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Dresdner Journal : 15.06.1893
- Erscheinungsdatum
- 1893-06-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189306151
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18930615
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18930615
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
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- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1893
- Monat1893-06
- Tag1893-06-15
- Monat1893-06
- Jahr1893
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- Dresdner Journal : 15.06.1893
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- -SV--.-? ? E«.^V»dVV-' - IM'l rere Eingaben, sowie über die geschäftliche Behänd« lung neuer Borlagen Beschluß. Der Entwurf eines Gebührentarifs für die Strecke Holtenau Rendsburg des Nord-Ostseekanal» wurde den Ausschüssen für Handel und Berkehr, für das Seewesen und für Rechnungswesen überwiesen Mit der Vorberatung der Entwürfe von Vorschriften über die Einrichtung von Anlagen zur Anfertigung von Zündhölzern, die Einrichtung und den Betrieb von Bleifarben- und Bleizuckerfabriken, endlich die Einrichtung und den Betrieb der zur Anfertigung von Cigarren bestimmten Anlagen wurde der Ausschuß für Handel und Ver kehr beauftragt. Gestern waren die vereinigten Aus schüsse für Zoll- und Steuerwesen und für Handel und Verkehr zu einer Sitzung versammelt. — Der „ReichSanzeiger" schreibt: „AuS einer tele graphischen Mitteilung de- ReichSkommissarS für die Weltausstellung in Chicago läßt sich folgern, daß die amerikanischen AuSstellungSbehörden ihren Widerspruch gegen die Bildung eines internationalen Preisgerichts aufgegeben und darein gewilligt haben, daß jeder Staat durch eigene Preisrichter in der Jury angemessen vertreten werde. Als Zeitpunkt sür den Zusammentritt der Jury ist der 15. Juli in Aussicht genommen; ihre Arbeiten werden etwa 4 bis 6 Wochen dauern. — Amtlicher Nachweisung zusolge hat die Ein« nähme an Wechselstempelsteuern im deutschen Reiche während der beiden ersten Monate des laufenden EtatSjahres 1351 628 M. oder 36229,95 M. mehr als im gleichen Zeiträume des Vorjahres betragen. — Professor Kahl auS Bonn, der den Fürsten BiSmarck jüngst besuchte, hat sich, dem „Erlanger Tageblatt" zufolge, in Erlangen in einer Kandidaten rede über die Stellung des Fürsten Bismarck zur Militärvorlage folgendermaßen ausgesprochen: ,,Bismark glaubt an den Frieden. Bismarck hält eine Heeresverstärkung für notwendig. Diese aber hält er, anders als in der Militärvorlage geschehen, vor allem in der Richtung einer erheblichen Verstärkung der Artillerie für geboten, weil er der Überzeugung ist, daß die Artillerie in einem künftigen Kriege die Hauptrolle spielen werde. Daß die für die Heeres- Verstärkung erforderlichen Lasten getragen werden müssen und können, erscheint ihm selbstverständlich. Bismarck unterscheidet sich also von uns darin, daß er in seinen Wünschen für die Hecresverstärkung im Rahmen der alten Verdyschen Vorschläge nach Art und Maß bedeutend weitergeht. Er unterscheidet sich vom Freisinn und Zentrum dadurch, daß er nicht wie diese über die unerschwinglichen Lasten des armen Volkes jammert, sondern fürs Vaterland kein Opfer zu hoch hält. Ihn gegen uns ansspielen zu wollen, ist hiernach ein mißglücktes Unternehmen." Wien, 