wird, die Vorstellung unerschöpflicher, wenn auch größtenteils noch ungehobener Reichtümer, auf deren Nutzbarmachung die Landeskinder dem LuSlaude gegenüber sehr eifersüchtig zu werden beginnen. Kann Rußland mit seinen, keiner Kultur bedürftigen, un ermeßlichen Schwarzerdeflächen, seinen unübersehbaren Wäldern, seinem, alle anderen Kulturstaaten zufammen- genommen übertreffenden Pferdebestaud, mit seiner berg männischen Produktion von etwa 180000000 Rubel im Jahr, mit seinen Klöstern, deren Schätze sich schlecht weg jeder Schätzung entziehen, weil sie unschätzbar sind, kann diese» mächtige Laud, do» immer noch eine Korn kammer Europa» rst, vernünftiger Weise mit dem Be griff der Armut in Zusammenhang gebracht werden? Unsere russischen Kollegen suchen un» tagtäglich die ungeheuere Macht und Größe Rußlands, da» dem »faulen Westen* in politischer und sozialer Hinsicht seinen Willen aufzwingev und die Wege weisen wird und aller Bündnisse spotten darf, klar- zulegen. Indessen giebt e» doch mancherlei Erschein- diese Kunst gerade in ihrer Kindheit von Hindernissen und Gefahren oller Art bedroht wurde und weil nur auf dem dornenvollen Wege angestrengten Fleiße» und unermüdeter Ausdauer Vorteile von ihr zu gt Winnen sind. Wenn GabelSberger» Kunst trotz der vor fünfzig Jahren noch herrschenden Zustände nicht zu Schaden gekommen ist, verdanken wir die» nächst der staunens werten Anziehungskraft, welche diese Kunst auf jeden auSübt, der mit Ernst ihr näher tritt, zum großen Teile der einsichtsvollen Fürsorge der Königl. säch sischen StaatSregierung und dem Wirken der von ihr geschaffenen StaatSanstalt. Es ist ein unbestreitbar;» Verdienst, und im Hin blick auf andere Staaten ein Vorzug der Königl. säch sischen StaatSregikrung, den Wert der Schnellschrift zuerst erkannt und zur vollsten Entfaltung ihrer Ge- meiunützigleit die Wege geebnet zu haben. Solche» Vorgehen nach Verdienst würdigen, lehn uv» ein Blick m die Vergangenheit. Bi» vor fünfzig Jahren war in die höheren Kresse der Gesellschaft nähere Krnntni» vom Wesen der Schnellschrift noch nicht ein« gedrungen oder doch nur eine oberflächliche, von Vor urteilen getrübte. Diefe Kunst galt für staatSgssuhr- lich, weil die Bewegung»par»eien sich ihrer zuerst be mächtigt und darau» Vorteil gezogen hatten, ehe auch von anderen erkannt wurde, daß sie — au sich eine parteilose — jedem dienen kann, der sie zu gebrauchen versteht. Sie stand in dem Verdachte, eine Geheim- schrist zu sein, hinter welcher sich allerhand Unfug ver bergen könne, di» sie allmählich so verbreitet wurde, daß sie zu Heimlichkeiten jetzt überhaupt »icht «ehr zu brauchen ist. Sie wurde mit Geringschätzung an ,rer in dem münd «, Sachwaltern, hinreichev, massenhafte Verwendung der Frauen- und Kinderarbeit sind die Waffen, mit denen sie die Konkurrenz de» Westen» bekämpft. Gesetzliche Schranken giebt e» nicht oder werden nicht brachtet. AuSfuhibelohnungrn müssen gegenüber der Überpro duktion au»helfen. In einem Lande, da» 80 Mill. Bauern zählt, wird die Landwirtschaft al» Aschen brödel behandelt. Aber schon machen sich Anzeichen der kommenden Krisis bemerklich: einerseits nimmt die VerbrauchSkrast des größten Stande» mit großer Schnelligkeit ab, andererseits hat die Gütererzeugung des Großgcwerbes in ihren meisten Zweigen bereits eine