14. Juni. Se. Majestät der Kaiser empfing heute den Fürsten Nikolaus und den Erbprinzen Danilo von Montenegro, welche ihren Dank aussprachen für die Verleihung des Großkreuzes des Leopoldordens an den Erbprinzen. — Se. Königl. Hoheit Prinz Friedrich August, Herzog zu wachsen, ist, wie die „Wiener Abendpost" mitteilt, mit seiner Gemahlin, Ihrer Kaiser!, und Königl. Hoheit der Frau Prinzessin Louise, gestern nacht auS Dresden in Salzburg ein getroffen. Die höchsten Herrschaften wurden im Bahnhofe von Ihren Kaiserl. und Königl. Hoheiten Erzherzog Ferdinand, Großherzog von ToScana, und Erzherzogin Alice, Großherzogin von ToS cana, begrüßt. — In der österreichischen Dele gation wurde heute der Voranschlag für das Ministerium deS Auswärtigen beraten. Die Redner gegen den Vor anschlag, die Jungtschechen Masaryk, Pacak, Adamek und Herold, kritisierten sämtlich scharf den Ausschluß der Jungtschechen aus dem Budgetausschuß, was der Präsident immer aufs neue als abgethan und nicht zur Sache gehörig zurückwieS. Speziell dem Dele gierten Pacak wurde wegen Nichtbefolgung der Mahn ung des Präsidenten unter einhelliger Billigung der Delegation — die vier Jungtschechen ausge nommen — das Wort entzogen. Die jungtschechischen Redner erklärten, das böhmische Volk mißtraue dem Dreibund und empfahlen ein Einvernehmen mit Rußland als das beste Mittel, den gegenwärtigen, bewaffneten Frieden durch einen wahren unbewaffneten zu ersetzen. Herold erklärte, das ganze böhmische Volk verlange eine Änderung der inneren und äußeren Politik. Graf Ledebur protestierte gegen das Auf treten der Jungtschechen als Vertreter deS ganzen böhmischen Volkes. Nach dem Schluß der Debatte ergriff Graf Kalnoky das Wort zu einer längeren Rede. Graf Kalnoky hob in seiner Rede her»», die Iunatschechen hüllen von ihrem einseitigen Stanbpunlte an» gesprochen. Redner wie« sodann aus die Anwesenheit der Vertreter vieler Stämme in der Delegation hin, die anderer Meinung seien, sowie aus die Notwendigkeit, auch dem Slondpuukte der ungarischen Delegation Rechnung zu tragen Gegen eine etwaige Umkehr der österreichisch-ungarischen Politik im Sinar de« ein seitigen jungtschechischen Standpunkte« würde zweisello« die Mehrheit der Völker der Monarchie Stellung nehmen. (Beifall.) Wenn vr Herold von dem gegenwärtigen Frieden uabesriedigt sei. so wolle er» der Minister, bemerken, daß auch er den gegen wärtigen Zustand nicht at» ideal ansehe, r« sei aber unrecht, sür diesen Eharatter de« Frieden« den Dreibund verantworlich zu machen. Er teile die Ansicht Herold«, Österreich-Ungarn könne, wolle und werde niemals eine agressive Politik treiben. Wie sollte dann da« Büudnit agrejsiven Lharakter« sein? Wären die Tendenzen de» seit 1S7V bestehenden Bündnisse« mit Deutschland agressive, so müßte die- iu irgend einem Momente de- sünszehnjährigen Bestandes hervorgetrelen sein. Jedoch weder in Wien, noch in Beilin, noch in Rom sei irgend wim eine Verletzung de» Frieden« oder tw Krieg«- gedanke eingesallen. Da« Büadni« sei ein klare«, der Inhalt desselben längst verössenilicht. Der cmnw fosävri» sei gegeben, wenn iin Verbündeter ohne vorherige Provokation angegnssm werde. Wenn noch irgendwo ein Mißtrauen gegen den Drei- bund sestsitze, so müsse er, Kalnoky, die Hoffnung aufgeben, dasselbe zu z-rstreuen. Allgemeine Zweifel in dieser Richtung seien unmöglich, höchstens persönliche aut Antipathie, vielleicht auch aus Raffeoantipalhie, waS er bedauern würde. Bon seinen nachträglichen Äußerungen im BudgetauSjitussc zur Besenigung jener Mißdeutungen sprechend, welche sein Expose in der Pr:sse rrsuhr, koaftalieUe Eros Kalnoky, der Moment der Erteilung seiner Ausklärungen sei richüg gewesen. Sensibilität gegenüber Zeitungsartikeln lasse sich ihm nicht nachsagen. Er habe ge sprachen, weil er grosen Wert aus die öffentliche Meinung Deutschlands lege und auch weil er in der französischen Prosse Interpretationen gesunden habe, welche den Bestand di« Bündniffes in Zweifel zogen und Mißtrauen säen wollten, was bei d m sranzösijchen Standpunkte gegenüber dem Dreibunde ziemlich natürlich sei; er habe den beabsich tigten Zweck erreicht, denn die Polemik habe ausgehört. Seine gleichsalls mißdeuteten Äußerungen über die Abrüstung betreffend könne er nur sagen, daß vou Abrüstung keine Rede sein könne. Österreich Ungarn h ibe bei seinen langsamen Rüst ungen stets seine Finanzlage im Auge, allein die Einstellung derselben hänge nicht von Osterreich-Ungarn ab. Ein alleiniges Abrüsten würde einen auch von jungtschechischer Seite n'cht ge wünschten Schwächezustand hervorbringen, denn die Jung tschechen wünschen gleich allen, daß Osterreich-Ungarn sich aus seine eigene Krast verlasse und diese- die Bast« seiner Macht- stellung ncch außen hin bilde. Aus die Frage Masaryk-, aus welchen Thatsachen die Beziehungen zu Rußland basierten und ob Abmachungen bezüglich der Balkanländer ersolgt seien, er klärte der Minister nochmals, es lägen leine besonderen That sachen vor und cS sei nicht- Besondere- geschehen, waS eine Wendung oder Schwenkung bedeuten könnte. Die stelS gepflegten Beziehungen zu Rußland seien gute; er könne dasür eintreten, daß der Kaiser von Rußland und die russische Regierung günstige Dispositionen sür Österreich-Ungarn hätten, und die Pflege dieser guten Beziehungen könne nach seiner Überzeugung weitere günstige Folgen haben. Die Beziehungen der Staaten lägen Höber ms die ReibungSflächen gewisser Interessen der selben; es gebe nicht zwei Staaten ohne gewisse Jnteressen- verschiedenheiten in materiellen, politischen oder anderen Fragen, auch bei den am engsten kesreundeten Alliierten. Zwischen fälle könnten Verschiedenheiten ihrer Ansichten Hervorrufen, da- dürse die srcundschasilichen Beziehungen zwischen den Monarchen und den Kabinetten nicht berühren, deren Pflege gerade den Zweck der Erleichterung einer freund lichen Beseitigung etwa auftauchender Reibungen versolge. Das Vorhandensein ungelöster Einzelsragen verhindere keineswegs den Bestand guter, ja sehr guter Beziehungen zwischen d-.n be- treff.ndcn Kabinetten. Gras Kalnoky widerlegte sodann die Behauptung, s ine Politik in eine Bahn gelenkt zu haben, die er bei der vorjährigen Anempfehlung durch den Deputierten E;m als unpatriotisch bekämpft hätte. Er habe schon damals sestgesiellt, daß sich über EymS Prinzipien, fall- sie in staats männischer Form vorgrbracht wären, allenfalls reden ließe. Der Minister erinnerte an sei, e damaligen Worte, er wünsche gleichsalls mit Ruhland gute, bessere, ja die besten Bezühungen, eS bestehe somit lein Gegensatz zwischen seinem damaligen und seinem heutigen Standpunkte. Die Institution der Delegatien habe sür den Minister des Auswärtigen