solche Höhe erreicht, daß der inländische Markt nicht mehr ausnahmssähig ist. Da» in neuerer Zeit so oft gebrauchte Wort, der russische Vulkan, so sagt RoS- koschny, paßt auf nicht» besser al» auf das russische Großgewerb-. Wird der Überschuß der Jahreserzeugung auf dem Weltmarkt den Großgewerben des Auslandes bedrohlich werden oder wird er zur Einschränkung im Fabrikbetrieb führen? Da» eine wie das andere muß zu einem Umschlag führen; da» letztere hält RoSkoschny für wahrscheinlicher. Und was wird dann, fragt der Verfasser, da» Arbeiterheer beginnen, da» von dem künstlich gezüchteten Grobgewerbe heravgezogen wurde? ES ist ein düstere- Zukunftsbild, das RoSkoschny von dem Tage entrollt, an dem die barfüßigen Heerscharen, die von der Hand in den Mund leben, von der Fa brik kein Brot mehr erhalten können. Tagesgeschichte. Dresden, 7. Oktober. Ihre Majestäten der König und die Königin werden vom Jagdhause Rehefeld zurückkehrend, morgen Dienstag abend in der Königl. Villa zu Strehlen wieder eintrrffen. Dresden, 7. Oktober. Ihre Königl. Hoheit Prin zessin Mathilde, Herzogin zu Sachsen, haben gnä- digst geruht, dem hiesigen Juwelier Alfred Rösner das Prädikat „Hofjuwelier Ihrer Königl. Hoheit Prin zessin Mathilde, Herzogin zu Sachsen,* zu verleihen. * Dresden, 7. Oktober. Die Gesandtschaft de» Sultans von Sansibar, welche zur Zeit in unserer Stadt weilt, besteht au» 5 Personen, und zwar dem ersten Gesandten Oberkadi Muhamed Beu Soliman, dem zweiten Gesandten Send Ben Muhamed, Ex- gouverneur von Lamu, dem Sekretär Kassem den Saleh, zwei Dienern und dem Dolmetscher Michalla. In der Begleitung der Gesandtschaft befinden sich der Kaiserl. Generalkonsul MichahelleS, sowie Major Lie bert vom Königl. preußischen GeneralstcLe. Die Ge sandtschaft traf am Sonnabend nachmittag 2 Uhr 32 Minuten auf dem Leipziger Bahnhofe ein, wo sie von dem preußischen Gesandten Sr. Excellenz dem Grasen Dönhoff und rem Legationssekretär Dr v. Stieg litz empfangen wurde, und begab sich nach dem Vik toriahotel, um daselbst Wohnung zu nehmen. Gestern vormittag wurde die Gesandtschaft von Sr. Ercellenz dem KnegSminister Grafen v. Fabrice empfangen und besuchte später da» grüne Gewölbe. Am Abend des gestrigen Tage» wohnte dir Gesandtschaft der Vorstellung im Königl. Hoftheater (Altstadt) bei. Unter Führung des Rittmeister» v. Oppen-Hulden- berg besichtigten die.fremden Gäste heute vormittag die Kasernen. Die Gesandtschaft wird, wie verlautet, Donnerstag vormittag Dresden wieder verlassen, und vorher von Sr. Majestät dem König l» Audienz empfangen werden. * Berlin, 6. Oktober. Se. Majestät der Kaiser konferierte gestern mittag längere Zeit mit dem Staats sekretär Grafen Bismarck. Heute vormittag wohnte ter Monarch in Begleitung Allerhöchstsemer erlauchten Gemahlin dem Gottesdienst »n der Potsdamer Friedens- ungen im wirtschaftlichen Leben Rußlands, die den unvesaugenen Beobachter ob des angeblichen Reich. tumS stutzig machen müssen. Rußland ist trotz seine» BodenretchlumS und de» vermeintlich alle» Proletariat auSschlirßenden Bauernlaudsystems eia Land, in wel chem nach der Schätzung deS „Grashdamn*-500 000 Menschen vom Bettel, das beißt von der Gutmütig keit und Dummheit ihrer Mitbürger, statt von der Arbeit leben. Wenn das Frühjahr heraukommt, sagt RoSkoschny, so verwandelt sich ganz Rußland in ein riesiges Noma- dengebiet, in welchem Hunderttausende hin- und her- ziehen, die einen einzeln, andere scharenweise, die einen mit dem Bettelsack über der Achsel oder dem Pilgerstab in der Hand, die anderen mit Pferden und mit Wagen, die mit allerlei HauSrat und Säcken beladen sind, zwischen denen Frauen und Kinder lagern, gerade wie bei einer aus dem Marsch befind- lichen Zigeunerschar. Die vom Norden Kommenden treffen unterwegs mit den anderen zusammen, die von Süden nach Norden ziehen, und ebmso bewegen sich von Westen und Olten zwei Ströme gegen ein ander. Dos ist das große russische Bettlerheer, das zu einem Feldzug gegen die Mildthätigkeit der Nebenmenschen auszieht. Von Jahr zu Jahr schwillt dies Herr an, je mehr der kleine Gewerbestand unter dem Mangel jeder Schulung, bei mangelndem und ganz ungenügendem Kredit zu Grunde geht und je lchwieriger sich die Lage des Bauernstandes gestaltet. Wenn gar ein Hungerjahr, die es in Rußland noch in de» Worte» schrecklichster Bedeutung grebt, eintritt, so sieht man ganze Bezirke auf die Wanderung ge trieben. Jndlssen bedarf es zu dieser Massenvagabondage der Bauernschaften nicht einmal besonderer Ereignisse. Jahr sür Jahr sieht man Tausende und Abertausende von Bauern, von Mangel und Entbehrung getrieben, ihre Wohnsitze verlassen, um in der Ferne ein Stück Brot zu suchen, ober meist nur das alte Elend zu finden. Biele Bauernhöfe und sogar Landgüter wer den von ihren Eigentümern verlassen und veröden. Der Kabak, die Branntweinschenke, ruiniert das Volk wirtschaftlich, welches sür momentane» Vergessen seine- Elend» und seiner Sorgen den wirtschaftlichen Untergang eintauscht. Unbarmherzig saugen die Kulaki, die Dorfwucherer, die Arbeitskraft der Bauern au», denen e- au Widerstandskraft fehlt, sich dieser Blutegel zu erwehren. Der russische Bauer kann den Mitbewerb von Arbeitern anderer Nationalität nicht aushalten; nicht nur Deutsche, sondern auch Leiten, Esten, Tschechen besiegen rhn im wirtschaftlichen Wettstreit und kommen vorwärts, wo der Russe unter gleichen Verhältnissen zurückkomwt. DaS alle» sind Erscheinungen, welche dieselben russischen Blätter, die in ihren Leitartikeln die Kraft und Energie des Lande» auf auswärtige Ausgaben zu lenken versuchen, tagtäg lich in ihren, den inneren Zuständen deS Landes ge widmeten Betrachtungen seststellrn, ohne sich dabei übrigen» de- inneren Widerspruche» bewußt zu werden. Solche Erscheinungen aber wie die angeführten, die einen ungünstigen Stand der Landwirtschaft beweisen, von der der Bevölkerung Rußland» lebt, machen e» doch wohl thunlich, von dem „armen Rußland" zu sprechen, ohne daß hierin ein Widerspruch läge. Der wirtschaftliche Kampf Rußland» mit dem Westen hat eine großartige gewerbliche Thätigkeit her- vorgerufeu, die wohl geeignet ist, den flüchtigen Be schauer zu blenden. Aber diese künstliche Entwickelung zehrt an dem Marke de» Landes. Die russische In dustrie arbeitet mit einer grenzenlosen Verwüstung de» Mrnscheumaterials, wie sie in der Kulturwelt ohne gleichen und ohne Vorgang ist. Eine die Kräfte des Arbeiter» aufreibende übermäßig lange Arbeitszeit, Löhne, die kaum zur notdürftigen Fristung des Lebens gesehen als eine bloße Handfertigkeit ohne wissen- schastlichen Wert, al» Gedächtniskram, welcher den Geist beschwert, aber