gewiße Schwierizteiten, da das wiedeiholte Sprechen über den gleichen Gegenstand kaum ohne gewisse Perturbationen möglich sei, zumal in einer Zeit, die keine,lei Anlaß zu Diskussionen über die äußere Politik biete. Die allgemeine Lage bedründe kein Bedürfnis, im Pailamente über die äußere Politik zu sprechen, Debatten in dejer Beziehung seien seit längerer Zeit nicht mehr vor gekommen, weil überall das Gesühl vorherrsche, wie wenig große Diskussionen diesem heiklen Stoffe sörderlich seien. Ter Minister schloß mit dem warmen Wunsche der balligen Förder ung d - inneren Friedens iu Böhmen, nm mit vermehrter K,ast und Entschiedenheit sür das Ansehen und die äußere Machtstellung der Monarchie cintriten zu können. (Lebhafter Beifall) — Gestern vormiltag traten die Fachreferenten des österreichischen Finanzministeriums zu einer mehr stündigen Besprechung zusammen, in welcher ein all gemeiner Gedankenaustausch über die vorliegenden Gesetzvorlagen zurDurchsührung der Valutaregclung gepflogen wurde. Gestern nachmittag fand sodann wiederum eine Konferenz zwischen dem ungarischen MinisteiPräsidenten vr. Wekerle und dem österreichi schen Finanzminister vr. Steinbach statt. — Heule vormittag fand eine längere Konferenz im Finanz ministerium statt, an welcher der ungarische Minister präsident vr. Wekerle, der österreichische Finanz minister vr. St inbach, die Fachreferenten deS öfter- reichischen und deS ungarischen Finanzministerium», endlich als Vertreter der Oesterreichisch ungarischen Bank der Gouverneur vr. Kautz und der Generalsekretär R v Mecenseffy teilnahmen. Prag, 14. Juni. Heute vormittag verbreitete sich in Prag die Nachricht, auf den kommandierenden General Feldzeugmeister Grafen Grünne sei auf offener Straße ein Attentat verübt worden. Die amtliche Meldung über den Sachverhalt lautet: „Se. Excellenz der Hr. Corpskommandant Feldzeugmeister Graf Grünne wurde heute früh, al» derselbe über den Fünfkirchenplatz ging, von dem Mediziner Zednik von rückwärts angefallen und erhielt von demselben einen Faustschlag in den Rücken. Al» Se. Excellenz sich umwendete und sah, daß der Angreifer mit wütender Gebärde zu einem neuerlichen Schlage ausholte, zog er den Säbel und hieß den Mann auf der Stelle nieder. Die Sicherheitswache nahm den Exzedenten fest und brachte ihn in das nahe LandtagSgebäude, wobei sich derselbe wie rasend gebärdete. Die Ver wundung stellt sich nach der Ansicht deS BezirkSarzte» vr. Plzak als eine leichte Hiebwunde am Kopfe dar. Ter Exzedent scheint tobsüchtig zu sein und mußte gebunden in einer Tragbahre wegtranSportiert werden." — Der Bergarbeiterstreik im Kladnoer Berg reviere droht längere Zeit zu dauern, als vielseitig angenommen wurde. Es wiederholt sich auch bei diesem Streik, was schon bei vielen anderen Arbeits einstellungen der Fall gewesen ist. ES sind die sozia listischen Führer unter den Arbeitern, welche zu dem Streik gehetzt haben und die Arbeiter fortdauernd aufhetzen. Der große Teil der Arbeiter hat sich dem Streike nur unter dem Zwange der vorbezeichneten Führer angeschlossen. Sie möchten gern weiterarbeiten, weil eben sür sie bei der ganzen Sache nichts Gutes herauskommt. Die Aufregung der streikenden Arbeiter ist so groß und ihre Anzahl hat sich so vermehrt, daß gestern von Prag schon ein dritte- Bataillon Infanterie nach Kladno abgehen mußte, um