nicht fördert. Ihre Einführung in die Schulen, hieß eS, werde die Uberbürdung der lernenden Jugend nur noch steigern. Ja sie, die Kunst, deren Stärke auf der Ausscheidung alle» Ueber- flüssigen beruht, die ihre Jünger dazu erzieht, über all, wo e» nur möglich, Zeit und Kraft und Raum zu sparen, sollte zu unnützer Vielschreibern verführen. Sogar der Einwand: dar in der Schnellschrift ge schriebene könne später nicht wieder gelesen werden, mußte denjenigen al» EntfchuldigungSgrund dienen, welche dre Mühe ihrer Erlernung gescheut hatten. Sir sollte die Handschrift verderben, den Augen schäd lich fein und dergleichen mehr: lauter Einwürfe, von denen gerade da» Gegenteil der Wahrheit entspricht. Wie ganz ander» steht e» heute! S». Majestät der deutsche Kaiser hat einen Jünger GabelSberger», ehemalige» Mitglied de» hiesigen stenographischen In stitut», in seinen persönlichen Dienst g>zogen. Drei Staaten deutscher Zunge haben die GabelSbergerfche Schnellschrift in Lehranstalten eingeführt und Prüf- ungSbrhörden eingesetzt für die Lehrer derselben an den öffentlichen Anstalten; ein über ganz Deutschland verbreitete» Netz mehrerer hundert Vereine hat sich der Pflege unserer Kunst gewidmet; die in derselben Unterrichteten werden nach Hundrrttausenden gezählt. Karun wird noch eine öffentliche Verhandlung in Sachen de» Staate», der Wissenschaft, der Kunst und de» Ver- Fabrikanten, Kaufleuten und verschiedenen GewerdS- unternehmern werden durch die Zeitungen in der Schnellschrift au»gebild«te Hilfsarbeiter gesucht: der Meister- GabelSberger Wunsch, seine geistvolle Er findung möge Gemeingut aller Gebildeten werden, kann nicht mehr als aussichtslose Schwärmerei gelten. AuS dieser in so kurzer Zeit eingetretenen Wandlung erkennen wir nicht allein den Wert der siegreichen Kunst, sondern auch die Wichtigkeit einer staatlich ge ordneten und geleiteten Pflege derselben. Die Rechen schaft, welche von dem Königl. stenographischen In stitute au» Anlaß der heutigen Gedächtnisfeier über still bisherige» Wirken und dessen Erfolge abgelegt wird, rechtfertigt in glänzender Weise da» mit der Gründung und Fortführung dieser Anstalt bethätigte hochherzige Vorgehen der Königl. Staat»regierung. Len Mitgliedern dieser Anstalt, in deren Namen ich diese hochanfrhnliche Festversammlung zu begrüßen die Ehre habe, ist e» eine ebenso dringende wie an genehme Pflicht, allen denjenigen, welche ihre Thätig keit und deren Erfolge wohlwollend gefördert haben, öffentlich den ehrerbietigsten Dank darzudringen; Dank vor allen den erbabenen Landesherren, unter deren Obhut von jeher Wissenschaft und Kaust in unsere» Vaterland« gediehen sind; Dank der hohen Staat»- regierung und den Stünden de» Lande», welche früh zeitig den Wert der Kunst erkauut und ausgiebige Mittel zu deren Pflege dargebotr» haben; Dank den hochgeachteten Ehrengästen dieser Versammlung, deren Anwesenheit ihre Wertschätzung unserer Kunst bezeugt, der Kunst selbst zur Ehre und deren Jüngern zur Aufmunterung gereicht; Dank endlich all de» lieben Kunstgenossev von nah und fern, »elche au unsrrer kehrtnxseaS geführt vhue Zuziehung unserer Kunst- jünger zur Festhaltung de» gesprochenen Worte»; Richter und Anwälte bedienen sich ihre licheu Gerichtsverfahren; von Behörde,
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