zur Aufrechthaltung der Ruhe und Unter drückung von Ruhestörungen, welche bald hier bald dort von den Streikenden verursacht werden, Ver wendung zu finden. Die Gesamtzahl der Streikenden betrug gestern abend 5103; die Verhandlungen blieben bis gestern abend fruchtlos, da die von den Ar beitern gewählten Delegierten Forderungen stellen, die unerfüllbar sind. Heute moxgen um 8 Uhr wurden zwar neuerdings am'Thierfeldschachte Verhandlungen eröffnet, allein schon nachkurzerFristgerleten dieselb.'N voll- ständig in Stockung, nachdem der OberingenieurSchmolik erklärt hatte, daß die österreichisch-ungarische StaatS - eisenbahngesellschaft sämtlichen Forderungen der Arbeiter gegenüber so lange einen absolut ablehnenden Stand punkt einnehmen werde, so lange die Arbeiter streiken. Der Bezirks Hauptmann PietrzikowSki verlangte, daß die Arbeiter eine Deputation wählen, welche bei ihm erscheinen möge; er wolle zwischen den Streikenden und den Arbeitgebern vermitteln. Die Arbeiter erklärten jedoch, daß sie auf eine solche Vermittelung nicht ein gehen, sondern, daß sie ihre Forderungen aufrecht halten und den Streik fortsetzen. Buta-Pest, 14. Juni. In den letzten Tagen hat die österreichisch-ungarische Zoll- und Handels- kouferenz hierselbst getagt. Einen der Beratungs gegenstände der Konferenz bildete, wie die „Pol. Corr." berichtet, die Feststellung der Instruktionen für die Handelsvertrag-Verhandlungen mit Spanien. Diese Verhandlungen sind, wie bekannt, schon seit längerer Zeit im Gange. Neuestens hat nun die spanische Regierung, welcher die Forderungen Österreich-Ungarns seinerzeit mitgeteilt worden waren, auch ihre Forder ungen bekannt gegeben, zu welchen von seiten Öster reichs Stellung zu nehmen ist. Die Handelsbeziehungen Österreich-Ungarns zu Spanien repräsentieren einen Wert von etwa 20 Millionen jährlich. Außer der Festsetzung der Instruktionen für die Negotiationen mit Spanien beschäftigte die Zollkonferenz auch die Fest stellung der Durchführungsbestimmungen zum öster reichisch-ungarisch-serbischen Handelsvertrags, der, wie bestimmt angenommen werden kann, mit dem l. Juli d. I. in Kraft treten wird. Paris, 13.Juni. Nachdem heutigen KabinettS- rat im Ministerium des Innern, in welchem nur über die laufenden Angelegenheiten verhandelt wurde, machten die Minister Dupuy und Develle dem Prä sidenten Carnot einen Besuch. Sie fanden ihn, wie eine offiziöse Note besagt, in ziemlich befriedigendem Gesundheitszustände. Carnot überreichte dem Premier minister einen Brief an die Präfekten der Departe ments, welche er bei seiner Rundfahrt durch die Bre ¬ tagne besuchen wollte Dupuy soll nunmehr diese* Brief den Präfekten zuschicken und ihnen zugleich Mit teilen, daß die Kreuze der Ehrenlegion und sonstigen Auszeichnungen, welche Carnot bei seiner Reise ver teilen wollte, den Betreffenden auf dem gewöhnlichen Wege zugehen werden. Hierdurch dürfte freilich der Verdruß der bretagnefchen Städte, die umfassende An stalten für den Empfang des Staatsoberhauptes ge troffen hatten, nur in geringem Maße abgeschwächt werden. In den hiesigen politischen Kreisen fehlt e» natürlich auch diesmal nicht an Leuten, welche die Krankheit des Präsidenten für eine erkünstelte auS- geben Sie sind freilich nicht einig über die Gründe, welche Carnot bestimmt haben sollten, den Patienten zu spielen. Nach den einen spekulierte er auf da» menschliche Mitgefühl der Abgeordneten, um sich die Unannehmlichkeiten einer Kabinettskrise zu ersparen, nach den anderen wäre er entschlossen, sein Amt niederzulegen, wenn daS Parlament versuchte, ihm ConstanS als Premierminister aufzunötigen, und wollte im voraus seinen Rücktritt durch eine andere Ursache als persönliche Verletzung motivieren. In Wahrheit brauchte man Carnot nur vorgestern in Longchamp zu sehen, um sich von der Echtheit seine» Unwohlsein- zu überzeugen. — Heute vor mittag erschienen mehrere Abgeordnete der bretag- neschen Departements im Elyset, um sich noch dem Befinden deS Präsidenten zu erkundigen. Sie ließen dem letzteren durch den General Bonus sagen: wenn die Bevölkerung ihrer Heimat daS Unterbleiben der Reise sehr bedauere, so bedauere sie noch mehr, daß dasselbe durch ein Unwohlsein des Staatsober hauptes veranlaßt worden sei. — Die Wahl kund - gebungen häufen sich. Am nächsten Sonntag wird der Graf d'Haussonville bei einem Bankett der monarchistischen Pcesse das Programm der Royalisten darlegen und den Anhängern des Grafen von Paris Ratschläge für ihr Verhalten geben Man ist jedoch hierauf weniger gespannt, als auf die angekündigte Versammlung der Ralliierten, in welcher die Führer dieser Partei auf die ConstanSsche Rede ant worten werden. Uber die letztere ließ sich gestern der ehemalige Minister de Marcere, bekanntlich einer der Führer des linken Zentrums im Senat, bei einem Bankett deS Schriftstellervereins vernehmen. Er meinte, „in seiner ganzen politischen Laufbahn sei ihm keine bessere Rede zur Kenntnis gekommen; auf Grund deS ConstanSschen Programms würden die allgemeinen Wahlen vollzogen werden". Als Anwalt des christ lichen Sozialismus ist gestern nochmals de Mun in dem Kongresse katholischer Arbeitervereine ausgetreten. Er protestierte jedoch gegen diesen Namen „christlicher Sozialismus" und die Vergleichung der reli giösen Bestrebungen mit den sozialistischen. „Man be schuldigt unS", sagte er, „durch unsere Worte und Forderungen den wirklichen Sozialisten größere Krast zu geben. ES ist das ungefäh--, als ob man die jenigen Brandstifter nennen wollte, welche die Leute davon benachrichtigen, daß ihr schlecht gebautes Hau» Gefahr läuft, in Flammen aufzugehen . . ." * Paris, 14. Juni. In der Deputiertenkammer wurde der Supplementarbericht der Armeekommission über das CadreSgesetz verteilt. In demselben heißt eS: Unser einzige- Ziel ist, dem Krieg-Minister zu ermöglichen, unverzüglich unsere Reserve zu encadrieren. Der Mannlchafts- sland unserer Linienirvppen ist verdoppele, aber wir würden die schwerste Verantwortung ans un- la en, wenn wir die neuen Formalionen noch ein Jahr länger ohne CadreS ließen Ter Bericht beklagt alsdann die Langsamkeit, mit welcher die Kammer bisher in betreff des CadreSgesetzes vorgegangen sei, und schließt mit den Worten: „Ein weiterer Verzug würde die unS anver- trauten Interessen aus- Spiel letzen; die Sorge um die nationale Wehrkraft verlangt e«, wir haben keinen Tag zu verlirren " — Der Präsident der Akmeekommission, der Deputierte MezwreS, beabsichtigt unter Berufung auf patriotische Erwägungen demnächst an die Kammer das Verlangen zu stellen, das CadreSgesetz iu einer einzigen Sitzung zu votieren. Es sind dringliche Schritte gethan worden, um alle Deputierten, welche Amendements zu dem CadreSgesetz eingebracht haben, zur Zurücknahme ihrer Amendements zu bewegen. — Der Präsident der Kammer hat gestern auf An suchen des Ministers deS Auswärtigen Develle die Interpellation deS Deputierten Turrel über die kom merziellen Beziehungen zu Österreich Ungarn nicht zur Verlesung gebracht. Wie verlautet, soll Develle Turrel gebeten haben, die Interpellation zurückzuziehen, Turrel habe sich jedoch geweigert, darauf einzugehen. London, 14. Jnni. Zwanzig AuSschußsiyungen der Unterhauses hat die Beratung der dritten Homeruleklausel in Anspruch genommen, gestern endlich > "i -----i - teueres Mädchen, sondern daß ich Schöneres von Dir empfing, als Erde und Himmel mir je gewähren können Müssen wir sür immer scheiden — ein furcht bare», nicht auszudenkendes Wort - so wollen wir wenigstens daS köstliche Gut der Erinnerung bewahren an dre glücklichsten Augenblicke unseres Daseins. Und sollte dennoch einmal die Sonne wieder scheinen, meine Sonne, dann rufe mich. Ich komme! Ich warte, Luisella!" Diese Zeilen legte Alexander, sich mittags in LuisellaS Zimmer schleichend, an einen Platz, an welchem sie ihr nicht entgehen konnten. Als sie sich am Abend zujammenfanden, forschte cr in ihrem Auge. Er suchte wenigsten- eine stumme Antwort. Und da traf ihn ein einziger Blick, aber ein solcher, daß er ihn von jener Stunde an nicht wieder zu vergessen vermochte. Der Tag der Abreise Alexander- kam heran Als er am Abend vor demselben noch einmal den Garten durchwanderte, sah cr eine Gestalt unter den Tannen am Schwanenteich. Er vermutete, daß c- Luisella sei. Aber al- er weiter schreiten wollte, kam plötzlich Thora ihm entgegen und hielt, al- sie seiner ansichtig ward, zaghast inne. „Thora, Du? Ich dachte, daß Tu schon lange schlafen gegangen seist." Sie hielt das Auge gesenkt und schüttelte den Kopf. „Nun? W-r- hast Du, mein liebe» Mädchen? Wollen wir heraufgehen? Komm, gied mir den Arm!" „Nein, nein! Ich nehme den anderen Weg an den Himbeersträuchern entlang und schleiche mich in» Bett. Ich wollte nur — ich wollte nur — ach, Alexander, — ach, zürne nicht —" Ihr Körper flog, ihre Stimme zitterte. Und er wußte wohl, waS sie bewegte. „Bist Du mir denn so gut, Thora?" fragte er leise und zog das Kind, da- für Sekunden bebend an seiner Brust ruhen blieb, in seine Arme Plötzlich rauschten die Schwäne mit lautem Flügel schlage über da» dunkle Wasser, ein Aufichrei er tönte hinter den Tannen. Alexander fühlte noch, daß Thoras Kopf sich rasch bewegte, er hörte da-Geräusch ihres stockenden AtemS; dann entfloh sie. Aber sein gegen den See gerichteter, erregter Blick sah nichts als die schneeweißen Leiber der nun wieder ruhig und majestätisch über d;n Spiegel dahinrudernden Vögel. Am nächsten Morgen nahm Alexander, nur allzu bedrückt durch das Erlebte, von seinen Verwandten Abschied Thora war nicht zu finden, aber als er über den Hof fuhr, stand sie in der Thür der großen Scheune, winkte mit dem Tüchlein und nickte ihm zu. Alexander sah noch, wie sie mit thränenüberströmtem Gesicht hinter dem Gebäude verschwand, völlig sich ihrem Schmerze hin gebend. Als der Granitzhoser Wagen etwa eine Viertel stunde später an eine Wegebiegung gelangte, scheuten die Pferde Von einem linksseitig aus dem Felde sich erhebenden Hügel erscholl ein lauter Ruf, und ein weißes Tuch flattert? durch die Morgenluft. (Fortsetzung folgt.) Weltausstellung in Chicago. Über den Kern dieser Ausstellung, die Gruppierung ter Hauptstücke im „Jndustriepalast", bringt die „Wes.-Ztg." einen ur- teilsvollen Überblick, dem wir im nachfolgenden des Wesentlichste entheben. Die Ausstellung im Jndustrie palast ist das Resümee aller anderen Ausstellungen in den anderen verschiedenen Gebäuden Hier ver- einigen sich die einzelnen Departement» und dem Be sucher entrollt sich ein Gesamtbild der besten Produkte de- ZiGstterS auf allen Gebieten der Kunst, der Technik und der Wissenschaft. Ein jedes Land, so- wohl die altehrwürdigen Träger der Civilisation, als auch die nur soeben von der Kultur belcckien Völker — Nationen, die zwar noch jung, den älteren Schwestern im friedlichen Wettkampfe jedoch unent wegt auf den Fersen folgen, — sie alle haben aus gestellt und in der Hauptsache da- ausgestellt, was ihr Land berühmt gemacht hat, was seiner Eigenart am richtigsten entsprießt oder waS seinen Namen auf dem Weltmarkt zur „Trabe Mark' für diescS oder jenes Produkt gestempelt hat. Amerika und tie Schweiz mit ihren Uhren; Bel gien mit seinen Spitzen; Deutschland mit seinen Galanteriewaren und Bijouterien, seinen Porzrllan- kunstsachen, seinen Möbeln und Webereien; Öster reich mit seinen böhmischen Glarwaren und seinen Fächern; Frankreich mit seinen seidenen und samtenen Stoffen; Irland mit seimn Leinen; England und Schottland mit ihren Wollprodukten; Italien mit seinen Statuen und Statuetten, Teppiche au» Smyrna; andere orientalische Sachen au- der Türkei und Felle aus Rußland; alle- daS und viele-, viele» andere ist hier in diesem Palaste zu einem einheitlichen Ganzen, künstlerisch geordnet, vereinigt worben. Es war ein glücklicher Gedanke, diese in keinem anderen Gebäude so bestimmt zur Geltung gelangende internationale Vereinigung, diese Ausstellung der wesentlichsten Produkte aller zivilisierten und halb zivilisierten Völker auch äußerlich durch die Anlage der Säulengalerie, der breiten von den Pavillons der einzelnen Nationen begrenzten Hauptstraße des Ge bäudes zu kennzeichnen. Diese Säulengalerie, — Columbia-Avenue genannt —, ist eine 50 Fuß breite mit Marmor gepflasterte Straße; sie durchschneidet da- ungeheuere Gebäude seiner ganzen Länge nach, 1685 Fuß. Hier, an beiden Seiten der Columbia-Avenue, haben die einzelnen fremden Länder ihre Pavillons errichtet, die zum Teil künstlerische Ausstellungen in sich sind, zum Teil aller dings nur durch mehr oder minder geschmackvoll oder auch geschmacklos dekorierte Buden den Anfang und den Eingang der betreffenden Sektion äußerlich kenn- zeichnkt. Schön, künstlerisch schön, haben eigentlich die Idee, durch einen besonderen RegieiungSbau der Sek tion den Stempel deS Einheitlichen, deS Lande- auf zudrücken, nur Deutschland in erster Linie und dann Öesterreich und Frankreich durchgeführt. Im übrigen sind die vielbesprochenen Pavillon- der einzelnen Re gierungen nicht viel mehr al- hübsche Zelte Und toch ist die Columbia-Avenue in ihrer ganzen An lage, die Aussicht in den langen, ttcfen, schier end losen Gang eine Sehenswürdigkeit ersten Range- auf der Ausstellung Eine Promenade auf dieser Welt- straße, die wohl nicht ihresgleichen aufweisen kann, muß jeden, der die Ausstellung besucht, entschieden entzücken.
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